ZKO Opus IV Saison 2017/18

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Klänge, die bewegen Ob das sanfte Summen eines Elektromotors, der tiefe Ton eines 12-Zylinders oder das Crescendo im Konzertsaal – Klänge sind Schlüssel zu unseren Emotionen. www.amag.ch

Mit Leidenschaft. Für Sie.


E D I TO R I A L

E D I TO R I A L

MICHAEL BÜHLER Liebe Konzertbesucherinnen, liebe Konzertbesucher «Art is in Residence» – unter diesem Motto haben wir in dieser Saison bereits verschiedenste Kunstrichtungen mit klassischer Musik verbunden, um neue und ungeahnte Sinneswahrnehmungen zu erschaffen. In den nächsten Monaten führen wir diese Erlebnisreise fort. Stellvertretend dafür hier zwei Rosinen: Der schottische Fotograf David Yarrow riskiert für einen perfekten Schnappschuss immer wieder Kopf und Kragen – so hängt er sich beispielsweise Pouletfilets um den Hals, um einen Wolf anzulocken, oder er verharrt tagelang im gleissenden Wüstensand, um eine nahende Elefantenherde nicht in ihrer Ruhe zu stören. Verschmilzt die Imposanz solch einzigartiger Momentaufnahmen mit der ruhenden Kraft der Musik Frédéric Chopins – interpretiert von Jan Lisiecki, dem aufstrebenden Landsmann Chopins – entstehen ungeahnte Sinneseindrücke …

Hauptpartner Hauptpartner

Für das grosse Finale begeben wir uns schliesslich in ungeahnte Sphären digitaler Video-Kunst. Lassen Sie den Fluss des Lebens in Form der Jahreszeiten einmal in einem überwältigenden Gesamtkunstwerk an sich vorbeiziehen: Wenn mit Antonio Vivaldi die bekanntesten Melodien der Klassik auf Tanz, Farben und Formen treffen, verspricht Music Director Daniel Hope «ein gigantisches Spektakel für die Sinne» – wenn das nicht neugierig macht! Wir freuen uns auf Ihren Besuch.

Ihr Michael Bühler Direktor

Innovationspartner Innovationspartner

Subventionsgeber Gönner Subventionsgeber und und Gönner

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Music Director Daniel Hope 1. Violine Willi Zimmermann, Konzertmeister Donat Nussbaumer, Stv. Konzertmeister Jana Karsko Asa Konishi Jankowska Kio Seiler 2. Violine Daria Zappa Matesic, Stimmführung Silviya Savova-Hartkamp, Stv. Stimmführung Anna Tchinaeva, Stv. Stimmführung Hiroko Takehara Strahm 1. / 2. Violine Inès Morin Tanja Sonc Arlette Meier-Hock Viola Ryszard Groblewski, Stimmführung Frauke Tometten Molino, Stv. Stimmführung Janka Szomor-Mekis Pierre Tissonnier Violoncello Nicola Mosca, Stimmführung Anna Tyka Nyffenegger, Stv. Stimmführung Silvia Rohner Geiser Kontrabass Seon-Deok Baik, Stimmführung Hayk Khachatryan, Stv. Stimmführung Flöte Stéphane Réty Oboe Marc Lachat Roman Schmid

DA S Z Ü R C H E R K A M M E RO R C H E S T E R S A I S O N 2 017 – 2 018 1945 durch Edmond de Stoutz gegründet, zählt das Zürcher Kammerorchester heute zu den führenden Klangkörpern seiner Art. Unter der Leitung von Edmond de Stoutz und später von Howard Griffiths und Muhai Tang erlangte das Ensemble internationale Anerkennung. In der Ära mit dem weltweit angesehenen Principal Conductor Sir Roger Norrington, von 2011 bis 2015, konnte das Zürcher Kammer­orchester seine hervorragende Reputation nachhaltig festigen. Seit der Saison 2016 / 17 leitet mit Music Director Daniel Hope erstmals kein Dirigent, sondern ein Instrumentalist das Orchester. Regelmässige Einladungen zu internationalen Festivals, Gastspiele in den bedeutenden Musikzentren Europas, Konzerttourneen auf fast allen Kontinenten sowie zahlreiche gefeierte CD-Produktionen belegen das weltweite Renommee des Zürcher Kammerorchesters. 2017 wurde das Orchester für zwei CD-Produktionen mit dem Echo Klassik in der Kategorie «Klassik ohne Grenzen» ausgezeichnet. Das Repertoire ist breit gefächert und reicht von Barock über Klassik und Romantik bis zur Gegenwart. Bemerkenswert ist zudem die Zusammenarbeit mit Musikern aus anderen Bereichen wie Jazz, Volksmusik und populäre Unterhaltung. Die Nuggi-, Krabbel-, Purzel-, abc- und Kinderkonzerte, die Vermittlungsarbeit mit Kindern und Jugendlichen sowie die Förderung junger Instrumentalisten sind dem Zürcher Kammerorchester ebenso wichtig wie die kontinuierliche Zusammenarbeit mit weltweit gefeierten Solisten.

Horn Thomas Müller Martin Ackermann Cembalo Naoki Kitaya

www.zko.ch


I N H A LT

I N H A LT S V E R Z E I C H N I S

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Konzertübersicht Alle ZKO-Konzerte auf einen Blick

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Kind und Kegel Grosse Töne für die Kleinen

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Fokus Jan Lisiecki über die Magie des Augenblicks

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ZKO Porträt Im Gespräch mit Arlette Meier-Hock

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Director’s Cut #4 Der Meister des Balletts

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ZKO Inside Vom langen Weg in die USA

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Vesselina Kasarova Klänge der Erinnerung

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ZKO-Freunde Die Kontrabässe machen sich klein

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Piotr Anderszewski Warum er das Mittelmass hasst

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Kolumne Daniel Hope – Wo sind wir, wenn wir Musik hören?

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Vivaldi Reloaded Musik verbindet sich mit Tanz und Video-Mapping

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Vorschau / Impressum

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Pinchas Zukerman Das Geheimnis der Perfektion

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KO N Z E RT Ü B E R S I C H T

A L L E Z KO - KO N Z E RT E AUF EINEN BLICK M A I 18

PIOTR ANDERSZEWSKI Di, 29. Mai 2018, 19.30 Uhr, Maag-Areal

DER GRÜFFELO /  THE GRUFFALO So, 6. Mai 2018 11 / 14 (Engl.) / 16 Uhr, ZKO-Haus

Piotr Anderszewski Klavier und Leitung Willi Zimmermann Konzertmeister Zürcher Kammerorchester Werke von Haydn, Mozart und Schreker Art is in Residence: Music Animation

Thomas Douglas Konzept und Erzählung Musikerinnen und Musiker des ZKO DIRECTOR’S CUT #4 Di, 8. Mai 2018, 20.00 Uhr, ZKO-Haus Daniel Hope Gastgeber Heinz Spoerli Special Guest Zürcher Kammerorchester VESSELINA KASAROVA Di, 15. Mai 2018, 19.30 Uhr, Maag-Areal Vesselina Kasarova Mezzosopran Daniel Hope Music Director Zürcher Kammerorchester Werke von Bartók, Mozart und weiteren

Jan Lisiecki

J U N I 18 FINDUS ZIEHT UM So, 3. Juni 2018 11 / 14 / 16 Uhr, ZKO-Haus Renata Blum Konzept und Erzählung Musikerinnen und Musiker des ZKO


TICKETS ZKO BERATUNG UND VERKAUF Seefeldstrasse 305, 8008 Zürich tickets@zko.ch, Tel. 044 388 36 00 JAN LISIECKI Mi, 13. Juni 2018, 19.30 Uhr, Maag-Areal Jan Lisiecki Klavier Willi Zimmermann Konzertmeister Zürcher Kammerorchester Werke von Mendelssohn und Chopin Art is in Residence: Fotografie VIVALDI RELOADED Di, 19. Juni 2018, 19.30 Uhr, Maag-Areal Daniel Hope Music Director Zürcher Kammerorchester Werke von Vivaldi, Schostakowitsch und Richter Art is in Residence: Video-Mapping

J U L I 18 PINCHAS ZUKERMAN Do, 5. Juli 2018, 19.30 Uhr, Maag-Areal Pinchas Zukerman Violine und Viola Amanda Forsyth Violoncello Daniel Hope Music Director Zürcher Kammerorchester

ÖFFNUNGSZEITEN Mo – Fr 11.00 bis 17.00 Uhr durchgehend BILLETTKASSE TONHALLE MAAG Zahnradstrasse 22, 8005 Zürich Tel. 044 206 34 34 VORVERKAUFSSTELLE TONHALLE MAAG AM PARADEPLATZ Schalterhalle Credit Suisse Paradeplatz 8, 8001 Zürich SCHAUSPIELHAUS PFAUEN (für Konzerte im Schauspielhaus) Rämistrasse 34, 8001 Zürich Tel. 044 258 77 77 MUSIK HUG Limmatquai 28 – 30, 8001 Zürich JELMOLI ZÜRICH-CITY Seidengasse 1, 8001 Zürich STARTICKET www.starticket.ch

www.zko.ch Daniel Hope

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Art is in Residence

«UNTERSCHÄTZT MIR CHOPIN NICHT» Jan Lisiecki wurde als Sohn zweier Polen in Kanada geboren – in Zürich beweist er die musikalische Selbstverständlichkeit seines Landsmanns Chopin.


