ZKO OPUS III - Mai/Juni 2022

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OPUS. PROGRAMMMAGAZIN MAI – JUNI 22


Klänge, die bewegen Ob das sanfte Summen eines Elektromotors, der tiefe Ton eines Achtzylinders oder das Crescendo im Konzertsaal – Klänge sind Schlüssel zu unseren Emotionen. www.amag.ch

Mit Leidenschaft. Für Sie.


E D I TO R I A L

EDITORIAL von links: Lena-Catharina Schneider, Kathrin Martelli und Helene Eller

Liebes Publikum, liebe Freunde des Zürcher Kammerorchesters Unsere Saison neigt sich schon wieder dem Ende zu und so möchten wir die Gelegenheit nutzen, Ihnen allen von ganzem Herzen für die vielen schönen Begegnungen bei unseren Konzerten und Ihre Neugier und Begeisterungsfähigkeit für unsere auch mitunter experimentierfreudigen Orchesterprojekte in dieser Saison zu danken! Auch für die kommenden drei Monate versprechen wir Ihnen einen farbenfrohen Strauss aus musikalischen Erlebnissen: Den Beginn machen wir im Mai mit Music Director Daniel Hope und unserem langjährigen Freund und Weggefährten Alexey Botvinov. Sie präsentieren Auszüge unseres neuen Albums «America» sowie das Concerto grosso Nr. 1 von Ernest Bloch und laden uns auf eine musikalische Reise in die USA der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts ein. Noch im selben Monat kommen wir mit einer grossen Herzensangelegenheit auf Sie zu. Gemeinsam mit Franz Hohler und in Kooperation mit dem Kammerorchester von Musikschule Konservatorium Zürich veranstalten wir ein Benefizkonzert zu Gunsten der Stiftung Kinderkrebsforschung Schweiz.

Zum Saisonende ist es dann endlich so weit: Unser erstes ZKO-Festival mit Music Director Daniel Hope feiert seine Premiere in unterschiedlichen Spielstätten der Stadt Zürich. Ob Kammermusik, Orchesterkonzert, Musikliterarisches oder Familienkonzert – an diesem Festivalwochenende überraschen wir Sie mit einer geballten Ladung an leidenschaftlichen Projekten. Den Schlusspunkt des Festivals bildet ein musikalisches Zusammentreffen von Daniel Hope und Fazil Say in der Tonhalle am See. Wir freuen uns auf Sie! Herzliche Grüsse Ihre Lena-Catharina Schneider Geschäftsführung / Künstlerische Leitung Helene Eller Geschäftsführung / Kaufmännische Leitung Kathrin Martelli Präsidentin ZKO Verein

Den Monat Mai beschliessen wir mit dem Dirigenten Duncan Ward, der mit dem Projekt «Very British» sein Debut beim Zürcher Kammerorchester feiert. Auf gleich mehrere Debuts dürfen wir uns beim Abschlusskonzert unseres schulbegleitenden Projekts «Junges ZKO» im Juni freuen, wenn die Schülerinnen und Schüler nach ihrer ein- respektive zweijährigen Entdeckungsreise mit unserem Orchester zum ersten Mal gemeinsam auf der Bühne stehen.

Hauptpartner

Innovationspartner

Subventionsgeber und Gönner


I N H A LT

06 B EN E FIZ KONZ E RT Benefizkonzert mit Franz Hohler für die Stiftung Kinderkrebsforschung Schweiz.

34 FA NTA S I EN Saison- und Festivalabschluss mit Fazil Say und Daniel Hope.

12 V ERY BRITISH Der Dirigent Duncan Ward debutiert erstmals mit dem ZKO.

22 RHAPSODIE Teo Gheorghiu hat ein persönliches Konzertprogramm zusammengestellt, das er im Rahmen des ZKO-Festivals präsentiert.


I N H A LT

INHALT 6

Benefizkonzert mit Franz Hohler Unser Engagement für die Kinderkrebsstiftung Schweiz

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Vo dä Quälle bis zum Meer Andrew Bond reist als Regentropfen bis zum Meer

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Very British Duncan Ward feiert sein Debut mit dem ZKO

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Fünf Welten im Karton Abschlusskonzert des Jungen ZKO

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Sommermorgen Ein seltenes Pflänzchen für Kammermusikfreunde

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ZKO-Festival

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ZKO-Festival: Selbst Schwalben stehen still Stifter und Schubert feiern die Sonnenfinsternis

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ZKO-Festival: Rhapsodie Carte blanche für Teo Gheorghiu

