ZKO OPUS. II Saison 2021/22

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OPUS. PROGRAMMMAGAZIN JAN. – MAI. 22


Klänge, die bewegen Ob das sanfte Summen eines Elektromotors, der tiefe Ton eines Achtzylinders oder das Crescendo im Konzertsaal – Klänge sind Schlüssel zu unseren Emotionen. www.amag.ch

Mit Leidenschaft. Für Sie.


E D I TO R I A L

EDITORIAL Von links: Lena-Catharina Schneider, Kathrin Martelli und Helene Eller

Liebes Publikum, liebe Freunde des Zürcher Kammerorchesters Das Jahr neigt sich dem Ende zu und wir möchten die Gelegenheit ergreifen, Ihnen allen für die schönen ersten musikalischen Begegnungen in dieser Saison zu danken! Mit dieser OPUS-Ausgabe möchten wir Sie einladen, uns auch im kommenden Jahr zu begleiten und unsere Faszination für den Wandel in der Musik zu erleben. Vielleicht finden Sie über die Festtage ein wenig Zeit und Musse, sich durch unsere Konzertprojekte des neuen Jahres inspirieren zu lassen. Den Auftakt im Januar übernehmen unsere Musikerinnen und Musiker mit der beliebten Kammermusikreihe im ZKOHaus und widmen sich dabei, gemeinsam mit der Sopranistin Juliette De Banes Gardonne, den fast vergessenen Kantaten der Neapolitanischen Schule. Bevor der Februar das ZKO auf eine zweiwöchige Konzerttournee nach Deutschland führt, ist es uns eine besondere Freude, das im April 2020 abgesagte Festkonzert zu Ehren des 100-Jahr-Jubiläums des Kammerorchesters Zürich und seines Gründervaters Alexander Schaichet mit unserem befreundeten Pianisten Oliver Schnyder nachzuholen. Farbenprächtig und wandlungsfähig präsentiert sich unser Orchester dann im Frühjahr. Neben einer weiteren Ausgabe der neuen musikliterarischen Reihe «Feder und Bogen» und einem exklusiven Wandelkonzert bei Nacht im Kunsthaus steht der ZKO-Frühling ganz unter dem Zeichen der Filmmusik: Spannungsgeladen starten Music Director Daniel Hope und das Zürcher Kammerorchester im März und bringen mit Psycho einen Filmklassiker Alfred Hitchcocks aus dem Jahr 1960 auf die Kongresshausbühne und Leinwand unter der Leitung von Anthony Gabriele. Endlich und schon sehnsüchtig erwartet beginnt ebenfalls im März unser grosses Kooperationsprojekt mit dem Schau-

Hauptpartner

spielhaus Zürich und seiner Regisseurin Wu Tsang, deren Verfilmung und Videoperformance Moby Dick, musikalisch von unserem Orchester begleitet, die grossangelegte Auftragskomposition der amerikanischen Komponistin Caroline Shaw zum Leben erwecken wird. Kaum erwarten können wir auch den Besuch des wunderbaren Mandolinisten Avi Avital, der eine ganz eigene Bearbeitung der Jahreszeiten von Pjotr Tschaikowsky nach Zürich mitbringen wird. Der Monat Mai lockt mit einer Zeitreise in das Amerika der 1930er-, 1940er- und 1950er-Jahre. Kompositionen von George Gershwin, Kurt Weill und Leonard Bernstein stehen im Vordergrund des Programms in der Tonhalle, für welches der englische Komponist Paul Bateman eine Auswahl an Werken neu für Klavier, Solovioline und Streichorchester arrangiert hat und das unter dem Titel America als neues gemeinsames Album mit unserem Music Director Daniel Hope bei der Deutschen Grammophon erscheinen wird. Wir wünschen Ihnen von Herzen friedvolle Festtage und ein gesundes, glückbringendes und musikerfülltes Jahr 2022! Herzliche Grüsse Ihre Lena-Catharina Schneider Geschäftsführung / Künstlerische Leitung Helene Eller Geschäftsführung / Kaufmännische Leitung Kathrin Martelli Präsidentin ZKO Verein

Innovationspartner

Subventionsgeber und Gönner


I N H A LT

08 O L IVE R SC HNYD E R Festkonzert in memoriam Alexander Schaichet.

22 MAU R I C E S T EG ER Konzert zum 25-Jahr-Jubiläum.

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PSYC HO

WA ND EL KO NZERT

Hitchcocks berühmter Filmklassiker mit Live-Orchester.

Ein Fest der Farben und Klänge im Kunsthaus Zürich.


I N H A LT

INHALT 6

Neu entdeckte Meisterwerke Mit Sopranistin Juliette De Banes Gardonne auf den Spuren von Maria Pignatelli

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Alexander Schaichet und sein Kammerorchester Zürich Oliver Schnyder und das ZKO erinnern an das erste Kammerorchester der Schweiz

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Tödliches Glissando Das ZKO wird zum Filmmusikorchester und präsentiert «Psycho»

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Neue Perspektiven auf Moby Dick Eine Kooperation mit dem Schauspielhaus Zürich

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Die Tonart flaschengrün Wandelkonzert im Kunsthaus Zürich

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Er kitzelt Stalins Ohr Eine musikliterarische Collage über Dmitri Schostakowitsch

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Die Mandoline ist zurück Avi Avital glänzt mit Arrangements von Bach und Tschaikowsky

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Etwas wahnsinnig Schönes Konzert zum 25-Jahr-Jubiläum mit Maurice Steger

26 Amerika Eine Brücke zwischen europäischer Klassik und amerikanischem Jazz 28 Familienkonzerte Grosse Töne für die Kleinen 30

America, the Beautiful Interview mit Daniel Hope zum neuen Album America

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ZKO Inside

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Die Musiker*innen und ihre Instrumente

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ZKO Freunde

40 Agenda 42

Tickets und Impressum


K A M M E R M U S I K @ Z KO

NEU ENTDECKTE MEISTERWERKE Die Sängerin Juliette De Banes Gardonne, zusammen mit Nicola Mosca, Naoiki Kitaya und Emanuele Forni, präsentiert Kantaten, welche zu Unrecht in Vergessenheit gerieten. Unter dem Staub der Jahrhunderte entdecken die Musiker vielfältige Emotionen und jede Menge Leidenschaft. TEXT SIMONE PFLÜGER

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K A M M E R M U S I K @ Z KO

Als Juliette De Banes Gardonne in einer musikwissenschaftlichen Publikation vom «Manoscritto Pignatelli» las, welches in der Antoniana-Bibliothek in Padua völlig unbemerkt durch die Jahrhunderte schlummerte, war ihr Interesse geweckt. Die Mezzosopranistin liess sich das kostbare Exemplar schicken und machte sich auf eine Spurensuche – unter anderem nach der Widmungsträgerin Maria Pignatelli, deren Identität bis dato ungeklärt war.

Juliette De Banes Gardonne lüftete nicht nur das Geheimnis um Maria Pignatelli, sondern entdeckte auch ungeahnte Meisterwerke in deren Manuskript. Die Neugier zahlte sich aus: Juliette De Banes Gardonne lüftete nicht nur das Geheimnis um Maria Pignatelli – es handelte sich dabei um die berühmte Mäzenin, die unter anderem für den Erfolg des Librettisten Pietro Metastasio verantwortlich war –, sondern entdeckte auch ungeahnte Meisterwerke in deren Manuskript. Neben den Werken berühmter Komponisten wie Alessandro und Domenico Scarlatti gingen nämlich auch völlig vergessen gegangene Kantaten in die Sammlung ein – etwa von Giuseppe Porsile. Diesen Werken wollte die Sängerin neues Leben einhauchen – mit einer CD, die bei Claves Records erschienen ist, und nun auch bei einem Kammermusikkonzert im ZKO-Haus. Wer könnte die Sängerin bei diesem Vorhaben besser unterstützen als das eingespielte Team der ZKO-Musiker Naoki Kitaya, Nicola Mosca mit Theorbist Emanuele Forni. Die drei musizieren bereits seit über zehn Jahren gemeinsam. «Wir verstehen einander blind. Jeder weiss, wann es besser ist, zu spielen oder dem anderen den Raum zu überlassen»,

beschreibt Emanuele Forni den Dialog ihrer Instrumente, den Teppich, auf dem die Sängerin Juliette De Banes Gardonne glänzen kann. Auf dem Programm des Kammermusikmorgens stehen neben zwei bekannten Instrumentalstücken fünf Kantaten aus dem «Manoscritto Pignatelli» – «und sie alle erzählen eine Geschichte», so Emanuele Forni. Die Verbindung zwischen Text und Musik ist zentral für die Neapolitanische Schule, der die Kantaten zugerechnet werden können. «Jede Kantate ist so etwas wie eine kleine Oper», erklärt Emanuele. Kleine Opern, in denen es vor allem um eines geht: den Schmerz, welchen die Liebe zuweilen verursacht. Auch die Mythologie inspirierte die Kompositionen, wie sich etwa bei Chi’o t’adori, oh mia Clori zeigt, der Geschichte um eine Nymphe, die vom Gott des Windes begehrt wurde, dessen Liebe aber nicht erwiderte. Das Werk ist eines der Lieblingsstücke Juliette De Banes Gardonnes im Programm. «Mir gefällt, dass Porsile viele folkloristische Elemente in seine Kompositionen einfliessen liess», sagt sie. Bei Chi’o t’adori, oh mia Clori klingt etwa die letzte Arie wie eine Quaratelle, welche für noble Salons geschrieben wurde. «Es handelt sich um populäre weltliche Musik, geschrieben zum Vergnügen.» Ein weiteres Highlight ist für die Sängerin die Kantate Arianna infelice. «Ein wirklich wunderschönes, feines Werk, welches alle grossen Gefühle der Seele zum Ausdruck bringt», meint die Sopranistin. «Ein Meisterstück von höchster Qualität, bei dem der Text perfekt zur Musik passt», urteilt ihr Kollege an der Theorbe, Barockgitarre und Laute, der überhaupt richtiggehend ins Schwärmen gerät: «Die Frische der Musik in diesem Programm begeistert mich. Sie ist sehr spontan, sehr direkt und gibt so viel. Wenn du ein Stück fertig gespielt hast, hat sich etwas in deinem Leben verändert. Das ist schön.»