FOKUS

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Jan Lisiecki, Sie haben einmal gesagt, das Faszinierendste an der Musik sei die absolute Konzentration auf den Moment, auf das Hier und Jetzt. Ist dieser Moment nur am Konzertabend möglich? Am Konzert findet diese Art der Magie auf jeden Fall am häufigsten statt. Man arbeitet Hunderte, ja Tausende von Stunden an einem Stück – und alles läuft dann auf diese Augenblicke des ganz Besonderen heraus, darauf, dass etwas Einmaliges passiert. Wie genau würden Sie diesen Moment beschreiben? Erleben Sie ihn bewusst als Pianist, der in einem Konzertsaal sitzt, oder verabschieden Sie sich in diesem Augenblick von Raum und Zeit? Vielleicht ist es von beidem etwas: Auf der einen Seite funktioniert alles nur, weil man als Künstler auf einem Podium sitzt und den gleichen Raum und Augenblick mit dem Publikum teilt. Auf der anderen Seite versucht man, eine ganz eigene Sphäre zu kreieren, in die man das Publikum einlädt. Natürlich wird an einem Abend nicht jeder im Saal in der gleichen Sphäre sein, letzten Endes nimmt jeder das Konzert auf eine eigene Art wahr. Aber es gibt dieses Bewusstsein, dass wir alle den gleichen Moment mit derselben Musik teilen – und dadurch entsteht eine Verbindung. Es ist schwer, dieses Phänomen in Worte zu fassen. Man spürt einfach, wenn es zu fliessen beginnt, wenn der Solist ebenso wie ein Grossteil des Publikums im gleichen Kosmos sind.

«Wir teilen alle den gleichen Moment mit derselben Musik – dadurch entsteht eine Verbindung.» Wie wichtig ist der Konzertsaal für diesen Zustand? Wir leben in einer Zeit, in der alles ständig digital verfügbar ist. Was aber wirklich zählt, ist das Live-­ Erlebnis im Konzertsaal. Der Moment, von dem wir eben gesprochen haben, entsteht nur im direkten Kontakt von Künstler und Publikum. Ich versuche, an Konzerttagen auf Handy und Internet zu verzichten, um mich darauf zu konzentrieren, am Abend eine besondere Stimmung herzustellen.


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FOKUS

Sie haben vorhin gesagt, dass es Hunderte von Stunden des konzentrierten Übens braucht, um diesen Moment herzustellen. Gleichzeitig ist er vorbei, sobald der letzte Ton verklungen ist. Das ist ja das Besondere an der Musik: Anders als ein Bild oder ein Buch ist sie vergänglich. Ein Bild können wir immer wieder anschauen. Die Töne, die gespielt werden, verklingen und müssen bei jedem Konzert wieder neu hergestellt werden – dabei werden sie nie wieder so klingen wie am Abend zuvor. Doch trotz dieser Vergänglichkeit schafft es die Musik, bleibende Momente zu erzeugen. Wie viele Menschen gehen mit der Erinnerung an ein, zwei oder drei ganz besondere Konzerte durchs Leben? Dies zeigt, dass auch Töne für die Ewigkeit bestehen und Menschen tatsächlich langfristig prägen können.

«Ich möchte mich innerhalb der vorgegebenen Form möglichst natürlich bewegen.» Jan Lisiecki, Ihr Klavierspiel ist auch deshalb besonders, weil Sie nicht auf Effekte setzen, nicht überbordend ausschmücken, sondern sich ganz nahe an der Musik bewegen. Derartige Einschätzungen machen mich sehr glücklich. Danke. Ich glaube, man sollte sich tatsächlich möglichst auf die Musik einlassen, die man vorfindet. Natürlich kann man das auch anders halten:

Man kann seine eigene Sichtweise, sein eigenes Ego nutzen, um die Musik für sich zu erobern. Auch das ist legitim. Ich persönlich aber finde es wesentlich spannender, mich auf das Genie einzulassen, das ich bei Mozart, Beethoven oder Chopin finde. Mir geht es um eine Art Respekt gegenüber der Musik und gegenüber dem grossen Privileg, das wir als Künstler haben, diese Musik jeden Abend zum Leben zu erwecken. Das bedeutet, statt Ihr Ich durchzusetzen, schauen Sie in der Musik, welche Facetten Ihres Daseins sie abbildet? So würde ich das auch nicht beschreiben. Es geht weniger darum, in der Musik etwas von mir zu finden oder mich selber neu zu entdecken als vielmehr darum, wie ich auf ein Musikstück schaue, wie ich es aus den Noten heraus verstehe. Das Grossartige ist ja, dass sehr viele Komponenten einer Komposition konkret definiert sind, dass auf der anderen Seite aber so unendlich viel Spielraum bleibt, um sich innerhalb der Musik zu bewegen. Und darum geht es mir: mich innerhalb der vorgegebenen Form möglichst natürlich zu bewegen. In Zürich spielen Sie zunächst das «Andante spianato und Grande Polonaise brillante». Hier geht es schon auch darum zu zeigen, was der Pianist kann, oder? Sagen wir es so: Es ist technisch durchaus anspruchsvoll, aber das ist bei Chopin nie Selbstzweck. Vielmehr geht es darum, das Innenleben der Musik aufzuspüren, die manchem vielleicht sehr äusserlich vorkommen mag.

WILD UND HAUTNAH Die Bilder des Fotografen David Yarrow bestechen durch ihre Nähe: Nicht nur ist bei den Tigern und Zebras jedes einzelne Schnurrhaar, bei den Elefanten jede einzelne Hautfalte zu sehen – es ist auch fast so, als würde man der Seele dieser Lebewesen begegnen. Bilder, für die der Schotte auf unmittelbare Tuchfühlung mit der Wildnis geht – oft in äusserst riskanten Situationen. Das Zürcher Kammerorchester und Jan Lisiecki fügen Yarrows Bildern nun eine neue Dimension hinzu, eine musikalische Perspektive. Das Orchester untermalt die

laufende Zebra-Herde in der Steppe, den brüllenden Bären und den lauernden Tiger und haucht den Bildern so eindrücklich Leben ein, dass man die Wildnis nicht nur sehen, sondern auch hören, fühlen und sich darin wiederfinden kann. «Ich liebe die Fotografien von David Yarrow», sagt der Pianist Jan Lisiecki, «und bin gespannt, wie sie sich mit der Musik von Chopin verbinden. Ich hoffe, dass sie der Musik eine andere Perspektive geben, und dass die Musik wiederum den Bildern eine andere Dimension verleiht.»


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FOKUS

Auch Chopins erstes Klavierkonzert gilt als Showstück für den Pianisten. Manche kritisieren, dass das Orchester nur eine Nebenrolle spielt. Ich kenne diese Vorurteile und ahne auch, woher sie kommen: Chopin behandelt Orchester und Klavier nicht so dialogisch und dramatisch wie etwa Beethoven. Chopin war sicherlich nicht so erfahren in Orchestersätzen, das hat ihn auch nicht wirklich interessiert. Und dennoch hat er mit diesem Klavierkonzert ein Meisterwerk geschaffen. Mich faszinieren besonders die einmalige Farbgebung und der individuelle Ton im zweiten Satz. Der in vielen Teilen bereits an die späteren Nocturnes erinnert. Natürlich, aber das ist längst noch nicht alles. Für mich schwingt in diesem zweiten Satz so vieles mit, was Chopins Musik ausmacht, fast so, als hätte er hier jene musikalische Sprache entwickelt und komprimiert, für die wir ihn lieben. Im dritten Satz spielt er dann besonders mit volksmusikalischen Elementen seiner Heimat. Wie wichtig ist es, als Pianist über diese Parallelen jenseits der eigentlichen Musik Bescheid zu wissen?