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ZKO-Festival: Wien – Paris Eine musikalische Reise mit dem ZKO Bläserquintett

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ZKO-Festival: Planet Bach Satelliten umkreisen Bachs italienisches Violinkonzert

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ZKO-Festival: Wolkenflug Kammermusikalische Perlen mit dem ZKO

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ZKO-Festival: Vom König, vom Kater und der Fiedel Kinderkonzert mit Daniel Hope

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ZKO-Festival: Fantasien Saisonabschluss mit Fazil Say und Daniel Hope

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Familienkonzerte

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Die Musikerinnen und Musiker und ihre Instrumente

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ZKO Inside

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ZKO Freunde

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Agenda

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ZKO on tour

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Tickets und Impressum


KLASSIK FÜR DIE KINDERKREBSFORSCHUNG

BENEFIZKONZERT MIT FRANZ HOHLER Er ist ein begnadeter Erzähler und sein vielfältiges Werk für Gross und Klein längst Schweizer Kulturgut: Es umfasst Kabarettund Theaterstücke, Kinderbücher und -hörspiele, Romane, Gedichte und Kurzgeschichten, Filme und Fernsehproduktionen. Sein Schaffen zeichnet sich durch Fabulierkunst, häufiges Abschwenken ins Absurde und komische, unerwartete Pointen und grossen Sprachwitz aus. TEXT LENA-CATHARINA SCHNEIDER

SPENDEN UND INFORMATIONEN kinderkrebsforschung.ch

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KLASSIK FÜR DIE KINDERKREBSFORSCHUNG

Im ersten gemeinsamen Konzertprojekt mit dem Zürcher Kammerorchester und dem Kammerorchester von Musikschule Konservatorium Zürich entfaltet Franz Hohler gerade diesen Sprachwitz mit seinen Kurzgeschichten und tritt in einen Dialog mit den Orchestermusikern, die ein buntes musikalisches Echo auf das Erzählte zum Besten geben: So erklingt zu Beginn des Konzertabends mit dem Streichquintett Nr. 2 das vielleicht kontrastreichste Streicherwerk von Johannes Brahms und leitet damit eine melancholische Heiterkeit ein. Melancholisch heiter geht es auch in der Streichersinfonie Nr. 9 von Felix Mendelssohn zu, die er im Frühjahr 1823 im zarten Alter von 14 Jahren schrieb und die manchmal auch Schweizer Sinfonie genannt wird. Das Werk entstand kurz nach einer Reise in die Schweiz und inspirierte den jungen Felix Mendelssohn so sehr, dass er im Trio des Scherzos die Jodlermelodie Uf d’Alme gömmer ufe in seine Komposition einfliessen liess. Die Leidenschaft zum Kontrabass stand für Giovanni Bottesini im Vordergrund, als er sein Gran Duo Concertante für Kontrabass,

Violine und Orchester komponierte. Sowohl Publikum als auch Musikerinnen und Musiker danken es ihm und lassen sich immer wieder von dem virtuosen und ungewöhnlichen Werk mitreissen. Ähnliche Bewunderung dürfte auch Luchino Visconti für Gustav Mahlers Adagietto aus der Sinfonie Nr. 5 cis-Moll gehabt haben, als er entschied, gerade dessen Klänge für seine Verfilmung der Thomas-Mann-Novelle Der Tod in Venedig zu verwenden. Das Pianissimo aus Streichern und Harfe wirkt sphärenhaft und führt den Zuhörer zwischen die Welten. Da kommt die überschäumende Lebensfreude der Carmen Fantasie für Violine und Orchester zum Abschluss des Konzertabends gerade zur rechten Zeit. Der amerikanische Komponist Franz Waxman greift hier bestens bekanntes thematisches Material aus George Bizets Oper Carmen auf und lässt den Violinsolisten darüber atemberaubend virtuose Kapriolen vollführen. Mit ihrer überbordenden Virtuosität ist Waxmans Carmen-Fantasie der breiten Öffentlichkeit vor allem durch die unnachahmliche Interpretation von Jascha Heifetz bekannt und zählt heute zum Standardrepertoire vieler Konzertprogramme.

