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Etwas wahnsinnig Schönes

Seit fünfundzwanzig Jahren stehen Maurice Steger und das ZKO gemeinsam auf der Bühne – fast so lange, wie die Karriere des Ausnahme-Blockflötisten schon andauert. Es war und ist eine besondere Beziehung, die alle Beteiligten geprägt hat.

TEXT FELIX MICHEL

Draussen fegt eine Herbst-Bise einzelne Flecken am Himmel blau, und Maurice Steger bestellt zum Cappuccino einen Mango-Smoothie. Vitamine können in dieser Jahreszeit bestimmt nicht schaden, zumal Steger keine Zeit für ein Mittagessen hat: Eben erst kommt er aus Basel, wo er die nächste CD-Produktion vorbereitet.

Seit seinem spektakulären CD-Debut im Jahr 1994 ist viel geschehen. Stegers reiche Diskografie zeigt es: Seine von Anfang an verblüffende Virtuosität, Stilsicherheit, Kommunikationsfreude hat er seither gar vertieft, etwa durch noch vielfältigere Timbres, noch einfallsreichere Verzierungskunst. Das ZKO wiederum hat sich seit damals erst recht verändert; von einem «wahnsinnigen Entwicklungsprozess» spricht Steger, auf den er gerne zurückblicke.

Zunächst jedoch schiebt er den Mango-Smoothie beiseite und lacht. «Macht nichts», sagt Steger über die kulinarische Enttäuschung und wendet sich ganz dem Gespräch zu. Bereits bei seinem Solistendiplom-Konzert sassen ZKO-Mitglieder im Publikum, erinnert er sich. Und so ging es los: ein erster gemeinsamer Auftritt, dann gleich fünfundfünfzig Nachfolgekonzerte. «Das war so fantastisch», sagt Steger fast ungläubig. «Das ZKO nahm mich wie einen Nachzögling auf», so jung sei er ja noch gewesen. Und ungestüm! «Rabiat» nennt Steger seine Probierlust im Rückblick; auch Irrwege habe er in seinem ersten Karriereabschnitt eingeschlagen, da stehe er dazu. Heute bekäme niemand mehr in diesem jungen Alter eine solche «Spielwiese». Zu klar sei der Wissensstand, als dass ein Dirigent sich auf gewisse Experimente einliesse. Die jüngere Generation (die Steger übrigens vielfältig fördert) beneide er darum nicht. «Im Gegenteil», seufzt er. Er habe sich zwar alles – Repertoire, bessere Instrumente – zusammensuchen müssen, erhielt dafür aber mehr Zuspruch und Aufmerksamkeit. Vielleicht wuchs er auch daran zum wahren Künstler? Bei aller Hilfestellung lasse sich künstlerisch das Letzte jedenfalls nie vermitteln. «Es ist bereits komplex, auf der Blockflöte technisch alles zusammenzubringen», sagt Steger. «Das Publikum auf höchstem Niveau in eine andere Gefühlswelt zu entführen, ist noch viel schwerer.»

Das ZKO wurde durch die Begegnung mit dem jungen Steger seinerseits beschenkt: Kurz nach dem Ende der Ära de Stoutz gingen dem Orchester und seinem neuen Dirigenten Howard Griffiths die Ohren dafür auf, was historisch informiertes Musizieren ist. Und Stegers ausserge-

Stegers aussergewöhnliche Begeisterungsfähigkeit führte dazu, dass sich das ZKO kompromisslos auf eine gemeinsame Reise einliess.

wöhnliche Begeisterungsfähigkeit führte dazu, dass sich das ZKO kompromisslos auf eine gemeinsame Reise einliess. Mit ihm als «Artistic Director Baroque» entdeckte es historische Instrumente und Spielweisen, und mit seinen Konzertformaten («Barock in Zürich») sprang der Funke aufs Publikum über.

