ZKO OPUS I Saison 2021/22

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OPUS. PROGRAMMMAGAZIN OKT. – DEZ. 21


Klänge, die bewegen Ob das sanfte Summen eines Elektromotors, der tiefe Ton eines Achtzylinders oder das Crescendo im Konzertsaal – Klänge sind Schlüssel zu unseren Emotionen. www.amag.ch

Mit Leidenschaft. Für Sie.


E D I TO R I A L

EDITORIAL Von links: Lena-Catharina Schneider, Kathrin Martelli und Helene Eller

Liebes Publikum, liebe Freunde des Zürcher Kammerorchesters Mit Freude und von Dankbarkeit erfüllt, begrüssen wir Sie zu unseren Konzerten der neuen Saison! In dieser Opus-Ausgabe präsentieren wir Ihnen unsere musikalischen Projekte der kommenden Monate bis zum Jahreswechsel sowie Hintergrundberichte rund um unser Orchesterleben. Wir freuen uns auf musikalische Stunden mit unserem Music Director Daniel Hope, Matthias Goerne, Marc Sway, Franziska Andrea Heinzen, Rachel Harnisch und Maurice Steger. Programmatisch widmen wir uns dabei immer wieder dem Thema «Bearbeitung und Wandel in der Musik». Haben Sie schon einmal die Winterreise in sinfonischer Besetzung gehört? Einen Wandel werden wir auch mit Ihnen gemeinsam erleben, wenn wir zum ersten Mal wieder in der neu renovierten Tonhalle am See spielen werden. Voller Spannung erwarten wir die ersten Streicherklänge unseres Orchesters in diesem neuen Konzertsaal.

Sonderausstellung «Barockes Feuer», welche erstmals eine Auswahl der Zeichnungen des italienischen Malers Giovanni Benedetto Castiglione in der Schweiz zeigt. Nachdem in der letzten Saison pandemiebedingt leider auch unsere traditionellen Weihnachtskonzerte mit dem Zürcher Konzertchor ausfallen mussten, freuen wir uns nun umso mehr auf diese besinnlichen und seit vielen Jahren beliebten Konzertabende mit dem Zürcher Konzertchor im Fraumünster. Music Director Daniel Hope entführt Sie zudem auf eine winterlich beschwingte Reise nach Skandinavien und in die USA, bevor Rachel Harnisch und Maurice Steger uns zum Jahreswechsel zu einem schillernden Streifzug durch bekannte, aber auch unbekannte musikalische Gefilde einladen. Ganz besonders würden wir uns dabei freuen, Sie, liebes Publikum, wiederzusehen und Ihre Begeisterung für das eine oder andere Konzertprojekt zu entfachen.

Aber auch in unserem ZKO-Haus am Tiefenbrunnen begrüssen wir Sie wieder zu lebhaften Konzerterlebnissen bei unseren Familienkonzerten, unseren Kammermusiken und unserer neuen musikliterarischen Reihe «Feder und Bogen», die sich im November dem Kosmos von James Joyce widmen wird. In der Galerie unseres Hauses werden Sie zudem ab Oktober von den farbenfrohen Malereien des Künstlers und Bratschisten Ribal Molaeb willkommen geheissen.

Herzliche Grüsse Ihre

Im Dezember entzündet unser Orchester ein barockes Feuer im Kunsthaus Zürich, beim Konzert zur gleichnamigen

Kathrin Martelli Präsidentin ZKO Verein

Hauptpartner

Lena-Catharina Schneider Geschäftsführung / Künstlerische Leitung Helene Eller Geschäftsführung / Kaufmännische Leitung

Innovationspartner

Subventionsgeber und Gönner


I N H A LT

10 SAIS ON E RÖF FN UN G Zur Saisoneröffnung erklingt ein ausgewähltes Programm, das musikalischen Hochgenuss verspricht.

26 J A H R ES W EC H S EL Mit Sopranistin Rachel Harnisch und Flötist Maurice Steger feiern wir den Jahreswechsel.

14 W INTE RRE IS E Das Meisterwerk von Franz Schubert ertönt im vollen Orchesterklang.

22 NO R D I S C H E W EI H NAC H T Eine musikalische Verführung mit weihnachtlichem Schmelz, ausgewählt von Music Director Daniel Hope.


I N H A LT

INHALT 6

Die Winterreifen Saisonschwerpunkt «Bearbeitungen»

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Kammermusik@ZKO: Herbstfantasien

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Saisoneröffnung mit Daniel Hope Neues aus Altem schöpfen

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Die Bremer Stadtmusikanten Interview mit Erzählerin Jolanda Steiner

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Winterreise mit Matthias Goerne Offenlegung durch Metamorphose

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Feder und Bogen I: James Joyce James Joyce und der Traum vom Tenor

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ZKO meets Marc Sway Fusion ohne Grenzen

20 Weihnachtskonzerte Besinnlichkeit, Einkehr und Entdeckungen 22

Nordische Weihnacht Süsse Adventsverlockungen

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Barockes Feuer Macht und Musen, Geld und Geist

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Silvester- und Neujahrskonzert «Vier Elemente» Vom Chaos zur Ordnung zum Jahreswechsel

30 Familienkonzerte 32

Orchester im Wandel

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Zurück in die Zukunft

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ZKO Inside

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Kunstausstellung im ZKO-Haus – Ribal Molaeb

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Die Musiker und ihre Instrumente

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ZKO Freunde

44 Agenda 46

Tickets und Impressum


BEARBEITUNGEN

DIE WINTE RREIFE N, FREI NACH SCHUBERT Unser Saisonschwerpunkt «Bearbeitungen» wirft Fragen auf. TEXT CORINNE HOLTZ

Sie lesen richtig, es ist kein Witz. Eine der Bearbeitungen von Franz Schuberts Liederzyklus Die Winterreise ist ein Melodrama mit den Winterreifen im Titel. Die Kuriosität verdanken wir Margaret und Matthias Friederich, die sich mit 30 Instrumenten über Schuberts Original hermachen und mit der Truppe «Pifferari di Santo Spirito» aus Heidelberg ein zwerchfellwirksames Arrangement blasen. Von der historischen Blockflöte über Ocarinas bis zum Gemshorn reicht die Palette, eingebettet in die Harmonien eines Keyboards und abgefedert durch Schlaginstrumente wie Marimbaphon und Drumset. Schubert und insbesondere seine Winterreise sind die beliebtesten Spielplätze für Bearbeiterinnen und Bearbeiter. Der Boom gründet auf den Britischen Inseln. Julius Harrison schrieb im Land der vielen herausragenden Chöre Winter and Spring für gemischte Stimmen und Orchester, eine Bearbeitung, die nach der Aufführung in Doncaster 1945 populär wurde. Mit Hans Zender und seinen «komponierten Interpretationen» brach 1995 das WinterreiseFieber aus. Folk, Jazz, Schauspiel, Film, Performance und Computer bedienen sich seither bei Schuberts Zyklus und öffnen den mit dem Bildungsbürgertum assoziierten Liederabend einem breiteren Publikum.

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Wann ist eine Bearbeitung, eine Überführung in eine andere Tonsprache, in einen anderen Raum, in ein anderes Medium kunstfähig? Die Frage ist so alt wie die Praxis der Aneignung von Originalen selbst. Von Monteverdis L’Incoronazione di Poppea sind lediglich zwei stark voneinander abweichende Handschriften erhalten. Die «Folia», ursprünglich ein entfesselter Tanz der iberischen Bevölkerung, schlich sich über die Lautenmusik in die Kammern der Höfe. Das sich etablierende Satzmodell machte im 18. Jahrhundert eine atemberaubende Karriere und den Komponisten Arcangelo Corelli zum Superstar. Seine Folia-Variationen am Schluss von Opus 5 initiierten bis ins 20. Jahrhundert Nachschöpfungen, zuletzt im Historienfilm Conquest of Paradise von Ridley Scott und dem gleichnamigen Titelsong des Filmmusikkomponisten Vangelis. Am Anfang lebte die Filmmusik allein von Bearbeitungen und der Kooperation von Regisseuren und Komponisten. Der Stummfilm The Birth of a Nation von 1915 ist der erste Blockbuster der US-amerikanischen Filmindustrie. Für die Musik zog das Regieteam Komponisten bei und hiess sie Opernhits aus Werken etwa von Vincenzo Bellini, Carl Maria von Weber und Richard Wagner bearbeiten. Allerdings sollte sich für den Stummfilm ein anderes Verfahren


BEARBEITUNGEN

einbürgern: Der Musiker am Klavier zitiert einschlägige Nummern aus bekannten Werken und verbindet die Stückelung improvisatorisch zu einer massgeschneiderten Musik aus dem Moment. Bernard Herrmann gebührt der erste Platz unter den USamerikanischen Filmmusikkomponisten. Mit Citizen Cane und Orson Welles eröffnete er der Musik im Film eine neue künstlerische Dimension. Herrmann wusste, was Grössen wie Debussy und Strawinsky komponierten, und machte sich mit der europäischen Moderne und der Atonalität vertraut. Herrmann musikalisierte sechs Filme von Alfred Hitchcock, seine radikalsten Töne platzierte er in Psycho (1960). Das Prelude ist ein Echo auf Strawinskys Le Sacre du printemps, in der finalen Szene (im Keller) kommt die Fuge zum Einsatz. Der Mörder kündigt sich mit dissonanten Clustern an, während Marion zu tonalen Klängen flirtet. Die Kongenialität dieser Musik besteht in der Vermählung von kompositorischer Raffinesse und feinem Spürsinn für eine die Szene überhöhende Farbskala. «Die Leinwand diktiert die musikalische Form», sagte Herrmann und fand es ganz selbstverständlich, sich bei der sogenannten Kunstmusik und ihren Schätzen zu bedienen. Die Legitimität des Bearbeitens in Frage zu stellen, wie das die AvantgardeKomponisten nach 1945 taten, wäre Herrmann nie in den Sinn gekommen. Vielmehr steht er, wie andere Komponisten unseres Saisonprogramms, für eine kulturelle Praxis, die über die engen Kategorien von Autorschaft und Werkbegriff hinausweist.

WINTERREISE DI, 16. NOV. 2021, 19.30 UHR TONHALLE AM SEE BAROCKES FEUER DO, 16. DEZ. 2021, 19.30 UHR KUNSTHAUS ZÜRICH PSYCHO MI, 9. MÄR Z 2022, 19.30 UHR KONGRESSHAUS ZÜRICH

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K A M M E R M U S I K @ Z KO

HERBSTFANTASIEN In der traditionsreichen Reihe «Kammermusik@ZKO» erhalten die Musiker*innen des Kammerorchesters eine Carte blanche. Die sympathische, aus Frankreich stammende Inès Morin hat ein farbenreiches und nicht alltägliches Programm zusammengestellt, in dem ein Instrument ganz besonders hervortritt. TEXT LION GALLUSSER

«Kammermusik liegt mir sehr am Herzen! Im Gegensatz zum Orchesterkonzert bietet sie uns Musiker*innen die wunderbare Möglichkeit, uns auf intimere Weise untereinander sowie mit dem Publikum auszutauschen.»

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K A M M E R M U S I K @ Z KO

Man merkt es ihr an: Wenn die Violinistin Inès Morin über das Kammermusik-Konzert «Herbstfantasien» spricht, dann sprudelt die Vorfreude darauf förmlich aus ihr heraus. «Kammermusik liegt mir sehr am Herzen! Im Gegensatz zum Orchesterkonzert bietet sie uns Musiker*innen die wunderbare Möglichkeit, uns auf intimere Weise untereinander sowie mit dem Publikum auszutauschen.» Und auch wenn Morin über die Formation im Oktober spricht, kommt sie ins Schwärmen: «Es ist grossartig, dieses so abwechslungsreiche und fantasievolle Programm mit meinen beiden Kolleginnen Anna Tyka Nyffenegger und Janka Szomor-Mekis sowie mit dem fantastischen Musiker Marc Lachat, den ich schon seit Langem kenne, zu spielen.» Dem gut sechs Jahre älteren Oboisten Lachat kommt in der Tat eine spezielle Rolle zu, da mit Mozarts Oboenquartett und Brittens Fantasy Quartet gleich zwei Kompositionen mit herausstechendem Oboen-Part erklingen. Geschrieben hat Mozart sein Oboenquartett KV 370 im Alter von ca. 24 oder 25 Jahren, als er sich gerade in München zwecks Komposition der Oper Idomeneo aufhielt, die 1781 im prestigeträchtigen Residenztheater uraufgeführt wurde. Für eines seiner ambitioniertesten musikdramatischen Werke konnte sich Mozart auf die Qualitäten des damals wohl besten Orchesters der Welt verlassen, auf die Mannheimer Hofkapelle – ja, Mannheimer! Diese spielten damals nämlich tatsächlich in München, da sie ihrem pfälzischen Kurfürsten Karl Theodor (1724–1799) an die Isar gefolgt waren, als dieser kurz zuvor Landesherr von Bayern geworden war. Spätestens bei der Arbeit mit diesem Klangkörper wiederum befreundete sich Mozart mit dessen erstem Oboisten, mit dem damals berühmten Friedrich Ramm (1744–1813). Mozart muss so sehr von dem Musiker überzeugt gewesen sein, dass er kurzerhand die Besetzung des Streichquartetts abwandelte, indem er die oberste Geigenstimme durch Ramms Instrument ersetzte – und ein einzigartiges Oboenquartett schrieb.

