ZKO Opus I Saison 2017/18

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Klänge, die berühren Ob der satte Klang eines 12-Zylinders oder die zarte Passage von Klavier und Geige – uns fasziniert harmonisches Zusammenklingen. www.amag.ch

Mit Leidenschaft. Für Sie.


E D I TO R I A L

E D I TO R I A L

MICHAEL BÜHLER

Liebe Konzertbesucherinnen, liebe Konzertbesucher «Erfolgreich ist, wer Erfolg hat», so meinte einst der amerikanische Schriftsteller ­Napoleon Hill. Nur, was ist ­Erfolg und wann hat man ihn? Im Sport ist man erfolgreich, wenn man schneller oder stärker ist. In der Gamer-Szene ist man erfolgreich, wenn man geschickter als sein Gegner ist. B ­ etriebswirtschaftlicher Erfolg zeigt sich im Gewinn, im Return on Investment oder in verschiedensten Kennzahlen. Und in der Musik? Ist ein Orchester erfolgreicher, wenn es schneller oder lauter spielen kann als andere? Sicher nicht. Eine Möglichkeit, musikalischen Erfolg festzuhalten, sind Preise wie der Grammy oder der Echo, die durch eine unabhängige Jury jährlich verliehen werden. Wir freuen uns sehr, dass zwei unserer aktuellen CD-­Produktionen mit jeweils einem dieser begehrten Preise, dem Echo Klassik 2017 in der Kategorie «Klassik ohne Grenzen», ausgezeichnet wurden. Gleich zwei solcher Prämierungen im selben Jahr sind nicht nur äusserst selten, sondern auch repräsentativ für den weltweiten Erfolg des ZKO. Die Preisverleihung findet am 29. Oktober 2017 in der E ­ lbphilharmonie in Hamburg statt – Sie können auf ZDF ab 22.00 Uhr dabei sein. Wir freuen uns darauf, mit Ihnen und klassischer Musik auch weiterhin Grenzen zu überschreiten.

Ihr Michael Bühler Direktor

Hauptpartner Hauptpartner

Innovationspartner Innovationspartner

Subventionsgeber Gönner Subventionsgeber und und Gönner

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Music Director Daniel Hope 1. Violine Willi Zimmermann, Konzertmeister Donat Nussbaumer, Stv. Konzertmeister Jana Karsko Asa Konishi Jankowska Kio Seiler 2. Violine Daria Zappa Matesic, Stimmführung Silviya Savova-Hartkamp, Stv. Stimmführung Anna Tchinaeva, Stv. Stimmführung Hiroko Takehara Strahm 1. / 2. Violine Inès Morin Tanja Sonc Arlette Meier-Hock Viola Ryszard Groblewski, Stimmführung Frauke Tometten Molino, Stv. Stimmführung Janka Szomor-Mekis Pierre Tissonnier Violoncello Nicola Mosca, Stimmführung Anna Tyka Nyffenegger, Stv. Stimmführung Silvia Rohner Geiser Kontrabass Seon-Deok Baik, Stimmführung Hayk Khachatryan, Stv. Stimmführung Flöte Stéphane Réty Oboe Marc Lachat Roman Schmid

DA S Z Ü R C H E R K A M M E RO R C H E S T E R SAISON 2017 – 2018 1945 durch Edmond de Stoutz gegründet, zählt das Zürcher Kammerorchester heute zu den führenden Klangkörpern seiner Art. Unter der Leitung von Edmond de Stoutz und später von Howard Griffiths und Muhai Tang erlangte das Ensemble internationale Anerkennung. In der Ära mit dem weltweit angesehenen Principal Conductor Sir Roger Norrington, von 2011 bis 2015, konnte das Zürcher Kammer­orchester seine hervorragende Reputation nachhaltig festigen. Seit der Saison 2016 / 17 leitet mit Music Director Daniel Hope erstmals kein Dirigent, sondern ein Instrumentalist das Orchester. Regelmässige Einladungen zu internationalen Festivals, Gastspiele in den bedeutenden Musikzentren Europas, Konzerttourneen auf fast allen Kontinenten sowie zahlreiche gefeierte CD-Produktionen belegen das weltweite Renommee des Zürcher Kammerorchesters. Das Repertoire ist breit gefächert und reicht von Barock über Klassik und Romantik bis zur Gegenwart. Bemerkenswert ist zudem die Zusammenarbeit mit Musikern aus anderen Bereichen wie Jazz, Volksmusik und populäre Unterhaltung. Die Nuggi-, Krabbel-, Purzel-, abc- und Kinderkonzerte, die Vermittlungsarbeit mit Kindern und Jugendlichen sowie die Förderung junger Instrumentalisten sind dem Zürcher Kammerorchester ebenso wichtig wie die kontinuierliche Zusammenarbeit mit weltweit gefeierten Solisten.

Horn Thomas Müller Martin Ackermann Cembalo Naoki Kitaya

www.zko.ch


I N H A LT

I N H A LT S V E R Z E I C H N I S

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Konzertübersicht Alle ZKO-Konzerte auf einen Blick

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Neue Abenteuer Worauf sich Michael Bühler und Daniel Hope in der Saison 2017 / 18 freuen

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Director’s Cut #1 Ein Leben für die Musik: Menahem Pressler zu Gast bei Daniel Hope

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Menahem Pressler Ein Klanggemälde des 19. Jahrhunderts

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Saisoneröffnung Katja Riemann liest Briefe von Mozart

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Kind und Kegel Grosse Töne für die Kleinen

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Fokus Sitar und Hang – zwei aussergewöhnliche Instrumente

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ZKO Porträt Im Gespräch mit Marc Lachat

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East meets West & West meets East Wenn Kulturen musikalisch verschmelzen

ZKO Inside Das ZKO-Haus als Baustelle

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ZKO-Freunde Musizieren mit den Profis

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Kolumne Daniel Hope – Wie die Welt den Klang formt

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Vorschau / Impressum

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Vadim Repin Vier Geigen für Vivaldi

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Gil Shaham & Sir Roger Norrington Die romantischste aller Beethoven-Sinfonien

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KO N Z E RT Ü B E R S I C H T

A L L E Z KO - KO N Z E RT E AUF EINEN BLICK SEPTEMBER 17

O K TO B E R 1 7

RITTER ROLAND Sa, 16. September 2017 11 / 14 / 1 6 Uhr, ZKO-Haus

DIE SCHNECKE UND DER BUCKELWAL So, 1. Oktober 2017 11 / 14 / 1 6 Uhr, ZKO-Haus

Jolanda Steiner Konzept und Erzählung Musikerinnen und Musiker des ZKO ZKO IM PFAUEN: ANOUSHKA SHANKAR & MANU DELAGO Mi, 20. September 2017 19.30 Uhr, Schauspielhaus Pfauen Anoushka Shankar Sitar Manu Delago Hang und Drumkit Jules Buckley Arrangements Willi Zimmermann Konzertmeister Zürcher Kammerorchester Werke von Delago und Shankar

Thomas Douglas Konzept und Erzählung (11.00 Uhr) Markus Buehlmann Erzählung (14 / 16 Uhr) Musikerinnen und Musiker des ZKO

SAISONERÖFFNUNG Di, 31. Oktober 2017 19.30 Uhr, Maag-Areal Daniel Hope Violine Lawrence Power Viola Willi Zimmermann Konzertmeister Katja Riemann Sprecherin Zürcher Kammerorchester Werke von Mozart Art is in Residence: Literatur

DER KLEINE IGEL UND DIE ROTE MÜTZE So, 22. Oktober 2017 11 / 14 / 1 6 Uhr, ZKO-Haus Renata Blum Konzept und Erzählung Musikerinnen und Musiker des ZKO VADIM REPIN Mi, 25. Oktober 2017 19.30 Uhr, Maag-Areal Vadim Repin Violine Pelin Halkaci Akin Violine Daria Zappa Matesic Violine Daniel Hope Violine Sascha Goetzel Dirigent Borusan Istanbul Philharmonic Orchestra Werke von Vivaldi, Turnage und Rimskij-Korsakow

N OV E M B E R 1 7 EAST MEETS WEST & WEST MEETS EAST Di, 7. November 2017 19.30 Uhr, ZKO-Haus Roland Kluttig Dirigent Zürcher Kammerorchester Werke von Gervasoni, Kelterborn, Lang, Hosokawa und Glass


GIL SHAHAM & SIR ROGER NORRINGTON Mo, 13. November 2017 19.30 Uhr, Maag-Areal Gil Shaham Violine Sir Roger Norrington Ehrendirigent Zürcher Kammerorchester Werke von Beethoven

DIRECTOR’S CUT #1 Mo, 20. November 2017 20.00 Uhr, ZKO-Haus

TICKETS

Daniel Hope Gastgeber Menahem Pressler Special Guest

ZKO BERATUNG UND VERKAUF Seefeldstrasse 305, 8008 Zürich tickets@zko.ch, Tel. 044 388 36 00 ÖFFNUNGSZEITEN Mo – Fr 11.00 bis 17.00 Uhr durchgehend BILLETTKASSE TONHALLE MAAG Zahnradstrasse 22, 8005 Zürich Tel. 044 206 34 34

ZKO IM PFAUEN: MENAHEM PRESSLER Di, 21. November 2017 19.30 Uhr, Schauspielhaus Pfauen Menahem Pressler Klavier Daniel Hope Music Director Zürcher Kammerorchester Werke von Mozart und Schubert Art is in Residence: Bildende Kunst

KAMMERMUSIK@ZKO So, 19. November 2017 11.00 Uhr, ZKO-Haus Daniel Hope Violine Daria Zappa Matesic Violine Natalia Mosca Alexandrova Viola Nicola Mosca Violoncello Irena Gulzarova Klavier Werke von Dvořák

VORVERKAUFSSTELLE TONHALLE MAAG AM PARADEPLATZ Schalterhalle Credit Suisse Paradeplatz 8, 8001 Zürich SCHAUSPIELHAUS PFAUEN (für Konzerte im Schauspielhaus) Rämistrasse 34, 8001 Zürich Tel. 044 258 77 77 MUSIK HUG Limmatquai 28-30, 8001 Zürich JELMOLI ZÜRICH-CITY Seidengasse 1, 8001 Zürich STARTICKET www.starticket.ch

NUGGI-KONZERT So, 19. November 2017 14 / 1 6 Uhr, ZKO-Haus Daniel Hope Violine Daria Zappa Matesic Violine Natalia Mosca Alexandrova Viola Nicola Mosca Violoncello Irena Gulzarova Klavier Werke von Dvořák

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NEUE ABENTEUER

«MIT DEM PUBLIKUM DA S N E U E E N T D E C K E N » ZKO-Direktor Michael Bühler und Music Director Daniel Hope sprechen über die neue Saison des Orchesters – und über ihre Vision, dass Musik mitten im Leben stehen sollte.


NEUE ABENTEUER

Michael Bühler und Daniel Hope, das neue Programm des ZKO setzt auf Vielfalt, ist ausgefallen, mutig und spricht mit verschiedenen Formaten ein ganz unterschiedliches Publikum an.

gehen wieder – stammt ja aus dem 19. Jahrhundert, und es ist an der Zeit, genau das zu hinterfragen, die alten Rituale abzuklopfen und Räume zu schaffen, in denen Neues probiert werden kann, ohne dabei das Alte vollkommen über Bord zu werfen.

