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Very British

Der international gefragte Dirigent Duncan Ward tritt erstmals mit dem ZKO auf. Im Gespräch erläutert der Brite die vielfältigen persönlichen und musikgeschichtlichen Bezüge in seinem Programm – eine Hommage an die Musik seiner Heimat.

TEXT LION GALLUSSER

Duncan Ward, in Ihrem ersten Konzert mit dem ZKO präsentieren Sie eine Auswahl bedeutender Kompositionen aus Grossbritannien. Was war Ihre grundlegende Idee dabei?

Es wird oft gesagt, dass die klassische Musik der britischen Insel 200 Jahre lang zwischen Henry Purcell (1659–1695) und Edward Elgar (1857–1934) geschlafen habe. Umso mehr freue ich mich, dem Publikum fünf der grössten britischen Komponisten vor und nach dieser Zeit präsentieren zu dürfen: Ralph Vaughan Williams (1872–1958), Benjamin Britten (1913–1976) und Michael Tippett (1905–1998) sowie die beiden Renaissance-Meister Thomas Tallis (1505–1585) und John Dowland (1563–1626). Die Werke der beiden Letztgenannten dienten als Basis für Vaughan Williams Fantasia on a theme by Thomas Tallis bzw. Brittens Lachrymae – Reflections on a song of Dowland.

Die Tonsprache des 16. und 17. Jahrhunderts wurde also gewissermassen ins 20. Jahrhundert übersetzt. Gibt es weitere solcher Anknüpfungen und Kontinuitäten?

Ja, das musikalische Erbe hat auch in Tippetts Concerto for double string orchestra einen besonderen Stellenwert: Die Volksmusik und elisabethanische Tanzrhythmen regten den Komponisten zu einem lebhaften und virtuosen Meisterwerk an. Mir persönlich begegnet die reiche Landschaft Grossbritanniens in diesem Werk. Wenn ich den herrlichen Mittelsatz mit seinem eindringlichen walisischen Volkslied höre, wandern meine Gedanken zu der heiteren Schönheit des Bauernhofs meiner Familie, in die Abgeschiedenheit der inspirierenden Natur der Hügel von Wales. Sind die Werke, die Sie in Zürich dirigieren, alle ähnlich aufgebaut?

Keinesfalls, und das reizt mich besonders an den Kompositionen. Es gibt grosse Kontraste zwischen ihnen – ein Hinweis auf den ausserordentlichen Reichtum in der britischen Musik. Da trifft beispielsweise die üppige und weitläufige Musik von Vaughan Williams mit ihren räumlich distanzierten Streichergruppen auf die fröhlichen und jazzigen Klänge Tippetts, die von einem geschäftigen Kontrapunkt zwischen den antiphonalen, sich hier wechselseitig ergänzenden Streichergruppen geprägt sind.

Auch zwischen den beiden Britten-Stücken, die im Mittelpunkt des Programms stehen, liegen Welten. Mich begeistert das dunkle, geheimnisvolle und selten gespielte Lachrymae (Tränen) für Bratsche solo und Streicher, das für viele unserer Zuhörer bestimmt eine grosse Neuentdeckung sein wird.

Geht es Ihnen also auch darum, den hier vorgestellten Komponisten zu mehr Aufmerksamkeit zu verhelfen?

Auf jeden Fall! Meiner Meinung nach ist gerade Tippett ausserhalb Grossbritanniens viel zu wenig bekannt. Was umso erstaunlicher ist, wenn man bedenkt, dass er in vielen verschiedenen Genres Unglaubliches geleistet hat. Er schrieb u.a. grosse Sinfonien und Opern.

Bedeutet Ihnen eines der Werke im Programm besonders viel? Und wie bereiten Sie sich auf dieses spezielle Konzert vor?

Für mich als ehemaligen Hornisten hatte die BrittenSerenade immer schon einen besonderen Platz in meinem Herzen. Entsprechend habe ich dieses Werk bereits mehrfach aufgeführt, auch schon gemeinsam mit meinem Landsmann und Tenor Mark Padmore, der uns in der Tonhalle Zürich mit seiner wunderbaren Stimme bereichern wird.

Wie bei allen Werken auf dem Programm werde ich mich mit einer neuen Partitur vorbereiten und alle Noten und Anmerkungen dieser genialen Komponisten eingehend studieren. Zudem ist es interessant, sich Aufnahmen anzuhören und viel zu lesen, um die Hintergründe der einzelnen Stücke zu erforschen. Die wichtigste und inspirierendste Quelle allerdings ist letztlich immer die geschriebene Musik selbst.

VERY BRITISH DI, 31. MAI 2022, 19.30 UHR TONHALLE AM SEE

Duncan Ward Leitung Mark Padmore Tenor Zürcher Kammerorchester Thomas Müller Horn Ryszard Groblewski Viola

Grosses Abo CHF 110 / 100 / 85 / 60 / 35

Mit freundlicher Unterstützung der Lagrev Stiftung Ralph Vaughan Williams Fantasia on a theme by Thomas Tallis for double string orchestra Benjamin Britten Serenade op. 31 für Tenor, Horn und Streichorchester op. 31 Benjamin Britten Lachrymae – Reflections on a song of Dowland, op. 48a Michael Tippett Concerto for double string orchestra