Ein reines Spezialensemble wollte das ZKO zwar nicht werden. Aber was es im barocken Musizieren gewonnen hat – Phrasierungskunst und Klangsensibilität etwa –, nutzt es seit der Zeit mit Roger Norrington für die Interpretation von Musik aller Epochen. Auch wenn es dies heute auf modernen Instrumenten tut, so gilt eben, was Steger in prägnanter Mundart festhält: «D’Muus isch im Chääs gsii.» Die Verbindung zu Maurice Steger ist während der ganzen Zeit eng geblieben. «Das ist eigentlich etwas wahnsinnig Schönes, so lange zusammenzuarbeiten», sagt Steger, der sich heute für seine Projekte die weltbesten Ensembles aussuchen kann. Seit den Anfängen, als er «noch fast ein Lehrling» gewesen sei, arbeiten Steger und das ZKO auf Augenhöhe. Das entspreche dem selbstbewussten Ensemble, das sich nichts einfach diktieren lasse. Und es entspreche ihm selbst: «Ich bin kein dominanter Typ», gesteht er, erkennt darin jedoch gegenüber anderen Dirigenten den gestalterischen Vorzug, «wirklich atmen und kreieren» zu können.

Nach seinen Zukunftsträumen befragt, lächelt Steger, er sei «eher der Typ, der alles zu realisieren versucht», statt bloss zu träumen. Beglückend finde er, wenn Projekte, die nie ein Traum waren, plötzlich traumhaft herauskämen. Weder Nostalgiker noch Träumer ist Maurice Steger also. Was eignet sich da besser zum Feiern eines Bühnenjubiläums als eine lebendige Konzerttournee?

«Das ist eigentlich etwas wahnsinnig Schönes, so lange zusammenzuarbeiten.»

AUF TOURNEE MIT MAURICE STEGER 25-JAHR-BÜHNENJUBILÄUM DO, 21. APRIL 2022, 19.30 UHR KIRCHE ST. PETER

Maurice Steger Blockflöte und Leitung Zürcher Kammerorchester

Johann Sebastian Bach Konzert für Blockflöte, Streicher und B.c. BWV 971 «nach italienischem Gusto» Anonymus «A Jacobean Masque Dance» mit instrumentalen Stücken aus dem 17. Jahrhundert Arvo Pärt Fratres Antonio Vivaldi Konzert B-Dur für Blockflöte, Streicher und B.c. RV 375 Johann Sebastian Bach Auszüge, aus: Goldberg-Variationen, BWV 988, Bearbeitung für Streichorchester

CHF 75

TOURDATEN 2022

TAK VADUZER WELTKLASSIK MI, 19. JAN. 2022, 20.00 UHR, VADUZER-SAAL

MEISTERZYKLUS BERN FR, 21. JAN. 2022, 19.30 UHR, CASINO BERN KLASSIK STERNE RHEINFELDEN SA, 23. APRIL 2022, 20.00 UHR, STADTKIRCHE ST. MARTIN, RHEINFELDEN

KLASSIK STERNE AARAU SO, 24. APRIL 2022, 18.30 UHR, KULTUR & KONGRESSHAUS AARAU

WEINGARTEN SA, 22. JAN. 2022, 20.00 UHR, KULTUR- UND KONGRESSZENTRUM OBERSCHWABEN

KLASSIK STERNE SARGANSERLAND FR, 22. APRIL 2022, 19.30 UHR, KULTUR UND KONGRESSHAUS VERRUCANO MELS

LENZBURGIADE DI, 21. JUNI 2022, SCHLOSSHOF LENZBURG

DRESDEN SA, 16. JULI 2022, 20.00 UHR, FRAUENKIRCHE DRESDEN

Endlich eine Fliege, Endlich eine Fliege,Endlich eine Fliege,Endlich eine Fliege, die jedem die jedemdie jedemdie jedem Hals steht. Hals steht.Hals steht.Hals steht.

Wir wünschen Ihnen einen perfekten Konzertgenuss. Wir wünschen Ihnen einen perfekten Konzertgenuss.Wir wünschen Ihnen einen perfekten Konzertgenuss.Wir wünschen Ihnen einen perfekten Konzertgenuss.