KLASSIK FÜR DIE KINDERKREBSFORSCHUNG DI, 10. MAI 2022, 19.30 UHR TONHALLE AM SEE Franz Hohler Lesung Philip A. Draganov Leitung Bartlomiej Niziol Violine Raphael Nussbaumer Violine Ruslan Lutsyk Kontrabass Kammerorchester MKZ Zürcher Kammerorchester

Johannes Brahms I. Allegro non troppo, ma con brio, aus: Streichquintett Nr. 2 G-Dur op. 111 Felix Mendelssohn III. Scherzo. Trio più lento (La Suisse), aus: Streichersinfonie Nr. 9 MWV N 9 Felix Mendelssohn IV. Allegro vivace, aus: Streichersinfonie Nr. 9 MWV N 9 Giovanni Bottesini Gran Duo Concertante Gustav Mahler Adagietto, aus: Sinfonie Nr. 5 cis-Moll Franz Waxman Carmen Fantasie

CHF 110 / 100 / 85 / 60 / 35

Franz Hohler liest Texte und Gedichte aus seinen Werken, u.a. «Die zwei Forscher», «Das Konzert» und «Dichterleben».

Der Reinerlös kommt der Stiftung Kinderkrebsforschung Schweiz zugute.

In Kooperation mit dem Kammerorchester MKZ und der Stiftung Kinderkrebsforschung Schweiz

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KLASSIK FÜR DIE KINDERKREBSFORSCHUNG

WARUM SICH DA S ZKO GEMEINSAM MIT DEM MKZ, FRANZ HOHLER UND SOLISTEN DER OPER ZÜRICH FÜR DIE KINDERKREBSFORSCHUNG ENGAGIERT: Kinder erkranken an anderen Krebsformen als Erwachsene. Ist die Diagnose gestellt, bricht für Eltern und Kinder eine Welt zusammen. Krebszellen vermehren sich bei kindlichen Tumoren sehr rasch. Unbehandelt besteht schnell Lebensgefahr. In der Krebsforschung wurden bei der Behandlung von Erwachsenenkrebs viele Erfolge erreicht. MedikamentenDosen für Erwachsene lassen sich aber nicht einfach für Kinder umrechnen. Es braucht eine eigene Diagnostik und neue Behandlungen. Und die Forscher begleiten vielfach die erkrankten Kinder am Krankenbett und passen einzelne Therapien individuell vor Ort an. Die Stiftung Kinderkrebsforschung sammelt Spenden für die Förderung der Forschung, derzeit in den Bereichen Hirntumoren, Leukämie, Neuroblastomen und Weichteiltumoren.

SPENDEN UND INFORMATIONEN kinderkrebsforschung.ch

Die Ergebnisse der Forschung haben die Überlebensrate bei Kinderkrebs und Spätfolgen der Therapien in den letzten 30 Jahren nachweislich verbessert – inzwischen überleben mehr als 80% der erkrankten Kinder und Jugendlichen ihren Krebs. Die umfassende Finanzierung der Forschung ist nicht durch staatliche Mittel gesichert. Zu 40% muss die für eine kleinere Anzahl von Patienten aufwendige Kinderkrebsforschung aus privaten Spenden finanzieren werden. Der Reinerlös aus dem Benefizkonzert sowie alle Spenden, die zusätzlich eingenommen werden, kommen der Stiftung Kinderkrebsforschung zugute, mit dem Ziel, Forschungseinrichtungen bei ihrer wertvollen Arbeit zu unterstützen und damit die Überlebensrate bei Kindern mit Krebserkrankung noch weiter zu erhöhen.

STIFTUNG KINDERKREBSFORSCHUNG SCHWEIZ Die in Zürich ansässige Stiftung wurde 1997 gegründet und feiert 2022 ihr 25-jähriges Bestehen. Von einer Elternvereinigung zur Unterstützung krebskranker Kinder ins Leben gerufen, sammelt die Stiftung Jahr für Jahr dringend benötigte Mittel für die Forschung gegen Kinderkrebs. Seit ihrer Existenz konnte die Stiftung eine Vielzahl von Forschungsprojekten unterstützen und damit nachweislich Heilungschancen bei Kindern und Jugendlichen verbessern. Als ZEWO zertifizierte gemeinnützige Stiftung wird sie regelmässig auf die ordnungsgemässe Verwendung der Mittel überprüft. Sie untersteht der Eidgenössischen Stiftungsaufsicht.

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Stiftung Kinderkrebsforschung Schweiz Merkurstrasse 45 8032 Zürich 044 350 32 95 info@kinderkrebsforschung.ch www.kinderkrebsforschung.ch Spendenkonto: IBAN CH92 0900 0000 4500 9876 3


EIN KONZERT MIT DEM

ZÜRCHER KAMMERORCHESTER. SO BERÜHREND WIE

EINE LIEBESERKLÄRUNG. Das kann nur Klassik.