«Um einen schönen Kontrast zu Mozarts wunderschönem und feinem Stück zu erhalten», fährt Morin fort, «haben wir uns für das gleich besetzte Phantasy Quartet von Britten entschieden.» Zweifelsohne bezog sich Britten auch auf Mozarts Werk, als er seines mit 18 Jahren für den sogenannten Cobbett-Wettbewerb schrieb. An diesem wurde die moderne englische Musik gefördert, und zwar mit den finanziellen Mitteln des reichen und musikbegeisterten Namensgebers. Mit seiner «Phantasy» gewann Britten, gerade von der Royal Academy of Music gekommen, den Wettbewerb, da er die gleichnamige altehrwürdige britische Gattung meisterhaft mit den Stilmitteln des 20. Jahrhunderts verschränkte. Aber natürlich ist auch die Musik an sich, so Morin, eine «wunderbare Fantasie, die einen in verschiedenste Stimmungen und Bilder transportiert». Ergänzt werden die beiden Oboenquartette durch eine «stimmungsvolle Fantasie», die Inès Morin besonders viel bedeutet: das «farbige» Streichtrio op. 10 von Erno Dohnányi (1877–1960), der mit Béla Bartók (1881–1945) und Zoltán Kodály (1882–1967) zu den wichtigsten ungarischen Komponisten der Moderne gehört. «Diese Musik voller Leidenschaft, Energie und Lebensfreude ist mir auch deshalb besonders nah, da meine Partner-Bratschistin Janka Szomor-Mekis aus Ungarn kommt und auch ich mit meiner aus Siebenbürgen stammenden Mutter ungarische Wurzeln habe.»

KAMMERMUSIK@ZKO – HERBSTFANTASIEN SO, 3. OKT. 2021, 11.00 UHR ZKO-HAUS Marc Lachat Oboe Inès Morin Violine Janka Szomor-Mekis Viola Anna Tyka Nyffenegger Violoncello

Wolfgang Amadeus Mozart Oboenquartett F-Dur KV 370 Benjamin Britten Phantasy Quartet für Oboe und Streichtrio op. 2 Ernő Dohnányi Serenade für Streichtrio C-Dur op. 10

CHF 40

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ERINNERUNGEN

NEUES AUS ALTEM SCHÖPFEN Unter dem Motto «Metamorphose» startet das ZKO in die neue Saison. Im Zentrum des Eröffnungskonzerts in der Tonhalle am See steht Tschaikowskys «Souvenir de Florence» in einer seltenen gespielten Fassung für Streichorchester. TEXT CORINNE HOLTZ

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SAISONERÖFFNUNG IN DER TONHALLE AM SEE


ERINNERUNGEN

Bearbeiten war eine Königsdisziplin. Wer sich an Meisterwerke heranwagte, musste etwas zu sagen haben. Johann Sebastian Bachs Notenbibliothek verrät uns, wie weltläufig sein musikalischer Horizont war, obwohl ihn seine weiteste Reise nur bis nach Lüneburg führte. In Weimar bearbeitet er 16 Konzerte etwa von Vivaldi, Marcello und Torelli; Kantatensätze von Telemann, Conti und Rosenmüller; Mess-Sätze von Bassani, Durante, Palestrina und Fugenthemen von Corelli und Legrenzi. Was hat bearbeiten mit erinnern zu tun? Die beiden Wörter teilen sich die aus dem Althochdeutschen stammende Bedeutung «sich einer Sache inne werden». Bach nimmt sich Vivaldis eben veröffentlichtes op. 3 vor, die Sammlung L’Estro Armonico, und studiert die Machart der epochalen Concerti. Sie begründen 1711 die Gattung Orchestermusik und positionieren diese ebenbürtig neben der Vokalmusik. Vivaldi wird zum Inbegriff der italienischen Konzertform, der für ihn charakteristische Wechsel von Tutti und Solo wirkt formbildend.

konzert weiter und arrangiert das Werk später für zwei Cembali und die Tonart c-Moll (BWV 1062). Tschaikowksys Erinnerungen an Florenz sind mit Weltflucht und Schaffensrausch verbunden. Zum einen versucht er 1890 der nicht enden wollenden Ehekrise zu entkommen, zum andern gelingt ihm auf dieser Italienreise die Oper Pique Dame. Das Streichsextett ist ein Nebenprodukt der Kraftanstrengung und hätte schon längst fertig werden sollen. Wichtige Skizzen sind in Florenz entstanden, vielleicht auch in Rom, wo er 44 Tage verbringt. Souvenir de Florence klingt verkaufsträchtiger. Nach der ersten Aufführung revidiert Tschaikowsky sein einziges Streichsextett. Kurz nach dem Erstdruck (1892) initiiert er eine breitenwirksame Fassung für vierhändiges Klavier und autorisiert eine Fassung für Streichorchester.

Drei der Vorlagen transferiert Bach in Konzerte für Cembalo solo: BWV 972 D-Dur (nach Vivaldi op. 3/9), BWV 976 C-Dur (nach op. 3/12) und BWV 978 F-Dur (nach op. 3/3). Vivaldis h-Moll-Concerto Nr. 10, welches im Abendprogramm erklingen wird, hat Bach nicht berücksichtigt. Dennoch begegnen wir Vivaldi auch in seinem Doppelkonzert BWV 1043. Es könnte 20 Jahre später in Leipzig entstanden sein. Dort gibt Bach mit dem Collegium Musicum öffentliche Konzerte und versucht sich als moderner Komponist zu positionieren. Er orientiert sich an der Ritornellkonzertform Vivaldis mit ihren kleinteiligen wiederkehrenden Motiven und kontrastiert diese im ersten Satz mit Fugenelementen. Bach spinnt das Doppel-

ERINNERUNGEN SAISONERÖFFNUNG MIT DANIEL HOPE DI, 12. OKT. 2021, 19.30 UHR TONHALLE AM SEE Daniel Hope Music Director Zürcher Kammerorchester Willi Zimmermann Violine Daria Zappa Matesic Violine Tanja Sonc Violine Inès Morin Violine Philipp Wollheim Violine

Georg Philipp Telemann Concerto für zwei Violinen G-Dur TWV 52:G1 Antonio Vivaldi Concerto h-Moll op. 3 Nr. 10 RV 580 für vier Violinen, Streicher und B.c Johann Sebastian Bach Konzert d-Moll für zwei Violinen, Streicher und B.c. BWV 1043 Pjotr Iljitsch Tschaikowsky Streichsextett d-Moll op. 70 «Souvenir de Florence», Fassung für Streichorchester

Grosses Abo CHF 110 / 100 / 85 / 60 / 35

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D I E B R E M E R S TA DT M U S I K A N T E N

ICH ERZÄHLE INWENDIG, NICHT AUSWENDIG Seit vielen Jahren zieht Jolanda Steiner junges und jung gebliebenes Publikum mit ihren Märchenkonzerten in ihren Bann. Im Gespräch denkt sie über Gemeinsamkeiten zwischen sich und dem ZKO, aber auch zwischen Märchen und Musik überhaupt nach. TEXT FELIX MICHEL

Bedrohungen und Prüfungen gehören zu einem guten Märchen ebenso dazu wie das glückliche Ende. Vielleicht schöpft Jolanda Steiner aus diesem Wissen die Zuversicht, die sie auch nach anderthalb Corona-Jahren ausstrahlt. Denn Steiner ist ja Märchenerzählerin. Etwas ist ihr klar geworden bei all den Streamings, die auch sie seither gemacht hat: Da rücke man als Erzählerin automatisch in den Mittelpunkt. Ihr Ideal hingegen wäre, die Aufmerksamkeit gleichsam durch sich hindurch zur Geschichte, zur Musik und zu den Bildern zu lenken. Darin, so habe sie gemerkt, gleiche sie den klassischen Musikerinnen und Musikern, denen es nie bloss um die eigene Begabung, sondern immer ums Werk, ums Resultat geht. Und wie jene möge auch sie das Feilen an Details, z.B. an den Abläufen, welche sie in regelrechten Drehbüchern festhält. Wobei sie sich gleichzeitig viele Freiheiten nehme, wie sie erheitert anfügt. Überhaupt erzähle sie heute viel freier und humorvoller als damals, als sie vor über drei Jahr-

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zehnten von der Kindergärtnerin zur professionellen Märchenerzählerin wurde. «Ich erzähle inwendig, aber nicht auswendig» – im Wissen darum, dass schon die Brüder Grimm ihre gesammelten Stoffe umgeformt und bloss notgedrungen fixiert haben. Klamauk und Ironie dagegen vermeidet Steiner. Zumindest Kindern gegenüber, denen die Begegnung mit Bekanntem wichtig ist. Gerade das Archetypische und Rituelle gefalle ihnen an den Märchen und mache es erst möglich, sie zum Mitgehen und Mitmachen zu bewegen. Ganz natürlich werden die Kinder dabei mit klassischer Musik vertraut: Aus der musikalischen Darstellung einzelner Figuren wird stets eine kleine Instrumentenkunde. Und zu merken, dass ein bekanntes Lied auch instrumental erklingen kann oder wie viele Instrumente gemeinsam harmonieren können, weckt ganz unmittelbares Interesse. Das gelinge mit dem ZKO immer besonders gut, schwärmt Steiner und lobt die Flexibilität ihrer Mitstreiter, an erster Stelle den Bratschisten Pierre Tissonnier, der nie verzagt, wenn er in kürzester Zeit noch ein Lied arrangieren soll.


D I E B R E M E R S TA DT M U S I K A N T E N

Tissonnier besorgt seit vielen Jahren die Musikauswahl für Steiners ZKO-Programme. Die beiden suchen stets Ausschnitte, wo Motive immer wieder anders auftreten: mal traurig, mal schnell und lustig, mit verändertem Rhythmus usw. Dass sie in klassischer Musik so oft fündig werden, erkläre vermutlich, wieso Steiner seit jeher eine geheime Verbindung von Märchen und Musik empfunden hat – beide arbeiteten mit «Modulen», die wiederholt, variiert und neu zusammengesetzt werden können. Vielleicht lauschen darum auch wir Grossen den wortlosen «Märchen» so gebannt, die uns das ZKO in all seinen Konzerten «erzählt»?

DIE BREMER STADTMUSIKANTEN SO, 24. OKT. 2021, 11.00 UHR SCHAUSPIELHAUS ZÜRICH, PFAUEN Jolanda Steiner Erzählung Zürcher Kammerorchester Donat Nussbaumer Violine und Leitung Kinder CHF 15 Erwachsene CHF 39 / 29 ZKO im Pfauen: Die Konzertreihe des ZKO in Kooperation mit dem Schauspielhaus Zürich

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WINTERREISE

OFFENLEGUNG DURCH METAMORPHOSE Gemeinsam mit Matthias Goerne, einem der bedeutendsten Schubertund Lied-Interpreten unserer Zeit, führt das ZKO Schuberts Liedzyklus Die Winterreise auf – und zwar in einer Bearbeitung von Massimiliano Matesic, in der durch die Metamorphose des Klaviersatzes vieles subkutan Schlummernde an die Oberfläche dringt. TEXT LION GALLUSSER

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WINTERREISE

In der Gesellschaft des Biedermeier im historisch fragilen Kontext zwischen Wiener Kongress (1815) und Revolutionen (1848) galten bürgerliche Sittlichkeit und Geregeltheit sowie ein gewisser Konservatismus als Ideale. Der unmittelbar persönliche Ausdruck grosser Emotionen und Leidenschaften, der in der Romantik en vogue gewesen war, hingegen erschien suspekt und wurde durch den Rückzug ins Private oder die scheinbare Idylle ersetzt. Unter der Oberfläche des Biedermeier aber brodelte es mitunter, insbesondere bei den politisch und persönlich Unzufriedenen. Wenn sich diese nun unverhohlen deutlich bemerkbar machten, führte dies zu heftigen Reaktionen – und nicht selten zu Ablehnung. Genau dies erfuhr Franz Schubert mit seiner 1827 entstandenen Winterreise. Bereits sein engster Freundeskreis, dem er den Liedzyklus im Hause seines Freundes Schober präsentierte, konnte nur wenig mit der «düsteren Stimmung dieser Lieder» anfangen. Schubert hingegen war begeistert von den «schauerlichen Liedern», in denen es um einen Wanderer geht, der in der Winterlandschaft und in gesellschaftlicher Isolation seiner Liebe nachtrauert – hin- und herpendelnd zwischen bitterer Realität und schmerzlich vermisster Vergangenheit. Nicht zuletzt, weil sich Schubert – der damals schon einige Zeit an Syphilis litt und nur gut ein Jahr später 1828 sterben sollte – persönlich sehr stark mit den düsteren Liedtexten beziehungsweise den zugrunde liegenden Gedichten von Wilhelm Müller identifizierte, setzte er diese Düsterkeit auch in einer äusserst eindringlichen und berückenden Musik um. Mit diesem im Biedermeier ungewöhnlichen Ansatz scheint er sein erstes Publikum überfordert zu haben. Für den ungeheuren Ausdruck in der Winterreise wertete Schubert auch die Rolle der Klavierbegleitung, die massgeblichen Anteil an der unmittelbaren Bildhaftigkeit des

Zyklus hat, ganz entschieden auf. An ein Orchester mit noch mehr Möglichkeiten als Begleitung zu denken, lag aber noch völlig fern, etablierte sich das Lied (mit Klavierbegleitung) damals doch erst im Eigentlichen als eigene Gattung. Erste Orchesterlieder hingegen sollten erst in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts entstehen.