Bühler: Dieses Programm ist das Ergebnis eines unglaublich spannenden Lernprozesses, der mich bereits seit acht Jahren begleitet. Eine der wichtigsten Lehren ist, dass es ein grosser Teil des Publikums geniesst, gemeinsam mit uns neue Dinge kennen­ zulernen. Das klassische Konzertformat – Menschen kommen, setzen sich hin, hören zu, klatschen und

Hope: Ein Konzert ist besonders spannend, wenn jeder merkt: Das hat ja was mit mir zu tun, mit meinen Gefühlen, meinen Freuden und Ängsten, mit meiner Welt, in der ich lebe. Für mich ist Musik immer mit gesellschaftlichen Prozessen verknüpft, mit Fragen der Ästhetik, der Wirtschaft oder der Politik – und natürlich auch mit allen anderen Künsten.

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Durch Musik Dialoge erzeugen: Das möchten ZKO-Direktor Michael Bühler (links) und Music Director Daniel Hope.


Könnte man nicht auch anders argumentieren? Warum brauchen wir Musik, um über eine Gesellschaft zu debattieren, die sowieso andauernd diskutiert: in Talkshows, in den sozialen Medien und in den Zeitungen? Kann Musik nicht einfach nur schön sein? Bühler: Sicherlich, kann sie das – und es gibt auch Formate, die genau das feiern. Und natürlich stimmt es, dass heute viele Dinge sehr direkt und konkret verhandelt werden. Dabei bleibt aber ein wesentlicher Gedanke oft auf der Strecke: dass die Impulse, die Musik setzen kann, vielleicht eine Schicht tiefer gehen als jede andere öffentliche Debatte. Dass wir Dinge in der Musik verhandeln können, die für jeden Musiker und für jeden Zuhörer in Wahrheit so intim sind, dass wir sie in der Öffentlichkeit nie aussprechen würden. Bei uns geht es dauernd um Themen wie Lust, Liebe, Spiritualität, Hoffnungen, Fantasien, Visionen …

«Die Impulse, die Musik setzt, gehen eine Schicht tiefer als jede andere öffentliche Debatte.» Hope: Genau. In der Kunst, und besonders in der Musik, können wir Dinge erkennen und erspüren, die in öffentlichen Diskussionen nie thematisiert

werden. Und wenn wir es dann noch schaffen, unsere eigenen Gefühle beim Hören zu beschreiben, können wir durch die Musik Dialoge erzeugen, die uns als Menschen mit Menschen sprechen lassen. Bühler: Gerade das ist ja heute oft ein Defizit. Laut Gehirnforschern werden durch die Musik ­Dinge stimuliert, die in unserem Bildungssystem oder in unserem rationalisierten Alltag oft viel zu kurz kommen: Musik schärft den Gemeinschaftssinn, die Fähigkeit zuzuhören, das mathematische Verständnis, das Bewusstsein für Formen und ein Gespür für Bewegung. Und darum geht es uns: Musik in ihrer gesamten Grösse zu begreifen und vorzustellen. Und ich freue mich, dass wir mit Daniel einen Music Director haben, der genau das vorlebt. Dies ist bereits die zweite Saison von Daniel Hope als Music Director. Wie würden Sie den gemeinsamen Weg mit dem ZKO beschreiben? Bühler: Unsere Erwartungen wurden eindeutig übertroffen. Wir wussten, dass wir etwas Neues ­wagen – aber der Erfolg der letzten Saison hat uns dann doch sehr gefreut. Wir haben gelernt, dass es in der Musik nicht nur ein Publikum gibt, sondern unterschiedliche Publika, und wir haben begriffen, dass es durchaus möglich ist, mit den unterschied­ lichen Reihen auch unterschiedliche Menschen anzusprechen, dass die Zeiten, in denen ein Orchester


NEUE ABENTEUER

ein Programm für eine Zielgruppe aufstellte, vorbei sind. Egal, ob Daniel in seinem «Director’s Cut» prominente Menschen trifft und die Musik als Anlass zur Debatte nutzt, oder ob wir mit grossartigen Solisten in einem klassischen Konzert musizieren – in jedem Format steht die Unmittelbarkeit im Vordergrund.

Schauspielerin Katja Riemann Briefe von ­Mozart liest und somit ein vollkommen neues Licht auf die Musik wirft. Oder wenn die 3D-Künstler Projektil mit Licht virtuelle Räume erschaffen, die wir mit Musik füllen können, oder die von Musik inspiriert sind ...

Hope: Was mich ausserdem begeistert, ist die Intimität eines Kammerorchesters wie des ZKO. Man spürt, dass hier Menschen bewusst einen gemeinsamen Weg miteinander gegangen sind. Oder anders: dass ein Weg fortgesetzt wird. Das Orchester hat sich, gemeinsam mit seinem Publikum, schon auf viele neue Abenteuer eingelassen, etwa mit Sir Roger ­Norrington, auf dessen Rückkehr sich hier alle immer wieder freuen. Ich spüre, wenn ich in Zürich bin, diese unglaubliche Nähe zu den Musikern, zum Publikum – Momente, in denen in einem Konzert tatsächlich zu spüren ist, dass etwas Existenzielles passiert.

«Uns liegt am Herzen, dass unsere Konzerte sich öffnen.»

Für diese Saison haben Sie sich neben den bewährten Formaten wie dem «Director’s Cut» etwas ganz Besonderes ausgedacht: Statt eines «Artist in Residence» gibt es beim ZKO nun «Art is in Residence» – was genau bedeutet das? Hope: Wir möchten zeigen, wie unsere Kunstform, die Musik, mit anderen Künsten in Kontakt treten kann – und vor allen Dingen: was bei diesen Konfrontationen passiert. Zum Beispiel, wenn die

Bühler: Spannend sind auch Künstler wie der Scherenschneider Hans-Jürgen Glatz, der eine uralte Kunst ins Heute holt, der Tierfotograf ­David Yarrow oder Tanzlegenden wie Heinz Spoerli. «Art is in Residence» bietet so viele Möglichkeiten, den konventionellen Konzertbetrieb zu hinterfragen. Wir können derzeit nur ahnen, was auf diesem Feld irgendwann einmal möglich sein wird: ­Räume, die man mit 3D-Brille betritt, Einstellungen, mit ­denen das Publikum durch das Orchester «fliegen» kann, Möglichkeiten der multimedialen Nutzung – quasi eine Erweiterung des Klangraums ins ­Unendliche. Dass unsere Konzerte sich öffnen, egal in welchen Formaten, ist etwas, das uns sehr am Herzen liegt.  ab

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RUBRIKZEILE


SAISONERÖFFNUNG

Art is in Residence

M O Z A RT Ü B E R D I E S C H U LT E R G E S C H A U T Katja Riemann liest aus dem Leben Mozarts und das ZKO verwandelt die biografischen Stationen in Musik. Ein Konzert, in dem der Klang aus dem Wort geboren wird. Für den grossen Mozart-Dirigenten Nikolaus ­Harnoncourt gab es keinen Zweifel, dass Mozart ­seine Musik nicht nur aus Noten, sondern auch aus den konkreten Einflüssen seiner Welt erschaffen hat. Für Harnoncourt war Mozarts Musik von der ­Sprache seiner Salzburger Heimat und von vielen Alltäglichkeiten inspiriert. «Wenn man Mozarts M ­ usik genau anhört», sagte Harnoncourt einmal, «dann merkt man, dass er etwa das Jodeln sehr oft ­imitiert hat, wenn er die Liebe beschreiben wollte.» Wie die Welt, das Wort und die Musik bei M ­ ozart zusammenhängen, steht im Vordergrund des Konzerts mit Daniel Hope an der Geige, mit L ­ awrence Power an der Viola, mit dem ZKO und Willi ­Zimmermann als Konzertmeister. Im Rahmen von «Art is in R ­ esidence» wird eine der bekanntesten deutschsprachigen Schauspielerinnen, Katja R ­ iemann, aus Mozarts Briefen lesen. Die Briefe gewähren Einblicke in die musika-

lische Ästhetik des Komponisten, zeigen aber auch dessen alltägliche Lebenswelt. 1778 schrieb Mozart seinem Vater aus Paris einen entscheidenden Brief, in dem er darum bat, sich von der Geige abwenden zu dürfen. Er wollte nicht länger als Violinvirtuose am S ­ alzburger Hof spielen, sondern als Komponist, Dirigent und Klavierspieler in die Welt ziehen. «Nur eines bitte ich mir zu Salzburg aus», schrieb er damals, «und das ist: dass ich nicht bey der V ­ iolin bin, wie ich sonst war. Keinen Geiger gebe ich nicht mehr ab; beym Clavier will ich dirigieren.» Tatsächlich sollte Mozarts Bruch mit der Geige sein Leben prägen. All seine fünf Violinkonzerte sind vor 1777 entstanden. Das grösste, längste und anspruchsvollste ist dabei das A-Dur-Konzert (KV 219). Wahrscheinlich wurde es für eine weihnachtliche Akademie am Salzburger Hof geschrieben, sicher hatte Mozart aber auch eine weitere Verwendung

DA S WO RT W I R D M U S I K Katja Riemann ist eine der vielseitigsten Charakterschauspielerinnen Deutschlands, zu sehen beispielsweise in der Literaturverfilmung von Bernhard Schlinks «Das Wochenende», in der Hitler-Satire «Er ist wieder da» oder als Schulleiterin in «Fack ju Göhte». Mehrfach hat sie mit der Regisseurin Margarethe von Trotta zusammengearbeitet, zuletzt als Jazz-Sängerin in dem Drama «Die abhandene Welt». Sie macht sich stark für die Menschenrechte von Frauen auf der Flucht, engagierte sich für die Freilassung des krim-ukrainischen Filmregisseurs Oleg Sentsov und warnte auf der diesjährigen Leipziger Buchmesse vor der Propaganda der neuen Rechten. Viel Herzblut steckt sie auch immer wieder in die Kombination von Musik und Literatur. So las sie Briefe von Felix Mendelssohn und war im Nürnberger Gerichtsraum 600 zusammen mit dem Menschenrechtsanwalt Philippe Sands Teil dessen musikalischer Inszenierung «A Song of Good and Evil» mit Musik von Johann Sebastian Bach und Leonard Cohen. An der ZKO-Saisoneröffnung liest Katja Riemann nun Briefe von Mozart und eröffnet dem Publikum die Lebenswelt des grossen Komponisten.

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SAISONERÖFFNUNG

für die Karnevalsaison im Sinn, denn im letzten Satz lässt er eine furiose Maskerade im türkischen Stil erkennen: eine lebendige, lebensfrohe Musik, die den Zuhörer begeistert. Aber auch der Opernkomponist Mozart ist in diesem Werk bereits zu hören. Aus zahlreichen Briefen Mozarts sind wir über seinen legendären Aufenthalt in Mannheim informiert. Hier suchte er eine Anstellung an der Hofkapelle, dem damals vielleicht besten Orchester Europas. Seine Briefe spiegeln seine Erwartungen und Hoffnungen, aber auch seine Enttäuschung und seinen Frust wider, als Mannheim für ihn zum Flop wurde. In Mannheim existierte damals bereits die Mode der Sinfonia concertante. Zurück in Salzburg machte sich auch Mozart an die Arbeit an diesem Format und stellte dabei mit der Geige und der Viola zwei Instrumente in den Vordergrund, die besonders am österreichischen Hof hoch im Kurs standen. Das Besondere an seiner Sinfonia concertante ist, wie er die Instrumentengruppen des Orchesters um die beiden Soloinstrumente drapiert, und wie majestätisch er seine Komposition – besonders im Es-Dur-Teil – klingen lässt. Auch die beiden anderen Werke des Programms, die B-Dur-Sinfonie und die «Salzburger Sinfonie», legen ein akustisches Zeugnis von Mozarts

Salzburger Zeit ab, in der er als Wunderkind gefeiert wurde, eine Stellung am Hof bekam – schliesslich aber mit all dem brach, um frei und unabhängig arbeiten zu können und nach Wien zu gehen.

