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MACHT UND MUSEN, GELD UND GEIST

Mantua lebt wie viele Städte Italiens von seiner glanzvollen Vergangenheit. Das Etikett «Weltkulturerbe» zieht Reisende in die Altstadt mit den gut erhaltenen historischen Bauwerken. König dieser Pracht ist der Palazzo Ducale mit 450 Wohnräumen und einer Kunstfülle, die staunen macht. An erster Stelle stehen die Fresken im Heiratszimmer, 1474 von Andrea Mantegna vollendet. Ihm verdanken wir die erste illusionistische Rauminszenierung mit einem Deckenbild, das einen Durchblick in einen freien Raum vortäuscht.

TEXT CORINNE HOLTZ

Mantuas Glanz geht auf das Geschlecht der Gonzagas zurück, die von 1328 bis 1707 regieren und den Machtanspruch mit erstklassiger Architektur, Malerei und Musik unterstreichen. Auch der Pionier der Monotypie und der Hell-Dunkel-Holzschnitte, Giovanni Benedetto Castiglione, dient in seinen letzten Lebensjahren vor Ort.

Guglielmo Gonzaga ist besonders musikaffin und schmückt sich seinerseits mit hervorragenden Musikern. Etwa mit Giaches de Wert, einem franko-flämischen Sänger und Komponisten, der wie ein Ziehsohn der Familie gefördert wird und in einen Nebenzweig einheiratet. Als Kapellmeister hat er ab 1565 für die neu gebaute Basilica di Santa Barbara, die Hofkirche der Gonzagas, geistliche Musik zu schreiben und für die Aufführungen etwa im Teatro Ducale Madrigale, Canzonetten und Fantasien.

Ein jugendlicher Musiker in de Werts Kapelle fällt damals noch nicht besonders auf. Claudio Monteverdi ist Sänger und Geiger wie sein jüdischer Kollege Salamone Rossi und zählt zu der sich international etablierenden «scuola mantovana di violino». Monteverdi wird Hofkapellmeister in Mantua, später freier Zulieferer und bleibt, anders als sein zur Familie gehörender Vorgänger de Wert, schlecht bezahlt. Selbst der Ruhm als Opernkomponist der Favola d’Orfeo und L’Arianna ändert nichts an seinem Status. Musiker stehen in der Hierarchie des Hofs auf der Stufe der Handwerker. Ausländische Künstler werden besser entschädigt, da sie der Strahlkraft des Dienstherrn nützen.

Monteverdi wagt in äusserster Empörung einen Brief an den herzoglichen Sekretär. «Ich weiss sehr gut, dass mir der Herzog sehr gewogen ist, aber ich habe zu viel Pech in Mantua.» Versprechen werden gebrochen, zugesagte Honorare halbiert. Monteverdi beklagt Kopfschmerzen, Hautausschläge und das schädliche Klima Mantuas, allein die Luft wird «binnen kurzem mein Tod» sein.

Das einzigartige Dokument handelt vom Geld und spricht vom Respekt, den sich Monteverdi wünscht. Er bleibt den Gonzagas trotz anhaltender Demütigungen bis zu seinem Tod verbunden und widmet mit Ausnahme des IV. und V. Madrigalbuchs alle seine Veröffentlichungen den Mitgliedern dieser Familie. Auch nach seiner Berufung an den Markusdom in Venedig braucht er die Unterstützung für die Druckkosten und den Lebensunterhalt. Ein Mäzen, der einem Begünstigten die Hand auf die Schulter legt, wie das Paul Sacher gerne tat, meint mit dieser Geste ein Stück weit immer: «Du gehörst mir.»

BAROCKES FEUER DO, 16. DEZ. 2021, 19.30 UHR KUNSTHAUS ZÜRICH, VORTRAGSSAAL

Zürcher Kammerorchester Willi Zimmermann Violine und Leitung

CHF 50

Konzert zur Sonderausstellung «Barockes Feuer» im Kunsthaus Zürich. Das Konzertticket berechtigt gleichzeitig zum Eintritt in die Sonderausstellung.

Eine Veranstaltung des Kunsthaus Zürich Claudio Monteverdi Toccata, aus: L’Orfeo SV 318 Arcangelo Corelli Sonate d-Moll op. 5 Nr. 12 für Violine und B.c. «La Follia» Giaches de Wert Cara la mia vita, aus: Madrigali a 5 voci, libro primo Salamone Rossi Auszüge, aus: Il secondo libro delle sinfonie e gagliarde Claudio Monteverdi Pur ti miro, aus: L’Incoronazione di Poppea SV 308 Alessandro Scarlatti Moderato, aus: Variationen über «La Follia» Claudio Monteverdi Duo Seraphim clambant, aus: Vespro della Beata Vergine SV 206 Antonio Vivaldi Concerto g-Moll für Streicher und B.c. RV 156 Claudio Monteverdi Ohimè, dov’è il mio ben, Bearbeitung für drei Celli Antonio Vivaldi Triosonate d-Moll op. 1 Nr. 12 RV 63 «La Follia»