«Ich wollte meine Bearbeitung sowohl im Geiste Schuberts als auch in jenem Mahlers schreiben.» Genau an diesem Punkt wiederum setzte der in der Schweiz lebende Komponist und Dirigent Massimiliano Matesic, der dem ZKO eng verbunden ist, an. In seiner Bearbeitung von Schuberts Werk, die er keinesfalls als «Arrangement», sondern «als Instrumentierung und im weitesten Sinne als Metamorphosen» auffasst, orientierte er sich an der Hochblüte des Orchesterliedes, die mit Gustav Mahler um 1900 erreicht war. «Ich wollte meine Bearbeitung sowohl im Geiste Schuberts als auch in jenem Mahlers schreiben. Die Instrumentierung nach Mahler, dessen Werk – man denke an die Kindertotenlieder – auch mit jenem von Schubert einiges teilt, ist das Fundament meiner Bearbeitung.» Tatsächlich erfährt Schuberts Komposition in der durch Mahler inspirierten Orchesterfassung von Matesic eine Tiefe im Ausdruck, die wohl just «im Geiste Schuberts» gewesen wäre, die dieser aber neben der Stimme «nur» mit einem avancierten Klaviersatz ausdeuten konnte. Anders gesagt: Durch die Metamorphose in den Orchesterklang wird viel vom musikalischen Reichtums Schuberts, der bei ihm gezwungenermassen in einer sehr effektvollen Sparsamkeit angelegt wurde, an die Oberfläche transferiert. Dies war auch für Matesic eine prägende Erfahrung: «Beim Auffächern von Schuberts Musik auf die Vertikale der zahlreichen Orchesterstimmen kamen verschiedene Nebenstimmen zum Vorschein – eine wirkliche Entdeckung für mich!»

WINTERREISE DI, 16. NOV. 2021, 19.30 UHR TONHALLE AM SEE Matthias Goerne Bariton Massimiliano Matesic Leitung Zürcher Kammerorchester

Franz Schubert Winterreise op. 89 D 911, sinfonische Bearbeitung von Massimiliano Matesic

Grosses Abo, Kleines Abo CHF 110 / 100 / 85 / 60 / 35

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F E D E R U N D B O G E N I : J A M E S J OYC E

JAMES JOYCE UND DER TRAUM VOM TENOR In der Reihe «Feder und Bogen» begegnen sich literarische und musikalische Welten im ZKO-Haus. Der deutsch-britische Schauspieler Thomas Douglas zeichnet sowohl für Konzept und Regie als auch für den sprachlichen Ausdruck. TEXT CORINNE HOLTZ

Schon im Jesuitenkolleg ist James’ Stimme aufgefallen: eine von der irischen Folktradition geprägte Tenorstimme, die sich mit dem Belcanto grosser Tenöre misst. 1903 mietet der fertig studierte Philologe in der Shelbourne Road ausserhalb des Zentrums von Dublin einen Raum mitsamt einem Flügel. Das Geld dafür dürfte von seinem Onkel stammen, der in einer Anwaltskanzlei angestellt ist und den ambitionierten Neffen unterstützt. James Joyce hat sich in den Kopf gesetzt, am Tenorwettbewerb des irischen Musikfestivals «Feis Ceoil» teilzunehmen und sich über Monate dafür vorzubereiten. «Eines Morgens hörte ich ihn singen. Seine Stimme war klar und deutlich, und obwohl hoch gestimmt, war sie überhaupt nicht schrill. Seine Statur war vielleicht zu schwach für einen erfolgreichen Tenor.» Der Zeitzeuge sollte recht behalten: Joyce blieb ein Amateur. Aus Enttäuschung soll er die Bronzemedaille des «Feis Ceoil» weggeworfen haben, den Traum von einer Tournee mit alten englischen Liedern musste er begraben, und den Gesangsunterricht bei Giuseppe Sinico in Triest gab er bald wieder auf. Joyce verdiente ab 1905 sein Brot als Englischlehrer in der österreichisch-ungarischen Hafenstadt und begann an seinem ersten Roman A Portrait of the Artist as a Young Man zu arbeiten. Der Musik blieb Joyce eng verbunden und übertrug deren Verfahren im Umgang mit Klang, Geräusch und Struktur in seine Literatur. Das Sirenenkapitel etwa aus Ulysses ist zum Grossteil als kanonische Fuge angelegt, die Verschachtelung von Wortfolgen gleicht polyfonem Komponieren.

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F E D E R U N D B O G E N I : J A M E S J OYC E

«Wir möchten unser Publikum musikalisch und literarisch verführen und zu einer sinnlichen Entdeckungsreise einladen.»

Lena-Catharina Schneider, künstlerische Leiterin des Zürcher Kammerorchesters, hat sich für die Reihe «Feder und Bogen» mit dem Schauspieler Thomas Douglas zusammengetan: «Wir möchten den Kosmos Joyce als szenische Collage aus Musik, Literatur und Zeitdokumenten zugänglich machen.» Kurzgeschichten aus Dubliner, Briefe und Zeitzeugenberichte greifen ineinander, es gibt fliessende Übergänge zur Musik aus Klassik und Folk. Beethovens selten aufgeführte Irische Lieder treffen auf einen der Songs, komponiert von James Joyce. Irish Folk verweist auf die irischen Wurzeln des Exilanten Joyce, der auch im Licht seiner Jahre in Zürich beleuchtet werden soll. Für den irischen Ton sorgen die beiden Folkmusiker Matthias Lincke und Dide Marfurt, während das Klaviertrio mit Philipp Wollheim, Nicola Mosca und Suguru Ito den roten Teppich für den Tenor Yves Ehrsam webt. Zusammen mit Ausschnitten aus Finnegans Wake,  Joyce’ Epos aus Wortklängen und Klangwörtern, geht in unserer Collage vielleicht der Traum vom Tenor in Erfüllung: Liest ein Sängerschauspieler Joyce, ist die Trennung von Wort und Ton – ähnlich der antiken Praxis – überwunden.

FEDER UND BOGEN I: JAMES JOYCE DO, 18. NOV. 2021, 19.30 UHR ZKO-HAUS Thomas Douglas Konzept und Erzählung Yves Ehrsam Tenor Philipp Wollheim Violine Nicola Mosca Violoncello Suguro Ito Klavier Matthias Lincke Fiddle Dide Marfurt Halszither, Banjo, Gitarre und Bodhrán Musikalisches Programm um James Joyce CHF 40

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Z KO M E E T S M A RC S WAY

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Z KO M E E T S M A RC S WAY

FUSION OHNE GRENZEN Marc Sway und das ZKO spannen für ein weiteres Projekt zusammen. Dieses Mal dreht sich alles um die verschiedensten Facetten der Musik, indem Pop, Soul und Klassik, europäische und südamerikanische oder moderne und traditionelle Musik miteinander in einem Schmelztiegel ihr ganzes Potenzial entfalten. TEXT LION GALLUSSER

Es ist unterdessen gewissermassen schon ein «Nachhausekommen», wenn Marc Sway mit dem ZKO auftritt. In den letzten Jahren entstand in zahlreichen gemeinsamen Konzerten und Vorhaben eine gegenseitige Vertrautheit, zuletzt in der Aufnahme seines Hits Wo mis Herz schlaht in einer Version für und mit dem ZKO. Besonders auffällig bei allen Projekten sind die grosse Freude und die gegenseitige künstlerische Inspiration im direkten Austausch. Einer von vielen Erfolgsfaktoren dafür ist, dass sowohl das ZKO als auch Marc Sway sehr viel an einer möglichst breiten Musikauffassung liegt, die sich nicht durch Grenzen von einem zum anderen Genre wie Klassik oder Pop beschränken lässt.

«Ich finde es spannend, gemeinsam neue Musik zu erschaffen: vom Gefühl her wie eine gastronomische Fusion, die mit verschiedenen Geschmacksrichtungen etwas Unerwartetes schafft und neue Türen öffnet.» In «ZKO meets Mark Sway» loten sie genau dieses Potenzial gemeinsam aus. Auf dem Programm (mit dem das Publikum überrascht wird) steht deshalb eine «Fusion», eine Verbindung von verschiedenen musikalischen Welten, die für das ZKO und Marc Sway persönlich eben gar nicht so verschieden sind und sich in der Kombination zu etwas Neuem ergänzen. Darin liegt für Marc Sway denn auch der Reiz für die Zusammenarbeit mit dem ZKO begründet: «Ich finde es spannend, gemeinsam neue Musik zu erschaffen: vom Gefühl her wie eine gastronomische Fusion, die

mit verschiedenen Geschmacksrichtungen etwas Unerwartetes schafft und neue Türen öffnet.» Diese Fusion hat für Marc Sway, wie bereits angedeutet, auch eine autobiografische Funktion, die er auf die Musik zurückprojiziert: «Ich komme aus zwei Kulturen, welche unterschiedlicher nicht sein könnten: Schweiz und Brasilien. Auch ich als Mensch bin das Ergebnis einer Fusion. Genau so sehe ich die Musik. Jede Art von Musik ist Musik, ausgestattet mit einer unbändigen Kraft. Sie auf Genres zu reduzieren, macht sie kleiner. Musik soll berühren und dafür muss man ihr alle Freiheiten und Möglichkeiten lassen, die sie braucht.» Die gemeinsam mit dem ZKO aufgeführte Musik zeigt auf diese Weise einmal mehr ihre Wandelbarkeit, ihre Metamorphosen, die es ihr erlauben, in allen Kontexten alle Menschen zu erreichen – oder gemäss Marc Sway: «Musik ist wie ein Fluss. Solange er fliesst, macht er seine Arbeit.»

ZKO MEETS MARC SWAY SA , 20. NOV. 2021, 19.30 UHR, ZKO-HAUS Marc Sway und Band Zürcher Kammerorchester Überraschungsprogramm CHF 75 Mit freundlicher Unterstützung der Zürcher Kantonalbank.

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W E I H N A C H T S KO N Z E RT E

BESINNLICHKEIT, EINKEHR UND ENTDECKUNGEN Seit über 50 Jahren gehören die Weihnachtskonzerte fest zum Programm des ZKO. Auch für die diesjährigen Aufführungen hat André Fischer, der musikalische Leiter und Dirigent des Zürcher Konzertchors, ein passend zur Weihnachtszeit vielfältiges – mal besinnliches, mal festliches – Programm zusammengestellt. Die Walliser Sopranistin Franziska Andrea Heinzen vergoldet die Konzerte, indem sie u.a. ein besonders entdeckungswürdiges Werk präsentiert. TEXT LION GALLUSSER

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W E I H N A C H T S KO N Z E RT E

Die Enttäuschung war gross, als klar wurde, dass die Weihnachtskonzerte 2020 wegen der Corona-Pandemie nicht stattfinden würden: nicht nur, weil dadurch die lange Tradition der Weihnachtskonzerte ausgerechnet nach dem 50-Jahre-Jubiläum 2019 einen Bruch erhielt, sondern auch, weil das zweite vorgesehene Konzert am 18. Dezember 2020 auf den 100. Geburtstag von Edmond de Stoutz, dem Gründer des ZKO und des Zürcher Konzertchors, gefallen wäre. Die Erinnerung an de Stoutz, dem viel an den Weihnachtskonzerten lag, hallt aber auch dieses Jahr nach. Nicht zuletzt durch André Fischer, der den «Maestro schon als 14-jähriger Gymnasiast in einer Generalprobe des ZKO in der Tonhalle erlebt» und dabei «zum ersten Mal einem Dirigenten bei seiner ganz normalen Arbeit zugesehen» hatte.

«Unsere Weihnachtskonzerte sind für mich schlicht und ergreifend ‹awesome›.»

Das Überwältigende, das gut und gern zu Gänsehaut in der von menschlicher Wärme und Licht erfüllten Adventszeit führt, geht aus allen Werken des bunt gemischten Programms hervor, das vom Barock (Bach oder die weniger bekannten Zelenka und Zavateri) über die Romantik (Mendelssohn und Dvorák) bis hin zu einer modernen Interpretation der Weihnachtszeit bei Reger reicht (Macht hoch die Tür). Einen besonderen Glanz erhalten die Weihnachtskonzerte durch die Auftritte der Walliser Sopranistin Franziska Andrea Heinzen: Sie singt die Solopartien in Bachs Kantate Der Herr denket an uns sowie in Pergolesis Messa di Sant’Emidio. Diese verhältnismässig nicht häufig gespielte Messe ist eine wahre Entdeckung. Pergolesi schrieb sie – wie der Titel verrät – zu Ehren von St. Emidius, dem Schutzpatron der Stadt Neapel, nachdem diese 1731 und 1732 gleich zweimal von Erdbeben erschüttert worden war. Am 29. Dezember 1732 liess der Erzbischof verlauten, dass die Messe jedes Jahr aufgeführt werden soll, um weitere Erschütterungen abzuwenden. Abgerundet werden die Weihnachtskonzerte mit dem traditionellen Weihnachtslied O du fröhliche, das in einer Bearbeitung von André Fischer erklingt.

Für André Fischer sind die Weihnachtskonzerte auch in vielen weiteren Hinsichten sehr wichtig. «Das Geben und Empfangen von Wohlklang in den gemeinsamen Aufführungen im Fraumünster ist für mich seit vielen Jahren die ideale Einstimmung auf das Fest der Menschwerdung: Unsere Weihnachtskonzerte sind für mich schlicht und ergreifend ‹awesome›. Das englische ‹awe› meint, ebenso wie das deutsche ‹Ehrfurcht›, etwas Grossartiges, Überwältigendes.»