«Mozarts Kompositionen dienten nie allein der Musik, sondern waren immer vom Leben inspiriert.» Das Konzert, in dem Katja Riemann die lustigsten, emotionalsten und musikalisch interessantesten Briefe Mozarts lesen wird, ist somit ein Panoptikum des frühen Mozart-Kosmos. Die gelesenen Worte und die gespielte Musik ergeben ein grosses Ganzes und es wird deutlich, dass Mozarts Kompositionen nie allein der Musik dienten, sondern immer vom Leben inspiriert waren. Vom Leben eines jungen Mannes, dessen grosse Vertrauensperson sein Vater Leopold war, der aber darum kämpfte, seinen eigenen Weg zu gehen. Ein junger Mann, dessen Ohr stets am Leben der Menschen lauschte und der versuchte, mit seiner Musik eine neue Form der Freiheit und der Sprache zu finden.  ab

SAISONERÖFFNUNG D i , 3 1 . O k t o b e r 2 0 1 7 , 1 9 . 3 0 U h r, M a a g - A r e a l

Daniel Hope Violine Lawrence Power Viola Willi Zimmermann Konzertmeister Katja Riemann Sprecherin Zürcher Kammerorchester

A RT I S I N R E S I D E N C E Literatur KO N Z E RT E N D E ca. 21.45 Uhr ABO Grosses Abo TICKETPREISE CHF 105 / 95 / 82 / 40

Wolfgang Amadeus Mozart Sinfonie B-Dur KV Anh. 214 (45b) Allegro | Andante | Menuetto | Allegro

14 min

Wolfgang Amadeus Mozart Violinkonzert Nr. 5 A-Dur KV 219 Allegro aperto | Adagio | Rondeau: Tempo di Menuetto

30 min

Pause

20 min

Wolfgang Amadeus Mozart Divertimento D-Dur KV 136 «Salzburger Sinfonie Nr.1» Allegro | Andante | Presto

18 min

Wolfgang Amadeus Mozart Sinfonia concertante Es-Dur KV 364 für Violine, Viola und Orchester Allegro maestoso | Andante | Presto

30 min


Lesen klingt gut.

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FOKUS

«ICH WILL MICH JEDEN ABEND SELBER ÜBERRASCHEN» Die Sitarspielerin Anoushka Shankar und der Hangspieler Manu Delago kommen für ein gemeinsames Konzert nach Zürich. Mit dem ZKO spielen sie Werke zwischen Pop, E-Musik und Klassik – vor allen Dingen aber Klänge aus Shankars indischer Heimat. Anoushka Shankar gilt als eine der erfolgreichsten Sitarspielerinnen der Welt. Ein Teil der ­M usik, welche die Tochter von Ravi Shankar spielt, stammt aus der Feder von Manu Delago. Der ­Ö sterreicher spielt Perkussion und das in der Schweiz ­e rfundene Hang, ausserdem ist er ein weltweit begehrter Komponist. Ein Gespräch über die Zusammenarbeit mit dem ZKO, über ausgefallene Instrumente und das Abenteuer Musik. Manu Delago, Sie haben zwar eine klassische Perkussionsausbildung, spielen aber mit Künstlern aus ganz unterschiedlichen Genres. In Zürich werden Sie mit dem ZKO und Anoushka Shankar auftreten. Delago: Anoushka und ich kennen uns schon sehr lange und haben gemeinsam sicherlich schon über 40 Konzerte gegeben. Was uns eint, ist die Offenheit und die Suche nach Musik, die keinem eingefahrenen Schema folgt, keinem Klischee, keiner eingefleischten Tradition. Shankar: Wir haben uns bei der Arbeit am A ­ lbum «Traces of You» kennengelernt. Da habe ich gemerkt, was für ein exzellenter Drummer Manu ist und ihn gebeten, mit mir aufzutreten. Eine ­Begegnung wie unsere ist einer der Gründe, ­warum Musik so faszinierend ist: Man trifft sich, tauscht sich aus, es entsteht Vertrauen und daraus dann gemeinsame Musik.

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FOKUS

Sie haben beide sehr besondere Instrumente: die Sitar und das Hang, eine Art Halbkugel aus Stahlblech.

stellt, eine Kunst, die sich immer weiterentwickelt, stets in jene Richtung, in welche die Geschichte oder einzelne Musiker und Lehrer sie treiben.

Delago: Das Hang ist wirklich ungewöhnlich: Für mich definiert das Instrument meine musikalische Freiheit. Es wurde in Bern erfunden und kam im Jahr 2000 das erste Mal auf den Markt. Es hat keine wirkliche Tradition, trägt keinen historischen Ballast mit sich, ist nicht einer Region oder einem Musikstil zuzuordnen. Das bedeutet für mich, dass ich mich mit dem Hang quasi in einem offenen Raum bewege, in den ich jeden einladen kann: DJs ebenso wie Popbands oder eben klassische Orchester. Das Instrument macht mich im musikalischen Suchen vollkommen frei und lässt mich ganz unterschiedliche Welten entdecken.

Woher kommen Ihre Einflüsse, Manu ­Delago? Wenn Sie für Anoushka Shankar komponieren, benutzen Sie dafür das Hang?

Shankar: Während Manu mit dem Hang ungebunden ist, spüre ich die Tradition der Sitar immer und überall. Aber gerade diese Tradition macht es auch spannend. Zumal sich die Tradition über die Jahrhunderte hinweg ständig gewandelt hat. Ich vergleiche das gern mit der Sprache: Unser E ­ nglisch und das Englisch von vor 1000 Jahren haben zwar miteinander zu tun, aber es sind ­viele neue Einflüsse hinzugekommen, ja sogar ganz neue Worte. Genau so ist das mit der Musik auch: Das Alte wird nicht vergessen, aber das Neue findet immer Gehör.

«Während Manu mit dem Hang ungebunden ist, spüre ich die Tradition der Sitar immer und überall.» Wie würden Sie die aktuellen Einflüsse auf die indische Musik definieren? Shankar: Die indische Volksmusik ist an ­vielen unterschiedlichen Orten gewachsen. Oft standen diese Orte nicht miteinander in Verbindung, sodass vollkommen unterschiedliche Wege eingeschlagen wurden. Mit dem Einmarsch der M ­ ongolen in Nord­indien hat sich die Musik dann grund­legend verändert. Und dieser Wandel hält bis heute an. Ich sehe gerade in der jungen ­Generation ­indischer Musiker eine grosse Neugier, fremde Einflüsse aufzunehmen und in der traditionellen Musik zu verarbeiten. So wird klar, dass Musik eine Evolution dar-

Delago: Selten. Ich spiele sehr viele Instrumente eher laienhaft und aus Interesse. Für das Komponieren nehme ich sie dann gern zur Hand. Bei den Stücken, die ich für Anoushka komponiert habe, nahm ich in der Regel eine Gitarre und stimmte sie auf die Tonhöhe einer Sitar. Stücke wie «Two Handfuls of Sound» sind dagegen für Hang solo komponiert, da stehen natürlich das Instrument und seine Möglichkeiten im Vordergrund. Bei «Secret Corridor» handelt es sich um eine Auftragsarbeit der Opéra Garnier in Paris: Mir ging es darum, die Dunkelheit der Katakomben, aber gleichzeitig auch den alten Prunk, der in diesem Haus allgegenwärtig ist, zu beschreiben. Bei «Down to the Summit» habe ich versucht, viele unterschiedliche Klänge zu verarbeiten: Gitarre, Glocken und Fagott. In Zürich wird dieses Stück mit dem ZKO nun zum ersten Mal in einer Version für Streichorchester aufgeführt – und ich bin sehr neugierig. Was für Erfahrungen sammeln Sie, wenn Sie mit klassischen Orchestern auftreten? Shankar: Ich bin ja schon oft mit Orchestern aufgetreten, aber nie mit einem, das meine Musik spielt. In der Regel haben wir Werke meines Vaters aufgeführt. Und schon da entdeckte ich bei den ersten Proben auf beiden Seiten immer wieder Elemente der Unsicherheit. Eine Unsicherheit gegenüber dem Unbekannten, die ungemein produktiv und kreativ macht. Wir alle verlassen bekanntes Terrain und lassen uns als Musiker aufeinander ein. Ich freue mich sehr, dass das ZKO nun den Mut hat und die Musik spielt, in der ich zu Hause bin. Delago: Ich kenne das ZKO noch aus einem Konzert, in dem ich als klassischer Perkussionist aufgetreten bin. Damals hat sich auch die Idee zu diesem besonderen Projekt entwickelt. Oft ist es so, dass Orchester erst einmal denken: «Ah, da kommt einer aus dem Pop, da haben die ­Geigen ja nur lange, begleitende Töne zu spielen.»


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FOKUS

Aber dann merken sie, dass es sich um Kompositionen handelt, in denen jedes Instrument eine Hauptrolle spielt. Gibt es in all den unterschiedlichen Genres, in denen Sie sich tummeln, eine Grundidee von Klang, die Sie verfolgen? Delago: Ich glaube, dass es die Idee der Neugier ist, die meine Musik prägt. Mir geht es darum, Musik zu erfinden, die mich und das Publikum gleichsam aufhorchen lässt, weil wir gemeinsam etwas hören, das wir so noch nicht gehört haben. Ich will mich jeden Abend selber überraschen.

Shankar: Da stimme ich vollkommen zu. Am Ende ist Musik stets Ausdruck dessen, wie sehr Menschen einander vertrauen und miteinander ins Gespräch kommen. Es kann sein, dass es mit einem indischen Musiker gar nicht funktioniert, mit einem europäischen, klassischen Orchester aber sehr gut – und das, obwohl sich nicht nur die musikalischen Vokabeln, sondern auch die musikalische Grammatik voneinander unterscheidet. Musik basiert auf der Offenheit der Menschen – und das ist eines ihrer grössten Abenteuer: neugierig aufeinander zu bleiben.  ab

Z KO I M P F A U E N : A N O U S H K A S H A N K A R & M A N U D E L A G O M i , 2 0 . S e p t e m b e r 2 0 1 7 , 1 9 . 3 0 U h r, S c h a u s p i e l h a u s P f a u e n

Anoushka Shankar Sitar Manu Delago Hang und Drumkit Jules Buckley Arrangements Willi Zimmermann Konzertmeister Zürcher Kammerorchester

Manu Delago Down to the Summit Anoushka Shankar Voice of the Moon

6 min

10 min

Anoushka Shankar / Manu Delago Maya

6 min

Anoushka Shankar Bulería con Ricardo

6 min

Manu Delago Two Handfuls of Sound, Wandering around, Bigger than Home

18 min

Pause

20 min

KO N Z E RT E N D E ca. 21.30 Uhr

Anoushka Shankar Chasing Shadows

ABO Meisteryzklus-Abo

Manu Delago Secret Corridor

12 min

TICKETPREISE CHF 105 / 95 / 82 / 40

Anoushka Shankar Monsoon, Flight, Traces of You, Traveller, Mahadeva

22 min

ZKO im Pfauen: Die Konzertreihe des ZKO in Kooperation mit dem Schauspielhaus Zürich