KAMMERMUSIK@ZKO MANOSCRITTO PIGNATELLI – MUSIK AUS DER NEAPOLITANISCHEN SCHULE SO, 16. JAN. 2022, 11.00 UHR ZKO-HAUS Juliette De Banes Gardonne Mezzosopran Nicola Mosca Violoncello Emanuele Forni Laute, Theorbe und Barockgitarre Naoki Kitaya Cembalo CHF 40

Francesco Mancini Va sospirando il core Giuseppe Porsile Arianna infelice Alessandro Scarlatti Toccata für Solo-Cembalo Alessandro Scarlatti Lontananza non risana Giuseppe Porsile Neccesità di fato empio destin Nicola Antonio Porpora Sonata F-Dur für Violoncello und B.c. Giuseppe Porsile Ch’io t’adori, oh mia Clori

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F E S T KO N Z E RT M I T O L I V E R S C H N Y D E R

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F E S T KO N Z E RT M I T O L I V E R S C H N Y D E R

ALEXANDER SCHAICHET UND SEIN KAMMERORCHESTER ZÜRICH Vor etwas mehr als 100 Jahren wurde das erste Kammerorchester der Schweiz gegründet: das Kammerorchester Zürich. Ins Leben gerufen und geleitet wurde es von Alexander Schaichet, der damit nicht zuletzt das 1945 durch Edmond de Stoutz gegründete Zürcher Kammerorchester prägen sollte. Gemeinsam mit dem Schweizer Pianisten Oliver Schnyder zollt das ZKO Schaichet nun mit einem Jubiläumskonzert Tribut. TEXT LION GALLUSSER

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F E S T KO N Z E RT M I T O L I V E R S C H N Y D E R

«Werke zu Gehör bringen, die selten gehört, nie aufgeführt oder besonders wertvoll» sind, dies war Schaichets Hauptziel für sein 1920 konstituiertes Kammerorchester Zürich. Dass der aus dem damals russischen Nikolajew am Schwarzen Meer stammende Schaichet seine Pläne gerade in Zürich verwirklichte, war einem besonderen Umstand geschuldet. Denn eigentlich war der 1887 geborene Violinist, der in Odessa und Leipzig studiert hatte und anschliessend nach Jena als Konzertmeister und Dirigent berufen worden war, nur zu Ferienzwecken in die Schweiz gekommen. Da während seines Aufenthalts im Jahre 1914 der Erste Weltkrieg ausbrach, blieb er jedoch in der Schweiz. Sie wurde ihm Wirkungsstätte und Heimat, nicht zuletzt dank der 1919 erfolgten Heirat mit der aus Ungarn stammenden Pianistin Irma Löwinger (einer Schülerin von Béla Bartók, die ihrerseits für Studien zu Ferruccio Busoni nach Zürich gekommen war) und der 1927 vollzogenen Einbürgerung. MUSIK VERGANGENER EPOCHEN UND DER GEGENWART Mit viel Leidenschaft gab Schaichet seinem Kammerorchester ein charakteristisches Profil. Als eine Grundkonstante setzte er häufig ältere Musik, vorwiegend aus Barock und Frühklassik auf das Programm. Diese musste damals generell nicht nur wiederentdeckt werden, sondern man hatte sich auch Gedanken zur adäquaten Wiedergabe anzustellen. Zweifelsohne kommt Schaichet und seinem Ensemble deshalb eine musikhistorisch wichtige Rolle in der Etablierung einer historischen Aufführungspraxis zu. Vom Willen zur historisch orientierten Wiedergabe zeugen neben musikalischen Überlegungen auch halbinszenierte Konzerte in Kostümen aus alten Zeiten. Die Förderung der Alten Musik greift Oliver Schnyder am Jubiläumskonzert mit der Interpretation des Klavierkonzerts d-Moll BWV 1052 von Bach auf, wurde doch genau dieses Konzert in einem der ersten Konzerte des Kammerorchesters Zürich aufgeführt. Auch für Schnyder selbst, der das Konzert zum ersten Mal öffentlich spielt, eine Entdeckung: «Als ich davon erfuhr, war ich sehr gespannt darauf, das Werk zu erarbeiten.» Als Beispiel der Klassik spielt Schnyder zudem Mozarts Krönungskonzert KV 537, in seinen Augen ein «Popkonzert», da es «aufgrund seiner effektvollen Schlichtheit sehr volksnah» sei. Der andere Grundpfeiler in Schaichets musikalischem Programm war die Musik der Gegenwart. Besonders hervorzuheben ist sein Einsatz für die Musik von zeitgenössischen Schweizer Komponisten wie Albert Moeschinger oder Willy

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Burkhard, mit denen er häufig auch in engem persönlichem Kontakt stand. Die Toccata für Streichorchester op. 55, die dem Kammorchester Zürich und Schaichet gewidmet ist und durch diese 1939 uraufgeführt wurde, steht stellvertretend für die zahlreichen Aufführungen von Schweizer Kunstmusik des 20. Jahrhunderts. PERSÖNLICHES BEKENNTNIS Mit seinen grossen Repertoirekenntnissen setzte sich Schaichet auch für die Werke von ausländischen Komponisten wie Béla Bartók, Manuel de Falla oder Paul Hindemith u.v.m. ein. Mitunter aufgrund seiner jüdischen Abstammung programmierte er zudem Werke von jüdischen Komponisten wie Darius Milhaud, Bernhard Sekles oder Ernst Toch. Solche Aufführungen wurden ergänzt mit den ebenfalls mit viel Courage betriebenen Engagements als Leiter des jüdischen Gesangsvereins «Hasomir» sowie der Mitbegründung des Vereins «Omanut» zur Förderung jüdischer Kunst in der Schweiz. Als russischer Immigrant wiederum war Schaichet auch die russische Musik ein grosses Anliegen. Die Zwei Stücke für Streicher op. 11 von Dmitri Schostakowitsch verweisen auf die Förderung der russischen Gegenwartsmusik durch Schaichet, der 1932 ein Konzert mit «Russen der Gegenwart» veranstaltete (neben dem genannten Werk von Schostakowitsch wurden Lazare Saminsky, Alexander Tscherepnin, Maximilian Steinberg und Nikolai Mjaskowsky gegeben). NACHKLANG BIS IN DIE GEGENWART 1943 musste Schaichet das Kammerorchester Zürich aufgrund finanzieller Probleme und neuer Konkurrenz durch das 1941 von Paul Sacher gegründete Collegium Musicum Zürich auflösen. Dieser hatte bereits für die Gründung seines Basler Kammerorchesters im Jahre 1926 angegeben, dass ihm Schaichets Klangkörper ein Vorbild war. Und im Zürcher Kammerorchester leben einige von Schaichets Ideen bis heute weiter. Das Erbe von Alexander Schaichet wird vom Verein «Hommage an das Kammerorchester Alexander Schaichet» gepflegt. Auf der Website www.schaichet.ch wurde eine ganze Fülle von Informationen zusammengestellt. Zudem wird dort das äusserst lesenswerte Buch Zivilstand Musiker – Alexander Schaichet und das erste Kammerorchester der Schweiz (2020) vorgestellt.


F E S T KO N Z E RT M I T O L I V E R S C H N Y D E R

«Als Enkelin von Alexander Schaichet freue ich mich sehr über die grosse Resonanz der Publikation und der Veranstaltungen zum 100-Jahr-Jubiläum der Gründung des ersten Kammerorchesters der Schweiz. Damit werden die Leistungen und das musikalische Wirken von Alexander Schaichet von einer breiten Öffentlichkeit wahrgenommen und geschätzt.» IRENE FORSTER

FESTKONZERT MIT OLIVER SCHNYDER IN MEMORIAM ALEXANDER SCHAICHET DI, 25. JAN. 2022, 19.30 UHR TONHALLE AM SEE Oliver Schnyder Klavier Zürcher Kammerorchester Willi Zimmermann Violine & Leitung

Willy Burkhard Toccata für Streichorchester op. 55 Johann Sebastian Bach Klavierkonzert Nr. 1 d-Moll BWV 1052 Dmitri Schostakowitsch Zwei Stücke für Streicher op. 11 Wolfgang Amadeus Mozart Klavierkonzert Nr. 26 D-Dur KV 537 «Krönungskonzert»

Grosses Abo CHF 110 / 100 / 85 / 60 / 35 In Kooperation mit dem Verein «Hommage an das Kammerorchester Alexander Schaichet» www.schaichet.ch

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P S YC H O

TÖDLICHES GLISSANDO Ein Herzenswunsch von Daniel Hope geht in Erfüllung. Das Zürcher Kammerorchester wandelt sich zum Filmmusikorchester und begleitet vor der Leinwand im Kongresshaus Psycho. TEXT CORINNE HOLTZ

PSYCHO MI, 9. MÄR Z 2022, 19.30 UHR KONGRESSHAUS ZÜRICH Daniel Hope Music Director Anthony Gabriele Leitung Zürcher Kammerorchester Bernard Herrmann Filmmusik zum Film «Psycho» Grosses Abo, Kleines Abo CHF 110 / 100 / 85 / 60 / 35

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P S YC H O

Der Duschvorhang hat mit dem Kinostart von Psycho (1960) seine Unschuld verloren. Wer hinter sich den Vorhang zieht und den Wasserhahn aufdreht, nehme sich in Acht. Anthony Parkins alias Norman Bates, der Inhaber des Motels, könnte sich einschleichen und das Messer zücken. Während er zusticht, nochmal und nochmal, zeichnen panische Glissandi der Streicher das herabsausende Messer nach. Hätte Alfred Hitchcock recht bekommen, wäre der Mord in der Dusche ohne Musik über die Bühne gegangen. Er überdachte in den Weihnachtsferien das Vorhaben, Psycho zum einstündigen Fernsehfilm zusammenzuschneiden, und hiess seinen Komponisten Bernard Herrmann, in der Zwischenzeit keinesfalls Musik für den Mord unter der Dusche zu schreiben. Herrmann, als durchsetzungsfähiger und aufbrausender Charakter gefürchtet, umging das Verbot und wurde mit seiner Musik zu Psycho international bekannt. Vom Musikgeschmack seiner Regisseure, Hitchcock inbegriffen, hielt er mit einer Ausnahme nichts. «Alle Regisseure, ausgenommen Orson Welles, den grosse Musikkultur auszeichnet, führen sich wie ahnungslose Kinder auf.» Hitchcock, mit dem er bis zum Bruch nach zehn Jahren ambitioniertes Kino in die Welt setzte, würde jeden Film mit Schnulzen wie In a Monastery Garden unterlegen. Psycho exponiert bereits im Vorspann eine an Strawinsky gemahnende Fluchtmusik, zu deren Klängen die Büroangestellte Marion Krane vor der Polizei flüchten wird. Sie ist mit 40 000 Dollars durchgebrannt und stundenlang im Auto unterwegs. Diese Szene muss mit dem Zeitraffereffekt inszeniert werden: in der realen Filmzeit dauert die Passage einige Minuten, in der Erlebniszeit des Zuschauers jedoch erheblich länger.

lungsbogens, sichert die Melodie der hohen Violinen den Zusammenhalt. Inzwischen ist es dunkel geworden und Marion fährt noch immer. Es beginnt zu regnen, Scheinwerfer blenden, die Fahrerin ist übermüdet. Nur die Musik pulsiert ungerührt weiter, und zwar im Takt der Scheibenwischer. An anderer Stelle geht Marion das Benzin aus, synchron zur Musik, die ebenfalls schweigt: eine Gelegenheit für eine kurze Pause in der Realzeit. Herrmann war der bedeutendste aller US-amerikanischen Filmmusikkomponisten und begann als Musiker bei der Geige. Sein Gespür für die Abgründe und die Faszination für den Wahnsinn gipfelten in Musik, die das von der Hollywood-Industrie diktierte easy listening unterliefen. Zuletzt in Taxi Driver (1976) von Martin Scorsese, der Robert de Niro alias Travis Bickle auf die Fahrt durch den Grossstadtsumpf schickt. Herrmanns Laufbahn begann in einem Kammerorchester, dem der Absolvent der Juilliard School of Music in New York als Dirigent und Programmgestalter vorstand. Dabei mutete er sich und dem Publikum etwa den Aussenseiter Charles Ives zu, einen damals unbekannten Komponisten, der Herrmanns erste Werke beeinflusste. 1934 bis 1951 dirigierte er das CBS Symphony Orchestra und schrieb neben seinen Arbeiten für den Film auch Musik für den Konzertsaal. Der «reine Filmmusikkomponist» sei eine Erfindung des amerikanischen Studiosystems, die Trivialisierung des Genres würden deren Musikdirektoren und Tune Specialists vorantreiben, war Herrmann überzeugt. Ein Glück, dass er sich nicht vereinnahmen liess und mit der Musik in Psycho und dem gespenstischen Leitmotiv f-es-d aus aufsteigender Septime und absteigender None ein atemraubendes Kinoerlebnis vervollständigt.