WEIHNACHTSKONZERTE FR, 3. DEZ. 2021, 19.30 UHR, FRAUMÜNSTER SA , 4. DEZ. 2021, 19.30 UHR, FRAUMÜNSTER André Fischer Leitung Franziska Andrea Heinzen Sopran Zürcher Konzertchor Zürcher Kammerorchester Willi Zimmermann Konzertmeister CHF 95 / 85 / 65 / 40 / 25

Lorenzo Gaetano Zavateri Concerto B-Dur op. 1 Nr. 7 «Teatrale» Jan Dismas Zelenka Miserere ZWV 57 Giovanni Battista Sammartini Concerto grosso g-Moll op. 5 Nr. 6 Max Reger Macht hoch die Tür op. 135a Giuseppe Sarti Nïñe sílï ñebésnïya – Nun Kräfte des Himmels Felix Mendelssohn Hört der Engel grosse Freude G-Dur, bearbeitet von W. H. Cummings Antonín Dvořák Notturno H-Dur op. 40 Antonín Dvořák Virgo Virginum praeciara, aus: Stabat Mater op. 58 Giovanni Battista Pergolesi Verschiedene Auszüge, aus: Messa di Sant’Emidio Johann Sebastian Bach Kantate «Der Herr denket an uns», BWV 196 Georg Friedrich Händel Tochter Zion, freue dich Traditionell O du fröhliche, bearbeitet von André Fischer

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N O R D I S C H E W E I H N AC H T

SÜSSE ADVENTSVERLOCKUNGEN Dank Daniel Hope und dem ZKO bringt die Adventszeit klingende Leckerbissen: spätromantische Musik von Nielsen und Sibelius – und ganz viele süsse Versuchungen aus Nordamerika, die man sich einmal im Jahr ja gönnen darf. TEXT FELIX MICHEL

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N O R D I S C H E W E I H N AC H T

Mit dem musikalischen Geschmack ist es ein bisschen wie mit der Ernährung: Das ganze Jahr über halten wir uns ans Gesunde, Ausgewogene. Was dort das frühmorgendlich selbstgeraffelte Birchermüesli ist, ist hier die nahrhafte Bach-Fuge, die wir uns natürlich am besten in einer Cembalo-Aufnahme ohne jeden Steinway-Süssstoff anhören. Mittags bitte kein Convenience-Food, und ergo auch kein CD-Genuss, sondern brav selber die auf dem Klavier liegende Beethoven-Sonate üben. Abends selbstverständlich Brahms und Hülsenfrüchte. So ungefähr sähe das Ideal in beiden Lebensbereichen aus. Wer es – wie der Schreibende – da wie dort dann doch stets verfehlt, darf sich immerhin in Zerknirschung suhlen. Aber dann gibt es ja zum Glück eine Jahreszeit, wo die Askese Pause machen darf. Weihnachten! Sogar Veganer naschen da Schmorbraten, um den kochenden Onkel nicht vor den Kopf zu stossen. Und die 200 Gramm Kristallzucker stehen halt so in Grossmutters Guetzli-Rezept – an Traditionen wird nicht gerüttelt. Selbst wenn der Dezemberföhn weisse Weihnachten vereitelt, so breitet sich doch dick wie Schnee der Zuckerguss über allerlei Gebäck aus. Auch die alljährliche weihnächtliche Nascherei hat ein musikalisches Pendant: amerikanische Christmas-Songs! Zugegeben, das ganze Jahr durch «Have Yourself a Merry Little Christmas» zu hören, das wäre zu viel des Süssen. Aber sobald es früh dunkel wird und Nieselregen die Stimmung trübt, passt Irving Berlins «White Christmas» eben perfekt. Und wenn solche musikalischen Guetzli serviert werden, dann bitte mit raffinierter Glasur! Also genau so, wie der britische Arrangeur Paul Bateman die Weihnachtsklassiker für Daniel Hope und das Zürcher Kammerorchester frisch zubereitet hat: etwas Hollywood mit Salonmusik und einer Prise Jazz vermengt, das Ganze überzogen mit schillerndem Streicherschmelz. Wer genau hinhört, entdeckt als Streusel obendrauf das eine oder andere Zitat aus weiteren saisonalen Hits.

Nun ist die Musik der Einwanderernation Amerika ja oft «World Cuisine». Bei Weihnachts-Songs ist es nicht anders: Mel Tormé, der die Musik zum verträumten Hit The Christmas Song geschrieben hat, war das Kind polnischer Immigranten. Irving Berlin, der das unverwüstliche White Christmas 1942 für ein Filmmusical schrieb, war sogar noch im russischen Zarenreich als «Israel Beilin» zur Welt gekommen. Daniel Hope hat die Stücke nicht nur wegen seiner Sensibilität für solche Schicksale ausgewählt, sondern schlicht auch darum, weil er über einen riesigen künstlerischen Horizont verfügt. So umfasst die musikalische Guetzli-Büchse von Daniel Hope seltener gebackene Sorten wie das wunderschöne, langsam schwingende A Child is Born, eigentlich ein Flügelhornsolo, das der Jazztrompeter Thad Jones um 1970 für seine Big Band geschrieben hat. Oder Maybe this Christmas des zeitgenössischen kanadischen Singer-Songwriter Ron Sexsmith, der hier am Melodiebeginn auf Adeste Fideles anspielt, ein im ganzen englischsprachigen Raum verbreitetes «Carol». Als traditionsreiches Lied, dem die im historischen Dunkeln sich verlierenden Wurzeln einen fremdartigen Touch verleihen, ist es sozusagen das Anis-Guetzli in der Büchse. So schön, so süss, so gut. Aber wer kennt nicht auch das Gefühl von Zucker-Überfütterung und Winterdepression, das ebenso unvermeidlich zu Weihnachten gehört wie Lichterglanz und Nächstenliebe? Da helfen die Humoresken für Solo-Violine und Orchester von Jean Sibelius. Wunderschöne Musik auch sie, aber – wie der Titel ja verspricht – mit Humor kräftig gewürzt. Sibelius’ Humor ist mal warmherzig, nicht selten grimmig, bisweilen von fast angewiderter Schärfe. Und gelegentlich schimmert dann doch Betrübnis durch, aber das wollen wir dem Komponisten nicht verübeln – im Gegenteil, wir kennen das ja selber und danken es ihm, musikalischen Ausdruck dafür gefunden zu haben.

NORDISCHE WEIHNACHT DI, 14. DEZ. 2021, 19.30 UHR TONHALLE AM SEE Daniel Hope Music Director Zürcher Kammerorchester Grosses Abo CHF 110 / 100 / 85 / 60 / 35 Konzert ohne Pause.

Jean Sibelius Humoresques op. 87 und 89 Carl Nielsen Little Suite op. 1, FS 6 Irving Berlin White Christmas, bearbeitet von Paul Bateman Thad Jones A Child is Born, for Violin and Strings, bearbeitet von Paul Bateman Ron Sexsmith Maybe this Christmas, bearbeitet von Paul Bateman Bob Wells The Christmas Song, bearbeitet von Paul Bateman Hugh Martin Have Yourself a Merry Little Christmas, bearbeitet von Paul Bateman Traditionell Adeste Fideles, bearbeitet von Paul Bateman

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B A RO C K E S F E U E R

MACHT UND MUSEN, GELD UND GEIST Mantua lebt wie viele Städte Italiens von seiner glanzvollen Vergangenheit. Das Etikett «Weltkulturerbe» zieht Reisende in die Altstadt mit den gut erhaltenen historischen Bauwerken. König dieser Pracht ist der Palazzo Ducale mit 450 Wohnräumen und einer Kunstfülle, die staunen macht. An erster Stelle stehen die Fresken im Heiratszimmer, 1474 von Andrea Mantegna vollendet. Ihm verdanken wir die erste illusionistische Rauminszenierung mit einem Deckenbild, das einen Durchblick in einen freien Raum vortäuscht. TEXT CORINNE HOLTZ

Mantuas Glanz geht auf das Geschlecht der Gonzagas zurück, die von 1328 bis 1707 regieren und den Machtanspruch mit erstklassiger Architektur, Malerei und Musik unterstreichen. Auch der Pionier der Monotypie und der Hell-Dunkel-Holzschnitte, Giovanni Benedetto Castiglione, dient in seinen letzten Lebensjahren vor Ort. Guglielmo Gonzaga ist besonders musikaffin und schmückt sich seinerseits mit hervorragenden Musikern. Etwa mit Giaches de Wert, einem franko-flämischen Sänger und Komponisten, der wie ein Ziehsohn der Familie gefördert wird und in einen Nebenzweig einheiratet. Als Kapellmeister hat er ab 1565 für die neu gebaute Basilica di Santa Barbara, die Hofkirche der Gonzagas, geistliche Musik zu schreiben und für die Aufführungen etwa im Teatro Ducale Madrigale, Canzonetten und Fantasien. Ein jugendlicher Musiker in de Werts Kapelle fällt damals noch nicht besonders auf. Claudio Monteverdi ist Sänger und Geiger wie sein jüdischer Kollege Salamone Rossi und zählt zu der sich international etablierenden «scuola mantovana di violino». Monteverdi wird Hofkapellmeister in Mantua, später freier Zulieferer und bleibt, anders als sein zur Familie gehörender Vorgänger de Wert, schlecht bezahlt. Selbst der Ruhm als Opernkomponist der Favola

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d’Orfeo und L’Arianna ändert nichts an seinem Status. Musiker stehen in der Hierarchie des Hofs auf der Stufe der Handwerker. Ausländische Künstler werden besser entschädigt, da sie der Strahlkraft des Dienstherrn nützen. Monteverdi wagt in äusserster Empörung einen Brief an den herzoglichen Sekretär. «Ich weiss sehr gut, dass mir der Herzog sehr gewogen ist, aber ich habe zu viel Pech in Mantua.» Versprechen werden gebrochen, zugesagte Honorare halbiert. Monteverdi beklagt Kopfschmerzen, Hautausschläge und das schädliche Klima Mantuas, allein die Luft wird «binnen kurzem mein Tod» sein. Das einzigartige Dokument handelt vom Geld und spricht vom Respekt, den sich Monteverdi wünscht. Er bleibt den Gonzagas trotz anhaltender Demütigungen bis zu seinem Tod verbunden und widmet mit Ausnahme des IV. und V. Madrigalbuchs alle seine Veröffentlichungen den Mitgliedern dieser Familie. Auch nach seiner Berufung an den Markusdom in Venedig braucht er die Unterstützung für die Druckkosten und den Lebensunterhalt. Ein Mäzen, der einem Begünstigten die Hand auf die Schulter legt, wie das Paul Sacher gerne tat, meint mit dieser Geste ein Stück weit immer: «Du gehörst mir.»


B A RO C K E S F E U E R

BAROCKES FEUER DO, 16. DEZ. 2021, 19.30 UHR KUNSTHAUS ZÜRICH, VORTRAGSSAAL Zürcher Kammerorchester Willi Zimmermann Violine und Leitung CHF 50 Konzert zur Sonderausstellung «Barockes Feuer» im Kunsthaus Zürich. Das Konzertticket berechtigt gleichzeitig zum Eintritt in die Sonderausstellung. Eine Veranstaltung des Kunsthaus Zürich

Claudio Monteverdi Toccata, aus: L’Orfeo SV 318 Arcangelo Corelli Sonate d-Moll op. 5 Nr. 12 für Violine und B.c. «La Follia» Giaches de Wert Cara la mia vita, aus: Madrigali a 5 voci, libro primo Salamone Rossi Auszüge, aus: Il secondo libro delle sinfonie e gagliarde Claudio Monteverdi Pur ti miro, aus: L’Incoronazione di Poppea SV 308 Alessandro Scarlatti Moderato, aus: Variationen über «La Follia» Claudio Monteverdi Duo Seraphim clambant, aus: Vespro della Beata Vergine SV 206 Antonio Vivaldi Concerto g-Moll für Streicher und B.c. RV 156 Claudio Monteverdi Ohimè, dov’è il mio ben, Bearbeitung für drei Celli Antonio Vivaldi Triosonate d-Moll op. 1 Nr. 12 RV 63 «La Follia»

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S I LV E S T E R - U N D N E U J A H R S KO N Z E RT

VOM CHAOS ZUR ORDNUNG ZUM JAHRESWECHSEL Der Star-Blockflötist Maurice Steger feiert Silvester und Neujahr mit der Walliser Sopranistin Rachel Harnisch und dem ZKO im KKL Luzern und in der frisch renovierten Tonhalle am See. Das innovative Programm, das er sich für die beiden festlichen Konzerte ausgedacht hat, könnte aktueller kaum sein. TEXT LION GALLUSSER

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S I LV E S T E R - U N D N E U J A H R S KO N Z E RT

Zu Beginn des Jahres 2020 konnte wohl kaum jemand absehen, was alles auf uns zukommen würde. Der so plötzlich gekommene Lockdown stellte Gewohnheiten und den geregelten Alltag von einem Tag auf den anderen auf den Kopf. Musikerinnen und Musiker sowie Orchester spürten dies besonders stark, konnten sie doch plötzlich nicht mehr auftreten – und mussten gegen das aufgetretene «Chaos» ankämpfen.