4 min

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EAST MEETS WEST & WEST MEETS EAST

WENN DER OSTEN AUF DEN WESTEN TRIFFT U N D U M G E K E H RT Mit fünf Werken zeitgenössischer Komponisten beteiligt sich das Zürcher Kammerorchester am Festival «Focus Contemporary: Züri West», davon sind zwei Schweizer Erstaufführungen. Unter dem Namen «Focus Contemporary: Züri West» haben sich dieses Jahr unter der Ägide des Tonhalle-Orchesters Zürich mehrere Zürcher Klangkörper und Institutionen vereinigt, um in Nachfolge der «Tage Neuer Musik Zürich» gemeinsam eine Plattform für zeitgenössische Musik zu bespielen. Als ein im südöstlichen Teil der Stadt domiziliertes Orchester fällt dem Zürcher Kammerorchester die Aufgabe zu, mit seinem Konzert den Auftakt für die knapp einwöchige Veranstaltungsserie zu machen. Das ZKO-Konzert mit dem Titel «East meets West & West meets East» reflektiert zum einen, dass sich die geografisch verschieden domizilierten Klangkörper und Institutionen wie das Tonhalle-Orchester Zürich, das Collegium Novum, die Zürcher Hochschule der Künste und das Musikpodium der Stadt Zürich in einem gemeinsamen Rahmen dem aktuellen Musikschaffen stellen. Zum anderen zeigt das Programm, mit welcher Art Werken sich das ZKO in seinen Aufführungen neuer und neuester Musik seit seinen Anfängen beschäftigt. Die meisten Komponisten dieses Konzerts haben sich intensiv mit dem Denken und der Musik anderer Kulturen auseinandergesetzt. Der vormalige ZKO-Composer-in-Residence Philip Glass etwa widmete sich intensiv den Traditionen Indiens, Klaus Lang denjenigen Japans und Toshio Hosokawa liess europäische und asiatische Traditionen miteinander verschmelzen. «Un leggero ritorno di cielo», auf Deutsch eine sanfte Wiederkehr des Himmels, des italienischen ­Komponisten Stefano Gervasoni hat das ZKO unter der Leitung von Howard Griffiths 2003 in der Tonhalle uraufgeführt. Die Klangstudie für Solostreicher

geht der Frage nach, ob und wie sich ein freier Fall in einen steuerbaren Flug umwandeln lässt. Oder anders ausgedrückt, ob der Prozess eines zivilisatorischen und natürlichen Zerfalls reversibel sei und sich vital umkehren liesse zu einer Rückkehr zu einem himmlischen Gleichgewicht, so der Komponist. Als das ZKO im Dezember 2014 im Rahmen von «Œuvres Suisses» Rudolf Kelterborns «Contraddizioni per trio ed orchestra d’archi» uraufführte, wollte der Komponist dem Publikum im Einführungsgespräch keine Werkerklärung mit auf den Hörweg geben. Er bat die Zuhörer darum, sich während des Spiels vorurteilslos zu öffnen und die eigene Neugier unbelastet von Vorstellungen bekannter historischer Musik zu entfalten. Zumindest verriet er, dass der Titel des Werks die Fantasie in eine bestimmte Richtung lenken sollte. So hiess es im Programmheft: «­Contraddizioni = Widersprüche: Im musikalischen Ausdruck, in der Gestik, im Klang-Raum, in der Satz-Dichte, in der Bewegung, in der Dynamik, etc. Per trio ed orchestra d’archi: Das Streichorchester umfasst 20 ­Instrumente, die auf mannigfaltige Weise aufgeteilt werden. Ein ­Solo-Trio mit einer Geige, einer Bratsche und einem Cello spielt dabei eine wichtige Rolle – ausdrucksmässig und ‹dramaturgisch›.» Die Musik des Japaners Toshio Hosokawa baut auf der westlichen Tradition auf. Als Schüler des koreanischen Komponisten Isang Yun in Berlin hat er jedoch keine Hemmung, Elemente japanischer Musik­kultur in seine, auf europäischen Techniken aufbauenden Arbeiten einzuflechten. Zu «­Ceremonial Dance» sagt er: «Das Stück ­bezieht sich auf keinen realen kultischen Tanz, sondern einen, der nur in meiner


Dirigiert das erste Konzert des Festivals «Focus Contemporary: Züri West»: Roland Kluttig.


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EAST MEETS WEST & WEST MEETS EAST

Vorstellung existiert.» Weiter notiert er: «Die Idee dazu kam mir, als ich einmal einen Tanz beobachtete, der auf den langsamen, bedächtigen Bewegungen des Gagaku beruhte. Westlicher Tanz strebt zum Himmel, indem er die Schwerkraft aufzuheben versucht, er basiert auf geometrischen Bewegungen. Im Gegensatz dazu verwurzelt traditioneller japanischer Tanz den Körper fest in der Erde, der Tänzer soll sich im Einklang mit der langsamen Bewegung der Erde und dem Universum fühlen.» Klaus Lang erklärt: «Zum klanglichen, konkreten Inhalt von ‹vier gefässe. staub. licht.› werden wie in einem Stillleben die elementarsten Klänge der Streich­ instrumente (leere Saiten, Naturflageoletts, Glissandi etc.), also einfachste akustische Objekte, die weder interpretiert noch psychologisch oder inhaltlich aufgeladen werden. Es ist wie ein Erforschen des Wesens von Streicherklang, durch welches das Altbekannte, das Alltägliche, gleichsam durch die Lupe betrachtet zum unbekannten wilden Neuland wird. Den Klängen, als quasi mikrozeitlichen Phänomenen mit ihrem ungezähmten sinnlichen Reichtum gerade dort, wo sie am vielfältigsten und am schwersten kontrollierbar sind, nämlich im Leisesten, an den Grenzen zum Hörbaren und zum Geräusch, wird die musikalische

Makrozeit, also die musikalische Form, als der Aspekt des kompositorischen Handwerks, der sich am direktesten nachvollziehbar mit Zeit beschäftigt, gegenübergestellt. Der klanglichen Fülle tritt eine klare formale Struktur entgegen, die die Musik zu einer klingenden Hörarchitektur werden lässt.» «Company» von Philip Glass ist ursprünglich als Streichquartett in Form vier separater Interpolationen geschrieben worden und zwar als Musik zu einer thea­ tralischen Umsetzung nach dem gleichnamigen Prosa­ gedicht von Samuel Beckett. Wie häufig behandelt ­Beckett auch hier die Themen Tod, Einsamkeit und die Natur der Identität, was etwa bereits die Eröffnungszeile des Gedichts mit «A voice comes to one in the dark. Imagine.» belegt. Die Musik von Philip Glass reflektiert diese Themen, ohne jedoch darüber etwas Konkretes aussagen zu wollen. Im Gegensatz zu Becketts emotionaler Aussage geht es laut Glass in dieser Musik um eine Abstraktion als eigenständigen Wert.   per

EAST MEETS WEST & WEST MEETS EAST E r ö f f n u n g s ko n z e r t d e s F e s t i v a l s « F o c u s C o n t e m p o r a r y : Z ü r i We s t » D i , 7 . N o v e m b e r 2 0 1 7 , 1 9 . 3 0 U h r, Z KO - H a u s Roland Kluttig Dirigent Zürcher Kammerorchester

Stefano Gervasoni «Un leggero ritorno di cielo»

13 min

Rudolf Kelterborn «Contraddizioni per trio ed orchestra d’archi»

12 min

Toshio Hosokawa «Ceremonial Dance» (Schweizer Erstaufführung)

14 min

Pause

20 min

KO N Z E RT E N D E ca. 21.15 Uhr

Klaus Lang «vier gefässe. staub. licht.» (Schweizer Erstaufführung)

25 min

EINHEITSPREIS CHF 40

Philip Glass «Company»

E I N F Ü H RU N G ( 1 8 . 3 0 U H R ) Klaus Lang und Roland Kluttig im Gespräch mit Peter Révai

8 min


Stefano Gervasoni, einer der fĂźnf Komponisten, bei der Arbeit.

Erforscht das Wesen des Streicherklangs: Komponist Klaus Lang.


DIE ERBEN MENUHINS Vadim Repin und Daniel Hope verehren den Übervater aller Geiger und stellen nun ein Programm vor, das Menuhins Musik-Humanismus ins Zentrum stellt.

Es ist besonders ein Mensch, der die Geiger ­Vadim Repin und Daniel Hope verbindet: Yehudi M ­ enuhin. Daniel Hope hat seinem grossen Mentor bereits ein ganzes Album gewidmet, und auch Vadim Repin schwärmt regelmässig von der tiefen Menschlichkeit Menuhins, mit dem gemeinsam er zahlreiche Konzerte gegeben hat: «Menuhin war in erster Linie ein Humanist. Und das machte auch sein Musizieren aus. Er war so klug, so belesen, aber auch lebensweise. Und ich bin der festen Überzeugung, dass diese Charakterzüge in all seinen Interpretationen zu hören waren.» Nun treten die beiden grossen Menuhin-­ Verehrer ­Daniel Hope und Vadim Repin gemeinsam mit dem Borusan Istanbul Philharmonic Orchestra im Maag-Areal auf. Das Programm ist so vielfältig,

wie Menuhin es sich wahrscheinlich gewünscht ­hätte: Neben dem Vivaldi-Konzert für vier Violinen in h-Moll und Rimskij-Korsakows S ­ ­chéhérazade steht auch die Uraufführung «Shadow Walker» von Mark-­ Anthony Turnage auf dem Programm.

«Das Programm ist so vielfältig, wie Menuhin es sich wahrscheinlich gewünscht hätte.» Gleich vier Geigen verlangt das Vivaldi-Konzert, das ursprünglich Teil des Zyklus «Die harmonische Ein­


VA D I M R E P I N

gebung» war. Diese Konzertkompositionen liessen im 18. Jahrhundert das sogenannte Vivaldi-­Fieber ausbrechen. Der «rote Priester» aus Venedig, wie man Vivaldi wegen seiner Kirchenlaufbahn und seiner Haarfarbe nannte, traf nicht nur den Geschmack des Publikums, sondern setzte auch neue Massstäbe in der Komposition. Dass der Zyklus ein Schlüsselwerk des Barock darstellt, lässt sich daran erkennen, dass Johann ­Sebastian Bach die einzelnen Konzerte für Orgel oder Cembalo bearbeitet hat und dass er sich in Werken wie den «Brandenburgischen Konzerten» an Vivaldis Stilprägungen orientierte. Höhepunkt von Vivaldis h-Moll-Konzert ist der langsame Satz, in dem die vier Violinen gleichzeitig vier verschiedene Arten von gebrochenen Akkorden, sogenannte Arpeggios, spielen – zur Zeit des Barock ein völlig neuartiger Klang.

«Rimskij-Korsakows Schéhérazade begeisterte auch das Kino.»

