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DIE SONNE SCHEINT FÜR ALLE

Die Mandoline stammt aus Neapel und erlebte im Barock eine Blütezeit. Avi Avital, als Superstar des Instruments gefeiert, ist Gastkünstler des 2. ZKO-Festivals vom 2. bis 4. Juni 2023. Zum Auftakt glänzt er mit Arrangements von Vivaldi und feiert mit Nuria Rial das venezianische Volkslied.

TEXT CORINNE HOLTZ berühmten Vier Jahreszeiten. Es ist wirkungsmächtige Programmmusik, die der Geiger 1725 selbstbewusst in Amsterdam und Paris drucken liess. Hier gilt es, die virtuosen Spieltechniken der Geige auf die Möglichkeiten der Mandoline zu übertragen.

Es war einmal ein Knabe, der hörte aus dem Fenster des Nachbarhauses wundersame Musik. Sie war sanft und leise und ging ihm nicht mehr aus dem Sinn. So kam es, dass er seine Mutter bat, dieses Zupfinstrument spielen lernen zu dürfen. Die Mutter willigte ein und liess ihn vom besten Lehrer der Stadt unterrichten.

Was wie ein Märchen klingt, begann am Konservatorium in Be’er Scheva, einer der grössten Städte Israels. Statt sich an der Kibbuz-Tradition zu orientieren und sich mit Bluegrass und Country zu beschäftigen, erschliesst sich Avi Avital das klassische Repertoire. Der musikalische Appetit des Musikers geht jedoch weit über die wenigen Originalkompositionen hinaus. Längst wildert Avital in verschiedenen Stilen und hat mit seinen nahbaren Programmen einen festen Platz im Klassikmarkt.

Avital bringt für seine Residenz auch originale Konzerte mit. Sie entstanden in Neapel, der Wiege der Mandoline, und stammen von Giovanni Paisiello und Emanuele Barbella. Paisiello schenkte uns vor allem Opern, Barbella Musik für Geige und beide berücksichtigten auch die Mandoline. Aus der Reihe tanzt der in Weimar verstorbene Johann Nepomuk Hummel, von dessen Werk sich einzig das Konzert für Trompete und Orchester im Repertoire halten konnte. «Ich halte Hummel für einen unterschätzten Komponisten», so Avital. Er selbst habe lange gebraucht, um sich über das Vorurteil hinaus Hummels Konzert für Mandoline genauer anzuschauen. Inzwischen ist es eines seiner Lieblingsstücke.

Was wollte ein Komponist ausdrücken, wenn er Werke für die Mandoline schrieb? «Das Instrument ist ein Symbol für ein ganz besonderes Lebensgefühl», sagt Avi Avital. Vivaldi zum Beispiel schrieb nur zwei Konzerte für Mandoline, eines davon ist ein Doppelkonzert. Darin scheint die Sonne vom wolkenlosen Himmel und die Mandolinen sind einander wie vergnügte Zwillinge zugetan. Anders steht es mit Avitals Arrangements von Antonio Vivaldis

Mit der katalanischen Sopranistin Nuria Rial teilt Avital die Liebe zum Lied. Die beiden begannen ihre gemeinsame Spurensuche im Schatz der Volkslieder Venedigs. Sie handeln etwa vom Meer, der Unwägbarkeit wegen mit der Liebe verwandt, von unerreichbaren Damen und wurden vor allem durch die Gondolieri am Leben erhalten. Zur Zeit Vivaldis trug das Wasser der Kanäle die melancholischen Weisen und Spottlieder in die Gassen und Plätze Venedigs. Wer Glück hat, erhascht abseits touristischer Brennpunkte noch heute Funken dieser anrührenden Gesangstradition.