Wissen kann nie schaden! Ich finde es eine Grundvoraussetzung, sich mit Leben und Werk der Komponisten, deren Musik man interpretiert, auseinanderzusetzen. Im Moment der Aufführung aber muss es darum gehen, dass das Wissen zur Selbstverständlichkeit wird. Das Stück soll dann aus sich heraus sprechen, aus seiner eigenen Struktur und Anlage. Sie werden das Stück gemeinsam mit dem ZKO spielen. Noch einmal die Frage nach der Rolle des Orchesters in diesem Konzert … Ich bin sehr froh, dass ich das Konzert vom Klavier aus selber leite, denn auf diese Art entsteht die nötige Selbstverständlichkeit zwischen Orchester und Pianist. Ich habe dieses Stück schon überall auf der Welt mit ganz unterschiedlichen Klangkörpern gespielt und stelle fest: Es ist immer wieder ganz anders. Die wichtigste Lehre ist wohl, dass man das Stück nicht unterschätzen darf, sonst beginnt man es zu überinterpretieren und es fällt auseinander. Sein Zauber aber besteht in der Selbstverständlichkeit, der Natürlichkeit und im perfekten Aufbau – für mich ist diese Musik eine Offenbarung.  ab

JAN LISIECKI M i , 1 3 . J u n i 2 0 1 8 , 1 9 . 3 0 U h r, M a a g - A r e a l Jan Lisiecki Klavier Willi Zimmermann Konzertmeister Zürcher Kammerorchester

Felix Mendelssohn 25 min Streichersinfonie Nr. 9 C-Dur «Schweizer Sinfonie» Grave – Allegro | Andante | Scherzo: La Suisse | Allegro vivace

A RT I S I N R E S I D E N C E Fotografie

Frédéric Chopin 15 min Andante spianato und Grande Polonaise brillante op. 22 Es-Dur Andante spianato | Grande Polonaise brillante

KO N Z E RT E N D E ca. 21.30 Uhr ABO Grosses Abo TICKETPREISE CHF 105 / 95 / 82 / 40

Pause

20 min

Frédéric Chopin 39 min Klavierkonzert Nr. 1 e-Moll op.11, Fassung für Streichorchester Allegro maestoso | Romance – Larghetto | Rondo – Vivace

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D I R E C TO R ’ S C U T # 4

D I R E C TO R ’ S C U T # 4

DA S I N N E N N AC H AUSSEN KEHREN Heinz Spoerli ist der bekannteste Choreograf der Schweiz – nun trifft er sich mit Daniel Hope und spricht über sein Leben. Wie gelingt es ihm, über das Existenzielle zu schmunzeln, und welche Rolle spielt die Musik für den Körper?

Biografien über Heinz Spoerli beginnen oft mit Zitaten von Hugo von Hofmannsthal. Zum Beispiel mit diesem hier: «Die Tiefe muss man verstecken. Wo? An der Oberfläche.» Und damit ist schon vieles gesagt. Die Kunst des Schweizer Choreografen besteht darin, dem Existenziellen eine Leichtigkeit zu geben, den Kern als Hülle zu betrachten und dem Innerlichen eine äussere Form zu verleihen. Spoerlis grösster Kompagnon in seiner Arbeit als Ballettdirektor und Choreograf ist dabei die Musik. Sie ist auch der Anknüpfungspunkt für den neuen Director’s Cut, in dem sich Daniel Hope mit Spoerli unterhalten wird und in dem die beiden gemeinsam Musik lauschen werden, in der das Innere an der Oberfläche erscheint. Die Vita von Heinz Spoerli ist vielseitig: die Suche nach der eigenen künstlerischen Sprache, die Leitung grosser Kompanien, die Zusammenarbeit mit bekannten Künstlern. Woher nimmt der Choreograf seine Inspiration? Wie schwer ist es, Leichtigkeit bei schweren Themen zu entfalten, und wie anstren-

gend kann es sein, selbst im Existenziellen noch ein Schmunzeln zu finden? Diese und viele weitere Fragen bieten sich für den Director’s Cut an.

«Fast hat es den Anschein, als hätte der 77-jährige Ästhet nur auf seine heutige Freiheit gewartet.» Heinz Spoerli begann mit 17 Jahren professionell Ballett zu trainieren, mit 19 erhielt er sein erstes Engagement als Tänzer in Basel – seinen Durchbruch als Choreograf feierte er 1972 mit dem Ballett «Le chemin» am Grand Théâtre in Genf. Spoerli wurde Ballettdirektor in Basel, dann an der Deutschen Oper am Rhein in Düsseldorf und am Opernhaus Zürich, dessen Ballett er zu Weltruhm verhalf. Parallel arbeitete er für grosse, internationale Häuser. Im Zentrum stand immer wieder die Auseinandersetzung mit Klang und Körper, egal,

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D I R E C TO R ’ S C U T # 4

ob in «Allem nah, allem fern» zu Mahlers 5. Sinfonie, im Projekt «moZART», in seinem Abend für die Salzburger Festspiele mit dem Hagen Quartett oder zu Mahlers «Lied von der Erde». Inzwischen ist der Leiter grosser Institutionen wieder wirklich frei: 2012 hat Spoerli seine T ­ ätigkeit am Opernhaus Zürich beendet. Seither ist er für verschiedene Bühnen tätig, und fast hat es den

­ nschein, als hätte der 77-jährige Ästhet nur auf A diese Zeit gewartet. Immer wieder erfindet Spoerli sich neu, sucht nach anderen Formen des Ausdrucks und nach innovativen Möglichkeiten, das Innen mit möglichst grosser Leichtigkeit nach ­aussen zu kehren.  ab

D I R E C TO R ’ S C U T # 4 D i , 8 . M a i 2 0 1 8 , 2 0 . 0 0 U h r, Z KO - H a u s

Daniel Hope Gastgeber Heinz Spoerli Special Guest Zürcher Kammerorchester

Daniel Hope empfängt den Ballettchoreografen Heinz Spoerli – das ZKO spielt Werke von Bach bis Ligeti.

KO N Z E RT E N D E ca. 21.15 Uhr

EINHEITSPREIS CHF 50

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V E S S E L I N A K A S A RO VA

VO N D E R H E I M AT UND ANDEREN ECHTEN GEFÜHLEN Die Mezzosopranistin Vesselina Kasarova und der Music Director Daniel Hope erkunden gemeinsam mit dem Zürcher Kammerorchester Klänge der Erinnerung. Vor 28 Jahren zog die Mezzosopranistin Vesselina Kasarova in die Schweiz. Das war damals ein Kulturschock für die gebürtige Bulgarin: die ­Metropole Zürich, die Menschen, das Leben. I­nzwischen wohnen sie und ihr Schweizer Ehemann im beschaulichen Zollikon. Der «Zürichsee-Zeitung» sagte die Sängerin einmal: «Von meiner Heimat Stara Zagora in Bulgarien bin ich das Leben in einer kleineren Stadt gewohnt. Es entspricht mir mehr als das Leben in einer Grossstadt. Deshalb fühle ich mich hier inzwischen auch so wohl.» Ihre eigentliche Heimat Bulgarien hat Kasarova aber nie ruhen lassen. Dort liegen die Erinnerungen an ihre Eltern, an die Menschen, die Rituale und die Musik, mit der sie aufgewachsen ist. Genau diese Musik steht nun auf dem Programm, wenn die Sängerin gemeinsam mit Daniel Hope und dem Zürcher Kammerorchester einen Abend bestreitet, der ganz auf sie und ihr Leben zugeschnitten ist: auf den Soundtrack ihrer alten Heimat genauso wie auf ihre Karriere in Zürich und an den Opernhäusern der Welt.

«Ihre eigentliche Heimat Bulgarien hat Kasarova nie ruhen lassen.» Die traditionellen bulgarischen Volkslieder, die an diesem Abend erklingen, erinnern die Sängerin an ihre Jugend. Bereits mit vier Jahren erlernte sie das Klavierspiel an der Musikschule ihrer Heimat, dann ging sie an die Musikakademie in Sofia und trat – noch als Studentin – zum ersten Mal an der Nationaloper auf. Auch Béla Bartók spielte eine wesentliche Rolle in ihrer Kindheit. Das Zürcher Kammerorchester interpretiert nun seine rumänischen

Volkstänze, die hier für Streichorchester bearbeitet sind. Mit 24 Jahren machte sich der Komponist, ausgerüstet mit Spazierstock, Rucksack und Phonograph, auf Wanderschaft. Bartók war frustriert von der verkitschten Pseudo-Heimatmusik, die in Budapests Kaffeehäusern gespielt wurde. Er selber wollte keine Klischees komponieren, sondern zurück zu den Ursprüngen. So sammelte er Tänze und Musik vom Land und nahm sie mit an seinen Schreibtisch. Herausgekommen ist eine Sammlung an Volkstänzen, die er in acht Teile gliederte. Ebenso wie Vesselina Kasarova, die sich auch nach einem Vierteljahrhundert in der Schweiz noch immer sehnsuchtsvoll an die Klänge ihrer Kindheit in Bulgarien erinnert, wollte Bartók den authentischen Klang seiner Heimat wiederbeleben und in der Kunst verewigen. Kasarovas internationale Karriere begann in Zürich. Hier sang sie zunächst in den Opern von Rossini und Mozart – unter anderem an der Seite von Legenden wie Edita Gruberová. Es ist also nicht verwunderlich, dass der zweite Teil des Abends ganz im Zeichen der Musik Mozarts steht. «Bei Mozart wird man immer ganz direkt mit seinen eigenen Gefühlen konfrontiert», hat Kasarova einmal gesagt. «Seine Opern taugen dazu, etwas für das wahre Leben zu lernen. Ich glaube, das hat etwas damit zu tun, dass seine Charaktere nie pathetisch, unnatürlich oder grösser als im wahren Leben sind – sie sind Menschen mit echten Gefühlen und Emotionen. Wenn man seine Opern heute singt, merkt man auch, wie zeitlos ihre Themen sind. Oder anders gesagt, wie das Genie Mozart es geschafft hat, den grossen, aber auch den kleinen Gefühlen der Menschen einen universellen Klang zu geben, der noch heute rührt, bewegt und inspiriert.» Und um diese Gefühle geht es auch in den

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V E S S E L I N A K A S A RO VA

Mozart-Arien, die Kasarova in ihrem Programm mit dem ZKO singen wird. «Venga pur, minacci e frema» und «Già degli occhi il velo è tolto» aus «Mitridate, Re di Ponto». Die Oper ist ein Verwirrspiel, das der König von Pontus anrichtet, um seine beiden Söhne – der eine ein Anhänger der Griechen, der andere der Römer – auf die Probe zu stellen. Der König lässt seinen eigenen Tod verkünden, um zu sehen, was passiert.

schrieb Alfred Einstein: «Es ist ein neues Gefühl für die Notwendigkeit der Vertiefung der Sinfonie durch imitatorische Belebung, ihre Rettung aus dem bloss Dekorativen durch kammermusikalische Feinheit. Die Instrumente wandeln ihren Charakter; die Geigen werden geistiger, die Bläser vermeiden alles Lärmende, die Figurationen alles Konventionelle. Der neue Geist dokumentiert sich in alles Sätzen.»