Aus einer ganz anderen Zeit und Region stammt Rimskij-Korsakows W ­ erk Schéhérazade, das auf der ­Erzählung «Tausendundeine Nacht» beruht. 1888 schrieb der Russe die vierteilige O ­ rchestersuite, in der er Sindbads Schiffsfahrt, die Geschichte vom Prinzen Kalender, die Liebes­geschichte zwischen Prinz und Prinzessin und eine g­ rosse Feier in Bagdad ­beschreibt. Nach der Vollendung der Partitur entfernte ­Rimskij-Korsakow die erzählerischen Satzbezeichnun-

Die Uraufführung des Stücks «Shadow Walker» von Mark-Anthony Turnage fügt sich passend ­in die Mitte des Programms. Ebenso wie Hope und Repin wurde auch der britische Komponist, der bei Gunther Schuller und Hans Werner Henze in die ­Schule gegangen ist, von ­Yehudi Menuhin gefördert. Auch hier wieder ist das Konzert im Maag-Areal eine Hommage an den grossen Geiger und an sein Verständnis von Musik als Ausdruck der Menschlichkeit.  ab

gen, da er kein konkreter Geschichtenerzähler der Musik sein wollte. Und doch sind einige musikalische ­Motive unverkennbar an den grossen Erzähler­ mythos gebunden: das Anfangsthema etwa, das den tyrannischen Sultan vorstellt oder das sinnliche Soloviolin-Thema der Erzählerin ­Schéhérazade, das in allen vier Teilen vorkommt. Rimskij-­Korsakows Werk wurde zum Meilenstein der M ­ usik. Es begeisterte auch in anderen Sparten wie dem Kino. Teile des Werks sind in Filmen wie «Uhrwerk Orange» oder in «Basil, der grosse Mäusedetektiv» zu hören.

VA D I M R E P I N M i , 2 5 . O k t o b e r 2 0 1 7 , 1 9 . 3 0 U h r, M a a g - A r e a l

Vadim Repin Violine Pelin Halkaci Akin Violine Daria Zappa Matesic Violine Daniel Hope Violine Sascha Goetzel Dirigent Borusan Istanbul Philharmonic Orchestra

Antonio Vivaldi Concerto h-Moll op. 3 Nr. 10 RV 580 für vier Violinen, Streicher und B.c. Allegro | Largo | Allegro

10 min

Mark-Anthony Turnage «Shadow Walker», Konzert für zwei Violinen und Orchester (Uraufführung)

23 min

KO N Z E RT E N D E ca. 21.30 Uhr

Pause

20 min

Nikolaj Rimskij-Korsakow Schéhérazade op. 35

45 min

ABO Meisteryzklus-Abo TICKETPREISE CHF 105 / 95 / 82 / 40

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Glaubt an die Kraft der GefĂźhle: Geigenvirtuose Gil Shaham.


G I L S H A H A M & S I R RO G E R N O R R I N G TO N

VERLIEBTER BEETHOVEN Sir Roger Norrington kehrt nach Zürich zurück, um weiter an seinem Beethoven-Zyklus zu tüfteln. Dieses Mal gemeinsam mit dem Geiger Gil Shaham. Die Aufführung von Beethovens 7. Sinfonie mit Sir Roger, dem ehemaligen Chefdirigenten des ZKO, war ein eindrückliches Ereignis der letzten Spielzeit. Sir Roger hatte damals angekündigt, er wolle den Zuhörern mit Beethoven «Angst einjagen» – und das ist ihm auch gelungen. Kaum ein anderer Dirigent nimmt Beethoven so ernst wie Sir Roger, findet das Abgründige in den Partituren, die Extreme, das historisch informierte Grosse und Ganze und gleichzeitig den Spiegel unserer heutigen Welt. Nun kehrt Sir Roger zurück und bastelt gemeinsam mit dem Orchester weiter an seinem Beethoven-Zyklus. Auf dem Programm stehen zwei Werke, die beide im Jahr 1806 entstanden sind: die 4. Sinfonie und das Violinkonzert. In seiner 3. Sinfonie hatte sich Beethoven noch mit einem heldischen Schlachtengemälde an der Welt und dem Zeitgeist abgearbeitet. Vor der Vierten war Beethovens persönliche Situation eine ganz andere: Der Komponist war euphorisiert von seiner Liebe zur gerade verwitweten Comtesse Josephine Brunsvik. Seine Zeitgenossen bemerkten, dass er das Griesgrämige seines Charakters verlor, oft zu Scherzen und zu allerhand ironischen Kommentaren aufgelegt war. Genau diese Grundstimmung prägt auch seine 4. Sinfonie, von der Robert Schu-

mann einmal sagte, sie sei die «romantischste» aller Beethoven-Sinfonien, «eine griechisch schlanke Maid zwischen zwei Nordlandriesen». Der andere Nordlandriese sollte dann Beethovens 5. Sinfonie, die Schicksalssinfonie, werden.

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Ringvorlesung: Bedrohung und Befreiung – der Tritonus Mo 23.10. – 13.11., 4x, 19:30 – 21:00, Uni Zürich-Zentrum Prof. Dr. Laurenz Lütteken, Prof. Dr. Hans-Joachim Hinrichsen, Thomas Meyer, Alexander Schiwow Lehrgang Musikgeschichte Romantik (Modul 6) Di 24.10. – 12.12., 7x, Ausfall: 21.11., 19:30 – 21:00, Uni Zürich-Zentrum

Thomas Meyer Lehrgang Musikgeschichte: Die nationalen Schulen (Modul 7) Di 9.1. – 13.2., 6x, 19:30 – 21:00, Uni Zürich-Zentrum Thomas Meyer

Anmeldung

Volkshochschule Zürich

Bärengasse 22

8001 Zürich

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info@vhszh.ch

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G I L S H A H A M & S I R RO G E R N O R R I N G TO N

Die Emotionen, um die es in Beethovens 4. Sinfonie geht, sind Gefühle der Sehnsucht, der Liebe, der Freude an der Natur und der Ausgelassenheit. Es braucht zwar einige Zeit, bis sich die positive Grundstimmung einstellt. Denn die Adagio-Einleitung im düsteren b-Moll charakterisiert zunächst einmal eine Melancholie, eine Trauer, ein Sinnieren. Aber gerade dieser Beginn lässt die spätere Ausgelassenheit umso wirkungsvoller erscheinen. Nicht ohne Grund verwendete Beethoven Ideen seiner Vierten später auch für seine Schlachtensinfonie «Wellingtons Sieg».

«Beethovens Violinkonzert galt lange als unspielbar.» Ebenso wie bei der Erarbeitung der 7. Sinfonie wird Sir Roger nun wieder in Beethovens Welt, sein Leben, seine Handschriften und Noten abtauchen, um jenen Klang zu rekonstruieren, der zeitlos ist. Sir Roger wird gemeinsam mit dem Zürcher Kammerorchester das richtige Tempo und den richtigen Klang finden. Genau dafür ist auch der Geiger Gil Shaham zu begeistern. Der US-amerikanische Virtuose aus Illinois spielt auf einer Stradivari aus dem Jahre

1699 und hat mit Künstlern wie Zubin Mehta oder André Previn zusammengearbeitet. Beim Konzert am 13. November interpretiert er gemeinsam mit Sir Roger und dem Zürcher Kammerorchester Beethovens Violinkonzert in D-Dur. Es ist im gleichen Jahr wie die 4. Sinfonie entstanden. Lange hielt man das Konzert, das Beethoven für seinen Freund, den Geiger Franz Clement, komponiert hatte, für unspielbar. Weltberühmt wurde es erst 17 Jahre nach Beethovens Tod, als der damals erst 12-jährige Geiger Joseph Joachim das Konzert unter der Leitung von Felix Mendelssohn aufführte. Seither gilt Beethovens Violinkonzert als Meilenstein der Geigenliteratur. Shaham erinnert gern an Beethovens eigene Worte: «Musik ist höhere Offenbarung als alle Weisheit und Philosophie.» Genauso denkt auch Shaham. «Wir können unser Innerstes, das, was uns eigentlich ausmacht, in unserer Musik spiegeln. Es hat schon seinen Grund, dass die Musik die ‹Kunst der Gefühle› genannt wird. Und ich glaube, dass für uns Menschen Gefühle die stärkste Kraft in unserem Universum sind.» Gemeinsam mit Sir Roger und dem Zürcher Kammerorchester wird er nun im tiefen Wissen um das Leben und das Werk Beethovens sein Violinkonzert interpretieren.  ab

G I L S H A H A M & S I R RO G E R N O R R I N G TO N M o , 1 3 . N o v e m b e r 2 0 1 7 , 1 9 . 3 0 U h r, M a a g - A r e a l

Gil Shaham Violine Sir Roger Norrington Ehrendirigent Zürcher Kammerorchester KO N Z E RT E N D E ca. 21.30 Uhr ABO Grosses Abo TICKETPREISE CHF 105 / 95 / 82 / 40

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Ludwig van Beethoven Violinkonzert D-Dur op. 61 Allegro ma non troppo  |  Larghetto – attacca subito il Rondo  |  Rondo: Allegro

41 min

Pause

20 min

Ludwig van Beethoven 34 min Sinfonie Nr. 4 B-Dur op. 60 Adagio – Allegro vivace  |  Adagio  |  Menuetto: Allegro vivace – Trio: Un poco meno allegro  |  Allegro ma non troppo


GIL SHAHAM

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D I R E C TO R ' S C U T # 1

D I R E C TO R ’ S C U T # 1

ZWEI ZIEMLICH BESTE FREUNDE Im ersten «Director’s Cut» der neuen Saison empfängt Daniel Hope den Pianisten Menahem Pressler. Die beiden haben jahrelang im Beaux Arts Trio miteinander musiziert – nun sprechen sie über die Musik, das Leben und unsere Welt. Daniel Hope und Menahem Pressler verbindet eine lange musikalische Freundschaft. Über 50 Jahre lang hat das legendäre Beaux Arts Trio mit seinen expressiv-romantischen Interpretationen die Musiklandschaft aufgerüttelt. Das Trio hat sich bis zu seiner Auflösung im Jahre 2009 immer wieder erneuert, 2002 wechselte auch der Geiger: Der junge Daniel Hope übernahm damals die Position an der Seite des einzigen ständigen Musikers des Beaux Arts Trio, Menahem Pressler. Pressler wurde 1923 in Magdeburg geborenen, seine polnisch-jüdische Abstammung zwang ihn zur Flucht aus Nazi-Deutschland. 1938 gelangte er mit seiner ­Familie nach Palästina und emigrierte von dort im Jahre 1940 in die USA. Hier rief er 1955 das Beaux Arts Trio ins Leben. «Es gibt Musiker, die man bewundert», sagt Hope über seinen ehemaligen Trio-Partner Pressler, «aber es gibt Menschen, für die man noch viel mehr empfindet. Menahem ist einer dieser Menschen für mich. Ein Freund, bei dem ich eine unendliche Dankbarkeit spüre, dass wir so viele gemeinsame musikalische Momente miteinander erlebt haben und dass ich weiterhin so viel von ihm lernen darf.»

In der Reihe «Director’s Cut» geht es nicht nur um die Musik. ZKO-Music-Director Daniel Hope trifft regelmässig Menschen aus dem öffentlichen Leben, um mit ihnen über den Zusammenhang von Musik und Gesellschaft zu debattieren. Auch auf letzterem Feld hat jemand wie Pressler viel zu erzählen: Sein Leben war stark von der Welt geprägt, in die er als Jude in Deutschland geboren wurde. Die Flucht, die Schattenseiten der Menschen und ihre ewige Sehnsucht nach Liebe und Vergebung, all das sind Lebensthemen von Pressler. Er selber findet viele Antworten in der Musik. Sie ist für ihn eine Möglichkeit, das Unausdrückbare auszudrücken. «Ich freue mich unheimlich, Menahem beim ‹­Director’s Cut› zu treffen», sagt Hope, «weil ich weiss, wie spannend es ist, ihm beim Denken zuzuhören. Mit seinen Worten über die Musik verfolgt er immer nur ein Ziel: unsere Kunst zu feiern und uns bewusst zu machen, wie dankbar wir sein können, an ihr teilhaben zu dürfen.»  ab

D I R E C TO R ’ S C U T # 1 M o , 2 0 . N o v e m b e r 2 0 1 7 , 2 0 . 0 0 U h r, Z KO - H a u s Daniel Hope Gastgeber Menahem Pressler Special Guest

Daniel Hope empfängt den legendären Pianisten Menahem Pressler.

