risControl 01 2021

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Und täglich grüßt das Murmeltier

In regelmäßigen Abständen wird eine Debatte über Sinn und Unsinn des Provisionssystems vom Zaun gebrochen. Steven Maijoor, Chef der Europäischen Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde ESFS denkt laut über ein Provisionsverbot nach, weil er meint, dass Empfehlungen von Finanzprodukten beim Provisionsmodell nicht im besten Interesse des Kunden ausfallen. Diesbezüglich hat risControl KommR Rudolf Mittendorfer, Versicherungsmakler und stellvertretender Fachverbandsobmann der Versicherungsmakler und Vertreter für das herkömmliche Provisionssystem und Wolfgang Staudinger, Makler und Gründer der Kostenvergleichsplattform Fynup eingeladen, die ihre gegensätzlichen Standpunkte im harten Wortgefecht aufeinanderprallen ließen.

vorzeitig auf. Die Diskussion um die Entgeltlichkeit einer Dienstleistung ist grundsätzlich ein wenig suizidär, so als wäre man selbst nicht überzeugt davon, dass das, was man macht, eigentlich etwas Sinnvolles ist, und dafür zurecht Geld bekommt. Staudinger: Ich sehe das anders. Es gibt Lebensversiche-

rungsberatungen, die die vielleicht in einer Stunde erledigt sind, wobei der Berater bei einer monatlichen Prämie von 150 Euro mit 30 Jahre Laufzeit inklusive Bonifikationen 2- 3.000 Euro verdient. Wenn man das dem Kunden offenlegt, dann glaube ich nicht, dass der Kunde sagt es ist alles in Ordnung. Meine Erfahrung ist eher, dass die Kunden darüber nicht Bescheid wissen. Grundsätzlich haben wir eine veränderte Marktsituation im Vergleich zu früher. Bei sechs oder sieben Prozent Zinsen spielen die Kosten keine so große Rolle wie sie es derzeit tun. Es gibt einen Spruch von Warren Buffet: „Wenn die Ebbe kommt, sieht man wer nackt geschwommen ist“. Nun haben wir die Zinsebbe und daher sieht man die Kosten umso mehr. Wir haben 50.000 Veranlagungen anaIn einigen Ländern wie lysiert und dabei festgestellt, England oder Niederdass im Durchschnitt 50 Prozent der Rendite durch Kosten lande gibt es bereits ein von Mag. Christian Sec Provisionsverbot für Finanzund Steuer verlorengehen. Wenn produkte. Der Chef der Euroich noch dazu die Inflation mitberücksichtige dann wird es schwer, dass päischen Wertpapier- und Marktder Kunde am Ende der Laufzeit keinen aufsichtsbehörde ESFS schließt ein Realwertverlust erleidet. europaweites Provisionsverbot nicht mehr aus. Ist

Klare Worte: Honorar vs. Provision

die provisionsbasierte Beratung im Vorsorgebereich ein Auslaufmodell?

Mittendorfer: Vorweg: Die Diskussionen über ein Provi-

sionsverbot werden immer von Leuten angestoßen, die auf hochdotierten Posten sitzen und nicht im freien Wettbewerb stehen. Aber warum gibt es diese Diskussion bei uns eigentlich? Warum wird sie nicht geführt bei den Handelsspannen von Autoverkäufern, Fertigteilhäuser oder Handys? Das Geld für die Beratung steht immer zwischen den Kunden und der Industrie. Das heißt die Problematik ist auch immer dominiert von einer Neidsituation. Dabei wird die Leistung des Vermittlers zumeist nicht richtig eingeschätzt oder es wird schlicht behauptet der Vermittler verdient zu viel. Ich übe diesen Beruf seit 41 Jahren aus. Mich hat noch nie ein Kunde gefragt, wieviel Provision ich bekomme, oder dass ihm die Provision zu hoch sei. Über 80 Prozent meiner Lebensversicherungs- Kunden lösen den Vertrag nicht

Wie hoch sind die Honorarkosten im Vergleich zu den Provisionskosten? Staudinger: Wenn wir über Provision oder Honorar dis-

kutieren geht es nicht darum, dass der Honorarberater weniger verdient, sondern darum, dass das Geld transparent verdient wird. Sobald ich damit beginne, dass ich dem Kunden sage Finanzberatung kostet Geld, weil wir auch Ausbildungen zu machen haben, Technologie anschaffen, um unsere Arbeit bestmöglich durchführen zu können so kann ich auch für meine Stunde 120 oder 180 Euro verlangen. Freier Markt, freier Wettbewerb. Ich verlange für meine Dienst-

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