Vier Jahre nach der Uraufführung der Oper schrieb Mozart seine 29. Sinfonie in A-Dur. Sie gilt als einer der vorläufigen Höhepunkte im Schaffen des Komponisten. In seiner Mozart-Biografie

Und so ist dieser Abend eine Suche nach der Heimat in uns allen, nach dem ewig Neuen im ewig Alten – und eine biografische Reise der grossartigen Sängerin Vesselina Kasarova.  ab

V E S S E L I N A K A S A RO VA D i , 1 5 . M a i 2 0 1 8 , 1 9 . 3 0 U h r, M a a g - A r e a l Vesselina Kasarova Mezzosopran Daniel Hope Music Director Zürcher Kammerorchester

Béla Bartók 10 min Rumänische Volkstänze Sz 68, arrangiert für Streichorchester von A. Willner Nr. 1 «Joc cu bâta» – Stabtanz  |  Nr. 2 «Brâul» – Gürteltanz  |  Nr. 3 «Pe loc» – Stampfer aus Egres  |  Nr. 4 «Buciumeana» – Horn-Tanz aus Butschum  |  Nr. 5 «Poarga româneasca» – Rumänische Polka aus Belényes  |  Nr. 6 «Maruntel» – SchnellTanz aus Belényes und Nyagra  |  Nr. 7 «Maruntel» – Schnell-Tanz aus Belényes und Nyagra Traditional 27 min Bulgarische Volkslieder, arrangiert für Mezzosopran und Streichorchester Melodiya (Melody)  |  Malkata tsvetarka (The Flowergirl)  |  Ya kazhi mi, oblache le byalo (Tell me, little white cloud)  |  Mama Rada dumashe (Mama was telling Rada)  |  Kalimanku, denku (Kalimanka, Denka) Pause

KO N Z E RT E N D E ca. 21.45 Uhr ABO Grosses Abo TICKETPREISE CHF 105 / 95 / 82 / 40

20 min

Wolfgang Amadeus Mozart 9 min Già degli occhi il velo è tolto, aus: «Mitridate, Re di Ponto» Wolfgang Amadeus Mozart Venga pur, minacci e frema, aus: «Mitridate, Re di Ponto»

8 min

Wolfgang Amadeus Mozart 30 min Sinfonie Nr. 29 A-Dur KV 201 Allegro moderato | Andante | Menuetto | Allegro con spirito



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P I OT R A N D E R S Z E W S K I

Art is in Residence

W E N N DA S K L AV I E R Z U M MONSTER WIRD Piotr Anderszewski hasst das Mittelmass, er will immer um sein Leben spielen. Wenn Piotr Anderszewski am Klavier sitzt, spielt er am liebsten um sein Leben. «Wenn ich ein Stück erarbeite, ist der Flügel meist ein Fremdkörper», sagt der polnische Pianist, «aber während des Spiels beginnt das Instrument irgendwann zu leben. Dann kann es sich schon mal in ein schwarzes Monster verwandeln, das sein Maul aufreisst, und die Tasten werden zu tanzenden Zähnen. In diesem Moment bekomme ich zuweilen Angst, dass mich mein Klavier frisst.» Piotr Anderszewski geht meist aufs Ganze, vom Mittelmass hält er nichts. Am Anfang seiner Karriere, 1990, sorgte er für Aufsehen bei einem Klavierwettbewerb in Leeds. Er kam bis ins Finale, wurde von Publikum und Jury bereits als heimlicher

Sieger gefeiert. Aber dann stand er mitten im Spiel auf, verliess die Bühne und verschwand hinter den Kulissen. Anderszewski war mit seinem eigenen Spiel unzufrieden, und einen Preis für Mittelmass wollte er nicht. Anderszewski wurde in Warschau geboren, studierte an der Chopin-Akademie, ging nach Strassburg, Lyon und Kalifornien. Die «New York Times» nannte ihn einen «polnischen Punker». Aber seine Anarchie schlägt leise Töne an. Der manische Perfektionismus mag an Glenn Gould erinnern, der weiche, geistdurchströmte Ton, den Anderszewski pflegt, eher an seinen Lehrer, den amerikanischen

V I S U E L L E O R I E N T I E RU N G Während das ZKO Franz Schrekers Intermezzo op. 8 spielt, wird man sehen können, was man hört. Möglich wird dies durch sogenannte Music Animation. Der Schweizer Etienne Abelin von Music:Eyes, der mit dem Music-Animation-Erfinder Stephen Malinowski zusammenarbeitet, nutzt gern einen Vergleich: «Stellen Sie sich vor, sie sitzen in der Nacht im Auto, landen irgendwo in einem fremden Industriegebiet, ohne Verkehrsschilder, und Sie verlieren alle Hoffnung, jenen Ort zu finden, an dem vielleicht jemand auf Sie wartet, sagen wir mit einer heissen Schokolade. In diesen ­Momenten wünschen Sie nichts mehr als Orientierung.» Abelin beobachtet diese Sehnsucht nach Orientierung auch in der klassischen Musik. «Viele Menschen suchen nach Hilfe, weil sie sich in der Musik verloren fühlen. Und für genau diese Menschen haben wir nach einer Lösung gesucht, die das komplexe Geflecht einer Komposition leicht verständlich macht.»

Das Ergebnis ist nicht nur unendlich klug, sondern auch ästhetisch: Während die Musik spielt, erzeugt die Music Animation Machine eine animierte Partitur. Die einzelnen Noten werden im Zeitverlauf durch farbige Muster illustriert. So hat das Auge die Möglichkeit, zu sehen, was das Ohr hört: Wie viele Instrumente spielen, wie interagieren sie, wie entwickeln sich Formen und Motive? «Musiker brauchen oft ein ganzes Leben, um musikalische Strukturen und Konstruktionen zu durchdringen», schwärmt Musiklehrer James Isaacs von der Zürcher Hull’s School. «Mit der Music Animation Machine wird dieser Prozess für jeden innerhalb von Sekunden klar, ja, während die Musik noch spielt.» Gemeinsam mit dem ZKO kann das Publikum bei diesem Konzert also besonders tief in die Welt der Klänge abtauchen.


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P I OT R A N D E R S Z E W S K I

Piano-Weisen Murray Perahia. Und doch hat sich Anderszewski längst von fremden Stilen emanzipiert. Er ist ein Eremit am Klavier geworden, ein Künstler mit eigener Vision: «Musik ist meine Heimat», sagt er. Anderszewski verweigert sich gern der Realität und ersetzt sie durch die Wahrhaftigkeit der Musik. Auf dem Konzertpodium wie in seiner Wohnung. Diese lag lange im edlen sechsten Arrondissement in Paris, direkt an der Seine, gegenüber dem Louvre. Auf nur 50 Quadratmetern fanden sich hier ein Flügel, ein Mountainbike, ein Gummibaum und eine Matratze. Mehr brauchte Anderszewski nicht. Der Abwasch in der Küche schien sich ebenfalls von selbst aufzulösen, wenn er mal wieder allein war. Allein mit der Musik.