KO N Z E RT E N D E ca. 21.15 Uhr

EINHEITSPREIS CHF 50



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MENAHEM PRESSLER

Art is in Residence

A U F B RU C H Z W I S C H E N DEN ZEITEN Der Pianist Menahem Pressler und das ZKO mit seinem Music Director Daniel Hope spielen Mozart und Schubert – eine Reise in das Reich der «wissenden Naivität».

Eigentlich wollte Franz Schubert in die Fussstapfen Mozarts treten, besonders als Opernkomponist. Das gelang ihm aber nicht, auch weil er sehr früh und sehr schwer an Syphilis erkrankte. Stattdessen führte er eine Kammermusikform fort, die bereits Haydn und Mozart zu neuen Höhen geführt hatten: das Streichquartett. Das wohl bekannteste Quartett Schuberts ist das d-Moll-Quartett, das unter dem Titel «Der Tod und das Mädchen» berühmt wurde. Der Titel verrät eigentlich gar nichts über die Musik, denn Schubert folgte keiner inneren Handlung, sondern rein musikalischen Strukturen. Dennoch ist der Titel zum Sinnbild der Todessehnsucht geworden, die im dramatischen d-Moll dieses Quartetts mitklingt. Von Schuberts Vorbild Mozart gibt es am 21. November das Klavierkonzert in A-Dur KV 488 zu hören. Es handelt sich dabei um eines der reifsten Klavierkonzerte des Komponisten, in dem er bereits den Weg für die frühe Romantik eines Beethovens geebnet hat: Die ein-

zelnen Sätze sind thematisch miteinander verbunden, der Klavierpart äusserst virtuos gestaltet, die Klarinette Teil des Orchesters. Dieses Werk, das für eine grosse Aufführung in Wien geplant war, gilt als heute vielleicht wichtigstes Klavierkonzert Mozarts. Auch und gerade weil es die Türen zu einer neuen Zeit öffnete, ohne die Moden der Gegenwart zu verleugnen. Der Pianist Menahem Pressler hat dieses Klavierkonzert schon oft gespielt. Und in Mozart findet der Musiker das, was er eine «wissende Naivität» nennt, einen Klang der Selbstverständlichkeit, der es schafft, das Komplexe leicht verständlich erklingen zu lassen. Genau diese Philosophie ruft nach einem erfahrenen Interpreten, der sich jahrzehntelang mit der Musik Mozarts auseinandergesetzt hat – und inzwischen auf einem Interpretationslevel angekommen ist, auf dem auch dieses Spätwerk einfach nur selbstverständlich wirkt. Im Interview spricht Pressler über seine Karriere und seinen Zugang zur Musik.

MUSIK ZUM ZUSCHAUEN Obwohl Franz Schubert sich bei seiner Quartett-Komposition nicht vom Titel «Der Tod und das Mädchen» leiten liess, ist seine Musik heute unabdingbar mit dem Bild dieses mythologischen Themas besetzt. Wie Klänge Bilder formen und wie das Auge das Ohr beim Zuhören beeinflusst und leitet, zeigt das Projekt mit dem Kunsthaus Zürich. Während die Musik aus Schuberts Streichquartett erklingt, werden unterschiedliche Bilder aus der Ausstellung «Gefeiert und verspottet – Französische Malerei 1820 – 1880» gezeigt. Unter anderem Meisterwerke von Künstlern wie Delacroix, Corot, Millet, Courbet oder Sisley – aber auch von Monet und Renoir. Bilder, von denen zum Teil auch Schubert gewusst hat, als er 1824 sein Quartett komponierte. Wie die Musik zu Schuberts Zeiten, pendelten auch die Künstler der Französischen Schule zwischen T ­ radition und Aufbruch. Während einige den alten Stil pflegten und zur Vollendung brachten, schufen andere vollkommen neue Bildwelten, mit denen sie bereits die Moderne vorwegnahmen. Gemeinsam mit der Musik Schuberts ergeben die Bilder ein Klanggemälde des 19. Jahrhunderts, in dessen Zentrum die Emotionalität und die musikalischen Impulse aus «Der Tod und das Mädchen» stehen.



«Orphée ramenant Eurydice des enfers», gemalt von Jean-Babtiste-Camille Corot.


MENAHEM PRESSLER

Menahem Pressler, Sie sind inzwischen 93 Jahre jung – würden Sie sagen, dass Ihr Leben der Musik gehört? Ich denke, dass man das so sagen kann. Vor einigen Jahren hatte ich einen sehr schweren Sturz und litt unter unvorstellbaren Schmerzen. Plötzlich war mein Leben vollkommen anders. Mir wurde bewusst, dass mein Leben kein Leben mehr sein würde, wenn ich nicht mehr Klavier spielen könnte. Also habe ich gekämpft und am Klavier sogar jene Etüden gespielt, die ich sonst nur meinen Schülern gab – ich wollte, dass meine Hände mir wieder gehorchten. Ich kann Ihnen gar nicht sagen, wie glücklich ich war, als es funktionierte. Glücklich und dankbar, mein Leben mit der Musik weiterführen zu können.

eines Menschen reicht nicht für alle Erkenntnisse, die möglich sind. Musikmachen bedeutet immer auch zu wissen, dass die Musik nie aufhört, dass es an jedem Tag, an dem man aufsteht, wieder etwas Neues zu entdecken gibt.

Können Sie beschreiben, was genau Sie am Musizieren noch immer fasziniert? Ich hatte mein ganzes Leben lang einen unbeschreiblichen Durst zu musizieren und die Musik zu erobern. Erobern in dem Sinne, dass ich immer tiefer hinabsteigen durfte in die Welt der Klänge. Es gibt immer noch mehr, das gefunden werden will.

Überhaupt klingen Sie heute sehr zufrieden. Innerlich bin ich das auch. Das musste ich allerdings viele Jahre lang lernen. Ich war ja bekannt dafür, ziemlich schnell unzufrieden zu werden. Selbst mit meinen Freunden im Beaux Arts Trio bin ich oft hart ins Gericht gegangen. Obwohl die Unzufriedenheit auch eine Triebfeder sein kann, suche ich heute eher die Zufriedenheit im Moment. Und ich finde sie meist, wenn ich das Glück habe, mit wunderbaren Kollegen gemeinsam zu musizieren. Das macht das Leben lebenswert.  ab

Sie meinen, dass die Suche nie aufhört? Genau: In der Musik gibt es befriedigende Sta­ tionen, aber niemals ein Ankommen. Das Leben

Glauben Sie, dass Ihr intensiver Zugang zur Musik auch in der jungen Generation Bestand hat? Es gibt wunderbare junge Musiker. Einige aber spielen nur wegen des Applauses und machen aus der Musik Unterhaltung – das ist nicht mein Weg. Mein Lebensweg ist die unglaublich grosse Freude am endlosen Suchen. Und wenn man diese Suche hört, dann bin ich zufrieden.

Z KO I M P F A U E N : M E N A H E M P R E S S L E R D i , 2 1 . N o v e m b e r 2 0 1 7 , 1 9 . 3 0 U h r, S c h a u s p i e l h a u s P f a u e n Menahem Pressler Klavier Daniel Hope Music Director Zürcher Kammerorchester

Das Publikum sieht Bilder aus «Gefeiert und verspottet – Französische Malerei 1820 – 1880», eine Ausstellung des Kunsthauses Zürich vom 10. Nov. 2017 bis 28. Jan. 2018. 26 min

ART IS IN RESIDENCE Bildende Kunst

Wolfgang Amadeus Mozart Klavierkonzert Nr. 23 A-Dur KV 488 Allegro | Adagio | Allegro assai Pause

20 min

Franz Schubert Streichquartett Nr. 14 d-Moll D. 810 «Der Tod und das Mädchen», Bearbeitung für Streichorchester von Gustav Mahler Allegro | Andante con moto | Scherzo: Allegro molto – Trio | Presto – Prestissimo

40 min

KONZERTENDE ca. 21.15 Uhr ABO Grosses Abo TICKETPREISE CHF 105 / 95 / 82 / 40

ZKO im Pfauen: Die Konzertreihe des ZKO in Kooperation mit dem Schauspielhaus Zürich

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KIND UND KEGEL

G RO S S E T Ö N E F Ü R D I E K L E I N E N RITTER ROLAND abc-Konzert (5 – 7 Jahre) Sa, 16. September 2017, 11 / 14 / 16 Uhr, ZKO-Haus Jolanda Steiner Konzept und Erzählung Musikerinnen und Musiker des ZKO Eines Tages trifft Ritter Roland im Wald eine alte Frau, welche ihm ein Geheimnis offenbart. Ritter Roland tauscht auf ihren Rat seine Waffen gegen Instrumente ein und zieht fortan als Spielmann durchs Land. Wie klingt die Drehleier, das Muschelhorn, der Serpent und das Trümpi? Ritter Roland spielt auf all ­diesen Instrumenten. DIE SCHNECKE UND DER BUCKELWAL Purzel-Konzert (3 – 5 Jahre) So, 1. Oktober 2017, 11 / 14 / 16 Uhr, ZKO-Haus Thomas Douglas Konzept und Erzählung (11.00 Uhr) Markus Buehlmann Erzählung (14 / 16 Uhr) Musikerinnen und Musiker des ZKO Die kleine Seeschnecke möchte hinaus in die weite Welt. Mit einer auf einen Fels gemalten Schneckenschriftspur fragt sie nach einer «Mitreise»-Gelegenheit, die ihr prompt ein Buckelwal offeriert. Zusammen entdecken sie die Wunder der Welt. Doch eines Tages strandet der Wal – kann ihn die kleine Schnecke retten?