«Für einmal hatte ich ein Programm konzipiert, bei dem ich ganz bewusst auf Einheitlichkeit verzichtet habe.» Diese turbulenten Begebenheiten mit all den durchlebten Gefühlen bilden nun auch das gedankliche Pendant zu den beiden Konzerten zum Jahreswechsel. «Für einmal hatte ich – bereits vor Corona – ein Programm konzipiert, bei dem ich ganz bewusst auf Einheitlichkeit verzichtet habe», erklärt Steger, der dem ZKO bereits seit rund 25 Jahren eng verbunden ist. «Durch die Umstände der Jahre 2020 und 2021 wurde diese Konzeption brandaktuell: Die unterschiedliche Musik widerspiegelt unsere verschiedenen Emotionen; vor

allem aber weiss man erst mit der Zeit, wie das Programm funktioniert!» Damit spielt Steger darauf an, dass das Publikum zunächst in das Chaos gestürzt wird, ehe die Ordnung – wie auch in unserem Alltag – durch das «Abtasten» in verschiedene Richtungen neu entsteht. «Sinnhafter» könnte man den Jahreswechsel 2021/2022 kaum begehen! Tatsächlich wird sich das Konzertpublikum wohl «wie im falschen Film» (so Steger) vorkommen, wenn es die «chaotischen», unerhört dissonanten ersten Töne des Programms hört. Sie stammen vom französischen Barockkomponist Jean-Féry Rebel (1666–1747), der damit (wie er selbst schrieb) versuchte, das «Chaos» darzustellen, «also jene Unordnung, in der sich die [vier] Elemente» ursprünglich befanden. Aus diesem entsteht allmählich Ordnung, indem sich die Elemente voneinander abzuheben beginnen. Rebel setzte dies mit geradezu «avantgardistisch» wirkenden und «ungeordneten» Klangflächen um – im 20. Jahrhundert sollte man von Clustern sprechen –, aus denen sich die Erde, das Wasser, die Luft und das Feuer mit eigenen musikalischen Motiven und Instrumenten herausschälen. Die hergestellte Ordnung wird bei Rebel mit verschiedenen anschliessenden Tanzsätzen zelebriert. Im Konzertprogramm zum Jahreswechsel werden sie zu ordnenden Stützen, zwischen denen sich weitere Perlen der Barockmusik, nun italienischer Prägung, ansiedeln:

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S I LV E S T E R - U N D N E U J A H R S KO N Z E RT

so auch die äusserst sinnliche Arie Lascia la spina, coglia la rosa, mit welcher der Anfang seiner Zwanziger stehende Georg Friedrich Händel (1685–1759) auf seiner Italienreise die römische Noblesse um Kardinal und Mäzen Benedetto Pamphilj (1653–1730) verzauberte. «Die im Vergleich zu den schliesslich gebändigten Klängen Rebels so andersartige und ‹quirlige› italienische Musik lenkt», so Steger, «die etablierte Ordnung nun in eine andere Richtung.» Ja, dieser «Kontrapunkt» verstärkt sich und führt von den tiefsten menschlichen Leidenschaften in der Mozart-Konzertarie Ah, lo previdi über die quirlige «italianità» in einem Blockflötenkonzert des Barockkomponisten Domenico Sarro und genusshafte und bisweilen erotisch angehauchte Stücke (Franz Lehárs Meine Lippen, sie küssen so heiss) bis hin zum neapolitanischen Volkslied – unterschied-

liche Kompositionen, die schliesslich «ein buntes Bouquet menschlicher Emotionen ergeben, in dem auch wilde Blumen herausragen». Im Gespräch mit Steger merkt man, dass das Silvester- und Neujahrskonzert nicht einfach eine festliche Gala ist, sondern gleichzeitig auch eine Entdeckungsreise in verschiedenste «neue» und «neue alte» Werke, die man sonst nicht höre. Das wichtigste Kriterium: gute Musik. «Das bunt gemischte Programm ermöglicht es auch der Solistin, sowohl das Beste ihres Repertoires, als auch ihr Können in der Alten Musik zu zeigen.» Steger meint damit die Vielfalt der international gefragten und aus dem Wallis stammenden Solistin Rachel Harnisch. Mit Ah, lo previdi kann sie just in der Mitte des Programms mit einer Konzertarie des von ihr hoch geschätzten Mozarts glänzen.

SILVESTER- UND NEUJAHRSKONZERT «VIER ELEMENTE» FR, 31. DEZ. 2021, 17.00 UHR, KKL LUZERN SA , 1. JAN. 2022, 17.00 UHR, TONHALLE AM SEE Maurice Steger Blockflöte und Leitung Rachel Harnisch Sopran Zürcher Kammerorchester Silvesterkonzert Ticketverkauf über das KKL CHF 125 / 115 / 95 / 65 / 45 Neujahrskonzert Grosses Abo, Kleines Abo CHF 125 / 115 / 95 / 65 / 35

VOLKSHOCHSCHULE ZÜRICH

Jean-Féry Rebel Le Chaos, Loure & Chaconne, aus: Les éléments – Symphonie nouvelle Georg Friedrich Händel Suite de danse HWV 1 & 287 und Aria «Lascia la spina, cogli la rosa», aus: Il trionfo del tempo e del disinganno Jean-Féry Rebel Ramage & Rossignols, aus: Les éléments – Symphonie nouvelle Andrea Stefano Fiorè Aria «Usignolo che col volo», aus: Engelberta. Opera seria in 5 Akten Jean-Féry Rebel Caprice & Tambourins, aus: Les éléments – Symphonie nouvelle Wolfgang Amadeus Mozart Konzertarie «Ah, lo previdi» KV 272 Domenico Natale Sarro Concerto Nr. 11 a-Moll für Blockflöte, Streicher und B.c. Antonio Soler Fandango für Cembalo Solo Franz Lehár Meine Lippen, sie küssen so heiss, aus: Giuditta, arrangiert von Massimiliano Matesic Léo Delibes Les filles de Cadix, arrangiert von Massimiliano Matesic Rodolfo Falvo Neapolitanisches Volkslied «Dicitencello vuie», arrangiert von Massimiliano Matesic

Musica Virtuosa Ringvorlesung Licht und Schatten: Virtuosität in der Musik Der Virtuose als Zauberer: Paganini und Hofzinse Purismus und Transzendenz: Chopin und Liszt Die russische Klavierschule im 19. Jahrhundert:

Mehr verstehen, mehr bewegen. www.vhszh.ch · 044 205 84 84

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Skriabin und Rachmaninow

Gitarren-Sounds aus dem lila Nebel: Jimi Hendrix


OTELLO Liebe, Intrige, Mord Nach Giuseppe Verdi und William Shakespeare

13. November, 26. November, 4. Dezember 2021, jeweils 20.00 Uhr ZKO Haus, Konzertsaal, Seefeldstrasse 305, 8008 Zürich Mit «Otello – Liebe, Intrige, Mord» präsentiert boxopera ein besonderes Juwel der Opern- und Theaterliteratur. Wir verbinden das Meisterwerk Othello aus Shakespeares Feder mit einer der berühmtesten Kompositionen der Operngeschichte, nämlich Verdis Otello. Auf der Basis von Verdis Oper erzählen wir die Geschichte mit den vier Hauptfiguren, einem zusätzlichen Schauspieler und einem Pianisten. Die beiden Meisterwerke haben nichts an Aktualität und Brisanz eingebüsst – Intrige, Rassismus und häusliche Gewalt bewegen uns auch heute zutiefst. Gesungen wird in italienisch, gesprochen in deutsch. Besetzung: Peter Bernhard (Otello), Tenor Stefan Saborowski (Othello), Schauspieler Rosa María Hernández (Desdemona), Sopran Leonardo Galeazzi (Jago), Bariton Larissa Schmidt (seine Frau), Mezzosopran Andrea Del Bianco am Flügel Produktion: Musikalische Leitung: Andrea Del Bianco Regie: Stefan Saborowski Bühne: Andreas Mayer Kostüme: Ivan Galli Maske: Sandra Wartenberg Technik: Marek Streit

Weitere Informationen: www.boxopera.net Tickets: www.zko.ch/konzerte/fremdveranstaltungen Tel.: 044 552 59 00 Mail: tickets@zko.ch Mit freundlicher Unterstützung:

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FA M I L I E N KO N Z E RT E

GROSSE TÖNE FÜR DIE KLEINEN

BRING YO U R OW N MAT

HER B S T FA N TA SIEN

MAMA HU HN S U C HT IHR EI

Für die feinen Ohren von Babys spielen Musikerinnen und Musiker des ZKO speziell ausgesuchte Kompositionen, die sicher auch den Eltern gefallen. Für diesen Nachmittag hat sich unsere Violinistin Inès Morin ein feines Programm mit zwei herausstechenden Oboen-Parts von W.A. Mozart und Benjamin Britten ausgesucht, ergänzt durch stimmungsvolle Fantasien von Ernő Dohnányi.

Wo ist nur das Ei von Mama Huhn? Aus dem Ei, das sie beim Weiher entdeckt, schlüpft ein kleiner Reiher. Aus einem anderen ein Pinguin und aus dem nächsten sogar ein Krokodil! Bis Mama Huhn endlich das richtige Ei findet, gibt es einige Überraschungen.

NUGGIKONZERT SO, 3. OKT. 2021, 14.00 UHR ZKO-HAUS Marc Lachat Oboe Inès Morin Violine Janka Szomor-Mekis Viola Anna Tyka Nyffenegger Violoncello 0–1 Jahre Babys gratis (benötigen Freikarte) Erwachsene CHF 30

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KRABBELKONZERT SO, 17. OKT. 2021, 11.00, 14.00 UND 16.00 UHR ZKO-HAUS Renata Blum Konzept und Erzählung Musikerinnen und Musiker des Zürcher Kammerorchesters 1–3 Jahre Kinder CHF 10 | Erwachsene CHF 30


FA M I L I E N KO N Z E RT E

D I E B RE M E R STA DT MUSIK A NT EN

DER GES TIEFELTE KATER

Der Esel, der Hund, die Katze und der Hahn sind alt geworden und sollen vom Hof verjagt werden. So beschliessen die vier Tiere, Stadtmusikanten in Bremen zu werden. Doch auf dem Weg dorthin stossen sie auf eine Räuberbande …

Der jüngste Müllerssohn ist enttäuscht: Seine Brüder haben die Mühle des Vaters geerbt. Er bekommt nur den Kater. Doch plötzlich beginnt der Kater zu sprechen und verspricht dem Müllerssohn Glück und Reichtum. Und dafür braucht der Kater nicht mehr als ein Paar rote Lederstiefel …

KINDERKONZERT SO, 24. OKT. 2021, 11.00 UHR SCHAUSPIELHAUS ZÜRICH, PFAUEN

ABC-KONZERT SA , 20. NOV. 2021, 14.00 UHR, ZKO-HAUS SO, 21. NOV. 2021, 11.00 UHR, ZKO-HAUS

Jolanda Steiner Konzept und Erzählung Zürcher Kammerorchester Donat Nussbaumer Violine und Leitung

Jolanda Steiner Konzept und Erzählung Musikerinnen und Musiker des Zürcher Kammerorchesters

5–12 Jahre Kinder CHF 15 | Erwachsene CHF 39 / 29

5–7 Jahre Kinder CHF 10 | Erwachsene CHF 30

ZKO im Pfauen: Die Konzertreihe des ZKO in Kooperation mit dem Schauspielhaus Zürich

Mit freundlicher Unterstützung der Zürcher Kantonalbank.

D I E G E S C HI C HT E VOM K LE I N E N ON K EL Es war einmal ein kleiner Onkel, der war sehr einsam. Niemand kümmerte sich um ihn. Alle fanden ihn zu klein und zu dumm. Es half gar nichts, dass der kleine Onkel so nett war. Bis eines Tages ein Hund auftauchte … PURZELKONZERT SO, 5. DEZEMBER 2021, 11.00, 14.00 UND 16.00 UHR ZKO-HAUS Thomas Douglas Konzept und Erzählung Anina La Roche Szenische Einrichtung Musikerinnen und Musiker des Zürcher Kammerorchesters 3–5 Jahre Kinder CHF 10 | Erwachsene CHF 30

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O RC H E S T E R I M WA N D E L

ORCHESTER IM WANDEL

Von links: Alexander Ponet, Daniel Hope und Ivo Schmid

Digitaler Wandel im ZKO: Künftig werden die Musikerinnen und Musiker nicht mehr seitenweise mit Partituren und Stimmen hantieren, sondern in einer digitalen Bibliothek per Knopfdruck auf die gewünschte Partitur zurückgreifen können. Auch das Rascheln des Notenpapiers beim Blättern wird der Vergangenheit angehören. Ein kleines Fusspedal übernimmt diese Aufgabe – unkompliziert, schnell und lautlos. INTERVIEW PETRA MEYER

Music Director Daniel Hope hat die technischen Möglichkeiten bereits vor Jahren für sich entdeckt. Auf die Frage, was die Umstellung für das gesamte Orchester bedeutet und welche Erfahrungen er persönlich mit dem neuen System gemacht hat, antwortet er: Diese Umstellung wird unser Leben sehr erleichtern und das wird eine Wirkung auf unser Spiel haben. Ich war einer der ersten Musiker, die im Konzert vom Tablet gespielt haben. Das ist etwa zehn Jahre her und es war eine der besten Entscheidungen, die ich je getroffen habe. Man ist von so vielen Sachen befreit. Ich kann jede Stelle in der Partitur grösser ziehen. Damit komme ich allein technisch tiefer an das Konstrukt des Stückes. Dazu kommt, dass beliebig viele Notizen und Bezeichnungen in die Partitur eingefügt werden können, wie z.B. Bogenstriche oder gewisse Indikationen. Wir spielen oft die gleichen Stücke mit verschiedenen Künstlern, Dirigenten, Partnern. Mit der neuen Technik kann ich jede Konstellation andersfarbig kennzeichnen und später die gewünschte Fassung aus der digitalen Bibliothek wieder abrufen. Änderungen stehen unmittelbar allen zur

