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Die Mandoline ist zurück

Die Mandoline stammt aus Neapel und erlebte im Barock eine Blütezeit. Avi Avital, als Superstar des Instruments gefeiert, glänzt mit Arrangements von Bach und Tschaikowsky.

TEXT CORINNE HOLTZ

Es war einmal ein Knabe, der hörte aus dem Fenster des Nachbarhauses wundersame Musik. Sie war sanft und leise und ging ihm nicht mehr aus dem Sinn. So kam es, dass er seine Mutter bat, dieses Zupfinstrument spielen lernen zu dürfen. Die Mutter willigte ein und liess ihn vom besten Lehrer der Stadt unterrichten.

Was wie ein Märchen klingt, begann am Konservatorium in Be’er Scheva, einer der grössten Städte Israels. Statt sich an der Kibbuz-Tradition zu orientieren und sich mit Bluegrass und Country zu beschäftigen, erschliesst sich Avi Avital das klassische Repertoire. Der musikalische Appetit des Musikers jedoch geht weit über die vergleichsweise wenigen Originalkompositionen hinaus. Heute wildert Avital in verschiedenen Stilen und erobert mit seinen Programmen von Bach über Vivaldi bis Klezmer, vom Tango über Jazz bis Crossover den Klassikmarkt.

Johann Sebastian Bachs Musik eignet sich in ihrer Universalität ganz besonders für die Bearbeitung – ein Verfahren, das Bach und seine Zeitgenossen ebenfalls praktizierten. Dafür gab es gute Gründe. Bach etwa wollte sich die Neuerungen des Konzert-Komponisten Vivaldi aneignen und für die Auftritte mit seinem «Collegium Musicum» aufbereiten. Oder er verwandelte sein Violinkonzert a-Moll BWV 1041 wie andere Geigenkonzerte in ein Cembalokonzert. Vermutet wird, dass er damit seinen beiden ältesten Söhnen Konzertpraxis verschaffen wollte.

Avi Avital knüpft beim Bachschen Pragmatismus an und hat inzwischen eine stattliche Reihe von bekannten Werken des Thomaskantors für Mandoline bearbeitet. So das a-Moll-Konzert BWV 1041, dessen langsamer Satz ein poetischer Dialog zwischen ostinatem Bass und Soloinstrument ist. Avital setzt auf mehrheitsfähige Programme und versteht sich als Medium: «Meine Rolle als Interpret ist es, Menschen mit Musik zu versorgen. Die Leute kommen zu einem Konzert, um Kunst zu erleben, und ich ermögliche ihnen diese Erfahrung.»

Coda: Das Streichquartett ist in Italien «eine Pflanze ausserhalb ihres Klimas». Diese charmante Behauptung verdanken wir Giuseppe Verdi und seinem Streichquartett in e-Moll, dem einzigen von ihm selbst zur Veröffentlichung gegebenen Instrumentalwerk. Verdi zielt damit auf den zunehmenden Einfluss deutscher Musik und stellt der QuartettTradition eines Haydn, Beethoven und Mendelssohn ein italienisch-eigenständiges Werk entgegen. So erinnert das Anfangsthema des ersten Satzes an den kammermusikalischen Beginn der Aida, das Andantino streift eine traurige Mazurka, das Prestissimo ist ein Seitenhieb auf Beethoven, der «Scherzo-Fuga» betitelte vierte Satz eine Distanzierung von den ernsten Modellen seiner Vorgänger.

Das Werk von 1873 ist ein Wurf und hat sich als einziges italienisches Quartett aus dieser Zeit im Konzertbetrieb etabliert. Der Publikumsmagnet, von Verdi selbst zum «Zeitvertrieb» komponiert, fasziniert auch in der vom ZKO gespielten Fassung für Streichorchester.

«Meine Rolle als Interpret ist es, Menschen mit Musik zu versorgen. Die Leute kommen zu einem Konzert, um Kunst zu erleben, und ich ermögliche ihnen diese Erfahrung.»

ZEITREISEN MIT AVI AVITAL MO, 11. APRIL 2022, 19.30 UHR TONHALLE AM SEE

Avi Avital Mandoline Zürcher Kammerorchester Willi Zimmermann Violine & Leitung

Grosses Abo CHF 110 / 100 / 85 / 60 / 35

Einzeltickets sind ausschliesslich über die Tonhalle am See erhältlich.

Eine Veranstaltung in Zusammenarbeit mit «Meisterinterpreten» Antonio Vivaldi Concerto g-Moll für Streicher und B.c. RV 156 Johann Sebastian Bach Violinkonzert a-Moll BWV 1041, arrangiert für Mandoline von Avi Avital Ottorino Respighi Antiche Danze ed Arie Suite III Pjotr Iljitsch Tschaikowsky Auszüge, aus: Die Jahreszeiten op. 37a, arrangiert von Ohad Ben-Ari Giuseppe Verdi Streichquartett e-Moll, Bearbeitung für Streichorchester