Dramatisch vertikal wirken in der Fluchtmusik der Rhythmus und die gehetzten Repetitionsfiguren der Streicher. Episch horizontal, im Dienste eines übergreifenden Hand-

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M O BY D I C K

NEUE P E R S P E KT I V E N AU F NEUE P E R S P E KT I V E N AU F

M O B Y M O BY D I C K D I C K 14


M O BY D I C K

Das Schauspielhaus Zürich und das Zürcher Kammerorchester präsentieren eine spartenvereinende Neuinterpretation von Herman Melvilles Roman Moby Dick, in der sich sowohl inhaltlich als auch medial neue Perspektiven eröffnen.

wie der Beginn des modernen Kapitalismus auf dem Tablett sind. Oder wie Wu Tsang es ausdrückt: «Die Personen jagen Wale und dann jagen sie den grossen Wal und dann sterben alle. Das also ist die Geschichte, aber im Rahmen dieser können wir das Ganze ziemlich stark erweitern, zu allen möglichen Themen.» BILD UND KLANG

TEXT LION GALLUSSER

Dreh- und Angelpunkt des sorgfältig durchdachten Projekts ist die Adaption von Moby Dick als Stummfilm durch die hochgelobte Zürcher Hausregisseurin und PerformanceKünstlerin Wu Tsang. Bereits diese Entscheidung weist auf deren kritischen Umgang mit dem Roman von Melville hin. Letzterer erzählte die Geschichte um den Matrosen Ismael und den Kapitän und Walfänger Ahab, der den Wal Moby Dick mit Rage jagt, da er ihm ein Bein abgerissen hat, in 135 Kapiteln und einem Epilog. Auf den knapp 1000 Seiten spielte Melville mit wechselnden Perspektiven und mehr oder weniger deutlich implizierten Themenfeldern des 19. Jahrhunderts (weshalb das Werk auch als «Autobiografie eines Jahrhunderts» bezeichnet wird). Wu Tsang allerdings, die sich immer wieder mit der Macht des Erzählens auseinandersetzt, negiert Melvilles Hoheit auf den Text, indem sie einen Stummfilm konzipierte, in welchem – so sie selbst – «die Sprache im Grunde verschwindet». Und auch die inhaltlichen Narrative bricht sie auf, denn sie erzählt die Geschichte auf abstrakte Weise aus der Warte der postkolonialistischen Kritik, womit unversehens Themen

Für den Stummfilm erarbeiteten Wu Tsang und ihr Team eigens eine «virtuelle Technologie, um einen Ozean zu erschaffen, den wir um das Schiff herum projizieren werden». Das Publikum taucht also direkt ein – so Wu Tsang weiter – in jenen «Raum, in dem die Geschichte zusammenkommt». Massgeblichen Anteil am Sog der Aufführung hat auch die Musik, die das ZKO live zum Film spielt. Die international gefragte Komponistin Caroline Shaw schrieb sie als Auftrag speziell für diesen Film, ergänzt werden die Klänge in befruchtenden Interferenzen von jenen der ebenfalls angesagten DJ Asma Maroof. Besondere Erfahrungen bieten sich in diesem Setting auch den Musiker*innen des ZKO, das unter der Leitung des auf Filmmusik spezialisierten Dirigenten Kevin Griffiths aufspielen wird. Zur spannenden Herausforderung des Live-Begleitens eines Films schliesslich meint Daniel Hope, der Music Director des ZKO: «Ein Soundtrack ist genau getimt, spielst du hingegen live, kannst du dir überhaupt keine Freiheiten erlauben. Bild und Ton müssen genau passen, ansonsten wird die Emotion auf dem Bildschirm nicht getroffen. Das ist ein Kitzel, der es für alle interessant macht ...»

MOBY DICK SA , 12. MÄR Z BIS DI, 24. MAI 2022 SCHAUSPIELHAUS ZÜRICH, PFAUEN Wu Tsang Inszenierung Caroline Shaw Komposition Kevin Griffiths Leitung Zürcher Kammerorchester

SA , 12. MÄR Z 2022, 20.00 UHR

Ticketverkauf über Schauspielhaus Zürich

DI, 05. APRIL 2022, 20.00 UHR

MO, 14. MÄR Z 2022, 20.00 UHR DO, 17. MÄR Z 2022, 20.00 UHR SO, 20. MÄR Z 2022, 15.00 UHR MI, 06. APRIL 2022, 20.00 UHR DO, 28. APRIL 2022, 20.00 UHR

Premiere CHF 110 / 99 / 77 / 52 / 25 Regulär CHF 98 / 89 / 68 / 46 / 20 Eine Produktion des Schauspielhauses Zürich, in Kooperation mit dem ZKO

FR, 29. APRIL 2022, 20.00 UHR SA , 14. MAI 2022,

20.00 UHR

SO, 15. MAI 2022,

16.00 UHR

MO, 23. MAI 2022,

20.00 UHR

DI, 24. MAI 2022,

20.00 UHR

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WA N D E L KO N Z E RT

DIE TONART FLASCHENGRÜN Was geschieht mit uns, wenn wir Musik hören? Vielleicht sehen wir Farben und Formen oder nehmen Gerüche war. Im Wandelkonzert in der Sammlung des Kunsthaus Zürich erweitern Bilder und Skulpturen unser Hören. Eine Einladung zum Selbstversuch. TEXT CORINNE HOLTZ

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WA N D E L KO N Z E RT

Seit Jahrhunderten sind Menschen der Beziehung zwischen Musik und Farbe auf der Spur. Isaac Newton etwa glaubte, das Spektrum habe sieben verschiedene Farben, die den sieben Tönen der diatonischen Tonleiter entsprechen. Im 18. Jahrhundert entwarf man Farbenklaviere, auf denen jeder Ton von einer bestimmten Farbe begleitet war. Den Tonarten schrieb man bis ins 19. Jahrhundert Farbeigenschaften zu: Es-Dur funkelt golden, cis-Moll klingt grau und düster. Tatsächlich gibt es Menschen, die Farben und Formen sehen, wenn sie Musik hören.

Für die meisten Menschen bleibt die Assoziation zwischen Musik und Farbe auf Vergleiche beschränkt: auf das «wie» und das «als ob». Dass die zweite Sinfonie von Brahms in D-Dur blau ist und ein Satz in g-Moll ocker wie in der Wahrnehmung des US-amerikanischen Komponisten Michael Torke, lesen wir in Oliver Sacks Klassiker Der einarmige Pianist. Über Musik und Gehirn. Torke hat in seiner Farbmusik für Orchester Tonarten mittels Farben erkundet und sich ab 1985 vom «Ekstatischen Orange» über «Grün» und «Lila» zum «Aschgrau» vorgearbeitet.

«Bei Konzerten kam mir das Orchester wie ein Maler vor. Es überflutete mich mit allen Farben des Regenbogens.»

Im Wandelkonzert durch die Sammlung sind Sie zum Selbstversuch eingeladen.

JACQUES LUSSEYRANS

«Wenn die Geige allein einsetzte, war ich plötzlich erfüllt von Gold und Feuer, und mit einem Rot, so strahlend, dass ich mich nicht erinnern konnte, es jemals an einem Gegenstand gesehen zu haben. Als die Oboe an der Reihe war, wurde ich von einem klaren Grün durchflossen, so kühl, dass ich den Nachthauch zu spüren meinte. Ich sah Musik zu sehr, um ihre Sprache zu sprechen.» Wenn eine Sinneswahrnehmung automatisch eine andere hervorruft, sprechen wir von Synästhesie. In der Grosshirnrinde sind dann zwei oder mehrere sensorische Areale gleichzeitig aktiv. Musik ist eine der häufigsten und spektakulärsten Spielarten dieses Phänomens. Erblindet ein Mensch wie der oben zitierte Schriftsteller Jacques Lusseyrans, kann sich paradoxerweise die visuelle Vorstellungstätigkeit sogar noch steigern.

Bläst Edward Munchs Militärkapelle einen nachtblauen Marsch (Musik auf der Karl Johan Strasse)? Zupfen Pablo Picassos Gitarren flaschengrüne und nussbraune Töne (Gitarre auf Tischchen; Gitarre, Glas, Fruchtschale)? Fliegt Alexander Calders Cello in gelb (Cello auf einer Spindel)? Vielleicht hilft Ihnen auch ein Likör auf die Sprünge. Der Autor Joris-Karl Huysmans verglich im Kultroman Gegen den Strich (1884) den jeweiligen Geschmack süsser Spirituosen mit einem Musikinstrument: trockener Curaçao korrespondiere mit einer Klarinette, Kümmel mit einer Oboe und Pfefferminzlikör mit einer Flöte. Was Sie im Wandelkonzert hören und sehen werden, bleibt Ihr Geheimnis und die dazu gespielte Musik eine Überraschung.

WANDELKONZERT FR, 18. MÄR Z, 19.30 UHR KUNSTHAUS ZÜRICH Zürcher Kammerorchester

Überraschungsprogramm

CHF 40

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ER KITZELT STALINS OHR Der deutsch-britische Schauspieler Thomas Douglas verantwortet Konzept und Regie der neuen musikalischliterarischen Reihe Feder & Bogen. Entstanden ist eine Collage aus Musik, Text und Bild über Dmitri Schostakowitsch. TEXT CORINNE HOLTZ

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FEDER UND BOGEN II

Die Musik quakt, grunzt und knurrt. Sie kitzelt den Geschmack der Bourgeoisie. Das steht am 28. Januar 1936 in einem ungezeichneten Artikel in der Prawda über Schostakowitschs Oper Lady Macbeth. Was die linientreue Tageszeitung abdruckt, ist das Evangelium und kann böse enden. Der Artikel unter dem Titel «Chaos statt Musik» zerschlägt den Sensationserfolg der Oper und ist der Auftakt zur Zerrüttung eines der führenden Komponisten des 20. Jahrhunderts. Schostakowitsch weiss, dass der Geheimdienst nachts kommt. Eben ist die Tochter Galina zur Welt gekommen. «In seiner ersten Nacht am Fahrstuhl hatte er beschlossen, nicht zu rauchen. In seinem Koffer lagen drei Schachteln Kasbek, und die würde er brauchen, wenn sein Verhör begänne. Und für die Haft, falls die als Nächstes käme.» Julian Barnes spürt in seinem Roman «Der Lärm der Zeit» Schostakowitschs Leben in der Sowjet-Diktatur nach und bleibt dabei nahe an den Quellen. In Diktaturen ist die Wahrheit wechselhaft wie das Wetter. Schostakowitsch trägt dem Rechnung und hat sein Leben mehrmals erzählt, im Laufe der Jahre überarbeitet und nachgebessert. Seine Memoiren Zeugenaussage hat er Solomon Wolkow in den Mund gelegt und einen jahrzehntelangen Kampf um die Deutungshoheit entfacht. Beugte sich Schostakowitsch vor der Macht, als er sich 1960 zum 1. Sekretär des Komponistenverbandes wählen liess und in die Partei eintrat?