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Verfügung. Das spart enorm viel Zeit und erleichtert die Kommunikation. Falls Zugaben erwünscht sind, können wir auf das gesamte Repertoire für alle Stimmen zugreifen. Wir spielen als Orchester oft draussen. Niemand wird künftig noch Wäscheklammern verwenden müssen, damit die Seiten nicht wegwehen. Aber am schönsten und wichtigsten ist es, auf der Bühne zu stehen und sich vollkommen frei der Musik widmen zu können – ohne sich Gedanken darüber zu machen, dass man ganz schnell umblättern muss. Ich bin sehr glücklich und dankbar, dass wir nun diese Möglichkeit haben. Klassische Orchester gelten gerade wegen ihrer Funktion als Bewahrer eines historischen Abschnitts der Musikgeschichte als konservativ. Dennoch waren alle Musikerinnen und Musiker dazu bereit, diesen neuen Weg gemeinsam zu beschreiten. Daniel, was sagt das über die spezielle DNA des Zürcher Kammerorchesters aus? Wir sind alles andere als konservativ. Das ist mit ein Grund, warum ich dieses Orchester liebe. Wir sind


O RC H E S T E R I M WA N D E L

offen für Neuerungen, für Veränderungen, für Metamorphosen. Das ZKO ist mit Sicherheit eines der wenigen Kammerorchester weltweit, die diesen Weg einschlagen. Mit der Umstellung werden wir ein Zeichen setzen. Es zeigt, dass wir flexibel sind, dass wir bereit sind, uns zu verändern und uns anzupassen an die Zeit. Dass sich unser Bibliothekar Ivo Schmid so engagiert eingesetzt hat, finde ich grossartig. Eine Umstellung wie diese lässt sich nur realisieren, wenn wirklich alle mitmachen. Eine Umstellung von analog auf digital erfolgt nicht von heute auf morgen. Vorbereitend wurde das gesamte Notenarchiv im ZKO in den vergangenen Jahren digital erfasst. Verantwortlich hierfür zeichnet Bibliothekar Ivo Schmid, der im Orchester am Kontrabass zu hören ist. Ivo, seit wann hast du persönlich deine Noten von analog auf digital umgestellt? Vor drei Jahren habe ich angefangen, jedes Konzert mit dem ZKO vom Tablet zu spielen. Am Anfang war ich etwas nervös. Es war ungewohnt und das Vertrauen in die Technik war noch nicht vorhanden. Aber ich habe in kürzester

Zeit gemerkt, dass es nur Vorteile hat. Voraussetzung ist natürlich, dass alle Noten digital zur Verfügung stehen. Als ich vor vier Jahren die Bibliothek des ZKO übernommen habe, war die Digitalisierung der Notenbibliothek bereits angedacht. Damals lagen uns nur wenige Partituren und Einzelstimmen digital vor. Das ist heute anders! Worin liegen künftig die Veränderungen gerade im Bereich Bibliothek? Wird es ein komplett neues Arbeiten sein, Ivo? In der kommenden Saison werde ich unsere Noten nach Möglichkeit nur noch digital einkaufen. Bis jetzt war die Papierbibliothek die Grundlage des Archivs. Ein Notenscan diente lediglich als Backup. Das wird sich komplett umdrehen. Das digitale Notenarchiv wird zur Referenz und das Papier zum Backup. Wir müssen keine Notenmappen mehr bewegen und können die Werke, die z.B. mit verschiedenen Dirigenten gespielt werden, in ihrer jeweiligen Form konservieren. Eine Herausforderung an die Bibliothek wird sein, diese digitalen Bezeichnungen korrekt zu archivieren.

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O RC H E S T E R I M WA N D E L

Ivo, heisst das, all die vielen Partituren, die heute noch in Papierform vorliegen, wandern demnächst ins Museum? Es wird auch in den nächsten Jahren kleinere Verlage geben, welche ihre Partituren nur in Papierform anbieten. Von daher – nein, zunächst einmal wird das Papier nicht komplett verschwinden. Üblicherweise verlangen Musikverlage Lizenzen für Partituren und Einzelstimmen. Deshalb war in der Vergangenheit wenig Motivation von Seiten der Verlage zu spüren, bei der Digitalisierung im klassischen Musikbereich mitzuwirken. Ivo, hat sich das in der Zwischenzeit geändert? Ja, das hat sich geändert. Heute verkaufen viele Musikverlage ihre Werke und Einzelstimmen auch digital. Im Gegensatz zur Papierform, wo ich jede Stimme pro Musiker*in einzeln bezahlen muss, wird nun meist ein Betrag als gesamtes Werk fällig. Wenn ich z.B. eine Mozartsinfonie spielen möchte, dann bekomme ich das gesamte Werk für eine maximale Anzahl von Musikern. Würde ich das Stück ein anderes Mal in grösserer Besetzung spielen wollen, müsste ich Lizenzen nachkaufen. Damit die digitale Transformation gelingt, benötigt es nicht nur Notenmaterial in digitaler Form, sondern auch zuverlässige Software-Lösungen. Der Markt ist relativ klein und die Technik noch wenig erprobt. Alexander Ponet, Projektleiter im Künstlerischen Betriebsbüro, hat sich intensiv mit der aktuellen Marktsituation beschäftigt und sich letztlich für einen europäischen Anbieter entschieden. Alexander, welche Faktoren waren für deine Wahl entscheidend? Es gibt weltweit verschiedene Softwarelösungen, die es ermöglichen, Notenmaterial in digitaler Form zu verwenden. Jedoch ist nicht jede Software auf die Verwendung in einem Orchester mit einer zentralisierten Notenverwaltung ausgelegt. Ein zuverlässiger Anbieter, der mit uns mitdenkt und der die besonderen Voraussetzungen eines Orchesters versteht, war für uns deswegen unverzichtbar. Kundensupport und Entwicklungspotenzial waren nur einige der Argumente, die uns bei der gewählten Software «Newzik» aus Paris überzeugt haben.

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Es gibt das Sprichwort «Papier ist geduldig». Alexander, erhöht die Digitalisierung nicht die Abhängigkeit von äusseren Faktoren, wie z.B. Gerätetechnik, Applikationen oder Energieversorgung? Im Gegenteil: Bei Stromausfall könnte das Orchester problemlos weiterspielen. Wir werden künftig unabhängiger sein von den Lichtverhältnissen beim Konzert, und geht ein Tablet kaputt, ist ein Ersatzgerät vorhanden und sämtliche Notizen und Bookmarks können innerhalb von Sekunden dank Cloud-Storage wieder aufgerufen werden. Alexander, die Vorbereitungen für die digitale Umstellung waren für dich mit einer ganzen Menge Arbeit verbunden. Ist denn das Projekt nun abgeschlossen? Ich gehe davon aus, dass die eigentliche Herausforderung noch kommt. 30 neue Tablets müssen bei der Saisoneröffnung am 12. Oktober tadellos funktionieren, und alle Musikerinnen und Musiker sollen sich bis dahin absolut wohl und sicher fühlen im Umgang mit der neuen Technik. Damit das gelingt, stehen noch einige Workshops mit dem Orchester an. Es ist eine zukunftsweisende Umwandlung der Arbeitsweise, die wir so gut wie möglich begleiten werden. Wir sind stolz, als eines der ersten Orchester der Schweiz diesen innovativen Schritt durchführen zu können. Alexander, was wird sich künftig für den Zuhörer verändern? Wir digitalisieren die Arbeitsweise – nicht das Endprodukt. Jedes Konzert wird auch in Zukunft ein einmaliges Erlebnis. Die Musik wird so klingen, wie es die Besucher eines Konzertes mit dem Zürcher Kammerorchester erwarten dürfen: lebendig, dynamisch, gefühlvoll und auf höchstem spielerischem Niveau.


A DV E RTO R I A L

MUSIKSTADT LEIPZIG HEIMATORT DES OPERNGENIES RICHARD WAGNER Oper Leipzig – Ein Traditionshaus mitten in Europa Mit Gründung 1693 ist die Leipziger Oper das drittälteste bürgerliche Opernhaus Europas und blickt voller Stolz auf eine mittlerweile über 325-jährige Tradition. Knapp die Hälfte dieser drei Jahrhunderte ist mit dem Gewandhausorchester ein Ensemble von Weltruhm ständiger musikalischer Begleiter der Vorstellungen im Opernhaus. Wagner 22 – Drei Wochen Unendlichkeit

Oper Leipzig © Kirsten Nijhof

Der fliegende Holländer © Tom Schulze

Leipzig und die Musik: Das ist jahrhundertelange Tradition. Zahlreiche Komponisten, darunter Johann Sebastian Bach, Felix Mendelssohn-Bartholdy, Clara und Robert Schumann sowie Richard Wagner lebten und arbeiteten hier. Die Oper Leipzig und das Gewandhausorchester geniessen weltweites Renommee, und internationale Festivals wie das Bachfest und die Richard-Wagner-Festtage erfreuen sich stetig steigender Besucherzahlen. Das ganze Jahr hindurch lassen sich die einstigen Wirkungsstätten der Komponisten auf der Leipziger Notenspur erkunden. Der Rundweg durchs Zentrum vermittelt dank Hörproben und Schautafeln einen lebendigen Eindruck über das Leben zur damaligen Zeit – natürlich auch über jenes des wohl berühmtesten Sohnes der Stadt: Richard Wagner!

Die Oper Leipzig hat sich unter der Leitung von Intendant und Generalmusikdirektor Professor Ulf Schirmer das ehrgeizige Ziel gesetzt, bis 2022 das gesamte Repertoire der Opern Richard Wagners im Spielplan zu haben. So wird es in der Geburtsstadt Wagners vom 20. Juni bis 14. Juli 2022 im Rahmen eines einzigartigen Festivals möglich sein, alle Opern innerhalb von drei Wochen in der Reihenfolge ihrer Entstehung zu erleben. Lediglich die vier Teile des «Ring» sind aus der Chronologie ausgenommen und folgen aufeinander. Geplant ist für dieses Festival eine hochkarätige Besetzung von Dirigenten und Sängern. Tickets sind unter www.wagner22.de erhältlich. Die Festtage der Oper Leipzig «Wagner 22», das gesamte Bühnenwerk Richard Wagners in einem Festival! Erleben Sie alle 13 Werke und buchen Sie Ihr exklusives Reisepaket zu den bereits ausverkauften Opern von Richard Wagner, arrangiert von unserem Partner, der Leipzig Tourismus und Marketing GmbH. Sichern Sie sich das begrenzte Angebot für dieses weltweit einzigartige Event: OPERNREISE NACH LEIPZIG, 20.6. – 15.7.2022 •  «Das Gesamtwerk» von Richard Wagner 25 Übernachtungen inkl. Frühstück im 4*-Hotel • je 1 Eintrittskarte pro Person (Preisgruppe 2) für alle 13 Wagner-Opern in der Oper Leipzig • Abendessen und touristisches Rahmenprogramm Preis pro Person im DZ: ab € 6.699 Informationen und Buchung unter www.leipzig.travel/wagner oder incoming@ltm-leipzig.de oder Tel. +49 341 7104 275

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Z U R Ü C K I N D I E Z U KU N F T

ZURÜCK IN DIE ZUKUNFT Die Tonhalle gehört zu den kulturellen Wahrzeichen der Stadt Zürich. Im Jahr 1895 eröffnet, wurde der grosse Konzertsaal zu einem beliebten Ort für klassische Musik. Ihr Ruf als einer der besten Konzertsäle lockt Besucher aus der ganzen Welt in die Schweizer Metropole. Um das historische Gebäude in eine erfolgreiche Zukunft zu führen, wurden vor vier Jahren langfristige und nachhaltige Investitionen beschlossen, mit dem Ziel, den Originalzustand von 1895 annähernd wieder herzustellen und gleichzeitig technisch einen grossen Schritt Richtung Zukunft zu tun. Im Juni 2017 fand das letzte Konzert des Zürcher Kammerorchesters in der alten Tonhalle statt, bevor der historische Konzertsaal für eine umfassende Renovierung geschlossen wurde. Beinahe auf den Tag genau vier Jahre später traf sich eine Abordnung des ZKO vor den Türen des Kongresshauses. Auf Einladung der Tonhalle-Gesellschaft hatte das Orchester die Möglichkeit, einen Blick auf die nahezu abgeschlossenen Renovierungsarbeiten zu werfen.

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Die Erwartungen wurden nicht enttäuscht. Das historisch und kulturell bedeutende Gebäude wird seinem Ruf als herausragendem Ort für hochstehende Kulturveranstaltungen mehr als gerecht. Beeindruckend die hochwertigen Holzböden, das neue Konzertpodium und die Brüstungen, deren üppige Goldverzierung nun wieder funkelt. Die Deckengemälde, der Stuckmarmor, die historische Farbgebung – alles erstrahlt in frischem Glanz. Aber auch hinter den Kulissen kann die Tonhalle überzeugen: Grosszügige Künstlergarderoben sorgen für Wohlbefinden und die technische Ausstattung erleichtert dem Bühnenpersonal einiges an körperlicher Arbeit. Und die Akustik? Spätestens nach der Saisoneröffnung am 12. Oktober wissen wir mehr. Es wird gemunkelt, das Hörvergnügen sei besser als je zuvor. Das gesamte Zürcher Kammerorchester freut sich über den glänzenden Rahmen, in dem es künftig einen Grossteil seiner Konzerte veranstalten wird. pm


Z KO I N S I D E

ZKO INSIDE

N EU E C D « H OPE» Das neue Album «Hope», eingespielt von Daniel Hope und dem Zürcher Kammerorchester, enthält eine persönliche Sammlung zeitloser Klassiker und Hits wie Elgars Nimrod, Albinonis Adagio in g-Moll und Pärts Spiegel im Spiegel  bis hin zu allseits bekannten traditionellen Liedern wie Amazing Grace. Eingesungen von grossartigen Sängern wie dem Vokalensemble Amarcord, Bariton Thomas Hampson und JazzSänger Colin Rich. Die CD erscheint Anfang September bei Deutsche Grammophon.

