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JOURNEY

«Toren bereisen in fremden Ländern die Museen, Weise gehen in die Tavernen.» Und tanzen dort zu wohlbekannten Klängen. So lässt sich dieses Zitat von Erich Kästner leicht erweitern. Denn Volksmusik und Volkstanz ermöglichen nicht nur einen Einblick in die Geschichte der Menschen eines Landes, sondern auch in deren Lebensweise, Denkart und Spiritualität.

Avi Avital und Itamar Doari nehmen das Publikum mit auf eine Reise nach Südosteuropa und ans Schwarze Meer. Als Ausgangspunkt dient die Peloponnes mit der eher tragischen Figur des schon mit 45 Jahren verstorbenen Komponisten Nikos Skalkottas. Der vielversprechende Schönberg-Schüler geriet nach seiner Rückkehr nach Griechenland fast gänzlich in Vergessenheit, wären da nicht seine griechischen Tänze gewesen, die immerhin eine gewisse Popularität genossen. Die ersten drei Tänze skizzierte er noch in Berlin, es war aber vor allem die Arbeit an Transkriptionen von Volksliedern für das griechische Musik-Folklore-Archiv, die ihm den Impuls gaben, die Reihe von 36 Orchesterstücken zu komplettieren. Damals wie heute geht dabei die grosse Fülle atonaler und dodekaphonischer Werke vergessen, die Skalkottas in kurzer Zeit komponierte.

Im Œuvre des Georgiers Sulchan Zinzadse nehmen die Miniaturen für Streichquartett eine ähnlich prominente Rolle ein. Sie zählen zu den erfolgreichsten Werken des Komponisten, dienten ihm aber vornehmlich als stilistisches Laboratorium für seine eindrückliche Reihe von Streichquartetten. In diesen konstituiert sich Zinzadses Individualität und formale Innovationskraft – keines der Quartette ist seinem Vorgänger gleich. Während die Quartette moderne Kompositionstechniken mit melodischen und harmonischen Elementen der georgischen Volksmusik verbinden, ist der Zugang zu Letzterer in den Miniaturen direkter. Ihre Nähe zur volkstümlichen Vorlage zeigt sich etwa in der kontrastierenden Gegenüberstellung von Themen und in der Vorliebe für die

Variation als Entwicklungsträger. Dass dies nicht nur eine simple Plattitüde ist, beweist nicht zuletzt die feine Stilisierung im berühmten vierten Stück Satschidao.

Einen Blick auf die andere Seite des Atlantiks bietet Obrigado der brasilianisch-amerikanischen Komponistin Clarice Assad. Obrigado, auf Deutsch «Danke», erkundet die Musik, Gesänge und Rhythmen der afro-brasilianischen Umbanda-Religion, die afrikanische, indigene, katholische und spiritistische Elemente verbindet. Die elf Sätze folgen frei einer traditionellen Zeremonie der Umbanda, von den Eröffnungsgesängen über die Ehrerbietung für die wichtigsten Götter bis zur abschliessenden Hymne der Dankbarkeit für das Geschenk des Lebens.

Was für die Umbanda der Rhythmus ist, das ist für die Chassidim die Melodie. Diese jüdische Bewegung, entstanden um 1750 im Süden Russlands, versucht, im Gesang auszudrücken, was nicht in Worten fassbar ist. Durch die Melodie soll ein tranceähnlicher Zustand erreicht werden, in dem die Nähe zu Gott spürbar wird.

Gil Aldema verwandelt diese ekstatischen, oft auf repetitiven Einzelsilben beruhenden Melodien in seiner Fantasie In Chassidic Mood, ursprünglich für Klarinette und Streicher geschrieben, in einen rein instrumentalen Gesang. Dass der Klezmer nicht unwesentlich von dieser Tradition beeinflusst worden ist, wird hier besonders deutlich!

JOURNEY

SA, 3. JUNI 2023, 14.30 UHR

ZKO-HAUS

Avi Avital Mandoline

Itamar Doari Perkussion

Kio Seiler Violine

Silviya Savova-Hartkamp Violine

Frauke Tometten Molino Viola

Nicola Mosca Violoncello

Ivo Schmid Kontrabass

CHF 75

Nikos Skalkottas Fünf griechische Tänze für Streichquintett

Sulchan Zinzadse Sechs Miniaturen für Mandoline und Streicher

Clarice Assad Obrigado für Mandoline und Streichquartett

Gil Aldema Auszüge aus: In Chassidic Mood, bearbeitet für Mandoline und Streichquintett Traditionell bulgarisch Bucimis Traditionell türkisch Nacyem Nacyem Traditionell jüdisch Mi Yitneni Of