Oft beginnt die Melodie gesittet und fusst wohlerzogen auf Tonika- und Dominantklängen. Unvermutet folgen Ohrfeigen – selbst Präludien können gefährlich werden. Gefahr wittert das Politbüro auch in den Sinfonien 7, 8 und 9. Sie zeugten von «absichtlich» komplexen Formen textfreier Musik und würden sich von der sowjetischen Realität «frei» halten. Der Stalinpreisträger Schostakowitsch gerät 1948 unter Verdacht, insgeheim ein Dissident zu sein. Zerrüttung macht krank. «Ich bestehe aus Glas und habe das Gefühl, bei jeder falschen Bewegung zu zerspringen», sagt er seinem Biografen Wolkow. Auf die Lähmungserscheinungen folgen mehrere Herzinfarkte. 1975 wird Schostakowitschs offener Sarg im grossen Saal des Moskauer Konservatoriums ausgestellt, flankiert von einer Ehrenwache aus hochrangigen Partei- und Regierungsfunktionären. Die Sowjetisierung hat den Ruf des Komponisten über das Ende des Kalten Krieges hinaus beschädigt.

«In der Reihe ‹Feder und Bogen› möchten wir unser Publikum musikalisch und literarisch verführen und zu einer sinnlichen Entdeckungsreise einladen.» LENA-CATHARINA SCHNEIDER

«Wer Ohren hat, zu hören, der höre», sagte er gerne. Mit Lady Macbeth etablierte Schostakowitsch seinen unverkennbaren Stil, eine Tonalität, die durch die Schule der Atonalität gegangen ist. Das lässt sich in den Préludes op. 34 für Klavier ebenfalls nachvollziehen – in gewitzten Bearbeitungen, gespielt von Inga Kazantseva, Anna Tchinaeva und Anna Tyka Nyffenegger. Schostakowitsch verweist mit der Reihenfolge und dem Gang durch alle Tonarten auf Frédéric Chopin.

FEDER UND BOGEN II: DMITRI SCHOSTAKOWITSCH DO, 7. APRIL 2022, 19.30 UHR ZKO-HAUS Thomas Douglas Konzept und Erzählung Anna Tchinaeva Violine Anna Tyka Nyffenegger Violoncello Inga Kazantseva Klavier

Werke von Dmitri Schostakowitsch

CHF 40

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Z E I T R E I S E N M I T AV I AV I TA L

DIE MANDOLINE IST ZURÜCK Die Mandoline stammt aus Neapel und erlebte im Barock eine Blütezeit. Avi Avital, als Superstar des Instruments gefeiert, glänzt mit Arrangements von Bach und Tschaikowsky. TEXT CORINNE HOLTZ

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Z E I T R E I S E N M I T AV I AV I TA L

Es war einmal ein Knabe, der hörte aus dem Fenster des Nachbarhauses wundersame Musik. Sie war sanft und leise und ging ihm nicht mehr aus dem Sinn. So kam es, dass er seine Mutter bat, dieses Zupfinstrument spielen lernen zu dürfen. Die Mutter willigte ein und liess ihn vom besten Lehrer der Stadt unterrichten. Was wie ein Märchen klingt, begann am Konservatorium in Be’er Scheva, einer der grössten Städte Israels. Statt sich an der Kibbuz-Tradition zu orientieren und sich mit Bluegrass und Country zu beschäftigen, erschliesst sich Avi Avital das klassische Repertoire. Der musikalische Appetit des Musikers jedoch geht weit über die vergleichsweise wenigen Originalkompositionen hinaus. Heute wildert Avital in verschiedenen Stilen und erobert mit seinen Programmen von Bach über Vivaldi bis Klezmer, vom Tango über Jazz bis Crossover den Klassikmarkt. Johann Sebastian Bachs Musik eignet sich in ihrer Universalität ganz besonders für die Bearbeitung – ein Verfahren, das Bach und seine Zeitgenossen ebenfalls praktizierten. Dafür gab es gute Gründe. Bach etwa wollte sich die Neuerungen des Konzert-Komponisten Vivaldi aneignen und für die Auftritte mit seinem «Collegium Musicum» aufbereiten. Oder er verwandelte sein Violinkonzert a-Moll BWV 1041 wie andere Geigenkonzerte in ein Cembalokonzert. Vermutet wird, dass er damit seinen beiden ältesten Söhnen Konzertpraxis verschaffen wollte. Avi Avital knüpft beim Bachschen Pragmatismus an und hat inzwischen eine stattliche Reihe von bekannten Werken des Thomaskantors für Mandoline bearbeitet. So das a-Moll-Konzert BWV 1041, dessen langsamer Satz ein poetischer Dialog zwischen ostinatem Bass und Soloinstru-

ment ist. Avital setzt auf mehrheitsfähige Programme und versteht sich als Medium: «Meine Rolle als Interpret ist es, Menschen mit Musik zu versorgen. Die Leute kommen zu einem Konzert, um Kunst zu erleben, und ich ermögliche ihnen diese Erfahrung.»

«Meine Rolle als Interpret ist es, Menschen mit Musik zu versorgen. Die Leute kommen zu einem Konzert, um Kunst zu erleben, und ich ermögliche ihnen diese Erfahrung.» Coda: Das Streichquartett ist in Italien «eine Pflanze ausserhalb ihres Klimas». Diese charmante Behauptung verdanken wir Giuseppe Verdi und seinem Streichquartett in e-Moll, dem einzigen von ihm selbst zur Veröffentlichung gegebenen Instrumentalwerk. Verdi zielt damit auf den zunehmenden Einfluss deutscher Musik und stellt der QuartettTradition eines Haydn, Beethoven und Mendelssohn ein italienisch-eigenständiges Werk entgegen. So erinnert das Anfangsthema des ersten Satzes an den kammermusikalischen Beginn der Aida, das Andantino streift eine traurige Mazurka, das Prestissimo ist ein Seitenhieb auf Beethoven, der «Scherzo-Fuga» betitelte vierte Satz eine Distanzierung von den ernsten Modellen seiner Vorgänger. Das Werk von 1873 ist ein Wurf und hat sich als einziges italienisches Quartett aus dieser Zeit im Konzertbetrieb etabliert. Der Publikumsmagnet, von Verdi selbst zum «Zeitvertrieb» komponiert, fasziniert auch in der vom ZKO gespielten Fassung für Streichorchester.

ZEITREISEN MIT AVI AVITAL MO, 11. APRIL 2022, 19.30 UHR TONHALLE AM SEE Avi Avital Mandoline Zürcher Kammerorchester Willi Zimmermann Violine & Leitung Grosses Abo CHF 110 / 100 / 85 / 60 / 35

Antonio Vivaldi Concerto g-Moll für Streicher und B.c. RV 156 Johann Sebastian Bach Violinkonzert a-Moll BWV 1041, arrangiert für Mandoline von Avi Avital Ottorino Respighi Antiche Danze ed Arie Suite III Pjotr Iljitsch Tschaikowsky Auszüge, aus: Die Jahreszeiten op. 37a, arrangiert von Ohad Ben-Ari Giuseppe Verdi Streichquartett e-Moll, Bearbeitung für Streichorchester

Einzeltickets sind ausschliesslich über die Tonhalle am See erhältlich. Eine Veranstaltung in Zusammenarbeit mit «Meisterinterpreten»

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A U F TO U R N E E M I T M A U R I C E S T E G E R

ETWA S WAHNSINNIG SCHÖNES Seit fünfundzwanzig Jahren stehen Maurice Steger und das ZKO gemeinsam auf der Bühne – fast so lange, wie die Karriere des Ausnahme-Blockflötisten schon andauert. Es war und ist eine besondere Beziehung, die alle Beteiligten geprägt hat. TEXT FELIX MICHEL

Draussen fegt eine Herbst-Bise einzelne Flecken am Himmel blau, und Maurice Steger bestellt zum Cappuccino einen Mango-Smoothie. Vitamine können in dieser Jahreszeit bestimmt nicht schaden, zumal Steger keine Zeit für ein Mittagessen hat: Eben erst kommt er aus Basel, wo er die nächste CD-Produktion vorbereitet. Seit seinem spektakulären CD-Debut im Jahr 1994 ist viel geschehen. Stegers reiche Diskografie zeigt es: Seine von Anfang an verblüffende Virtuosität, Stilsicherheit, Kommunikationsfreude hat er seither gar vertieft, etwa durch noch vielfältigere Timbres, noch einfallsreichere Verzierungskunst. Das ZKO wiederum hat sich seit damals erst recht verändert; von einem «wahnsinnigen Entwicklungsprozess» spricht Steger, auf den er gerne zurückblicke. Zunächst jedoch schiebt er den Mango-Smoothie beiseite und lacht. «Macht nichts», sagt Steger über die kulinarische Enttäuschung und wendet sich ganz dem Gespräch zu. Bereits bei seinem Solistendiplom-Konzert sassen ZKO-Mitglieder im Publikum, erinnert er sich. Und so ging es los: ein erster gemeinsamer Auftritt, dann gleich fünfundfünfzig Nachfolgekonzerte. «Das war so fantastisch», sagt Steger fast ungläubig. «Das ZKO nahm mich wie einen Nachzögling auf», so jung sei er ja noch gewesen. Und ungestüm! «Rabiat» nennt Steger seine Probierlust im Rückblick; auch Irrwege habe er in seinem ersten Karriereabschnitt einge-

schlagen, da stehe er dazu. Heute bekäme niemand mehr in diesem jungen Alter eine solche «Spielwiese». Zu klar sei der Wissensstand, als dass ein Dirigent sich auf gewisse Experimente einliesse. Die jüngere Generation (die Steger übrigens vielfältig fördert) beneide er darum nicht. «Im Gegenteil», seufzt er. Er habe sich zwar alles – Repertoire, bessere Instrumente – zusammensuchen müssen, erhielt dafür aber mehr Zuspruch und Aufmerksamkeit. Vielleicht wuchs er auch daran zum wahren Künstler? Bei aller Hilfestellung lasse sich künstlerisch das Letzte jedenfalls nie vermitteln. «Es ist bereits komplex, auf der Blockflöte technisch alles zusammenzubringen», sagt Steger. «Das Publikum auf höchstem Niveau in eine andere Gefühlswelt zu entführen, ist noch viel schwerer.»

