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Topstory School of Management: Wie smart ist die Schweiz?

Video: Smart Products Report 2020

Video: HSG Topstory

Smart Products Report

Wie smart ist die Schweiz?

Durch neue Technologien wie künstliche Intelligenz, Cloud Computing und fortschreitende Sensorik beginnen immer mehr Gegenstände selbst zu denken. Das Institut für Customer Insight (ICI-HSG) wollte wissen, wie die Schweiz zu diesen digitalen Alltagshelfern («Smarte Produkte») steht.

Smarte Produkte sind in der Schweiz auf d em Vormarsch. Das zeigt der Smart Products Report 2020 (SPR), der von Prof. Dr. Emanuel de Bellis und Jenny Zimmermann vom ICI-HSG zusammen mit Prof. Dr. Reto Hofstetter und Melanie Clegg von der Universität Luzern erstellt wurde. Unterstützt wurde die Studie von der Centralschweizerischen Kraftwerke AG und der Vorwerk Schweiz AG. Der SPR stiess Anfang Jahr auf grosses Medieninteresse. Über 40 Berichte in Zeitungen (wie beispielsweise der «Neuen Zürcher Zei tung», dem «St.Galler Tagblatt» und «Blick») griffen die Resultate dieser Studie auf.

Smarte Produkte sind weit verbreitet

Nebst den 72 Prozent der Befragten, welche bereits smarte Produkte besitzen, geben insgesamt 59 Prozent an, sich vorstellen zu können, innerhalb der nächsten zwölf Monate mindestens ein smartes Produkt zu kaufen. Voraussichtlich werden bis Ende dieses Jahres 81 Prozent der Schweizer Bevölkerung mindestens ein smartes Produkt besitzen. Als solches wird ein Gegenstand definiert, der Daten erfassen und verarbeiten kann und so in der Lage ist, auf seine Umwelt zu reagieren. Die beliebtesten smarten Produkte sind Smart TVs (30 Prozent), Smartwatches (28 Prozent), smarte Navigationssysteme (25 Prozent) sowie Staubsaugerroboter (20 Prozent). Smartphones wurden von der Studie ausgenommen, weil diese ohnehin schon sehr weit verbreitet sind. Für den SPR führte das St.Galler und Luzerner Forscherteam im September 2019 eine repräsentative Befragung mit 1004 in der Schweiz lebenden Personen durch.

Die Interaktion mit smarten Produkten versteht ein Grossteil der Nutzerinnen und Nutzer als Zusammenarbeit zwischen Mensch und Produkt. Die Befragten geben zudem an, dass eher der Mensch die Tätigkeit leitet als das Produkt. Nicht selten kommt es vor, dass Nutzerinnen und Nutzer ihren elektronischen Helfern Spitznamen geben: Dies machen knapp ein Viertel der Befragten. Eine Mehrheit wünscht sich zudem, dass smarte Produkte untereinander vernetzt sind und miteinander kommunizieren können.

Annehmlichkeiten und Ängste

in den Annehmlichkeiten und der eingesparten Zeit, welche diese bieten. Nach Schätzungen der Schweizer Bevölkerung können Nutzerinnen und Nutzer smarter Produkte ca. zwei Stunden wöchentlich einsparen, wie die Befragung für den Report ergab. Die so eingesparte Zeit wird vor allem für die Freizeit, zur Entspannung oder für die Familie verwendet. Nur 17 Prozent der Befragten gaben an, dass sie die gewonnene Zeit zum Arbeiten nutzen würden. Viele sehen als weiteren positiven Aspekt der Nutzung von smarten Produk ten, dass sie dadurch mit Trend und Technik mitgehen.

Auch wenn die digitalen Helfer hierzulande bereits sehr verbreitet sind, stehen ihnen viele Menschen durchaus ambivalent gegenüber, wie die Studie ebenfalls aufzeigt. «Tendenziell fühlen sich West schweizer und Westschweizerinnen eher bedroht von smarten Produkten als der deutschsprachige Teil der Bevölkerung, während es gesamtschweizerisch 14 Prozent sind», sagt Jenny Zimmermann. Die wahrgenommene Bedrohung fusst dabei auf diversen Ängsten. «Die Befürchtung, den eigenen Job zu verlieren, und die Sorge um die Zukunft der Arbeitswelt generell

«Die Befürchtung, den eigenen Job zu verlieren, und die Sorge um die Zukunft der Arbeitswelt generell spielen eine grosse Rolle.»

spielen dabei eine Rolle, aber auch die Angst, künstliche Intelligenz könne nicht erwünschte Handlungen ausführen oder Sicherheitslücken bergen», sagt Prof. Dr. Emanuel de Bellis. Die Befragten sehen ausserdem einen der grössten Nachteile smarter Produkte in deren Eigenschaft, personenbezogene Daten zu sammeln.

Machen smarte Produkte dumm?

Die Ansicht, dass wir durch smarte Produkte dümmer werden, teilen 56 Prozent der Befragten. Dieser Schluss liesse sich jedoch nicht direkt ziehen, so Jenny Zimmermann. Es gibt zwar tatsächlich Studien, die einen Zusammenhang zwischen Konzentrationsfähigkeit, Gedächtnis und der Nutzung von neuen Technologien aufzeigen. «Auf der anderen Seite befürchtete aber auch Sokrates bereits im antiken Griechenland, dass Schreiben und Lesen die Menschen dumm machen würde – diese würden dann nur noch nachsehen, was andere erarbeitet haben, anstatt selbst zu denken. Diese Entwicklung ist für uns heute nicht mehr wegzudenken und die Gewinne überwiegen die vermeintlichen Verluste bei Weitem.»

Vertrauen und Kontrolle

Besonders wichtig ist den Schweizerinnen und Schweizern bei der Nutzung smarter Produkte der Aspekt des Vertrauens. Vertrauen bedeutet hierbei aber auch Kontrolle: Die Möglichkeit, jederzeit beim selbstständig agierenden Produkt intervenieren zu können, ist für einen Grossteil der befragten Frauen und Männer sehr wichtig. Vertrauenssteigernd wirkt es zudem, wenn smarte Produkte zertifiziert sind und gesammelte Daten nur für den vorgegebenen Zweck verwen det werden.