ZU G A S T BEI DEN ODESS A C LA S S IC S Vom 9.–11. Juni 2021 gastierte das Zürcher Kammerorchester unter der Leitung von Music Director Daniel Hope erneut bei den Odessa Classics. Festivalgründer und Pianist Alexey Botvinov katapultierte das Festival innerhalb weniger Jahre zu einem der erfolgreichsten der Ukraine. Es zieht Publikum aus ganz Europa zur Perle am Schwarzen Meer. Ein Wiedersehen mit dem gefeierten Pianisten erlebt das ZKO am 3. Mai 2022 mit dem Programm «Amerika» in der Tonhalle am See.

AUF TOU R MIT MAUR IC E S TEGER

JU NGES ZKO : PRO JEKTABS C HLU SS MIT VIDEO DREH Gemeinsam mit Musikvermittler Oliver Hauser hat das junge ZKO, wann immer möglich, während der letzten zwei Jahre hinter die Kulissen des ZKO geschaut. Weil das als öffentliches Abschlusskonzert geplante Weltraummärchen im Juni abgesagt werden musste, wurde alternativ ein Video mit allen Beteiligten im ZKO-Haus produziert. Es zeigt die schönsten Szenen, Lieder und Tänze und ist eine wunderbare Erinnerung für alle Beteiligten: 6. Klasse Schulhaus Zurlinden, 5. Klasse Schulhaus Kappeli und 5. Klasse Schulhaus Balgrist. Das ZKO bedankt sich bei allen Schülerinnen und Schülern für das grosse Interesse und die tolle Zusammenarbeit. pm

In der Saison 2021/22 feiern Flötist Maurice Steger und das Zürcher Kammerorchester ihr 25-Jahr-Bühnenjubiläum. Für diesen feierlichen Anlass haben sie ein besonders abwechslungsreiches Konzertprogramm zusammengestellt, mit dem sie in den kommenden Monaten schweizweit auf Tour gehen werden. Auftakt ist am 10. September bei den Musikwochen Braunwald. Weitere Termine befinden sich auf der Website: zko.ch/konzerte.

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KU N S TA U S S T E L L U N G I M Z KO - H A U S

RIB AL M O L A E B Ribal Molaeb wurde 1992 in Baissour, Libanon, geboren und zog im Alter von 17 Jahren nach Österreich, um an der Universität Mozarteum Salzburg zu studieren. Später wechselte er an die Universität für Musik und darstellende Kunst in Wien, wo er seinen Master mit Auszeichnung abschloss. Molaeb wurde im Jahr 2018 zum künstlerischen Leiter des Kunst- und Musikvereins SUMITO in der Schweiz berufen. INTERVIEW LENA-CATHARINA SCHNEIDER

Ribal, es ist jetzt schon ein Jahr her, dass wir mit der Planung deiner Ausstellung bei uns im ZKO-Haus begonnen haben. Das vergangene Jahr war stark von der Pandemiesituation und der damit verbundenen Planungsunsicherheit geprägt. Wie hat das dein Leben und deine künstlerische Arbeit beeinflusst? Die Natur hat uns gezwungen, langsamer zu werden, tiefer in uns selbst einzutauchen. Mir hat die Pandemie mehr Raum und Zeit zum Nachdenken und Arbeiten ermöglicht. Dabei wurde mir bewusst, wie zerbrechlich wir Menschen sind, wie kurz das Leben sein kann. Ich habe mich gefragt, wofür ich einmal erinnert werden möchte. Aber wenn die Dinge um dich herum zusammenbrechen, kann der unendliche Raum der Vorstellungskraft Trost spenden. Ich habe mich in die Malerei geflüchtet und meinen ganzen Sommer in meinem Atelier in Zürich verbracht. Du bist in Baissour Mount-Lebanon geboren und hast mit 17 Jahren ein Bratschenstudium an der Universität Mozarteum Salzburg begonnen. Trotz deines enormen Fokus auf Musik war die Malerei schon immer ein starker Begleiter. Wann hast du mit dem Malen angefangen und siehst du einen Zusammenhang zwischen deinem Beruf als Musiker und deiner Leidenschaft für die Malerei? Ich würde es so erklären: Malen ist meine Muttersprache, Musik ist meine Fremdsprache. Das heisst aber nicht, dass die Fremdsprache geringer zu bewerten ist. Es hat eher etwas mit meiner anfänglichen Herangehensweise zu tun: Malen ist etwas, was ich seit meiner Kindheit getan habe, deshalb fühlt es sich an wie meine Muttersprache. Mein Vater Jamil Molaeb ist ein etablierter Künstler im Nahen

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KU N S TA U S S T E L L U N G I M Z KO - H A U S

RIBAL MOLAEB AUSSTELLUNG: 1. OKT. – 31. DEZ. 2021 GALERIE IM ZKO-HAUS GEÖFFNET NACH VEREINBARUNG +41 78 315 04 04 Eintritt frei

Osten und darüber hinaus. Ich konnte von ihm ganz einfach durch das Zuschauen und als Assistent in seiner Werkstatt lernen. Um die klassische Musik kennen zu lernen, musste ich zuerst auf eine Reise gehen. Mein Aufenthalt in Salzburg im Alter von 17 Jahren war eine lebensverändernde Herausforderung. Ob in der Malerei oder in der Musik, meine Motivation ist der Akt der Schöpfung selbst! Klassische Musik zu spielen, ist ein Akt der «Interpretation». Ich habe jeden Tag das Bedürfnis, etwas zu «kreieren». Ich warte nicht auf Inspiration, brauche keine äusseren Einflüsse. Ich kann leicht das Mittelmeer malen, während ich in meinem Atelier in Zürich arbeite. Natürlich werde auch ich in Zukunft Bratschist bleiben. Aber die Malerei ermöglicht mir mehr Selbstbestimmung. Gerade kommt mir in den Sinn, dass der Schweizer Künstler Paul Klee ein versierter Geiger war! In den kompositorischen, rhythmischen und melodischen Aspekten einiger seiner Gemälde zeigt sich eine musikalische Orientierung. Lange Zeit war er unschlüssig, ob er Maler oder Musiker werden sollte. Wie würdest du deine erste Ausstellung in unserem ZKO-Haus beschreiben? Worauf wird der Fokus liegen? Die Ausstellung wird Arbeiten zeigen, die sich mit Studien zur Harmonie von Form und Farbe befassen. Wie jede musikalische Komposition hat ein Gemälde seine präzise Struktur, Harmonie und sogar eine Intonation zwischen den Farben. Meine Bilder könnte man auch mit einem

libanesischen Essen vergleichen. Auf einer libanesischen Tafel stehen immer viele verschiedene Teller. Einige meiner Bilder sind wie Debussys «La mer», während ich einige meiner Gemälde auch als Wagner-Werke betrachte. Deine Bilder sind reich an brillanten und leuchtenden Farben. Sie schweben zwischen abstrakten Elementen und den erhabenen Formen der Natur. Das Betrachten löst Glücksgefühle aus ... Gibt es einen bestimmten Effekt oder eine Emotion, die du mit den Betrachtern teilen möchtest? Jeder Maler malt seine eigene Kosmogonie. Wenn die Bilder Glücksgefühle auslösen, dann bedeutet das, dass es ein gewisses inneres Verlangen nach Glück gibt und ich dieses Verlangen in der Malerei ausdrücken kann. Aber bei tieferer Betrachtung ist zu erkennen, dass einige Werke durch Tränen lächeln. Es liegt ein Hauch von Melancholie in jedem Glück. Ich habe viel über das Malen gelernt, während ich als Musiker gedacht habe. Dadurch wurde meine Arbeit metaphysisch: Wie viele Dimensionen kann ich mit meinen Farben und Formen ergreifen? Welche unsichtbare Welt kann ich erschaffen? Meine Kindheit verbrachte ich im Libanon zwischen Bergen und Meer. Ich male diese Bilder mit mediterranem Ambiente, auch wenn ich in Zürich lebe. Ein Gemälde ist auch ein Exil. Es ist eine Welt, in der ich lebe. Jedes Gemälde bedeutet für eine andere Person etwas anderes. Die Betrachter können sich ruhig oder energisch fühlen. Mein Ziel ist es, sie durch meine Gemälde reisen zu lassen.

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DIE MUSIKER UND IHRE INSTRUMENTE

BAROCKES HOLZ Die Titelseite unseres Saisonprogramms zeigt in der Saison 2021/22 ein Instrument in Nahaufnahme. Es ist das Violoncello von Nicola Mosca, seit 2001 Stimmführer im Zürcher Kammerorchester. Kratzer, kleinere Kerben und Dellen im Holz sind darauf nicht zu übersehen. Es sind die Spuren der Zeit, die sich ins Holz eingegraben haben. INTERVIEW PETRA MEYER

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DIE MUSIKER UND IHRE INSTRUMENTE

Nicola, sieht das nur so aus – oder hat dein Cello tatsächlich schon einige Jahre auf dem Buckel? Das kann man wohl sagen. Zugeschrieben wurde das Instrument einem Geigenbauer, der in Pesaro gelebt haben soll. Ein gewisser Antonio Mariani. Er war Geigenbauer von Beruf und man geht davon aus, dass er dieses Cello im Jahr 1690 gebaut hat. Es ist mit Sicherheit ein Unikat, denn es war das einzige, das er je geschaffen hat. Die Spuren der Zeit sind tatsächlich unübersehbar. Aber gerade jetzt ist es frisch renoviert worden und erstrahlt in neuem Glanz. Wie kommt man an so ein historisches Instrument? Ich habe es von meinem Vater geerbt. Der war ebenfalls Musiker und hat über viele Jahre im Zürcher Kammerorchester auf genau diesem Instrument gespielt. Das Cello hat also eine längere Karriere im ZKO als ich. Es hat sogar noch den Gründer des Orchesters, Edmond de Stoutz, erlebt. Mit einem Alter von 331 Jahren hat das Violoncello bereits Generationen von Musikerinnen und Musikern erlebt. Ist dir ein Teil der Geschichte bekannt? Nein, leider nicht. Für mich beginnt die Geschichte des Instrumentes damit, dass es mir mein Vater, als ich mein Diplom im Jahr 1996 in der Tasche hatte, überreichte. Es war ihm sehr wichtig, dass sowohl ich als auch meine zwei Geschwister, die ebenfalls musikalisch ausgebildet wurden, ein hervorragendes Instrument in die Hand bekommen. Ich fühlte mich damals sehr geehrt. Auf so einem alten italienischen Instrument zu spielen ist ein Traum. Ein echter Luxus. Gibt es Parallelen zwischen dir und deinem Instrument – oder anders gefragt: Seid ihr aus dem gleichen Holz geschnitzt? (Lacht) Wir sehen beide für unser Alter immer noch jung und frisch aus. Aber das Cello klingt auch noch gut. Was gefällt dir ganz besonders am Klang deines Instrumentes? Wie würdest du den spezifischen Klang beschreiben? Das Cello ist das Instrument, das der männlichen Stimme am nächsten kommt. Es gelangt in die höchsten Höhen und in die tiefsten Tiefen – von der quietschenden Geige zum brummelnden Kontrabass – aber meistens bewegt es sich ausgewogen in der Mitte. Bei meinem sehr alten Cello ist der Klang vor allem durch das Holz geprägt und durch all die Leute, die es vor mir gespielt haben.

Du bist nicht nur ein ausgebildeter Cellist, sondern hast ebenfalls das Spiel mit der Harfe perfektioniert. Wohnen da zwei Seelen in deiner Brust? Das ist eine lange Geschichte. Die ersten Jahre meines Lebens wurde ich vor allem von meinem Vater am Violoncello ausgebildet. Merkwürdigerweise kam ich zur Harfe durch ein Ereignis, das mein Leben verändert hat. Damals war ich fast noch ein Kind. Nach einem schweren Sturz lag ich monatelang in einem Kinderspital. Ich hatte ein Riesenzimmer, mit einem grossen Fernseher darin. Eines Tages kam eine Sendung über die Harfe. Die Klänge haben mich damals zutiefst berührt und ich fasste den Entschluss, wenn ich hier herauskomme, dann möchte ich dieses Instrument spielen lernen. Gleich nach der Entlassung fing ich damit an. Später habe ich sowohl Violoncello als auch Harfe studiert und für beide Instrumente das Solistendiplom erhalten. Dass mich die meisten Menschen als Cellisten kennen, hat eigentlich einen ganz pragmatischen Grund. Die erste Stelle, die sich mir nach dem Studium angeboten hat, war gleich hier im Zürcher Kammerorchester. Gesucht wurde ein neues Orchestermitglied am Violoncello. Und ich habe diese Stelle glücklicherweise bekommen. Aber ich spiele weiterhin Harfe. Ich gebe auch Rezitale mit beiden Instrumenten, was beim Publikum immer sehr gut ankommt.