Stegers aussergewöhnliche Begeisterungsfähigkeit führte dazu, dass sich das ZKO kompromisslos auf eine gemeinsame Reise einliess. Das ZKO wurde durch die Begegnung mit dem jungen Steger seinerseits beschenkt: Kurz nach dem Ende der Ära de Stoutz gingen dem Orchester und seinem neuen Dirigenten Howard Griffiths die Ohren dafür auf, was historisch informiertes Musizieren ist. Und Stegers ausserge-

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A U F TO U R N E E M I T M A U R I C E S T E G E R

«Das ist eigentlich etwas wahnsinnig Schönes, so lange zusammenzuarbeiten.»

Die Verbindung zu Maurice Steger ist während der ganzen Zeit eng geblieben. «Das ist eigentlich etwas wahnsinnig Schönes, so lange zusammenzuarbeiten», sagt Steger, der sich heute für seine Projekte die weltbesten Ensembles aussuchen kann. Seit den Anfängen, als er «noch fast ein Lehrling» gewesen sei, arbeiten Steger und das ZKO auf Augenhöhe. Das entspreche dem selbstbewussten Ensemble, das sich nichts einfach diktieren lasse. Und es entspreche ihm selbst: «Ich bin kein dominanter Typ», gesteht er, erkennt darin jedoch gegenüber anderen Dirigenten den gestalterischen Vorzug, «wirklich atmen und kreieren» zu können.

Ein reines Spezialensemble wollte das ZKO zwar nicht werden. Aber was es im barocken Musizieren gewonnen hat – Phrasierungskunst und Klangsensibilität etwa –, nutzt es seit der Zeit mit Roger Norrington für die Interpretation von Musik aller Epochen. Auch wenn es dies heute auf modernen Instrumenten tut, so gilt eben, was Steger in prägnanter Mundart festhält: «D’Muus isch im Chääs gsii.»

Nach seinen Zukunftsträumen befragt, lächelt Steger, er sei «eher der Typ, der alles zu realisieren versucht», statt bloss zu träumen. Beglückend finde er, wenn Projekte, die nie ein Traum waren, plötzlich traumhaft herauskämen. Weder Nostalgiker noch Träumer ist Maurice Steger also. Was eignet sich da besser zum Feiern eines Bühnenjubiläums als eine lebendige Konzerttournee?

wöhnliche Begeisterungsfähigkeit führte dazu, dass sich das ZKO kompromisslos auf eine gemeinsame Reise einliess. Mit ihm als «Artistic Director Baroque» entdeckte es historische Instrumente und Spielweisen, und mit seinen Konzertformaten («Barock in Zürich») sprang der Funke aufs Publikum über.

AUF TOURNEE MIT MAURICE STEGER 25-JAHR-BÜHNENJUBILÄUM DO, 21. APRIL 2022, 19.30 UHR KIRCHE ST. PETER Maurice Steger Blockflöte und Leitung Zürcher Kammerorchester Johann Sebastian Bach Konzert für Blockflöte, Streicher und B.c. BWV 971 «nach italienischem Gusto» Anonymus «A Jacobean Masque Dance» mit instrumentalen Stücken aus dem 17. Jahrhundert Arvo Pärt Fratres Antonio Vivaldi Konzert B-Dur für Blockflöte, Streicher und B.c. RV 375 Johann Sebastian Bach Auszüge, aus: Goldberg-Variationen, BWV 988, Bearbeitung für Streichorchester CHF 75

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A U F TO U R N E E M I T M A U R I C E S T E G E R

TOURDATEN 2022 TAK VADUZER WELTKLASSIK MI, 19. JAN. 2022, 20.00 UHR, VADUZER-SAAL

KLASSIK STERNE RHEINFELDEN SA , 23. APRIL 2022, 20.00 UHR, STADTKIRCHE ST. MARTIN, RHEINFELDEN

MEISTERZYKLUS BERN FR, 21. JAN. 2022, 19.30 UHR, CASINO BERN

KLASSIK STERNE AARAU SO, 24. APRIL 2022, 18.30 UHR, KULTUR & KONGRESSHAUS AARAU

WEINGARTEN SA , 22. JAN. 2022, 20.00 UHR, KULTUR- UND KONGRESSZENTRUM OBERSCHWABEN

LENZBURGIADE DI, 21. JUNI 2022, SCHLOSSHOF LENZBURG

KLASSIK STERNE SARGANSERLAND FR, 22. APRIL 2022, 19.30 UHR, KULTUR UND KONGRESSHAUS VERRUCANO MELS

DRESDEN SA , 16. JULI 2022, 20.00 UHR, FRAUENKIRCHE DRESDEN

Endlich Endlich eine eine Fliege, Fliege, Endlich eine die die jedem jedem die jede Hals Hals steht. steht. Hals steh

Wir Wirwünschen wünschenIhnen Ihneneinen einenperfekten perfekten Konzertgenuss. Konzertgenuss. Wir wünschen Ihnen einen perfekten Wir wünschen Konzertgenuss. Ihnen einen perfekte

Alles AllesGute. Gute. Alles Gute.

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Alles Gute.


AMERIKA

AMERIKA Daniel Hope nimmt uns mit in die Vereinigten Staaten der 1930er-, 1940er- und 1950er-Jahre, indem er Musik aus jener bewegten Zeit in neuen Bearbeitungen zum Strahlen bringt. Die Arrangements selbst stammen vom renommierten Dirigenten und Komponisten Paul Bateman, der uns Einblicke in deren Entstehung gibt. TEXT LION GALLUSSER

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AMERIKA

«Gebt mir Eure Müden, Eure Armen, Eure zusammengekauerten Massen, die sich danach sehnen, frei zu atmen. […] Schickt die Heimatlosen, die Schickalsgebeutelten zu mir: Ich erhebe mein Licht am goldenen Tor.» Mit diesen Zeilen empfängt die 1886 eingeweihte Freiheitsstatue vor New York die einlaufenden Schiffe, die alle an ihr passieren müssen, um in den Hafen der «Neuen Welt» zu gelangen. Für die zahlreichen Menschen, die ihre alte Heimat aus verschiedensten, teils lebensbedrohlichen Motiven verliessen, waren die Worte mehr als nur Verheissung: Im «land of the free» suchten sie Schutz, Perspektiven und Geborgenheit. Mit ihren spezifischen sozialen und kulturellen Hintergründen bereicherten die Einwanderer jenen «melting pot», jenen «Schmelztiegel», als der die vielfältige amerikanische Kultur gerne aufgefasst wird. Die dabei entstandene musikalische Blüte illustriert Daniel Hope nun im Projekt Amerika, das er mit dem ZKO auf einer Europa-Tournee vorstellt und aus dem eine neue CD hervorgeht. «VIELE NEUE GEDANKEN UND MÖGLICHKEITEN FÜR DIE MUSIK» Im Programm treffen vier Komponisten aufeinander, die allesamt selbst in die USA kamen oder in immigrierte Familien hineingeboren wurden. Kurt Weill, der noch 1928 zusammen mit Bertold Brecht die Dreigroschenoper in Berlin zur Uraufführung bringen konnte, floh 1935 aufgrund seiner jüdischen Abstammung vor den Nationalsozialisten nach Amerika. Sowohl George Gershwin als auch Leonard Bernstein hatten aus Osteuropa stammende Vorfahren, die ein besseres Leben in Übersee gesucht hatten. Der in Genf geborene, jüdisch-stämmige Ernest Bloch schliesslich hatte sich zu Beginn des 20. Jahrhunderts erfolgreich als Komponist in den USA etabliert, ehe seine Wahlheimat in den 1930erJahren aufgrund des grassierenden Antisemitismus zum Exil wurde.

Weill, Bernstein und Gershwin hauchte der US-amerikanische Arrangeur Paul Bateman nun mit auf Daniel Hope und die Solo-Violine zugeschnittenen Bearbeitungen neues Leben ein. Er betont aber sogleich: «Die Idee zum Programm sowie die Auswahl der Komponisten gehen auf Daniel Hope zurück – für mich ist es eine grosse Ehre, für einen solch herausragenden Künstler zu schreiben.» Überhaupt ist Bateman von der Zusammenarbeit mit Hope, für den er schon seit 2013 quasi «nonstop» Musik bearbeitet, begeistert: «Daniel hat so viele neue Gedanken und Möglichkeiten für die Musik.» Für Amerika entpuppte sich die Kollaboration von Hope und Bateman als besonders fruchtbar, denn Letzterer hat sich als Dirigent auf die Musik jener Zeit spezialisiert: «Meine frühe Karriere als Music Director des West End theater [mit dem Broadway eine der wichtigsten Musical-Bühnen] gab mir sicherlich ein breites Verständnis zahlreicher verschiedener Stile». DER AUTODIDAKT: PAUL BATEMAN BRACHTE SICH DAS ARRANGIEREN UND ORCHESTRIEREN SELBST BEI. Die Suiten, die Bateman auf Musik von Weill, Bernstein und Gershwin komponierte, versprühen dank des sorgfältigen musikalischen Gespürs des Bearbeiters jenes amerikanische Lebensgefühl zwischen Songkultur, Tanzrhythmen und Jazz. Die Basis allerdings ist bei sämtlichen Werken des Konzerts die europäische Musik, die aus der Warte des 20. Jahrhunderts neu durchleuchtet wurde. Diese Idee der profunden Verwurzelung in der westlichen Musikgeschichte kam schliesslich auch Paul Bateman, der sich das Arrangieren und Orchestrieren selbst beibrachte, auf seinem Lebensweg zugute: «Die Orchestrierungsbücher von Hector Berlioz, Nikolai Rimski-Korsakow und Walter Piston sowie das seit meinen Studientagen verfolgte ernste Studium von Harmonie und Kontrapunkt sind in meiner Arbeit von grösstem Vorteil!»

AMERIKA DI, 3. MAI 2022, 19.30 UHR TONHALLE AM SEE Daniel Hope Music Director Alexey Botvinov Klavier Zürcher Kammerorchester Grosses Abo, Kleines Abo CHF 110 / 100 / 85 / 60 / 35

Ernest Bloch Concerto grosso Nr. 1 für Streicher mit obligatem Klavier Kurt Weill Song Suite, arrangiert von Paul Bateman Leonard Bernstein Suite from West Side Story, arrangiert von Paul Bateman George Gershwin Song Suite für Violine und Streicher, arrangiert von Paul Bateman

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FA M I L I E N KO N Z E RT E

GROSSE TÖNE FÜR DIE KLEINEN BRING YO U R OW N M AT

D I E S C H N E E KÖN IG IN Kay und Gerda sind beste Freunde. Eines Tages wird Kay vom Splitter des verzauberten Spiegels der Schneekönigin getroffen. Niemand kann ihm helfen, und deshalb folgt er der Schneekönigin in ihr Reich aus Schnee und Eis. Gerda ist verzweifelt und begibt sich auf eine abenteuerliche Reise, um ihren Freund zu retten. ABC-KONZERT SO, 9. JAN. 2022, 11.00, 14.00 UND 16.00 UHR ZKO-HAUS Jolanda Steiner Konzept und Erzählung Musikerinnen und Musiker des Zürcher Kammerorchesters 5–7 Jahre Kinder CHF 10 Erwachsene CHF 30

MANO S C RITTO PIGNATELLI – MU S IK AU S DER NEAPO LITANIS CHE N S C HU LE Für die feinen Ohren von Babys spielen Musikerinnen und Musiker des ZKO speziell ausgesuchte Kompositionen, die sicher auch den Eltern gefallen. An diesem Nachmittag stehen barocke Kantaten von Francesco Mancini, Giuseppe Porsile, Alessandro Scarlatti und Nicola Antonio Porpora auf dem Programm. NUGGIKONZERT SO, 16. JAN. 2022, 14.00 ZKO-HAUS Juliette De Banes Gardonne Mezzosopran Nicola Mosca Violoncello Emanuele Forni Laute, Theorbe und Barockgitarre Naoki Kitaya Cembalo 0–1 Jahre Babys gratis (benötigen Freikarte) Erwachsene CHF 30

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FA M I L I E N KO N Z E RT E

D ER S TO C K M A NN

ZILLY, DIE ZAU BERIN

Die Welt ist voller Gefahren, vor allem wenn man ein Stockmann ist und tagein, tagaus mit einem ganz gewöhnlichen Stock verwechselt wird. Als der kleine Mann nach vielen gefährlichen Abenteuern im Kamin landet, ist es beinah um ihn geschehen. Doch schliesslich geht alles gut und überraschend anders aus. Und Stockmann ist endlich zurück, bei seinen Lieben «zu Hause im Glück».