DER KLEINE IGEL UND DIE ROTE MÜTZE Krabbel-Konzert (1 – 3 Jahre) So, 22. Oktober 2017, 11 / 14 / 16 Uhr, ZKO-Haus Renata Blum Konzept und Erzählung Musikerinnen und Musiker des ZKO Ein eiskalter Wintersturm braust übers Land und weckt den kleinen Igel aus seinem Winterschlaf. Der kleine Igel friert so sehr, dass er nicht mehr einschlafen kann. Da fällt ihm ein Päckchen vor die Pfoten. «Für den kleinen Igel» steht drauf und drin ist eine rote, kuschelweiche Pudelmütze. Doch die Mütze will einfach nicht über seine Stacheln. Was tun, kleiner Igel? NUGGI-KONZERT (0 – 1 JAHRE) So, 19. November 2017, 14 und 16 Uhr, ZKO-Haus Daniel Hope Violine Daria Zappa Matesic Violine Natalia Mosca Alexandrova Viola Nicola Mosca Violoncello Irena Gulzarova Klavier Werke von Dvor̆ák

Konzertdauer jeweils ca. 45 Minuten. Bestellen Sie unsere Kinderbroschüre: www.zko.ch oder Tel. 044 388 36 00


Z KO P O RT R Ä T

Z KO P O RT R Ä T

M A R C L AC H AT Marc Lachat spielt seit zwei Saisons mit dem ZKO, seit September ist er fixes Orchestermitglied. Was ihm an seinem Beruf gefällt und warum er nie Dirigent wird, darüber spricht der Halb-Schweizer, Halb-Elsässer im Interview. Marc, wie bist du zur Oboe gekommen? Mein Vater spielte Klarinette, daher wollte ich mit acht Jahren ebenfalls Klarinette lernen. Er schlug mir jedoch vor, etwas anderes auszusuchen. Also hörte ich mir eine CD mit verschiedenen Instrumenten an. Als die Oboe an die Reihe kam, war ich mir sicher, dass es dieses Instrument werden sollte. Warum? Die Oboe hat einen vollen, sehr expressiven Klang. Man kann auf der Oboe schlecht spielen und unschöne Töne produzieren, aber flach tönt sie nie. Sie klingt immer sehr lebendig und erinnert mich an die menschliche Stimme. Wann hast du dich entschieden, die Musik zu deinem Beruf zu machen? Als ich etwa 16 Jahre alt war, bekam ich mit Sébastien Giot einen neuen Oboenlehrer. Die erste Lektion bei ihm war eine Offenbarung. Er spielte so unglaublich schön, dass ich beschloss, ebenfalls Berufsmusiker zu werden. Ich ging nach Paris ans Konservatorium und war anschliessend während vier Jahren Solo-Oboist im Philharmonischen Orchester Monte Carlo. Danach kam ich in die Schweiz zum Sinfonieorchester Basel und zum ZKO. Und wie gefällt es dir bei uns? Ich freue mich jedes Mal riesig, mit dem ZKO zu spielen. Da wir nicht so viele Musiker sind, ist das gegenseitige Zuhören sehr wichtig. Ich muss immer sehr konzentriert und wach sein. Allgemein liebe ich es, in einem Orchester zu sitzen. Ich werde wohl nie Dirigent, denn ich mag es viel zu sehr, selber zu spielen und Teil des Teams zu sein. Welche Musik spielst du am liebsten? Die Sinfonien von Beethoven und Brahms – alle. Ich finde, das ist die schönste Musik überhaupt. Privat höre ich auch sehr gerne elektronische Musik. Was machst du sonst in deiner Freizeit? Ich laufe und wandere. Ausserdem mache ich Yoga, was gut für den Rücken ist. Ich gehe gerne mit Freunden aus, in Bars, an Konzerte, was junge Leute halt so tun … Apropos junge Leute: Was denkst du, warum besuchen so wenig Personen in deinem Alter klassische Konzerte? Ich denke, es liegt daran, dass viele jüngere Leute keine Zeit haben. Ich sehe das bei mir selber: Ich mag Theater, aber ich gehe nie hin. Wenn ich älter bin, werde ich sicher mehr Zeit haben für kulturelle Veranstaltungen. Dennoch finde ich es wichtig, dass das ZKO auch Projekte für jüngere Besucher durchführt – vielleicht erinnern sie sich dann später an uns.  sp

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G R I L L D U F T, B A U L Ä R M U N D E I N S O L I DA R I T Ä T S KO N Z E RT Beim Zürcher Kammerorchester freut sich jeder auf die neue Saison. Unter dem Motto «Art is in Residence» verspricht sie besonders bunt zu werden. Schönes liegt aber nicht nur vor, sondern auch hinter uns. So liessen wir es uns nicht nehmen, die vergangene Spielzeit mit einem Grillfest zu feiern. Orchester und Büroteam versammelten sich am 27. Juni vor dem ZKO-Haus, genossen eine Wurst vom Grill und stiessen gemeinsam auf die vielen erfolgreichen Konzerte an. Neuer Anstrich Einen Tag nach dem gemütlichen Beisammensein wurde das Gläserklirren durch andere Geräusche ersetzt: Baulärm tönte aus dem ZKO-Haus. Um dem wachsenden Publikum weiterhin einen attraktiven Konzertort bieten zu können, renovieren wir das Foyer und verwandeln unseren ehemaligen Proberaum in einen professionellen Konzertsaal. Ein modernes Farb- und Lichtkonzept, eine neu eingerichtete Bar und

multimediale Konzerttechnik machen das ZKO-Haus fit für die Zukunft. Wenn das riesige Gerüst wieder abgebaut, alle Lampen montiert und die letzten Farbeimer verschwunden sind, können Kinder und ihre Eltern als erste das Ergebnis bewundern – beim abc-Konzert am 16. September. Während ein Teil des ZKO-Verwaltungsteams den Bohrgeräuschen trotzte, weilten unsere Musikerinnen und Musiker entweder in wohlverdienten Ferien oder gaben im Ausland Konzerte. Ein besonderer Höhepunkt war das Trasimeno Music Festival, welches das ZKO am 28. Juni eröffnete, zusammen mit der Pianistin Angela Hewitt und dem Ehrendirigenten Sir Roger Norrington. Seit 60 Jahren bereits spielt das ZKO regelmässig in Zillis – am 2. Juli war es wieder so weit. Gemeinsam mit dem Klarinettisten Josias Just entfaltete das Orchester in der Kirche St. Martin «ein opulentes, sattes und warm timbriertes,

aber dennoch stets geschmeidiges Gesamtklangbild» (Christian Albrecht, «Bündner Tagblatt»). Konzert für Polizisten Während manches über Jahrzehnte gleich bleibt, geschieht anderes völlig ungeplant. Kurz nach den Gewaltausbrüchen am G20-Gipfel fasste das Hamburger Abendblatt zusammen mit dem Hamburger Pianisten Sebastian Knauer den Beschluss einer musikalischen Solidaritätsbekundung. Binnen weniger Stunden stellte Knauer ein Projektorchester zusammen, zu dem sich neben Mitgliedern der Hamburger Symphoniker auch Musikerinnen und Musiker des ZKO formierten. Die Stiftung Elbphilharmonie sicherte ebenfalls ihre Unterstützung zu, und so besuchten am 13. Juli insgesamt 2000 Polizisten mit ihren Partnern das Anfang 2017 eröffnete Konzerthaus. «Respekt!» lautete das Motto des Gratiskonzerts. Diesen zollten und forderten die Musikerinnen und Musiker mit Werken von Samuel Scheidt, Johann


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Sebastian Bach und Arash Safaian. Die Polizisten belohnten die Künstler mit Standing Ovations. Die Stimmen nach dem Konzert klangen dann so: «Das hat mir sehr, sehr viel Spass gemacht. Ich bin froh, hergekommen zu sein» und «Ich habe noch keine richtigen Worte, ich muss es erst einmal verdauen. Also es war wirklich toll!» Konzertmeister Willi Zimmermann erzählt: «Wir erlebten ein Publikum, das es nicht gewohnt ist, in Klassikkonzerte zu gehen und dennoch begeistert und bewegt war.»

Herzlich willkommen Begeistern und bewegen – das möchten wir auch mit den Konzerten der Saison 2017/18. Da unsere ­Auftritte immer zahlreicher werden, gibt es auch immer mehr zu berichten und zu bewerben. So freuen wir uns, dass wir seit Mai mit dem Grafiker Michel Bumann ein neues Teammitglied im Büro haben. Pünktlich zur neuen Saison sind F ­ ranziska Jud als Marketingpraktikantin und ­V­alentina De Marchi als Praktikantin im Bereich Kultur- und Projektmanage-

ment zur Stelle. Die Violinistin Arlette Meier-Hock, der Flötist Stéphane Réty und der Oboist Marc Lachat, die das ZKO-Publikum bereits kennt, gehören nun fix zum Orchester. Mit Inès Morin und Tanja Sonc begrüssen wir weiter zwei neue Geigerinnen. Allen einen guten Start!  sp

K A M M E R M U S I K @ Z KO S o 1 9 . N o v e m b e r 2 0 1 7 , 1 1 . 0 0 U h r, Z KO - H a u s Daniel Hope Violine Daria Zappa Matesic Violine Natalia Mosca Alexandrova Viola Nicola Mosca Violoncello Irena Gulzarova Klavier EINHEITSPREIS CHF 40 KO N Z E RT E N D E ca. 12.15 Uhr

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Antonín Dvorˇák Terzett C-Dur für zwei Violinen und Bratsche op. 74

22 min

Antonín Dvorˇák Klavierquintett A-Dur op. 81 Allegro ma non tanto | Dumka: Andante con moto | Scherzo (Furiant) | Finale: Allegro

35 min


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M I T T E N D R I N S TAT T N U R DA B E I Das Fernsehen vespricht Ihnen, immer in der ersten Reihe zu sitzen. Als ZKO-Freund oder ZKO-Freundin sind Sie einfach näher dran.

Impressionen aus dem GFZKO-Probenbesuch vom 18. Mai 2017.

Die Saison 2017/18 lässt Aussergewöhnliches erwarten. Daniel Hope und das ZKO-Team haben ein vielseitiges Programm zusammengestellt. Die verschiedenen Spielorte verheissen nicht nur Abwechslung, sondern auch vielschichtigeres Erleben der Konzerte Ihres Zürcher Kammerorchesters. Der Vorstand hat sich vorgenommen, Ihnen, liebe Freunde, das Orchester noch näherzubringen. Das beginnt schon vor dem offiziellen Saisonstart mit dem Konzert «Freunde spielen für Freunde» am 15. September. Vor einem Jahr trauten sich fünf Freunde, gemeinsam mit Musikern des ZKO zu musizieren. 2017 sind es mindestens 15 Freunde, die zusammen mit den Orchestermusikern auf der Bühne sitzen. Auf dem Programm steht unter anderem eine Uraufführung der langjährigen ZKO-Violinistin Sandra Goldberg, die sich so musikalisch von Ihnen verabschieden wird. Das ZKO wird wieder verstärkt Zürichs Farben im Ausland vertreten. Wir, der Vorstand, sind bemüht, Ihnen die Möglichkeit zu bieten, unter anderem bei

den Auftritten im Berliner Konzerthaus oder in der Hamburger Elbphilharmonie dabei sein zu können. Darüber hinaus werden diejenigen Mitglieder, die ihre E-Mail-Adresse hinterlegt haben und diesen besonderen Service auch wünschen, regelmässig mit interessanten Artikeln aus der Welt der klassischen Musik bevorzugt bedient. Damit der Vorstand all dies auch umsetzen und gleichzeitig neue Ideen erarbeiten kann, wird er sich erweitern. Wir sind überzeugt, Ihnen bei der Generalversammlung am 28. November vielversprechende Kandidaten präsentieren zu können. Freuen wir uns auf die neue Saison!  pm

GENERALVERSAMMLUNG Anschliessend Apéro riche Di, 28. November 2017, 18.00 Uhr, ZKO-Haus Separate Einladung folgt im Oktober.