«Ein Flügel, ein Mountainbike, ein Gummibaum und eine Matratze – mehr brauchte Anderszewski nicht.» Oft deutet Anderszewski seine Solo-Programme vor einem Konzert nur an – am Abend spielt er dann, was er für richtig hält. Er ist überzeugt, dass

Musik auch etwas mit der Stimmung des Musikers zu tun hat. Wenn er nun allerdings zum ZKO kommt, ist das anders. Dann stehen unter anderem Mozarts Klavierkonzerte KV 414 und KV 453 auf dem Programm, eines der frühen Wiener Konzerte, in denen die Solo-Stellen im Vordergrund stehen, und ein spätes, in dem Mozart dem Orchester eine grössere Rolle zugedacht hat – besonders bei den Bläserparts. Nachdem Anderszewski lange Bach, Chopin und Gegenwartskomponisten gespielt hat, zeigt sich, dass seine Musik-Philosophie der Offenheit während des Spiels besonders gut zu Mozart passt. «Bevor ich beginne, weiss ich genau, wie das Gerüst aussieht», erklärt der Pianist. «Die Form gibt den Raum vor, in dem ich mich bewege. Der Rest allerdings ist eine eher spontane Reaktion, die Frage, wie ich von einem Ton zum nächsten komme und die Zwischenräume fülle – das entscheidet sich am Abend.» Und dabei spielt natürlich auch das Orchester, mit dem er gemeinsam auftritt, eine grosse Rolle. Das ZKO mit seiner kammermusikalischen Erfahrung und seiner grossen Mozart-Tradition dürfte Anderszewski inspirieren, wenn es darum geht, das grosse schwarze Monster in die Freiheit zu führen.  ab

P I OT R A N D E R S Z E W S K I D i , 2 9 . M a i 2 0 1 8 , 1 9 . 3 0 U h r, M a a g - A r e a l Piotr Anderszewski Klavier und Leitung Willi Zimmermann Konzertmeister Zürcher Kammerorchester

Joseph Haydn Sinfonie Nr. 86 D-Dur Hob. I:86 Adagio – Allegro spiritoso  |  Capriccio: Largo  |  Menuet  |  Finale: Allegro con spirito

28 min

Wolfgang Amadeus Mozart Klavierkonzert Nr. 12 A-Dur KV 414 Allegro | Andante | Rondo: Allegretto

25 min

A RT I S I N R E S I D E N C E Music Animation

Pause

20 min

KO N Z E RT E N D E ca. 21.45 Uhr ABO Grosses Abo, Kleines Abo TICKETPREISE CHF 105 / 95 / 82 / 40

Franz Schreker Intermezzo op. 8 Wolfgang Amadeus Mozart Klavierkonzert Nr. 17 G-Dur KV 453 Allegro  |  Andante  |  Allegretto – Presto Finale

7 min

30 min

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V I VA L D I R E L O A D E D

Art is in Residence

FULMINANTES V I VA L D I - F E U E RW E R K Grosser Saisonabschluss mit Daniel Hope und Vivaldis «Vier Jahreszeiten»: Bei Vivaldi Reloaded verschmelzen Musik und Video-Mapping auf vollkommen neue Art und Weise. Vivaldis «Vier Jahreszeiten» mögen für viele ein Gassenhauer des Barock sein, ein äusserst effektvolles Musikstück, ein Werk, das mit Sicherheit für Erfolg beim Publikum sorgt. Für Daniel Hope sind die «Jahreszeiten» allerdings viel mehr. Seit Jahrzehnten spielt er das Original, vor sechs Jahren hat ihm der Komponist Max Richter das «Recomposed» der Vivaldi-Musik quasi auf den Leib komponiert. Bis heute hat Hope nicht aufgehört, sich mit diesem Stück auseinanderzusetzen – sei es auf der Bühne oder im Tonstudio, zuletzt nahm er die CD «For Seasons» gemeinsam mit dem ZKO auf. «Klar», sagt der Geiger, «manche Leute fragen mich, warum ich die ‹Vier Jahreszeiten› immer wieder in das Programm nehme, aber meine Antwort

ist eindeutig: Weil ich noch immer jedes Mal, wenn ich sie spiele, etwas Neues entdecke. Es gibt Musik, bei der man, sobald man sie spielt, spürt, dass sie einfach genial ist, dass sie zu Recht so populär ist – weil in ihr einfach alles stimmt.»

«Es gibt Musik, bei der man spürt, dass sie einfach genial ist.» Zum grossen Saisonabschluss stehen die «Vier Jahreszeiten» also erneut auf dem Programm des ZKO. Das Konzert bildet auch den fulminanten Abschluss von «Art is in Residence». Dabei erwartet die Zuschauer ein gigantisches Video-Mapping,

V I VA L D I R E L OA D E D Das Abschlusskonzert der Saison wird ein grosses Spektakel, bei dem die «Recomposed»-Version von Vivaldis «Vier Jahreszeiten» durch zwei weitere Kunstelemente ergänzt wird. Zum einen wird eine gigantische Lichtinstallation auf der Bühne aufgebaut. «Wir kreieren so einen dreidimensionalen Raum, in dem wir uns durch Licht mit den ‹Vier Jahreszeiten› auseinandersetzen», sagt Michael Bühler, Direktor des ZKO. Zum anderen werden Tänzer auf einer Rampe vor der Bühne die Musik in Bewegung umsetzen. Bei Redaktionsschluss des Opus wurde noch an den Details der Inszenierung getüftelt: «Die ‹Vier Jahreszeiten› bieten sich natürlich für ganz unterschiedliche Lesarten an»,

sagt Bühler über die Aktion, die von Swisscom Event & Media Solutions unter der Gesamtregie von Christian Fink umgesetzt wird. «Auf der einen Seite kann man die meteorologischen Jahreszeiten zeigen, die Musik lässt sich aber auch als Allegorie des menschlichen Lebens lesen.» Für Daniel Hope, der den Solopart übernimmt, ist klar: «Da sich bei diesem Projekt so viele unterschiedliche Künstler – die Musiker, die Tänzer und die Lichtkünstler – mit der gleichen Musik auseinandersetzen, ist allein der Prozess der Probe schon eine Bereicherung für alle, und am Ende versuchen wir, das Publikums gemeinsam zu verzaubern.»


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V I VA L D I R E L O A D E D

bei dem die Live-Musik digital in Licht und Animationen verwandelt wird. Ausserdem werden Tänzer die Klänge in Bewegung umsetzen. «Man könnte sagen, dass wir es damit gleich mit zwei ‹Recomposed›-Versionen zu tun haben», sagt Hope, «einmal mit der musikalischen Auseinandersetzung durch Max Richter und dann mit der visuellen Vergegenwärtigung der Musik durch das Video-Mapping und den Tanz. Ich weiss aus Erfahrung, dass diese Art, Musik zu sehen und zu hören, ein gigantisches Spektakel für die Sinne ist.»

«Das Repertoire von Daniel Hope ist gross – Vivaldi aber ist ein Fixpunkt seiner Karriere.» Das Repertoire von Daniel Hope ist gross, führt vom Barock in die Klassik, die Romantik bis in die Moderne – Vivaldi aber ist ein Fixpunkt seiner Karriere. «Ich habe mich in letzter Zeit intensiv mit den vier Vivaldi-Konzerten beschäftigt, die gerade erst entdeckt wurden. Und auch sie haben meine Ohren vollkommen geöffnet. Sie beweisen, wie revolutionär der sogenannte Rote Priester

aus Venedig war, wie er versucht hat, Effekt und Emotionen miteinander zu verbinden, und wie er neue Klangmöglichkeiten für die Geige geschaffen hat, beispielsweise durch das Streichen neben dem Steg. Wenn ich nach derartigen Ausflügen wieder die ‹Vier Jahreszeiten› spiele, ist das für mich wie ein Nach-Hause-Kommen. Man spürt, dass Vivaldi in dieser Musik wirklich sein gesamtes Können komprimiert und etwas wahrlich Geniales zu ­Stande gebracht hat.» Besonders spannend ist es für Hope, dieses Stück mit immer wieder unterschiedlichen Ensembles und in verschiedenen Konstellationen aufzuführen. «Auch in diesem Sinne wird das Konzert in Zürich für mich ein Nach-Hause-Kommen sein», sagt er, «denn es gibt derzeit wohl kein Orchester, dem ich mich näher und persönlicher verbunden fühle als dem ZKO – gemeinsam werden wir Vivaldi aus dem gleichen Geist beleben und sicherlich wieder ganz neue Aspekte aufstöbern.»  ab

V I VA L D I R E L O A D E D D i , 1 9 . J u n i 2 0 1 8 , 1 9 . 3 0 U h r, M a a g - A r e a l Daniel Hope Music Director Zürcher Kammerorchester A RT I S I N R E S I D E N C E Video-Mapping, in Kooperation mit Swisscom Event & Media Solutions KO N Z E RT E N D E ca. 21.30 Uhr ABO Grosses Abo, Kleines Abo TICKETPREISE CHF 105 / 95 / 82 / 40

Antonio Vivaldi Concerto g-Moll für Violine, Streicher und B.c. RV 315 «L‘estate» op. 8 Nr. 2 Allegro  |  Adagio  | Tempo impetuoso d‘estate

11 min

Dmitri Schostakowitsch Kammersinfonie c-Moll op. 110a, arrangiert nach Streichquartett Nr. 8 von Rudolf Barshai Largo | Allegro molto | Allegretto | Largo | Largo

20 min

Pause

20 min

Max Richter Recomposed:Vivaldi – The Four Seasons Spring | Summer | Autumn | Winter

44 min

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PINCHAS ZUKERMAN

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H A P P Y B I RT H DAY, ZUKERMAN! Gemeinsam mit seiner Ehefrau Amanda Forsyth kommt der Geiger, Bratschist und Dirigent Pinchas Zukerman nach Zürich und lässt sich vom ZKO und Daniel Hope zum 70. Geburtstag gratulieren. Wenn Pinchas Zukerman in Ruhe Musik hören will, steigt er am liebsten in seinen Audi und fährt durch die Gegend. 18 Lautsprecher hat er in seinen Wagen eingebaut – einen besseren Sound gibt es höchstens in einem Konzertsaal. «Der Vorteil am Auto ist, dass ich mich hier bestens auf all das konzentrieren kann, was mir beim Hören wirklich wichtig ist», sagt Zukerman. Ansonsten hört der Geiger, Bratschist und Dirigent in seiner Freizeit eher weniger Musik, da sein Leben vom Klang umgeben ist: Tag für

Tag – fast 70 Jahre lang. Und bis heute nimmt er nichts so ernst wie die Musik. Wer denkt, dass sich ein Starmusiker in seinen Übungsstunden allein um vertrackte Passagen und virtuose Zirkusstücke kümmert, irrt. «Noch immer verbringe ich die meiste Zeit beim Proben mit ganz einfachen Grundlagen: den Bogen halten, ein Gleichgewicht finden oder die leeren Saiten streichen.» Vielleicht liegt darin das Geheimnis von Zukermans authentischem und harmonischem Klang.