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V O DÄ Q U Ä L L E B I S Z U M M E E R

VO DÄ QUÄLLE BIS ZUM MEER

Der beliebte Kinderliedermacher Andrew Bond reist als Regentropfen «Vo dä Quälle bis zum Meer». TEXT CORINNE HOLTZ

VON DER QUELLE BIS ZUM MEER SO, 15. MAI 2022, 11.00 UHR SCHAUSPIELHAUS ZÜRICH, PFAUEN Andrew Bond Gesang und Erzählung Zürcher Kammerorchester Donat Nussbaumer Violine und Leitung ZKO im Pfauen: Die Konzertreihe des ZKO in Kooperation mit dem Schauspielhaus Zürich 5–12 Jahre Kinder CHF 15 Erwachsene CHF 39 / 29

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V O DÄ Q U Ä L L E B I S Z U M M E E R

Eigentlich sollte Musik ein Breitensport sein. Musik tut gut und stiftet Frieden. Andrew Bond hat eine Philosophie und sein Erfolg gibt ihm recht. Kinderaugen leuchten, Münder wachen auf, Erwachsene stimmen ein. Quer durch die Deutschschweiz animiert Andrew Bond seit über 20 Jahren zum Singen durch Mitsingen. Unter freiem Himmel, in Kirchen, im Hallenstadion. Angefangen hat alles mit Bonds Pflichten als Teilzeithausmann mit zwei Kindern. Sein Hobby, Lieder singen und dazu Gitarre spielen, wird Teil des Familienalltags. Im Dezember etwa geht es zum Teigkneten und Backen in die Küche. Grittibänzen und Weihnachtsguetzli stehen auf der Tagesordnung. «Es kann doch nicht sein, dass es zu solchen Ritualen keine entsprechenden Lieder gibt.» Also loslegen und erste Lieder für den Hausgebrauch erfinden. Daraus wird 1998 Andrew Bonds erste CD «Zimetschtern han i gern» in einer Auflage für den Freundeskreis. Bis heute hat sich das Album, seinerzeit auch vom Lehrmittelverlag veröffentlicht, über 100 000 Mal verkauft. «Kein Kind möchte eine Stunde lang zuschauen, was ein älterer Herr alles schön spielt und singt. Kinder möchten beteiligt sein», sagt Bond. Er selbst war einbezogen in das wechselvolle Leben seiner Eltern, wuchs im Kongo und in England auf und zog mit zwölf Jahren nach Wädenswil.

Im Sommer 2020 arbeitete Andrew Bond an dem exklusiv für die Kinderkonzertreihe des ZKO entstandenen Programm «Vo dä Quälle bis zum Meer», dessen Aufführung wegen Corona nun nahezu zwei Jahre lang aufgeschoben wurde. Das Kinderkonzert erzählt die Geschichte eines Regentropfens entlang von Bestsellern aus Klassik und eigener Produktion. Mit dabei ist der unsterbliche Klang von Moldau und Donau, in Töne gesetzt von Bedrich Smetana und Johann Strauss Sohn, der Schwan aus Camille Saint-Saëns Karneval der Tiere und Georg Friedrich Händels Rigaudon aus der Wassermusik Suite Nr. 3.

«‹Vo dä Quälle bis zum Meer› erzählt die Geschichte eines Regentropfens entlang von musikalischen Bestsellern.» Konzerte für Kinder sind bei Bond immer auch Konzerte mit den Kindern und ihren Begleitpersonen. Haben Sie schon einmal bei einer Uraufführung mitwirken dürfen? Das Titellied Vo dä Quälle bis zum Meer braucht die Stimmen aller Anwesenden. Bei den Bond-Hits Schiff ahoi und Zwei Delfin gibt es selbst für Eingeweihte Neues zu hören. Der Bühnenmusiker Herman Schmidt hat sie für das Konzert mit dem ZKO eigens arrangiert. «Ich geniesse es sehr, mit einem grossartigen Orchester in einem gediegenen Rahmen Musik zu machen», sagt Andrew Bond und gesteht: «Ich bin jetzt schon nervös, weil ich an einer Stelle die Querflöte spiele.»

Dort leitete der studierte Theologe in den 1980er-Jahren ein Jugendhaus, unterrichtete über Jahre Musik und Religion an der Oberstufe und engagierte sich in der Aus- und Weiterbildung für Lehrpersonen. Sein Hobby hat er von Kindsbeinen auf gepflegt und war stets mit der Gitarre unterwegs, um aus dem Stand mit anderen zusammen ein Lied anzustimmen.