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V E R A N S TA LT U N G E N F Ü R Z KO - F R E U N D E FREUNDE SPIELEN FÜR FREUNDE Konzert ZKO-Freunde-Orchester Fr, 15. September 2017, 19.00 Uhr, ZKO-Haus

GENERALPROBE Öffentlich für ZKO-Freunde Mo, 13. November 2017, 10.00 Uhr, ZKO-Haus

Willi Zimmermann Konzertmeister Mitglieder der ZKO-Freunde und des ZKO Werke von Goldberg und weiteren

Gil Shaham Violine Sir Roger Norrington Ehrendirigent Zürcher Kammerorchester Werke von Beethoven

GENERALPROBE Öffentlich für ZKO-Freunde Di, 31. Oktober 2017, 10.00 Uhr, ZKO-Haus Daniel Hope Violine Lawrence Power Viola Willi Zimmermann Konzertmeister Katja Riemann Sprecherin Zürcher Kammerorchester Werke von Mozart

ARBEITSPROBE Öffentlich für ZKO-Freunde Fr, 8. Dezember 2017 14.00 Uhr bis zur Pause, ZKO-Haus Tine Thing Helseth Trompete Simos Papanas Konzertmeister Zürcher Kammerorchester Werke von Vivaldi, Telemann, Biber und Händel Keine Anmeldung notwendig

Mitglied werden / Informationen: Sekretariat GFZKO, Gisela Stäheli, Tel. 044 388 36 12, www.gfzko.ch


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KO L U M N E

KO L U M N E VO N DA N I E L H O P E

W I E D I E W E LT D E N KLANG FORMT Natürlich gibt es Musiker, für die Musik ein Selbstzweck ist: eine schöne Tapete aus Tönen, eine Welt, die in sich stimmig ist, die nichts mit anderen Welten zu tun hat, eine Welt, in der Klang alles und alles andere nichts ist. Aber ich glaube nicht an diese hermetische Welt! Musik entsteht nie allein aus dem Klang. Jeder Künstler, jeder Komponist stand und steht immer in der Welt, in der er lebt. Und ein Teil seiner Persönlichkeit wird immer auch durch die Gesellschaft, die Situation und ja, vielleicht sogar durch die weltpolitische Lage geprägt, die ihn umgibt. Schauen Sie allein einen Grossmeister wie Menahem Pressler an, mit dem ich die Ehre hatte, neun Jahre lang gemeinsam im Beaux Arts Trio zu musizieren, und auf dessen Besuch in Zürich ich mich ausserordentlich freue: Pressler floh vor den Nazis nach Palästina, dann weiter in die USA. Natürlich hinterlassen derartige Erfahrungen auch hörbare Spuren. Oder lesen Sie in den Briefen Mozarts: Sie sind voll von lustvollen Flirts, von Wut über seine Dienstherren, von Beschimpfungen seines Publikums und erzählen nicht selten die Geschichte des Komponisten als Sohn eines übergrossen Vaters. Wenn Katja Riemann nun an der Saisoneröffnung aus diesen Briefen liest, öffnet uns das auch die Ohren für Mozarts Musik.

«Wenn wir Musik hören, ahnen wir Temperaturen, Farben oder Bewegungen.» Überhaupt glaube ich, dass all unsere Sinne unser Hören beeinflussen: Wenn wir Musik hören, sehen wir vielleicht keine fertigen Bilder, wohl aber ahnen wir Temperaturen, Farben oder Bewegungen. Und natürlich standen alle Komponisten immer auch in Kontakt mit Künstlern anderer Sparten, denken wir nur an Strawinsky und Picasso. Die Malerei, der Tanz und später die Fotografie und der Film haben die Musik stets beeinflusst und sich von der Musik beeinflussen lassen. Umso mehr freue ich mich, dass wir in dieser Saison die Kunst in unsere Programme holen, dass wir mit «Art is in Residence» eine Form geschaffen haben, in der Tanz, Bilder und Bewegungen unsere Ohren öffnen. Eine Form, in der die Musik in spannende Dialoge tritt: mit Künstlern anderer Sparten und, ganz konkret, mit unserer alltäglichen Welt.


PERU

LIMA ECUADOR

Q U I TO A RG ENTI N I EN

CÓRDOBA RO S A R I O BUENOS AIRES SAN JUAN

Z KO O N TO U R Das Zürcher Kammerorchester auf SüdamerikaTournee mit dem Schweizer Klaviertrio 27. September – 5. Oktober 2017

Musikkompetenz unter einem Dach

Limmatquai 28–30 | 8001 Zürich | info@musikhug.ch


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VO R S C H AU

VO R S C H A U D E Z E M B E R / J A N U A R

DIESE UND WEITERE HIGHLIGHTS E RWA RT E N S I E I M N Ä C H S T E N O P U S DEZEMBER 17 TINE THING HELSETH Sa, 9. Dezember 2017 19.30 Uhr, Maag-Areal Tine Thing Helseth Trompete Simos Papanas Konzertmeister Zürcher Kammerorchester Werke von Vivaldi, Telemann, Biber und Händel WO DIE WILDEN KERLE WOHNEN / WHERE THE WILD THINGS ARE So, 10. Dezember 2017 11 / 1 4 (Engl.) / 1 6 Uhr, ZKO-Haus Thomas Douglas Erzählung Anina La Roche Konzept und szenische Einrichtung Musikerinnen und Musiker des ZKO

WO DIE WILDEN KERLE WOHNEN Sa, 16. Dezember 2017 11 / 14 / 16 Uhr, ZKO-Haus Thomas Douglas Erzählung Anina La Roche Konzept und szenische Einrichtung Musikerinnen und Musiker des ZKO ZKO IM PFAUEN: SIR JAMES GALWAY Sa, 16. Dezember 2017 19.30 Uhr, Schauspielhaus Pfauen Sir James Galway Flöte Lady Jeanne Galway Flöte Daniel Hope Violine Ryszard Groblewski Viola Nicola Mosca Violoncello Werke von Mozart, Beethoven und Haydn

NUGGI-KONZERT So, 17. Dezember 2017 14 / 1 6 Uhr, ZKO-Haus Anna Tchinaeva Violine Anna Tyka Nyffenegger Violoncello Suguru Ito Klavier Werke von Clara und Robert Schumann WEIHNACHTSKONZERT Do, 21. Dezember 2017 und Fr, 22. Dezember 2017 19.30 Uhr, Fraumünster Anne Sofie von Otter Mezzosopran Daniel Hope Music Director Zürcher Kammerorchester Werke von Händel, J. S. Bach, Corelli, Jones und weiteren

DIRECTOR’S CUT #2 Mi, 13. Dezember 2017 20.00 Uhr, ZKO-Haus Daniel Hope Gastgeber Special Guest Zürcher Kammerorchester Daniel Hope empfängt prominente Gäste – das ZKO spielt Werke von Bach bis Ligeti.

Opera Box

LA VIE PARISIENNE KAMMERMUSIK@ZKO So, 17. Dezember 2017 11.00 Uhr, ZKO-Haus Anna Tchinaeva Violine Anna Tyka Nyffenegger Violoncello Suguru Ito Klavier Thomas Douglas Sprecher Werke von Clara und Robert Schumann

Jacques Offenbach Do. 28. Dez. 2017 bis So. 14. Jan. 2018, ZKO-Haus Andres Joho Musikalische Leitung Paul Suter Regie Ensemble bekannter Solisten Zürcher Kammerorchester


SILVESTERKONZERT «WANN DARF ICH KLATSCHEN?» So, 31. Dezember 2017 17.00 Uhr, KKL Luzern

ZKO IM PFAUEN: TINO FLAUTINO 3 So, 21. Januar 2018 11.00 Uhr, Schauspielhaus Pfauen

Rachel Harnisch Sopran Albrecht Mayer Oboe Daniel Hope Violine und Moderation Sebastian Knauer Klavier Willi Zimmermann Konzertmeister Zürcher Kammerorchester Werke von Rossini, Mendelssohn, Mozart, Massenet und weiteren

Maurice Steger Blockflöte und Leitung Jolanda Steiner Erzählung Zürcher Kammerorchester Werke von Sammartini,Vivaldi, Mozart, Bach und weiteren EMO ̋ KE BARÁTH, KATE ALDRICH & RICCARDO MINASI Mi, 24. Januar 2018 19.30 Uhr, Kirche St. Peter Emőke Baráth Sopran Kate Aldrich Mezzosopran Riccardo Minasi Leitung Zürcher Kammerorchester Werke von Veracini, Heinichen, Ristori, Vivaldi und weiteren

JANUAR 18 NEUJAHRSKONZERT «WANN DARF ICH KLATSCHEN?» Mo, 1. Januar 2018 17.00 Uhr, Maag-Areal Rachel Harnisch Sopran Albrecht Mayer Oboe Daniel Hope Violine und Moderation Sebastian Knauer Klavier Willi Zimmermann Konzertmeister Zürcher Kammerorchester Werke von Rossini, Mendelssohn, Mozart, Massenet und weiteren

RADU LUPU & JUKA-PEKKA SARASTE Di, 30. Januar 2018 19.30 Uhr, Maag-Areal Radu Lupu Klavier Jukka-Pekka Saraste Dirigent Zürcher Kammerorchester Werke von Strawinsky, Mozart und Beethoven Art is in Residence: Kinetic Painting

IMPRESSUM HERAUSGEBER Zürcher Kammerorchester Seefeldstrasse 305, 8008 Zürich Tel. 044 388 36 00 REDAKTION Simone Pflüger, Daniela Wachter, Michel Bumann, Philipp Ernst AUTOREN Axel Brüggemann ab, Michael Bühler, Daniel Hope, Peter Marschel pm, Simone Pflüger sp, Peter Révai per FOTOGRAFIE Anoushka Shankar (Cover, S. 16, S. 20):Yuval Hen / DG Anoushka Shankar (S. 5, S. 6): Jamie-James Medina Michael Bühler (S.3, S.10), Orchesterbild (S.4), Bühler & Hope (S. 8), Daniel Hope (S. 11), Sir Roger Norrington (S. 29), Probenbesuch ZKO-Freunde (S. 42/43), Umbau (S. 41), Daniel Hope (S. 44): Thomas Entzeroth Roland Kluttig (S. 5): Sebastian Klein Roland Kluttig (S. 23): Marco Borggreve Vadim Repin (S. 5): Gela Megrelidze Vadim Repin (S. 26): Harald Hoffmann Gil Shaham (S. 5, S. 7, S. 28): Luke Ratray Menahem Pressler (S.5, S. 7, S. 35): Marco Borggreve Katja Riemann (S. 6, S. 12): Mathias Bothor Stefano Gervasoni (S. 6): Zhenia Perutska Stefano Gervasoni (S. 25): Michel Nicolas Daniel Hope (S. 7, S. 32, S. 46): Margaret Malandruccolo / DG Manu Delago (S. 19): Mirko De Nicolo Klaus Lang (S. 25): Silvio Rether Trasimeno Music Festival (S. 40): Lorenzo Dogana Solidaritätskonzert 1 (S. 40): Marcelo Hernandez Solidaritätskonzert 2 (S. 40): Roland Magunia Sir James Galway (S. 46): Peter Crymble Rachel Harnisch (S. 47): René Ruis Jukka-Pekka Saraste (S. 47): Felix Broede ILLUSTRATION Orphée ramenant Eurydice des enfers (S. 36): Jean-Baptiste-Camille Corot, The Museum of Fine Arts, Houston Ritter Roland (S. 38): iStock.com/marvod Der kleine Igel und die rote Mütze (S. 38): Tina Macnaughton, Brunnen Verlag GESTALTUNG UND LAYOUT Tschirren und Grimm PRODUKTION Somedia Production AUFLAGE UND ERSCHEINUNGSWEISE 15 000 Exemplare, viermal jährlich ERSCHEINUNGSDATUM September 2017

DANIEL HOPE Di, 16. Januar 2018 19.30 Uhr, Maag-Areal Daniel Hope Violine Daishin Kashimoto Violine Amihai Grosz Viola Claudio Bohórquez Violoncello David Greilsammer Klavier Werke von Beethoven, Schumann und Brahms

Die Maestrani Schokoladen AG sponsert die Gastgeschenke an den Konzerten.

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Damit klassische Musik unser Leben auf höchstem Niveau bereichert: Wir unterstützen das Zürcher Kammerorchester.

Mehr unter www.zkb.ch/sponsoring

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