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WOMM

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Schubert auf dem Gipfel. Kopatchinskaja im Liegestuhl. Franz Schuberts «Wanderers Nachtlied» auf der Festivalwanderung am 9. August hören und Patricia Kopatchinskaja als ARTIST IN RUHE erleben. Alle Infos, das ganze Programm: davosfestival.ch

4 –18 AUGUST 2018


Am 16. Juli feiert er seinen 70. Geburtstag – das ZKO und dessen Music Director Daniel Hope haben die Legende schon etwas früher eingeladen, um die Feierlichkeiten einzuläuten – mit einem Konzert, das quer durch die Musikgeschichte führt, und an dem neben Zukerman auch seine Frau, die Cellistin Amanda Forsyth, teilnimmt. Ein musikalisches Fest für eine der grössten Musikerkarrieren unserer Zeit. Zukermans Leben ist sowohl von der Geschichte als auch von der Musik selber, vor allen Dingen aber von seinen musikalischen Partnern geprägt. Beginnen wir mit der Geschichte: Zukermans Familie überlebte zunächst das Warschauer Ghetto, danach auch das Konzentrationslager von Auschwitz. Die Eltern zogen nach Tel Aviv, Vater Yehuda unterrichtete seinen Sohn erst auf der Klarinette, dann auf der Geige. Mit nur 13 Jahren lernte Pinchas während des ersten Israel Festivals zwei Musiklegenden kennen: den Cellisten Pablo Casals und den Geiger Isaac Stern. Beiden spürten sofort, dass sie einem jungen Musiker begegnet waren, den es zu fördern galt. Auf ihren Rat nahm Pinchas sein Studium an der Juilliard School in New York auf und gab 1963, mit nur 15 Jahren, sein gefeiertes US-Debüt.

Was Zukerman neben seinem klaren und harmonischen Spiel auszeichnet, ist seine Gabe, sich perfekt auf seine musikalischen Partner einzulassen. Egal, ob es die grossen Orchester sind, die er, wie das English Chamber Orchestra, auch dirigiert, oder die grossen Solisten wie Daniel Barenboim oder Itzhak Perlman, mit denen er zahlreiche gemeinsame Konzerte gab. Mit dem Pianisten Vladimir Ashkenazy und dem Cellisten Lynn Harrell nahm er bedeutsame Interpretationen der Klaviertrios von Franz Schubert auf.

«Während fast jeder Streicher das Tennisspiel für den Todfeind des Bogenarms hält, ist Zukerman ein begeisterter Sportler.» Die Wahrhaftigkeit seiner Interpretationen hat vielleicht auch etwas mit der Lebensfreude zu tun, die sich Pinchas Zukerman in den letzten 70 Jahren bewahrt hat. Während fast jeder Streicher das Tennis-­ spiel für den Todfeind des Bogenarms hält, ist


PINCHAS ZUKERMAN

Zukerman ein begeisterter Sportler. «Es gab Zeiten», sagt er, «da wollte ich sein wie Jimmy Connors. Ich trug immer einen hölzernen Tennisschläger in meinem Geigenkoffer und nutzte jede Gelegenheit zum Spielen, auch direkt vor einem Konzert.» Seinem Bogenstrich hat das keinen Abbruch getan. Im Gegenteil, bei kaum einem anderen Geiger wirken die Bewegungsabläufe so harmonisch und natürlich wie bei Pinchas Zukerman. Wenn Zukerman in Zürich nun einen Querschnitt durch die Musikgeschichte präsentiert, so erklingt neben Antonio Vivaldis Concerto für Violine, Violoncello, Streicher und B.c. auch Mozarts ­Violinkonzert Nr. 5, das unter dem Namen «Das türkische Konzert» in die Geschichte eingegangen ist. Das Werk, das der klassischen Struktur von schnell-langsam-schnell folgt, wurde wahrscheinlich 1775 in Salzburg komponiert. Mozart gehört für Zukerman übrigens zu den grossen historischen Helden. Zukerman nennt den Komponisten gern in einem Atemzug mit Leonardo da Vinci und Michelangelo: «So wie die beiden etwas geschaffen haben, das kein anderer konnte, hat auch Mozart

etwas vollkommen Neues kreiert: Er hat uns Musik geschenkt, die einen vollkommen neuen Standard gesetzt hat.» Fragt man Zukermans Frau nach ihren musikalischen Vorbildern, muss auch sie nicht lange nachdenken: die Cellistin Jacqueline du Pré. Es ist eher ein Zufall, dass Jacques Offenbach sein Werk für Cello und Streicher «Les Larmes de Jacqueline» genannt hat, «Jacquelines Tränen». Was nur wenige wissen: Offenbach, der bis heute besonders für Operetten und Opern bekannt ist, wurde in seiner Zeit besonders als Cellist gefeiert. Man nannte ihn den «Franz Liszt des Cellos». Neben Offenbach ebenfalls auf dem Programm mit dem ZKO: die wunderschöne e-Moll-Serenade von Edward Elgar und Ignaz Pleyels Sinfonia Concertante. «Für das ZKO und mich ist es eine grosse Ehre, gemeinsam mit Pinchas und Amanda einen musikalischen Abend zu gestalten», sagt Daniel Hope, der die Idee zu diesem Vorgeburtstagskonzert ­hatte, «denn es gibt kaum einen Geiger, den ich so sehr verehre wie Pinchas Zukerman.»  ab

PINCHAS ZUKERMAN D o , 5 . J u l i 2 0 1 8 , 1 9 . 3 0 U h r, M a a g - A r e a l Pinchas Zukerman Violine und Viola Amanda Forsyth Violoncello Daniel Hope Music Director Zürcher Kammerorchester

KO N Z E RT E N D E ca. 21.30 Uhr TICKETPREISE CHF 105 / 95 / 82 / 40

Antonio Vivaldi 9 min Concerto für Violine,Violoncello, Streicher und B.c. B-Dur RV 547 Allegro moderato  |  Andante  |  Allegro molto Edward Elgar Serenade e-Moll op. 20 Allegro piacevole | Larghetto | Allegretto

12 min

Ignaz Pleyel Sinfonia Concertante B-Dur B. 112 Maestoso | Rondo moderato | Allegro assai

20 min

Pause

20 min

Jacques Offenbach 8 min Les Larmes de Jacqueline op. 76 Nr. 2 für Violoncello und Streicher Wolfgang Amadeus Mozart 30 min Violinkonzert Nr. 5 A-Dur KV 219 Allegro aperto  |  Adagio  |  Rondeau: Tempo di Menuetto

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KIND UND KEGEL

G RO S S E T Ö N E F Ü R D I E K L E I N E N

DER GRÜFFELO / THE GRUFFALO Purzel-Konzert (3 – 5 Jahre) So, 6. Mai 2018, 11 / 14 (Engl.) / 16 Uhr, ZKO-Haus

FINDUS ZIEHT UM Krabbel-Konzert (1 – 3 Jahre) So, 3. Juni 2018, 11 / 14 / 16 Uhr, ZKO-Haus

Thomas Douglas Konzept und Erzählung Musikerinnen und Musiker des ZKO Die kleine Maus droht jedem, der sie fressen will, mit dem schrecklichen Grüffelo. Dabei gibt’s Grüffelos gar nicht. Oder doch?

Renata Blum Konzept und Erzählung Musikerinnen und Musiker des ZKO Hüpfen macht das Leben schöner! Wenn Findus aufwacht, muss er einfach auf seinem Bett hüpfen. Aber um vier Uhr morgens ist P ­ ettersson davon nur genervt. Also entschliesst sich Findus, ins Plumpsklo im Garten zu ziehen. Aber nachts ist es dort viel unheimlicher, als er dachte. Vielleicht ist es bei Pettersson doch gemütlicher?