Zilly liebt Schwarz. Ihr ganzes Haus hat sie in Schwarz eingerichtet, und auch ihr Kater Zingaro ist schwarz. Und wenn Zingaros Augen geschlossen sind, kann man schon mal schnell über ihn stolpern oder sich auf ihn setzen. Aber auch als Zilly ihn grasgrün zaubert, gibt es Probleme …

PURZELKONZERT SO, 27. FEB. 2022, 11.00, 14.00 UND 16.00 UHR ZKO-HAUS Thomas Douglas Konzept und Erzählung Musikerinnen und Musiker des Zürcher Kammerorchesters 3–5 Jahre Kinder 10 CHF Erwachsene 30 CHF

ABC-KONZERT SO, 3. APRIL 2022, 11.00, 14.00 UND 16.00 UHR ZKO-HAUS Jolanda Steiner Konzept und Erzählung Musikerinnen und Musiker des Zürcher Kammerorchesters 5–7 Jahre Kinder CHF 10 Erwachsene CHF 30

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AMERICA , THE BEAUTIFUL

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AMERICA , THE BEAUTIFUL

AMERICA , THE BEAUTIFUL Jazz und Klassik. Zwei Geschwister, die sich selten die Bühne teilen. Während George Gershwin Jazz ins Orchester brachte, gelang es Duke Ellington, das Orchester in den Jazz zu bringen. Fasziniert vom musikalischen Reichtum der 1930er-, 1940er- und 1950er-Jahre in den USA, bauen Daniel Hope und das Zürcher Kammerorchester gemeinsam mit dem renommierten Marcus Roberts Trio eine Brücke über musikalische Grenzen und Kontinente hinweg. Das Ergebnis ist ab Februar auf einem neuen Album zu hören: America. INTERVIEW PETRA MEYER

Daniel, du bist seit dem Jahr 2016 Music Director des Zürcher Kammerorchesters. Das neue Album America ist bereits die siebte gemeinsame Einspielung für Deutsche Grammophon. Seit wann hattest du den Plan, ein Album mit neu arrangierten amerikanischen Jazzstandards aufzunehmen? Das ZKO und ich haben eine grossartige Reise hinter uns und sind in diesen fünf Jahren eng zusammengewachsen. Unsere Zusammenarbeit inspiriert und fasziniert mich jeden Tag mehr. Das Amerika-Projekt hatte ich allerdings schon etwas länger im Kopf. Es war ein Wunsch von mir, die amerikanische Musik der 1930er-, 1940er- und 1950erJahre zu untersuchen. Das sind dreissig Jahre, in denen enorm viel passiert ist: Das Ende der Prohibition, die Bürgerrechtsbewegung, der Zweite Weltkrieg. Der Jazz hat sich nicht nur erfunden, er hat sich rasant entwickelt. Vor allem durch Duke Ellington und George Gershwin, für mich zwei zentrale Säulen der amerikanischen Musik. Auf dem Album sind neben der Sängerin Joy Denalane, der Pianistin Sylvia Thereza und dem deutschen Jazzgitarristen Joscho Stephan auch das amerikanische Marcus Roberts Trio zu hören. Wie kam es zu dieser Zusammenarbeit über die Kontinente hinweg? Der Gedanke, diese Einspielung gemeinsam mit dem ZKO zu machen, entstand bereits 2016. Wir waren zu Gast in Georgia beim «Savannah Musik Festival», wo ich von 2004 bis 2019 als «Associate Artistic Director» tätig war. Wir hatten das Glück, dort mit Marcus Roberts zusammenzu-

arbeiten. Er ist einer der besten und renommiertesten Jazzmusiker unserer Zeit – ein Genie. Es passiert selten, dass ein etabliertes, hochangesehenes Jazztrio sich für klassische Musik öffnet. Und es passiert mindestens genau so selten, dass ein klassisches Ensemble sich auf den Jazz einlässt. Entweder fehlt das musikalische Verständnis für die beiden Welten oder das Können ist nicht ausreichend vorhanden. Aber diese Begegnung war anders. Bereits bei der ersten Probe habe ich gesehen, wie die Augen unserer Musiker*innen geleuchtet haben. Marcus Roberts war ebenso beflügelt davon, die beiden Welten zusammenzubringen. Nach diesem Erlebnis war mir klar, dass ich genau in dieser Konstellation für unser Amerika-Projekt in ein Studio gehen möchte. Es hat halt ein bisschen gedauert! Wir hatten sechs andere Einspielungen zu machen, eine Pandemie kam dazwischen und die ganze Welt drohte aus den Fugen zu geraten. Aber ich gebe nicht so leicht auf. Auf dem Album ist das Stück America, the Beautiful zu hören. Ein patriotisches Werk, das auch als inoffizielle Nationalhymne bezeichnet wird. Was bedeutet Amerika für dich? Woher kommt deine innige Verbindung zur US-amerikanischen Musikkultur? Ich habe ein enges Verhältnis zu Amerika und zur amerikanischen Musik. Ein Teil meiner Familie stammt aus Deutschland, ist aber in die USA emigriert. Es sind richtige Amerikaner geworden. Die Musik hat mich aber schon immer fasziniert. Ich bin regelrecht verliebt in die amerikanische Musik.

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O RC H E S T E R I M WA N D E L

Eine Person, mit der du regelmässig zusammenarbeitest, ist der englische Pianist, Komponist und Arrangeur Paul Bateman. Alle Werke, die auf America zu hören sind, wurden von ihm bearbeitet. Wie kam es zur Auswahl der Stücke? Paul Bateman hat sich so feinfühlig den Stücken und deren Historie genähert. Da ist z.B. Duke Ellingtons Come Sunday aus dem Jahr 1942. Ellington schrieb es als ersten Teil einer Suite mit dem Titel Black, Brown and Beige. Das ist ein Musiktheaterstück, das die gesamte Geschichte der afroamerikanischen Musik erzählt. Come Sunday ist eine Hymne daraus. Kurioserweise wurde es in den 50er-Jahren von Yehudi Menuhin und Duke Ellington für das amerikanische Fernsehen gemeinsam eingespielt. Ein weiteres Werk stammt aus der Feder von Florence Price. Sie ist die erste afroamerikanische Musikerin, die in den USA als Komponistin von klassischer Musik bekannt wurde und von der eine Sinfonie von einem der führenden amerikanischen Orchester gespielt wurde. Nach ihrem Tod geriet sie allerdings in Vergessenheit. Was hat dich dazu bewogen, ein Werk von ihr für America auszuwählen? Es war mir ein grosses Anliegen Florence Price auf diesem Album zu haben. Ich war sehr gerührt von ihrer Geschichte und der Tatsache, dass jetzt endlich ihre Musik zelebriert und angenommen wird. Ich habe mich für Adoration entschieden, ein bewegendes Orgelstück, das ebenfalls von Paul Bateman bearbeitet wurde.

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Die meisten Menschen haben ein sehr genaues Gefühl dafür, was amerikanische Musik ist, ohne dass sie es erklären können. Was zeichnet deiner Meinung nach den spezifischen Klang Amerikas aus? Dazu fällt mir der tschechische Komponist Antonín Dvorák ein, der von 1892 bis 1895 in den USA gelebt hat. In einem Interview machte er eine für die damalige Zeit ungewöhnliche Aussage zur amerikanischen Musik. Es sagte, in den Afroamerikanischen Melodien Amerikas habe er «eine grosse und edle Schule der Musik» entdeckt. Seinerzeit löste das Interview mit ihm einen Skandal aus. Ich kann Dvorák nur zustimmen. Die Lieder aus der afroamerikanischen Musik sind Grundlagen, um die amerikanische Musik zu verstehen und zu erkennen, wie edel und erhaben sie ist. Für den Jazzmusiker Marcus Roberts hingegen verkörpert die amerikanische Musik alles, was den Menschen umgibt: Trauer und Hass, Liebe und Schwierigkeiten. Eben, den Blues! Aber immer mit der Aussicht, das am Ende alles okay sein wird. Dieser Grundoptimismus hat seine Wurzeln im Leben der Schwarzen Musiker, die ihre ganze Fantasie und Vorstellungskraft von einem besseren Leben, in ihrer Musik ausleben mussten. Das Thema Migration zieht sich wie ein roter Faden durch dieses Album. Gershwin, Bernstein, Copland: sie alle hatten osteuropäische Vorfahren. Kurt Weill hat sich in den 30er-Jahren auf der Flucht vor Verfolgung auf den Weg nach Übersee gemacht. Themen, die auch in deiner Biografie eine Rolle spielten.


O RC H E S T E R I M WA N D E L

Ein grosser Teil meiner Biografie ist von Migration und Rassentrennung betroffen. Ich wurde in Südafrika geboren, musste allerdings als Kind schon das Land verlassen, weil mein Vater gegen die Apartheid gekämpft hat und das Leben nicht mehr sicher war. Meine Familie besteht eigentlich nur aus Migranten, genau wie Amerika. Das Land besteht nahezu zu 90 Prozent aus Menschen, die irgendwann in ihrem Leben dort gelandet sind. Im Februar geht es mit dem neuen Album im Gepäck auf Deutschland-Tournee. Ihr besucht acht Städte in zwölf Tagen. Ein strapaziöses Programm. Was gibt dir die Kraft, auf der Bühne immer wieder Vollgas zu geben? Wenn ich am Abend mit meinen Kolleginnen und Kollegen auf der Bühne stehe, dann schaue ich in deren freudige Gesichter. Egal wie lange die Fahrt gedauert hat, die Augen strahlen, alle sind voller Energie und Elan. Dann ist jede Art von Müdigkeit wie weggefegt. Das hat mit der Liebe zur Musik zu tun und mit dem Respekt, den wir füreinander haben. Und eine Prise Adrenalin ist natürlich auch dabei! Ausserdem waren wir jetzt lange «eingesperrt». Der natürliche Zustand eines Musikers ist das «on the road» sein, um sein Publikum zu erreichen.

