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EINER FÜR ALLE(S)

Unser Orchestermanager Silvan H Rlimann

Kaum ein anderes Berufsbild hat so viele Facetten: Orchestermanager sind allzeit verfügbare, sprachbegabte Dirigentenversteher und Orchesterberuhiger, Hindernisbeseitiger, Organisationstalente, Musikkenner, Diplomaten, Zauberer, Taxifahrer, Geduldsapostel, Motivationstrainer und Mediatoren. Beim Zürcher Kammerorchester wird diese verantwortungsvolle Aufgabe von Silvan Hürlimann ausgefüllt. Vor gut 20 Jahren ist er zum ZKO gekommen. Über seine Anfänge im neuen ZKO-Haus, über die Entwicklung des Orchesters und über die Herausforderungen als Schnittstelle zwischen Orchester und Administration berichtet er uns im folgenden Interview.

Was fragt man jemanden, der das Zürcher Kammerorchester seit 20 Jahren begleitet und über diese Zeit wahrscheinlich ganze Sammelbände schreiben könnte. Am besten wie alles angefangen hat?

Ich habe ein paar Wochen nach dem Umzug ins heutige ZKO-Haus, im August 2002, meine Tätigkeit beim ZKO aufgenommen. Beim Eröffnungswochenende, da war ich schon dabei. Damals war das ein grosser Schritt für alle Beteiligten. Das Orchester hatte erstmals ein richtiges Zuhause, was für alle Neuland war. Der Neustart eröffnete mir die Möglichkeit, mich intensiv einzubringen. Die damalige Leitung, Howard Griffiths und Thomas Pfiffner haben mir grosse Freiheiten einberaumt, obwohl ich eigentlich Quereinsteiger war. Ich bin gelernter Orgelbauer.

Was waren deine ersten Aufgaben? Und wie hast du dich im ZKO weiterentwickelt?

Die Aufgaben waren damals nicht so klar strukturiert wie heute. Personell wurde durch den Umzug ins neue Haus mehr Kapazität gebraucht. Deshalb war ich

2008 Wiedereröffnung

The Dolder Grand

zunächst als «Mädchen für alles» eingesetzt. In der ersten Zeit habe ich mich vor allem um die Logistik, Administration und das neue Haus gekümmert. Als die damalige Orchesterdisponentin Gisela Rindle in Rente ging, durfte ich an ihre Stelle rücken.

War dir das Zürcher Kammerorchester vor deiner Bewerbung bereits bekannt?

Ich wusste schon, dass es das ZKO gibt. Aber mit 23 habe ich einfach einen Job gesucht in einem Bereich, der mich interessiert hat. Als ich mich beworben hatte und die Zusage bekam, war ich zunächst beinahe überrascht. Wollte ich das wirklich? Heute bin ich froh, dass mich meine innere Stimme ins ZKO geführt hat – die familiäre Atmosphäre bei uns, das liegt mir einfach.

Was hat sich in all den Jahren gravierend verändert?

Als ich angefangen hatte, konnte sich jeder Mitarbeitende seinen Interessen entsprechend einbringen, viele Bereiche haben sich überschnitten und jeder hat eigentlich alles gemacht – je nach Bedarf.

Die Aufgaben wurden dann im Laufe der Zeit komplexer. Die Anforderungen an die jeweiligen Arbeitsbereiche sind gestiegen, was eine Professionalisierung bzw. Spezialisierung zur Folge hatte. Durch die Digitalisierung hat sich die gesamte Arbeitswelt komplett verändert. Alles ist schnelllebiger und kurzfristiger geworden. Corona hat dieser Entwicklung noch einmal einen Schub gegeben.

Ein Orchestermanager ist für sämtliche Belange des Orchesters zuständig. Das geht von der Dienstplanung übers Orchesterbudget bis hin zur Organisation und Durchführung von Probespielen. Könnte man sagen, du bist die gute Seele des Orchesters?

Ich empfinde mich als Dienstleister, ähnlich einem Concierge in einem feinen Hotel. Ich versuche, die Probleme im Orchester ernst zu nehmen und sie zu lösen, egal auf welcher Eskalationsstufe der Konflikt gerade stattfindet. Feierabend, wie in anderen Berufen, gibt es so nicht. Fragen oder Probleme, wie z. B. Krankheitsausfälle vor einem Konzert, können jederzeit auftauchen und dann muss ich abrufbar und einsatzbereit sein.

Auch nach 20 Jahren im ZKO erscheinst du jeden Tag voller Tatkraft und gut gelaunt im ZKO-Haus. Woraus beziehst du die Freude an deiner Arbeit, was motiviert dich?

Naja, wenn Reinhold Messner auf den K2 steigt, dann hat er nicht nur Spass. Eher sucht er die Herausforderung. Bestmögliche Lösungen zu finden, Ideen zu verwirklichen und den Leuten Freude zu bereiten, das ist es, was mich immer wieder motiviert. Aus meiner Tätigkeit ergeben sich ausserdem viele wertvolle Kontakte mit Ehemaligen, mit grossartigen Solistinnen und Solisten, die ich pflege und schätze. Und dann sind da natürlich unsere wunderschönen Konzerte, denen ich beiwohnen darf.

Wie tankst du in deiner Freizeit wieder Kraft auf?

Ich reise gern, ich esse gerne und ich liebe Kunst. Seit zwei Jahren engagiere ich mich als Stiftungsrat in der Kunststiftung Joseph Gnädinger. Die Begeisterung für Kunst darf ich auch im ZKO einbringen. In der Galerie im ZKO-Haus werden seit zwei Jahren Kunstwerke von Schweizer Kunstschaffenden ausgestellt. Wer ein Konzert im ZKO-Haus besucht, hat dort die Möglichkeit, im Vorfeld die ausgestellten Exponate zu bewundern.