Konzertdauer jeweils ca. 45 Minuten. Bestellen Sie unsere Kinderbroschüre: Tel. 044 388 36 00


RT RMAMI T G L O B I U N D W I E DA S G L Ü C K I N D I E S C H OZ KKO L A DPEOKO

Z KO P O RT R Ä T

ARLETTE MEIER-HOCK In einem Kammerorchester zu spielen, war immer ihr Traum. Die Violinistin Arlette Meier-Hock über ihr grösstes Vorbild, das Musizieren mit der Familie und die Arbeit im Garten. Arlette, man hört dich beim ZKO mal bei den ersten, mal bei den zweiten Geigen … Genau, ich spiele immer dort, wo das Orchester jemanden braucht. Dabei muss ich mich stets auf die jeweilige Gruppe einstellen. Das ist eine gute Schulung und hält mich flexibel. Mit dem ZKO zu spielen, macht unglaublich Spass. Ich bin sehr glücklich, denn es war immer mein Traum, Teil eines Kammerorchesters zu sein. Eine andere Karriere kam für dich nie infrage? Eigentlich nicht. Ich war als Kind von Geigen umgeben und habe meinen Vater, der erster Konzertmeister beim SWR Symphonieorchester war, wahnsinnig bewundert. Als Wunderkind hätte er das Zeug für eine Solistenkarriere gehabt, doch er wollte lieber im Orchester spielen und hat auch eine Orchesterschule gegründet. Diese Freude am Miteinander-Musizieren, am Miteinander-Atmen hat er mir weitergegeben. Es ging mir nie darum, im Rampenlicht zu stehen. Ich schätze es vielmehr, mit anderen etwas auf die Beine zu stellen. Diese Leidenschaft darf ich heute beim ZKO und in weiteren Formationen ausleben – als Konzertmeisterin beim Orchesterverein Zürich, als Zuzügerin im Tonhalle- und Opernhaus-Orchester sowie in verschiedenen Kammermusikensembles.

Dein Mann, Oboist Kurt Meier, spielte vor seiner Pensionierung ebenfalls beim ZKO und ihr tratet oft gemeinsam auf. Wie ist das, wenn Privat- und Arbeitsleben so verbunden sind? Es gibt Leute, die finden das schwierig, bei uns hat es aber wunderbar geklappt. Ich freute mich immer, mit Kurt gemeinsam zu proben und dass wir dann die Mittagspause gemeinsam verbringen konnten. Auch zuhause war Musik natürlich Thema. Unsere Kinder haben zwar andere Berufe gewählt, es lernten aber beide Instrumente. Kürzlich habe ich mit meiner Tochter an einer Hochzeit gespielt – das war toll. Welche Dinge begeistern dich neben Familie und Musik? Ich sehe gerne, wie in meinem grossen Garten alles spriesst und wächst. Bei Konzerten bleibt am Ende ja nichts Sichtbares übrig. Kaum ist das eine Programm gespielt, blättert man schon wieder durch neue Noten. In meinem Garten aber sehe ich das Rosenbeet, das ich angelegt habe. Im März, April werde ich immer ganz nervös, wenn es darum geht, neue Setzlinge zu pflanzen (lacht).  sp

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Z KO I N S I D E

Z KO I N S I D E

EINREISE-KRIMI USA Knapp drei Wochen tourte das ZKO im März durch Amerika. Doch erst nach monatelangen Vorbereitungen war alles bereit für die grosse Tournee. Wir zeigen, was das 23-köpfige Orchester vor der Einreise in die USA zu erledigen hatte. Wenn Sie dieses Heft in Händen halten, ist die grosse US-Tournee des ZKO bereits Geschichte – doch drehen wir die Uhr ein paar Monate zurück, landen wir mitten in den Reisevorbereitungen. Es ist Montag, der 29. Januar 2018. Martin Haupt sitzt im Foyer des ZKO-Hauses, entziffert Firmennamen auf Geigenbögen, streicht mit den Fingern über helle und dunkle Hölzer, leuchtet mit seiner Taschenlampe in Instrumentenkörper. Der Geigenbauer von Musik Hug muss herausfinden, aus welchen Materialien die Instrumente unserer Musiker bestehen. Ahorn, Eiche,

Silber – all das geht. Schildpatt, Eidechsleder oder Elfenbein stehen jedoch auf der Schwarzen Liste. Mit diesen Materialien hat man es an der Grenze schwer. Grund dafür sind ein internationales Artenschutzabkommen und weitere, in den Vereinigten Staaten geltende Reglemente. Gerade ist die Bratsche von Ryszard Groblewski an der Reihe. Der Geigenbauer stutzt bei der Kopfplatte: Elfenbein oder nicht? «Wann hast du den Bogen gekauft?», will er wissen. «Vor drei, vier Jahren», meint Ryszard. «Dann ist es ok,

der Geigenbauer, der den Bogen gefertigt hat, arbeitete damals bereits mit Knochen.» Problematischer wird es bei Kio Seilers Bogen, den die Violinistin Ende der 90er-Jahre gekauft hat. In dieser Zeit wurde noch viel Elfenbein verwendet. «Nimm lieber einen anderen Bogen mit», lautet daher das Urteil des Geigenbauers. Auf Kio wartet aber auch noch eine freudige Überraschung, als Martin Haupt das Baujahr ihrer Violine entziffert: 1640. «Da kriege ich ja gleich Gänsehaut», meint die Violinistin. «Ich dachte immer, die Geige sei aus dem Jahr 1810.»


Z KO I N S I D E

Besuch auf der Botschaft Neben den Instrumenten werden auch die Orchestermitglieder vor der Einreise auf Herz und Nieren geprüft. Am Freitag, 2. Februar reisen alle gemeinsam nach Bern. Es ist 10 Uhr, als der Reisebus auf dem Bundesplatz in Bern hält. Noch versteckt sich die Sonne hinter dem Bundeshaus und die ZKO-Musikerinnen und -Musiker ziehen ihre Kapuzen hoch, als sie aus dem Bus steigen. Niemand hat sein Instrument dabei, dafür – glücklicherweise – jeder seinen Pass. Damit begeben sich die Musiker nun zur US-Botschaft, keine zehn Gehminuten vom Bundesplatz. Als würden sie jetzt bereits ins Flugzeug steigen, leeren die Musikerinnen und Musiker ihre Taschen, ziehen Gürtel und Uhren aus und verschwinden dann im Innern eines Betongebäudes, auf dem die goldenen Schriftzeichen «Embassy of the United States» prangen. Bald ist keiner mehr zu sehen, nur Valentina De Marchi wartet draussen an der Sonne. Sie arbeitet

im Künstlerischen Betriebsbüro des ZKO und hat alle Visumsanträge vorbereitet. Wochenlang stapelten sich Papiere auf ihrem Schreibtisch, Ordner um Ordner gefüllt mit Passfotos, Niederlassungsbewilligungen, Arbeitsbestätigungen … «Zuerst brauchte das Orchester als Ganzes eine Arbeitsbewilligung für eine gewisse Zeit», erklärt Valentina. Danach kamen die einzelnen Visa an die Reihe. «Sind Sie Mitglied oder Vertreter einer terroristischen Organisation?» oder «Waren Sie jemals direkt in die Zwangstransplantation von menschlichen Organen involviert?» – diese und ähnliche Fragen beantworteten unsere Musiker zum Glück mit «Nein». Interessanterweise wurde nicht jeder nach denselben Angaben gefragt. «Frauen mussten zum Beispiel nur das Anreisedatum nennen, Männer den gesamten Reiseplan offenlegen», so Valentina. Nachdem alle Anträge abgeschickt waren, kam schliesslich die Einladung zum Interview.

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«Ich hoffe, dass da drinnen nun fleissig Stempel verteilt werden», sagt Valentina mit Blick auf die Botschaft. Tatsächlich tauchen bald wieder die ersten Musiker auf. «Es war nicht schlimm», meint Pierre Tissonier. «Sie haben mich nochmals nach Namen, Nationalität und Instrument gefragt. Im Unterschied zu anderen Interviews wollten sie dieses Mal nicht einmal wissen, was eine Bratsche ist», scherzt er. Auch für die anderen verläuft die Befragung schmerzfrei. Im Bus zurück nach Zürich diskutieren Cellist Nicola Mosca und Geigerin Kio Seiler über die Orte, auf die sie sich am meisten freuen: San Francisco, Los Angeles, Miami – dafür reist man gerne auch nach Bern.  sp


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VO M K L I N G E N D E N N U T Z E N IHRER MITGLIEDERBEITRÄGE Wussten Sie, dass die Kontrabassisten des ZKO ihre Instrumente bei Tourneen neuerdings auseinanderbauen und in Koffer verpacken? Die ZKO-Freunde machten es möglich.