TOURDATEN DI, 1. FEB. 2022, 20.00 UHR DIE GLOCKE, BREMEN MI, 2. FEB. 2022, 20.00 UHR PRINZREGENTENTHEATER, MÜNCHEN FR, 4. FEB. 2022, 19.30 UHR GROSSER SENDESAAL IM NDR LANDESFUNKHAUS HANNOVER SA , 5. FEB. 2022, 20.00 UHR KONZERTHAUS BERLIN SO, 6. FEB. 2022, 20.00 UHR STAATSTHEATER BRAUNSCHWEIG MI, 9. FEB. 2022, 20.00 UHR ELBPHILHARMONIE HAMBURG FR, 11. FEB. 2022, 20.00 UHR TONHALLE DÜSSELDORF

Daniel Hope – America erscheint am 4. Februar 2022 bei Deutsche Grammaphon.

SA , 12. FEB. 2022, 20.00 UHR ALTE OPER FRANKFURT

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Schöne Aussichten 2022 Neujahrskonzert — 1. Januar Singwoche — 14. bis 19. Februar DAVOS FESTIVAL

6. bis 20. August

Tickets und alle Infos: davosfestival.ch

SAVE THE 33 DATE


Z KO I N S I D E

ZKO INSIDE

J U N G E S Z KO : B ESU C H I M Z KO-H AUS

FEUERPRO BE BESTA NDEN

20 JAHRE BEIM ZKO : THO MA S ENTZEROTH

Das Projekt «Junges ZKO» hat sich zum Ziel gesetzt, Schulkindern einen Einblick in die Welt der klassischen Musik zu eröffnen. Nach dem Besuch der Saisoneröffnung im Oktober hatte die 5. Klasse des Schulhauses Hardau gemeinsam mit Musikvermittler Oliver Hauser die Möglichkeit, hinter die Kulissen des ZKO-Hauses zu schauen. An vier Stationen durften sich die Schüler aktiv beteiligen. Auf welche Weise kann man Werke im Notenarchiv finden? Welche Aufgaben hat die Programmleitung? Mit grosser Konzentration und Freude widmeten sich die Schüler diesen und anderen Fragen und brachten mit ihrer Begeisterung, eine ganze Menge Leben ins ZKO-Haus.

Die digitale Transformation beim Zürcher Kammerorchester schreitet voran. Seit Saisonbeginn 2021/22 spielt das Orchester die Noten nicht mehr vom Notenblatt, sondern digital vom Tablet. Die Feuerprobe fand bei der Saisoneröffnung am 12. Oktober in der frisch renovierten Tonhalle am See statt. Im Vorfeld wurde das Orchester intensiv geschult – dennoch war die Erleichterung gross, nachdem alles nahezu reibungslos geklappt hat. Nahezu? Die analoge Welt war es, die Musik Director Daniel Hope einen Streich gespielt hat: Saitenriss! Glücklicherweise erst ganz zum Ende des Konzertes und zur zweiten Zugabe war das Problem dann auch wieder behoben.

Unser freier Mitarbeiter Thomas Entzeroth feiert im Januar 2022 sein 20-JahrDienstjubiläum. Seitdem das Orchester im Jahr 2002 ins ZKO-Haus eingezogen ist, steht er für die verschiedensten Belange, vor allem für technische Fragen, zur Verfügung. Aber nicht nur das: Mehrfach hat der hauptberufliche Fotograf die schönsten Momente des ZKO professionell abgelichtet. Bei Konzerten im ZKO-Haus, vor allem bei Familienkonzerten, sorgt er für einen reibungslosen Ablauf. Sein persönliches Ziel ist es, dass der Aufenthalt im ZKO-Haus allen Besucherinnen und Besuchern in guter Erinnerung bleibt. Das ZKO bedankt sich von ganzem Herzen: Well done, Herr Entzeroth!

Ringvorlesung Musica Virtuosa ▪ Studienreise In St. Petersburg auf den Spuren der grossen Komponisten Thomas Meyer ▪ Grossorchestraler Jazz – von 1923 bis heute Mit Probenbesuch beim Zurich Jazz Orchestra, Beat Blaser ▪ Lehrgang Musikgeschichte Thomas Meyer ▪ Lehrgang Musiktheorie Hans Meierhofer ▪ Die Musik VOLKSHOCHSCHULE Westafrikas Bernhard Frei ▪ Die Faszination ZÜRICH der modernen Klassik Prof. René Wohlhauser 34


The

2022 2021 2020 2019 2018 2017 2016 2015 2014 2013 2012 2011 2010 2009 2008 2007 2006 2005 2004 2003 2002 2001 2000 1999 1998 1997 1996 1995 1994 1993 1992 1991 1990 1989 1988 1987 1986 1985 1984 1983 1982 1981 1980 1979 1978 1977 1976 1975 1974 1973 1972 1971 1970 1969 1968 1967 1966 1965

2 0 0 0 Sculpture Walter De Maria 27.8.2021— 20.2.2022 Kunsthaus Zürich

→ kunsthaus.ch

Unterstützt von Albers & Co. AG und der Boston Consulting Group

1964 1963 1962 1961 1960 1959 1958 1957 1956 1955 1954 1953 1952 1951 1950 1949 1948 1947 1946 1945 1944 1943 1942 1941 1940 1939 1938 1937 1936 1935

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DIE MUSIKER*INNEN UND IHRE INSTRUMENTE

«ES IST DAS GRÖSSTE GLÜCK AUF DIESEM INSTRUMENT SPIELEN ZU DÜRFEN» Sie bringt das grösste Instrument im Zürcher Kammerorchester zum Klingen. Stimmführerin Seon-Deok Baik sorgt nicht nur für das klangliche Fundament des Orchesters, sondern zaubert mit einem nahezu sportlichen Einsatz die tiefsten und intensivsten Klänge aus ihrem Kontrabass. INTERVIEW PETRA MEYER

«Jeder Musiker wird Ihnen gern bestätigen, dass ein Orchester jederzeit auf den Dirigenten verzichten kann, aber nicht auf den Kontrabass.» PATRICK SÜSSKIND

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DIE MUSIKER*INNEN UND IHRE INSTRUMENTE

Seon-Deok, du hast dir mit dem Kontrabass ein Instrument ausgewählt, was schon allein von der Grösse her beeindruckt, und auch der Tonumfang ist gewaltig. War das eine Liebe auf den ersten Blick oder bist du über die Jahre mit deinem Instrument zusammengewachsen? An meiner Schule gab es ein Ensemble, ein Bläserorchester mit zwei Kontrabässen. Der Dirigent war mein Klassenlehrer. Er wusste, dass ich recht gut Klavier spielen konnte, also ein musikalisches Grundverständnis mitbrachte. Und auch wenn man es heute kaum glauben kann, ich war gross damals (lacht). Er schlug mir vor, es bei ihm im Schulorchester mit dem Kontrabass zu probieren. Ich hatte keine Ahnung was für ein Instrument das ist. Was ging dir durch den Kopf, als du dein neues Instrument dann zum ersten Mal gesehen hast? Das weiss ich noch sehr genau. Für mich war das einfach ein grosser «Holzkasten». Eine Gitarre hatte ich gekannt – aber dieses Instrument? Wie sollte man so etwas halten können? Es gab damals noch keinen Kinderbass. Mein Lehrer stellte die 1,8 Meter grosse Holzkiste auf, gab mir einen Hocker, auf den ich stehen konnte und sagte: «Na los, probiere das mal. Das da sind die Seiten G, D, A, E – die kannst du zupfen oder kratzen.» Dann drückte er mir noch einen Bogen in die Hand, wusste aber selbst nicht genau, wie man ihn richtig hält. Ja, das war meine erste Begegnung mit dem Kontrabass.

Was kannst du uns zu dem Kontrabass erzählen, mit dem wir dich bei Konzerten bewundern dürfen? Das Instrument, das ich im Konzert spiele, gehört dem Orchester. Es ist das grösste Glück meines Lebens, auf diesem Kontrabass spielen zu dürfen. Ganz einfach deshalb, weil es das beste Instrument der ganzen Welt ist. Es ist mit mir so fest verbunden. Es gibt mir uneingeschränkt die Möglichkeit, mich auszudrücken. Ich brauche nicht den wertvollsten Kontrabass der Welt, ich brauche den Bass, der mir antwortet. Dieses Instrument ist für mich ein Universum. Ich kenne viele seiner Möglichkeiten, aber ich kenne sie nicht alle. Es ist ein Medium, mit dem ich mich und die Welt des Klanges immer wieder neu entdecke – und das bereits seit 22 Jahren, seit ich zum ZKO gekommen bin. Dafür bin ich sehr dankbar. Das ZKO ist ein Orchester, das regelmässig im In- und Ausland tourt. Wie funktioniert das Reisen mit so einem unhandlichen, schweren Instrument? Vor vier Jahren haben die «ZKO Freunde» zwei Reisebässe finanziert. Vorher bekam ich, egal wo auf der Welt wir spielten, einen «Leihbass». Manche waren besser, andere schlechter, aber nicht einer war je so gut wie mein Kontrabass im Orchester. Manche Seiten waren uralt und nicht überholt, manchmal war das Instrument so verstaubt, dass ich es erst putzen musste. Oder noch schlimmer, der Bass war nagelneu – hatte aber keinerlei Klang. Jetzt, mit dem Reisebass, ist die Situation viel besser. Ich bin sehr dankbar dafür.

Und ab wann begann dann der Unterricht? Das erste Jahre gab es niemanden, der mir zeigen konnte, was ich machen muss. Aber das hat mich wahrscheinlich gereizt: Es war ein grosses Abenteuer, alles selbst herauszufinden. Ich wollte das Instrument immer noch besser kennen lernen. Und so ist es bis heute geblieben. Im Alter von zehn Jahren habe ich dann einen Lehrer bekommen und bereits zwei Jahre später konnte ich im «Seoul Philharmonic Youth Orchestra» mitspielen.

Was zeichnet einen Reisebass aus? Ein Reisebass ist ein klappbarer Bass. Er wurde speziell für mich, viersaitig, von einem Pariser Instrumentenbauer entworfen und gebaut. Ich hatte im Vorfeld meine Zweifel. Ein klappbarer Bass? Wie soll das klingen können. Aber als ich Patrick Charton kennen gelernt hatte, wusste ich, dieser Mann kann das. Der Bass lässt sich in fünf Minuten aufund abbauen und der Klang ist erstaunlich gut.

Ab wann hast du daran gedacht, Musikerin zu werden? Darüber habe ich erst sehr viel später nachgedacht. In Korea fehlte es einfach an Vorbildern, die mir hätten helfen können eine Vorstellung von den Möglichkeiten des Kontrabass-Spiels zu entwickeln. Mit 13 Jahren war ich dann zum ersten Mal ganz allein bei einem klassischen Konzert. Auf dem Programm stand George Bizets «Carmen Fantasie». Anstatt der Violine spielte der Kontrabassist Gary Karr die Solopassagen. Er galt seinerzeit als führender Virtuose seines Fachs. Sein Solospiel hat mich zutiefst beeindruckt und mir eine neue Vorstellungswelt eröffnet. Dennoch fühle ich mich bis heute im Ensemble am wohlsten. Die Rolle des Kontrabasses im Orchester, das passt einfach zu mir.

