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HOMMAGE –HEINZ HOLLIGER UND DUO GERZENBERG

Zum Saisonabschluss präsentiert Heinz Holliger eine Hommage an seinen ehemaligen Lehrer Sándor Veress. Das sorgsam von einem der Doyens der Schweizer Musik zusammengestellte Programm wirkt selbst wie eine Komposition.

«Fast alles, was ich in der Musik gelernt habe, habe ich durch Veress gelernt.» Diese tiefe Prägung, die Heinz Holliger als Schüler von Sándor Veress erfahren hat, und folglich die Verbundenheit mit dem ehemaligen Lehrer ist Flucht- und Angelpunkt dieses Konzerts. Der aus dem heutigen Cluj (das damals als Klausenburg zu Ungarn gehörte) stammende Veress war 1949 im Alter von 42 Jahren nach Bern emigriert, weil sich die politische Situation in der kommunistischen Heimat radikal zugespitzt hatte. In der Schweiz fand er eine zweite Heimat. Hier wirkte er, der selbst bei Bartók studiert hatte, am Konservatorium sowie an der Universität Bern und prägte eine ganze Generation junger Komponisten. Neben Holliger waren u. a. auch Roland Moser, Jürg Wyttenbach, Heinz Marti, Janós Támas und Theo Hirsbrunner seine Schüler.

Grosse Farbigkeit des Klangs

Eines der ersten Werke, das Veress in der Schweiz schrieb, ist die Hommage à Paul Klee. Entstanden bei der Familie Müller-Widmann, wo Veress ein Zuhause fand und «auch Menschen wie Vogel oder Bartók ein und aus gingen», habe das Stück mit seiner grossen «Farbigkeit des Klangs», so Holliger weiter, «eine grosse Bedeutung im Leben von Veress». Wie Holliger berichtet, hätten das Werk des Malers Paul Klee mit seiner «für alle Musiker hochinspirierenden Kunst» Veress «zu einem kreativen Vulkanausbruch» angeregt. Tatsächlich fand Veress in den sieben Sätzen seiner Hommage jeweils klangliche Entsprechungen für die sieben zugrundeliegende Bilder von Klee – übrigens in genauer Umkehrung von Klees (primär in anderen Werken) verfolgten Bestrebungen, Klang in Bild zu fassen. Die musikalische Umsetzung des Bildes Alter Klang, mit dem Klee – als einziges der sieben – explizit Musik verhandelte, schlage gemäss Holliger «eine Brücke zu älterer Musik». Denn die «neoklassizisti- schen Elemente, wie etwa die vielen Verzierungen», erinnerten an Musiker des französischen Barocks wie Rameau und Couperin.

Die geistige Welt des Programms

Ähnlich wie Veress habe auch Ravel mit seinem Tombeau de Couperin in «eine alte Zeit zurückgeblickt», dabei aber «die Musik stark erneuert». Ravel konzipierte die einzelnen Sätze des Werks seinerseits als Hommage an Kameraden, die im Ersten Weltkrieg gefallen waren, und griff dabei auf alte, aus dem Barock stammende Ideen zurück, die er in der modernen Musiksprache aufgehen liess.

Auch die Sinfonie Nr. 98, die am Schluss des Konzerts erklingt, passe bestens zum Programm, in dessen «geistige Welt» Holliger das Publikum mitnehme möchte: «Haydn ist einer der grössten, wachsten, hellsten und überraschendsten Komponisten der Musikgeschichte, sein grosses Gesamtwerkt ist ein Weltwunder. In Werken wie seiner Sinfonie Nr. 98, einer der grossen ‹Londoner Sinfonien›, fasste er die ganze Musiktradition zusammen – und schuf eine Musik voller geistvoller Überraschungen für ein hochsensibles und mitgehendes Publikum.»

Überhaupt sieht Holliger ein Konzertprogramm ähnlich wie «eine Komposition, in der alles alles kommentiert». Dazu gehören schliesslich auch die passenden Aufführenden, die Holliger im Duo Gerzenberg gefunden hat. Zwei Brüder, die nicht nur als «Duo sehr gut funktionieren», sondern auch Holligers Vorstellung von selbstständig agierenden Nachwuchskünstlern einlösen. Anton Gerzenberg, der 2021 den Concours Géza Anda gewonnen hat, beeindruckt ihn entsprechend auch dadurch sehr, dass er «immer offen für Neues ist und nicht in Schubladen denkt».

Hommage