«Das Cello rührt auf tiefer, unergründlicher Ebene an unser Gefühl.» Yehudi Menuhin

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ABSCHIED UND AUFBRUCH. Am Ende der vergangenen Saison hat Gisela Stäheli die GFZKO nach elf Jahren verlassen, um in ihrem Heimatkanton einer neuen Herausforderung nachzugehen. Rückblickend bezeichnet sie die Zeit beim ZKO als eine einzigartige Erfahrung, die sie auf keinen Fall missen möchte. Gerne erinnert sie sich an ihren allerersten Arbeitstag, wo sich – Zitat Gisela – «alles sofort so selbstverständlich angefühlt und einfach gepasst hat». Begeistert spricht sie über die familiäre Atmosphäre. Eingeführt wurde sie vom späteren Vorstandsmitglied Dario König. Der damalige Quästor der GFZKO, Kurt Jungen, hat sie minutiös mit den Fein- und Besonderheiten der Mitgliederverwaltung vertraut gemacht. Unvergessen bleibt für sie das Saisoneröffnungskonzert 2010. «Der wunderbare Geigenklang hat mich zutiefst berührt.» Einen derart wunderbaren Geigenstrich, so viel Intensität, das hatte sie, die selbst musiziert, noch bei keinem anderen Orchester erlebt. Die damals gespielte Serenade Tschaikowskys für Streicher – sie ist auch auf der aktuellen CD des ZKO zu hören – bildet für sie noch heute den Signaturklang des Orchesters. Sir Roger Norrington hat massgeblich dazu beigetragen, indem er das Klangbild vibratofrei umfärbte. Für Gisela war er eine Koryphäe, ein Philosoph zugleich und für sie persönlich auch so etwas wie ein Mentor, hat er sich doch

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bei ihr unter anderem immer wieder nach ihrem Orgelspiel erkundigt. Überhaupt: Der enge Kontakt zu den Musikern und den Freunden des Orchesters bleibt für Gisela die Essenz ihrer elfjährigen Tätigkeit. Spontan erinnert sie sich zum Beispiel an den 100-jährigen Valentin Tobler, der mit seiner 97-jährigen Ehefrau keine Probe und kein Konzert – und dabei auch keine noch so steilen Treppen – ausliess. Oder an Inès und Philippe Heuer, die das besondere Klima genauso prägten wie das Ehepaar Weger. Frau Bibus, die gleich alle ihre Kinder zu Mitgliedern der Gesellschaft machte. Oder Frau Flatow, die als Teenager von ihren Eltern vor 50 Jahren zum ersten Mal zu einem Konzert des ZKO mitgenommen wurde. Ihre Begeisterungsfähigkeit und Dankbarkeit stehen für Gisela stellvertretend für viele Mitglieder. In diesem Sinne freut sich Cornelia Williner als Nachfolgerin von Gisela Stäheli auf ihre Arbeit und viele bereichernde Begegnungen. Sie hofft, die Erfahrungen aus ihren früheren Tätigkeiten bei Winterthur Tourismus und Schweiz Tourismus in ihre neuen Aufgaben einbringen zu können. Eines der Hauptziele von Cornelia Williner ist es, vermehrt jüngere Menschen für das ZKO zu begeistern. (PAM)


GENERALPROBE Di, 12. Oktober 2021, 10.00 Uhr, ZKO-Haus

GENERALPROBE Fr, 31. Dezember 2021, 13.45 Uhr, KKL Luzern

SAISONERÖFFNUNG Zürcher Kammerorchester Daniel Hope Music Director Willi Zimmermann Violine Daria Zappa Matesic Violine Tanja Sonc Violine Ines Morin Violine Philipp Wollheim Violine Werke von Telemann, Vivaldi, Bach und Tschaikowsky

SILVESTERKONZERT «VIER ELEMENTE» Zürcher Kammerorchester Maurice Steger Blockflöte und Leitung Rachel Harnisch Sopran Werke von J.-F. Rebel, G.F. Händel, A.S. Fiorè, W.A. Mozart, D. Sarro, A. Soler, F. Lehár, L. Delibes, R. Falvo Unkostenbeitrag: CHF 40 pro Person, Einladung erfolgt separat im November

GENERALPROBE Di, 16. November 2021, 10.00 Uhr, ZKO-Haus

ARBEITSPROBE Mo, 24. Januar 2022, 14.00 Uhr bis zur Pause, ZKO-Haus

Zürcher Kammerorchester Matthias Goerne Bariton Massimiliano Matesic Leitung Franz Schubert, Winterreise op. 89 D 911 (sinfonische Bearbeitung von M. Matesic)

Zürcher Kammerorchester Oliver Schnyder Klavier Willi Zimmermann Violine und Leitung Werke von Burkhard, Bach, Schostakowitsch und Mozart

GENERALPROBE Mi, 1. Dezember 2021, 19.00 Uhr, Kirche Fraumünster WEIHNACHTSKONZERT Zürcher Kammerorchester Zürcher Konzertchor André Fischer Leitung Franziska Andrea Heinzen Sopran Willi Zimmermann Konzertmeister Werke von Zavateri, Zelenka, Sammartini, Reger, Sarti, Mendelssohn, Dvorá̌ k, Pergolesi, Bach und Händel

Jetzt Mitglied werden und von exklusiven Privilegien profitieren.

Infos unter www.gfzko.ch

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A G E N DA

AG E N DA K A M MERMUSIK @ ZKO: HER B STFANTA SIEN SO, 3. OKT. 2021, 11.00 UHR, ZKO-HAUS N U GG IKO NZERT: HER B STFANTA SIEN SO, 3. OKT. 2021, 14.00 UHR, ZKO-HAUS E R I NN ERUNG EN – SAISONERÖFFNUNG MIT DA NI E L HO P E DI, 12. OKT. 2021, 19.30 UHR, TONHALLE AM SEE K R A BBEL KO NZERT: MAMA HUH N SUCH T IH R E I SO, 17. OKT. 2021, 11.00, 14.00 UND 16.00 UHR, ZKO-HAUS K I N D ERKO NZERT: DIE BR E ME R STADTMUSIKANTE N SO, 24. OKT. 2021, 11.00 UHR, SCHAUSPIELHAUS ZÜRICH, PFAUEN W I N TERREISE – M ATT HIA S GOER NE UND MA SSI MI LI ANO MATE S I C DI, 16. NOV. 2021, 19.30 UHR, TONHALLE AM SEE F E D ER UN D BO GEN I: JAME S JOYCE DO, 18. NOV. 2021, 19.30 UHR, ZKO-HAUS Z KO MEETS MARC S WAY SA , 20. NOV. 2021, 19.30 UHR, ZKO-HAUS A B C -KO NZERT: DER GE STIE FE LT E KATER SA , 20. NOV. 2021, 14.00 UHR / SO, 21. NOV. 2021, 11.00 UHR, ZKO-HAUS W E I HN ACHTSKO NZ E RT E – ZÜRCHER KONZERTC HO R FR, 3. UND SA , 4. DEZ. 2021, 19.30 UHR, FRAUMÜNSTER P U R ZEL KO NZERT: DIE GE SCHICHT E VOM KLEINE N O NKE L SO, 5. DEZ. 2021, 11.00, 14.00 UND 16.00 UHR, ZKO-HAUS N O R DISCHE WEIHNACHT – DANIE L H OPE DI, 14. DEZ. 2021, 19.30 UHR, TONHALLE AM SEE

B A ROCK ES FEUER DO, 16. DEZ. 2021, 19.30 UHR, KUNSTHAUS ZÜRICH

S I LV ESTERKO NZERT «VIE R E LE ME NTE» – MAUR I C E S TE GE R U ND RAC HE L HARNI S C H FR, 31. DEZ. 2021, 17.00 UHR, KKL LUZERN

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A G E N DA

N E U JAHRSKO NZERT «V IER ELEMENT E » – MAURI C E S TE GE R U ND RAC HE L HA RNI S C H SA , 1. JAN. 2022, 17.00 UHR, TONHALLE AM SEE A B C -KON ZERT: DIE SCH NE E KÖNIGIN SO, 9. JAN. 2022, 11.00, 14.00 UND 16.00 UHR, ZKO-HAUS K A M MERMUSIK @ ZKO: MANOSCR IT TO PIGNAT E LLI SO, 16. JAN. 2022, 11.00 UHR, ZKO-HAUS N U GG IKO NZERT: MANOSCRITTO PIGNATELLI SO, 16. JAN. 2022, 14.00 UHR, ZKO-HAUS F E S T KON ZERT M IT OLIVER SCH NYDE R DI, 25. JAN. 2022, 19.30 UHR, TONHALLE AM SEE P U R ZEL KO NZERT: DE R STOCKMANN SO, 27. FEB. 2022, 11.00, 14.00 UND 16.00 UHR, ZKO-HAUS P S YC HO – FILM KONZ E RT MIT DANIEL HOPE UN D A NTHO NY GA B RI E LE MI, 9. MÄR Z 2022, 19.30 UHR, KONGRESSHAUS ZÜRICH M O BY DICK SA , 12. MÄR Z – SO, 15. MAI 2022, SCHAUSPIELHAUS ZÜRICH, PFAUEN

WA NDELKON ZERT FR, 18. MÄR Z 2022, 19.30 UHR, KUNSTHAUS ZÜRICH

A B C -KON ZERT: ZILLY, DIE ZAUB E RIN SO, 3. APRIL 2022, 11.00, 14.00 UND 16.00 UHR, ZKO-HAUS

F E D ER UN D BO GEN II: DMITR I SCHOSTAKOWITS C H DO, 7. APRIL 2022, 19.30 UHR, ZKO-HAUS

Z E I T REISEN MIT AVI AV ITAL MO, 11. APRIL 2022, 19.30 UHR, TONHALLE AM SEE AU F TO URN EE MIT MAUR ICE STEGER DO, 21. APRIL 2022, 19.30 UHR, KIRCHE ST. PETER A M E RIK A – DANIEL HOPE UND ALEXEY BOTV IN OV DI, 3. MAI 2022, 19.30 UHR, TONHALLE AM SEE

Weitere Konzerte finden Sie in unserem Saisonprogramm und auf www.zko.ch. Änderungen vorbehalten.

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TICKETS UND IMPRESSUM

TICKETS

IMPRESSUM

Z KO BERATUNG UND V E RKAUF Seefeldstrasse 305, 8008 Zürich tickets@zko.ch, Tel. 044 552 59 00 Mo–Fr, 11.00 bis 17.00 Uhr

HER AUSG E B E R Zürcher Kammerorchester Seefeldstrasse 305, 8008 Zürich

B I L L ETTKA SSE TO NH ALLE AM SE E Claridenstrasse 7, 8002 Zürich Tel. 044 206 34 34 S C H AUSP IELHAUS PFAUE N (für Konzerte im Schauspielhaus) Rämistrasse 34, 8001 Zürich Tel. 044 258 77 77

REDAKTI O N Petra Meyer (Leitung), Lena-Catharina Schneider, Valentina De Marchi, Natasa Angov AUTOREN Dr. Lion Gallusser, Dr. Corinne Holtz (www.corinneholtz.ch), Felix Michel, Petra Meyer (pm), Lena-Catharina Schneider, Peter Marschel (PAM, ZKO-Freunde) FOTOGR A F I E Coverfoto © Felix Streuli/TBWA S. 3, 4, 8, 10, 40: Orchesterfotos © Harald Hoffmann S. 4: Matthias Goerne © Marie Staggat; Rachel Harnisch © René Ruis; Daniel Hope © Inge Prader S. 7: Stradivari © Felix Streuli/TBWA S. 11: Daniel Hope © Tibor Bozi S. 13: Jolanda Steiner © Jolanda Steiner S. 14: Matthias Goerne © Marie Staggat S. 17: James Joyce © domain public S. 18: Marc Sway © Jonathan Heyer S. 20: Franziska Andrea Heinzen © Sebastian Magnani S. 22: Daniel Hope © Inge Prader S. 25: Giovanni Benedetto Castiglione «Noah leitet die Tiere in die Arche» © Kunsthaus Zürich S. 26: Rachel Harnisch © René Ruis S. 27: Maurice Steger © Jean-Baptiste Millot S. 33, 34: Alexander Ponet, Daniel Hope & Ivo Schmid © Michel Bumann/ZKO S. 36: Tonhalle am See © Georg Aerni S. 37: Hope © Inge Prader; Konzertfotos Odessa Classics © Nikolay Vdovenko; Junges ZKO © Petra Meyer/ZKO; Maurice Steger © Molina Visuals S. 38, 39: Ribal Molaeb © privat ILLUST RATI O N S. 30: Mama Huhn sucht ihr Ei; nach Andreas Német, Oetinger Verlag S. 31: Die Geschichte vom kleinen Onkel; nach Eva Eriksson, Oetinger Verlag GE STALT U NG U ND LAYO U T Michel Bumann

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Saison 2021/22

DAS ZÜRCHER KAMMERORCHESTER. SO BESTÄNDIG WIE

DER WANDEL. Das kann nur Klassik.

MIT DANIEL HOPE, RACHEL HARNISCH, MATTHIAS GOERNE, MAURICE STEGER, OLIVER SCHNYDER, AVI AVITAL, DUNCAN WARD, FAZIL SAY UND VIELEN WEITEREN.

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Articles inside

RIBAL MOLAEB

3min
pages 38-39

ZKO INSIDE

1min
page 37

ZURÜCK IN DIE ZUKUNFT

1min
page 36

ORCHESTER IM WANDEL

3min
pages 32-33

GROSSE TÖNE FÜR DIE KLEINEN

2min
pages 30-31

VOM CHAOS ZUR ORDNUNG ZUM JAHRESWECHSEL

1min
pages 26-27

MACHT UND MUSEN, GELD UND GEIST

2min
pages 24-25

SÜSSE ADVENTSVERLOCKUNGEN

3min
pages 22-23

BESINNLICHKEIT, EINKEHR UND ENTDECKUNGEN

2min
pages 20-21

FUSION OHNE GRENZEN

2min
pages 18-19

JAMES JOYCE UND DER TRAUM VOM TENOR

2min
pages 16-17

OFFENLEGUNG DURCH METAMORPHOSE

3min
pages 14-15

ICH ERZÄHLE INWENDIG, NICHT AUSWENDIG

2min
pages 12-13

NEUES AUS ALTEM SCHÖPFEN

2min
pages 10-11

HERBSTFANTASIEN

2min
pages 8-9

DIE WINTERREIFEN, FREI NACH SCHUBERT

2min
pages 6-7

EDITORIAL

1min
page 3
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