Der Kontrabass hält sich im Hintergrund, ist aber für den vollen Klang eines Orchesters enorm wichtig. Gibt es zwischen dir und deinem Instrument charakterliche Übereinstimmungen? Eigentlich bin ich ein einfacher Mensch. Meine Familie bezeichnet mich als idealistisch. Manchmal stelle ich auch zu viele Fragen. Ich möchte mit einfachen Mitteln ein spannendes Ergebnis, einen maximalen Effekt erreichen. Aus einer Viertelnote und einer Viertelpause kann man so viel machen. Viele Noten spielen ist einfacher als eine Note spielen – im Fokus auf ein Pizzicato: Forte, Piano, Pause! So bin ich – aus nichts möchte ich etwas herausholen. Und davon bekomme ich nicht genug.

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W I R S U C HEN F REUNDE. W I R S C HEN K EN FREUDE. Mit Ihrem Engagement unterstützen Sie das Zürcher Kammerorchester in seinem künstlerischen Schaffen und ermöglichen kulturelle Vielfalt. Ausserdem profitieren Sie von diversen exklusiven Privilegien. Wir freuen uns auf Sie. Ihr Vorteil.

Anmeldung.

Mit einer ordentlichen Mitgliedschaft profitieren Sie von: • Zutritt zu ausgewählten Arbeits­ und Generalproben. • Zwei Freikarten für ein Kammermusikkonzert im ZKO­Haus. • Abonnement für das ZKO­Magazin OPUS. • Bevorzugte Konzertaktionen. • Einladung zu einer kommentierten Probe inkl. Apéro. • Exklusives Dinner für Förderer, Donatoren und Firmen / Mäzene.

Werden Sie jetzt Mitglied der Freunde des Zürcher Kammer­ orchesters. Anmelden können Sie sich mittels beiliegender Antwortkarte oder online unter www.gfzko.ch, wo Sie auch weitere Informationen zur nicht mehr aus unserer Stadt wegzudenkenden Institution ZKO finden.

Veranstaltungen für die Mitglieder der ZKO Freunde. GENERALPROBE Mi, 1. Dezember 2021, 19.00 Uhr, Kirche Fraumünster

ARBEITSPROBE Mo, 24. Januar 2022, 14.00 Uhr bis zur Pause, ZKO­Haus

WEIHNACHTSKONZERT Zürcher Kammerorchester Zürcher Konzertchor André Fischer Leitung Franziska Andrea Heinzen Sopran Willi Zimmermann Konzertmeister Werke von Zavateri, Zelenka, Sammartini, Reger, Sarti, Mendelssohn, Dvorá̌ k, Pergolesi, Bach und Händel

Zürcher Kammerorchester Oliver Schnyder Klavier Willi Zimmermann Violine und Leitung Werke von Burkhard, Bach, Schostakowitsch und Mozart

GENERALPROBE Fr, 31. Dezember 2021, 13.45 Uhr, KKL Luzern SILVESTERKONZERT «VIER ELEMENTE» Zürcher Kammerorchester Maurice Steger Blockflöte und Leitung Rachel Harnisch Sopran Werke von J.­F. Rebel, G.F. Händel, A.S. Fiorè, W.A. Mozart, D. Sarro, A. Soler, F. Lehár, L. Delibes, R. Falvo Unkostenbeitrag: CHF 40.– pro Person, Einladung erfolgt separat im November

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ARBEITSPROBE Di, 8. März 2022, 10.00 Uhr bis zur Pause, ZKO­Haus Zürcher Kammerorchester Daniel Hope Music Director Anthony Gabriele Leitung Bernhard Herrmann, Filmmusik zum Film «Psycho» GENERALPROBE Mo, 11. April 2022, 10.00 Uhr, ZKO­Haus Zürcher Kammerorchester Avi Avital Mandoline Willi Zimmermann Violine und Leitung Werke von Vivaldi, Bach, Respighi, Tschaikowsky und Verdi


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A G E N DA

AG E N DA A B C -KO NZERT: DIE SCHNEEKÖNIGIN SO, 9. JAN. 2022, 11.00, 14.00, UND 16.00 UHR, ZKO-HAUS K A M MERMUSIK @ ZKO: MANOSCR IT TO PIGNAT E LLI SO, 16. JAN. 2022, 11.00 UHR, ZKO-HAUS N U GG IKO NZERT: MANOSCRITTO PIGNATELLI SO, 16. JAN. 2022, 14.00 UHR, ZKO-HAUS F E S T KON ZERT M IT OLIVER SCH NYDE R DI, 25. JAN. 2022, 19.30 UHR, TONHALLE AM SEE P U R ZEL KO NZERT: DE R STOCKMANN SO, 27. FEB. 2022, 11.00, 14.00 UND 16.00 UHR, ZKO-HAUS P S YC HO – FILM KONZ E RT MIT DANIEL HOPE UN D A NTHO NY GA B RI E LE MI, 9. MÄR Z 2022, 19.30 UHR, KONGRESSHAUS ZÜRICH M O BY DICK SA , 12. MÄR Z – DI, 24. MAI 2022, SCHAUSPIELHAUS ZÜRICH, PFAUEN WA NDELKON ZERT FR, 18. MÄR Z 2022, 19.30 UHR, KUNSTHAUS ZÜRICH A B C -KO NZERT: ZILLY, DIE Z AUBER IN SO, 3. APRIL 2022, 11.00, 14.00 UND 16.00 UHR, ZKO-HAUS F E D ER UN D BO GEN II: DMITR I SCHOSTAKOWITS C H DO, 7. APRIL 2022, 19.30 UHR, ZKO-HAUS Z E I T REISEN MIT AVI AV ITAL MO, 11. APRIL 2022, 19.30 UHR, TONHALLE AM SEE AU F TOURNEE M IT MAURICE ST E GE R DO, 21. APRIL 2022, 19.30 UHR, KIRCHE ST. PETER A M E RIK A – DANIEL HOPE UND ALEXEY BOTV IN OV DI, 3. MAI 2022, 19.30 UHR, TONHALLE AM SEE

K L A SSIK FÜR DIE KINDER KREBSFORSCH UNG DI, 10. MAI 2022, 19.30 UHR, TONHALLE AM SEE

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A G E N DA

K I N D ERKO NZERT: VON DER QUE LLE BIS ZUM ME E R SO, 15. MAI 2022, 11.00 UHR, SCHAUSPIELHAUS ZÜRICH, PFAUEN K R A BBEL KO NZERT: DE R KLE INE IGEL UND DA S VE RLO RE NE E NTC HE N SA , 21. MAI 2022, 11.00, 14.00 UND 16.00 UHR, ZKO-HAUS P U R ZEL KO NZERT: WIE FINDUS Z U PET TER SSON KA M SO, 22. MAI 2022, 11.00, 14.00 UND 16.00 UHR, ZKO-HAUS V E RY BRITISH – DU NC AN WARD DI, 31. MAI 2022, 19.30 UHR, TONHALLE AM SEE A B S C HL USSKO NZERT JUNGE S ZKO FR, 10. UND SA , 11. JUNI 2022, 19.30 UHR ZKO-HAUS K A M MERMUSIK @ ZKO: SOMMER MORGE N SO, 12. JUNI 2022, 11.00 UHR, ZKO-HAUS N U GG IKO NZERT: S OMME RMORGEN SO, 12. JUNI 2022, 14.00 UHR, ZKO-HAUS F E D ER UN D BO GEN III: ADALBERT STIFTER FR, 24. JUNI 2022, 19.30 UHR, ZKO-HAUS

R H A PSODIE SA , 25. JUNI 2022, 11.00 UHR, ZKO-HAUS

W I E N – PARIS SA , 25. JUNI 2022, 14.30 UHR, WASSERKIRCHE

B - A - C-H – DAN IEL H OPE SA , 25. JUNI 2022, 19.30 UHR, KIRCHE NEUMÜNSTER

K I N D ERKO NZERT: VOM KÖNIG, VOM KATER UN D D E R F I E D E L SO, 26. JUNI 2022, 11.00 UND 14.00 UHR, ZKO-HAUS WO LK EN FLUG SO, 26. JUNI 2022, 19.30 UHR, ZKO-HAUS FA N TA SIEN – DAN I EL HOPE UND FAZIL SAY DI, 28. JUNI 2022, 19.30 UHR, TONHALLE AM SEE

Weitere Konzerte finden Sie in unserem Saisonprogramm und auf www.zko.ch. Änderungen vorbehalten.

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TICKETS UND IMPRESSUM

TICKETS

IMPRESSUM

Z KO BERATUNG UND V E RKAUF Seefeldstrasse 305, 8008 Zürich tickets@zko.ch, Tel. 044 552 59 00 Mo–Fr, 11.00 bis 17.00 Uhr

HER AUSG E B E R Zürcher Kammerorchester Seefeldstrasse 305, 8008 Zürich

B I L L ETTKA SSE TO NH ALLE AM SE E Claridenstrasse 7, 8002 Zürich Tel. 044 206 34 34 S C H AUSP IELHAUS PFAUE N (für Konzerte im Schauspielhaus) Rämistrasse 34, 8001 Zürich Tel. 044 258 77 77

REDAKTI O N Petra Meyer (Leitung), Lena-Catharina Schneider, Valentina De Marchi, Natasa Angov AUTOREN Dr. Lion Gallusser, Dr. Corinne Holtz (www.corinneholtz.ch), Felix Michel, Petra Meyer, Simone Pflüger, Lena-Catharina Schneider, Peter Marschel (PAM, ZKO Freunde) FOTOGR A F I E Coverfoto © Felix Streuli/TBWA S. 3, 34, 36: Orchesterfotos © Harald Hoffmann S. 4: Oliver Schnyder © Marco Borggreve; Maurice Steger ©; Janet Leigh © Psycho (1960); Konzert im Kunsthaus © Simone Pflüger/ZKO S. 6: Juliette De Banes Gardonne © Reto Duriet S. 8: Oliver Schnyder © Marco Borggreve S. 11: Oliver Schnyder © Marco Borggreve S. 12: Psycho © PGM Productions S. 12: Psycho © PGM Productions S. 14: Wu Tsang © Blommers/Schumm S. 16: Konzert im Kunsthaus © Simone Pflüger/ZKO S. 18: Dmitri Schostakowitsch © KEYSTONE/Camera Press S. 20: Avi Avital © Christoph Köstlich S. 22: Maurice Steger © Marco Borggreve S. 26: Daniel Hope © Erik Almås S. 28: Die Schneekönigin, Illustration © Bernadette, Nord-Süd-Verlag S. 29: Der Stockmann, Illustration © Axel Scheffler, 2008 S. 30: Daniel Hope © Erik Almås S. 31: Marcus Roberts Trio © Michiharu Okubo S. 34: Junges ZKO © Petra Meyer/ZKO; Konzertfoto © Michel Bumann ILLUST RATI O N S. 28, 29: Michel Bumann GE STALT U NG U ND LAYO U T Michel Bumann

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