In der Beziehung zwischen dem Orchester und den ZKO-Freunden spielten Instrumente immer eine grosse Rolle. So ist die GFZKO im Besitz der Stradivari, die von Konzertmeister Willi Zimmermann gespielt wird. 2007 konnte diese Stradivari durch eine Rettungsaktion der Freunde vor dem Notverkauf gerettet werden. Immer wieder unterstützten die Freunde auf Bitte des Orchesters die Anschaffung oder Reparatur von Instrumenten. 2011 war dies ein neues Cembalo und der Umbau eines älteren Basses zu einem Barockbass. Jetzt, wo das Orchester wieder vermehrt in der ganzen Welt gastiert, erreichte den Vorstand ein neuer Hilferuf: Reisekontrabässe. Kontrabassistin

und Stimmführerin Seon-Deok Baik erklärt, dass die Kontrabässe vor Ort teilweise schlicht nicht spielbar sind. Egal ob in den USA oder in China, immer wieder begegneten der Musikerin Instrumente, deren Hälse eher für Kinder geeignet waren. Manchmal fehlte der Stachel, die Mensur war abgenutzt, die Saiten 200 Jahre alt und der Körper schimmelig. Wenn sie nicht gesundheitsschädigend sind, so ist bei solchen Instrumenten zumindest die musikalische Qualität nicht gewährleistet. Beim Geigenbauer Patrick Charton in Lyon fand sich eine Lösung: Zwei solide, auf Koffergrösse zerlegbare Kontrabässe. Das Probespiel liess hoffen. Michael Bühler ergänzt, dass man für den Transport des


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e­ igenen Kontrabasses schnell 10 000 Franken bezahlt, während die Reisevariante, verpackt in Spezialkoffer, nur noch 1/20 davon kostet. Gesicherte musikalische Qualität, Funktionalität und Kostenersparnis – da konnte der Vorstand nur für das Investment stimmen, welches auch Sie mit ihren Mitgliederbeiträgen ermöglichen. Seon-Deok Baik freut’s … Die Neuen im Vorstand Nicht nur neue Instrumente dürfen wir Ihnen in diesem Opus präsentieren, sondern auch die drei weiteren Persönlichkeiten im GFZKO-Vorstand. Da wäre zuerst Ruth Züblin. Ursprünglich in der Finanzbranche tätig, arbeitete sie anschliessend bei der Crossair und begleitete nach dem Swissair-Grounding den Transformationsprozess zur Swiss International Air Lines. Sie leitete die Marketing- und Kommunikationsabteilung des Opernhauses Zürich und beschäftigte sich bei Japan Tobacco International intensiv mit Kultursponsoring. Seit 2016 ist sie Head Corporate Communications & Marketing bei Aevis Victoria SA und Swiss Medical Network. Marcel R. Gamma hat nach seinem Studium der Betriebswirtschaftslehre in St. Gallen verschiedene Funktionen in international tätigen Firmen beklei-

Dr. Frank Arnold (links), Ruth Züblin und Marcel R. Gamma.

det, inzwischen ist er selbstständiger Finanzberater. Die Musik hat ihn in seinem Leben stets begleitet: Er stammt aus einer musikaffinen Familie, hat selber Musik gemacht und als DJ gewirkt. Der promovierte Wirtschaftswissenschaftler Dr. Frank Arnold ist ein anerkannter Managementberater Deutschlands und der Schweiz. Er berät Vorstände zu den Themen Exzellenz in Strategie und Kultur, leitet Führungsseminare und ist international als Redner gefragt. Seine Bücher erscheinen weltweit. Er ist leidenschaftlicher Triathlet und geniesst das Klavierspielen und Singen mit seinen beiden Kindern.  pm

V E R A N S TA LT U N G E N F Ü R Z KO - F R E U N D E GENERALPROBE Öffentlich für ZKO-Freunde Sa, 28. April 2018, 10.00 Uhr, ZKO-Haus

GENERALPROBE Öffentlich für ZKO-Freunde Mi, 13. Juni 2018, 10.00 Uhr, ZKO-Haus

Maurice Steger Blockflöte und Leitung Laura Schmid Blockflöte Zürcher Kammerorchester

Jan Lisiecki Klavier Willi Zimmermann Konzertmeister Zürcher Kammerorchester

ARBEITSPROBE Öffentlich für ZKO-Freunde Mo, 28. Mai 2018, ca. 15.15 bis ca. 16.45 Uhr, ZKO-Haus

GENERALVERSAMMLUNG ZKO-FREUNDE Mo, 26. November 2018, 18.00 Uhr, ZKO-Haus Mit anschliessendem Kurzkonzert und Apéro

Piotr Anderszewski Klavier und Leitung Will Zimmermann Konzertmeister Zürcher Kammerorchester Mit anschliessendem Apéro, Anmeldeformular folgt per Post

Mitglied werden / Informationen: Sekretariat GFZKO, Gisela Stäheli, Tel. 044 388 36 12, www.gfzko.ch


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KO L U M N E

KO L U M N E VO N DA N I E L H O P E

WO S I N D W I R , W E N N WIR MUSIK HÖREN? Zur Frage, wo man sei, wenn man Musik höre, hat der Philosoph Peter Sloterdijk eine Antwort gegeben, über die ich viel nachgedacht habe: Seiner Meinung nach ist man «in der Musik, von der Musik umgeben», da Klänge – anders als ein Buch oder ein Bild – kein Gegenüber darstellen, sondern den ganzen Raum erfüllen. Aber vielleicht ist das nur eine mögliche Ortsbestimmung des Hörens. Vielleicht sind wir als Zuhörer auch ganz bei uns, in uns selber. Vielleicht ist es nicht nur der äussere Klang, den wir wahrnehmen, sondern auch ein eigener, innerer Soundtrack.

«Auch für mich wurde die Musik plötzlich anderen Sinnen zugänglich.» Jan Lisiecki bezeichnet es in diesem Opus als grossartig, «dass sehr viele Komponenten einer Komposition konkret definiert sind, dass auf der anderen Seite aber unendlich viel Spielraum bleibt, um sich innerhalb der Musik zu bewegen.» Ein sehr passendes Bild. An einem Konzertabend betreten Künstler und Zuhörer gemeinsam einen Raum aus Klang. Darin können wir uns bewegen – und vielleicht

auch Aspekte von uns selber entdecken, die wir anderswo eher vermeiden. Am Ende dieser Saison möchte ich auch eine kleine Bilanz ziehen, was unser Motto «Art is in Residence» betrifft. Alle Künstler, die mit uns gemeinsam überlegt haben, wo ihr Handwerk (die Malerei, der Scherenschnitt, die digitale Animation und viele mehr) in die Welt der Töne eingreift, haben immer auch gefragt, wo wir uns befinden, wenn wir Musik hören. Sie haben dem Ort des Klangs Formen und Farben gegeben, um das Unsichtbare, den Ton, sichtbar werden zu lassen. So wurde die Musik auch für mich plötzlich anderen Sinnen zugänglich. In den letzten Konzerten dieser Saison machen wir die Musik noch einmal sichtbar – mit Fotografie, Music Animation und Video-Mapping. Womöglich beantworten auch diese Projekte die Frage, wo wir uns befinden, wenn wir Musik hören, nicht endgültig. Sicher aber ist, dass der Ort der Musik ein Ort ist, an dem wir gemeinsam Ausserordentliches erleben. So möchte ich mich am Ende dieser Saison auch bei Ihnen, liebes Publikum, herzlich bedanken: Dafür, dass Sie sich mit uns auf Abenteuer eingelassen haben – ich freue mich auf alle kommenden!


VOR SC H AU S A I S O N 2 018 /19

IMPRESSUM HERAUSGEBER Zürcher Kammerorchester Seefeldstrasse 305, 8008 Zürich Tel. 044 388 36 00 REDAKTION Simone Pflüger (Leitung), Daniela Wachter, Franziska Jud, Valentina De Marchi

FREUEN SIE SICH AUF:

SIMONE KERMES MARTIN HELMCHEN RUDOLF BUCHBINDER DANIEL HOPE LARS VOGT CAMERON CARPENTER UND VIELE MEHR …

AUTOREN Axel Brüggemann ab, Michael Bühler, Daniel Hope, Peter Marschel pm, Simone Pflüger sp FOTOGRAFIE Jan Lisiecki (Cover, S. 5, 7, 8, 12): Holger Hage, Michael Bühler (S. 3): Thomas Entzeroth, Orchesterbild (S. 4): Sandro Diener, Vesselina Kasarova (S. 5, 16): Marco Borggreve,Vesselina Kasarova (S. 6, 19): Suzanne Schwiertz, Piotr Anderszewski (S. 5, 6, 21): Simon Fowler / Warner Classics, Daniel Hope (S. 5, 7, 26, 38): Nicolas Zonvi, Heinz Spoerli (S. 15): Peter Schnetz, Pinchas Zukerman (S. 5, 28): Cheryl Mazak, Gladiator (S. 11): David Yarrow, The Circle of Life (S. 11): David Yarrow, Digitalsymphony (S. 25): Jens Winter, Amanda Forsyth (S. 30): Cheryl Mazak, Arlette Meier-Hock (S. 33): Sandro Diener, Instrumentencheck (S. 35): Thomas Entzeroth, Neue Vorstandsmitglieder (S. 37): Thomas Entzeroth ILLUSTRATION Findus zieht um (S. 6, 32): Sven Nordqvist, Verlag Friedrich Oetinger Music Animation (S. 22): Stephen Malinowski GESTALTUNG UND LAYOUT Tschirren und Grimm PRODUKTION Druckerei Landquart AG AUFLAGE UND ERSCHEINUNGSWEISE 15 000 Exemplare, viermal jährlich

Unser neues Saisonprogramm steht ab Mai 2018 zur Verfügung. Der Kartenverkauf startet am 1. Juni 2018 auf www.zko.ch.

ERSCHEINUNGSDATUM April 2018

Die Maestrani Schokoladen AG sponsert die Gastgeschenke an den Konzerten.

www.zko.ch BESUCHEN SIE UNS AUF


Damit klassische Musik unser Leben auf höchstem Niveau bereichert: Wir unterstützen das Zürcher Kammerorchester.

Mehr unter www.zkb.ch/sponsoring

Mit einer Karte der Zürcher Kantonalbank erhalten Sie an den Billettkassen ZKO und Tonhalle 20% Vergünstigung auf Ihre Konzerttickets.


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