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V E RY B R I T I S H – D U N C A N WA R D U N D M A RC PA D M O R E

VERY BRITISH Der international gefragte Dirigent Duncan Ward tritt erstmals mit dem ZKO auf. Im Gespräch erläutert der Brite die vielfältigen persönlichen und musikgeschichtlichen Bezüge in seinem Programm – eine Hommage an die Musik seiner Heimat. TEXT LION GALLUSSER

Duncan Ward, in Ihrem ersten Konzert mit dem ZKO präsentieren Sie eine Auswahl bedeutender Kompositionen aus Grossbritannien. Was war Ihre grundlegende Idee dabei? Es wird oft gesagt, dass die klassische Musik der britischen Insel 200 Jahre lang zwischen Henry Purcell (1659–1695) und Edward Elgar (1857–1934) geschlafen habe. Umso mehr freue ich mich, dem Publikum fünf der grössten britischen Komponisten vor und nach dieser Zeit präsentieren zu dürfen: Ralph Vaughan Williams (1872–1958), Benjamin Britten (1913–1976) und Michael Tippett (1905–1998) sowie die beiden Renaissance-Meister Thomas Tallis (1505–1585) und John Dowland (1563–1626). Die Werke der beiden Letztgenannten dienten als Basis für Vaughan Williams Fantasia on a theme by Thomas Tallis bzw. Brittens Lachrymae – Reflections on a song of Dowland. Die Tonsprache des 16. und 17. Jahrhunderts wurde also gewissermassen ins 20. Jahrhundert übersetzt. Gibt es weitere solcher Anknüpfungen und Kontinuitäten? Ja, das musikalische Erbe hat auch in Tippetts Concerto for double string orchestra einen besonderen Stellenwert: Die Volksmusik und elisabethanische Tanzrhythmen regten den Komponisten zu einem lebhaften und virtuosen Meisterwerk an. Mir persönlich begegnet die reiche Landschaft Grossbritanniens in diesem Werk. Wenn ich den herrlichen Mittelsatz mit seinem eindringlichen walisischen Volkslied höre, wandern meine Gedanken zu der heiteren Schönheit des Bauernhofs meiner Familie, in die Abgeschiedenheit der inspirierenden Natur der Hügel von Wales.

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Sind die Werke, die Sie in Zürich dirigieren, alle ähnlich aufgebaut? Keinesfalls, und das reizt mich besonders an den Kompositionen. Es gibt grosse Kontraste zwischen ihnen – ein Hinweis auf den ausserordentlichen Reichtum in der britischen Musik. Da trifft beispielsweise die üppige und weitläufige Musik von Vaughan Williams mit ihren räumlich distanzierten Streichergruppen auf die fröhlichen und jazzigen Klänge Tippetts, die von einem geschäftigen Kontrapunkt zwischen den antiphonalen, sich hier wechselseitig ergänzenden Streichergruppen geprägt sind. Auch zwischen den beiden Britten-Stücken, die im Mittelpunkt des Programms stehen, liegen Welten. Mich begeistert das dunkle, geheimnisvolle und selten gespielte Lachrymae (Tränen) für Bratsche solo und Streicher, das für viele unserer Zuhörer bestimmt eine grosse Neuentdeckung sein wird. Geht es Ihnen also auch darum, den hier vorgestellten Komponisten zu mehr Aufmerksamkeit zu verhelfen? Auf jeden Fall! Meiner Meinung nach ist gerade Tippett ausserhalb Grossbritanniens viel zu wenig bekannt. Was umso erstaunlicher ist, wenn man bedenkt, dass er in vielen verschiedenen Genres Unglaubliches geleistet hat. Er schrieb u.a. grosse Sinfonien und Opern. Bedeutet Ihnen eines der Werke im Programm besonders viel? Und wie bereiten Sie sich auf dieses spezielle Konzert vor? Für mich als ehemaligen Hornisten hatte die BrittenSerenade immer schon einen besonderen Platz in meinem Herzen. Entsprechend habe ich dieses Werk bereits mehrfach aufgeführt, auch schon gemeinsam mit meinem Landsmann und Tenor Mark Padmore, der uns in der Tonhalle Zürich mit seiner wunderbaren Stimme bereichern wird. Wie bei allen Werken auf dem Programm werde ich mich mit einer neuen Partitur vorbereiten und alle Noten und Anmerkungen dieser genialen Komponisten eingehend studieren. Zudem ist es interessant, sich Aufnahmen anzuhören und viel zu lesen, um die Hintergründe der einzelnen Stücke zu erforschen. Die wichtigste und inspirierendste Quelle allerdings ist letztlich immer die geschriebene Musik selbst.


V E RY B R I T I S H – D U N C A N WA R D U N D M A RC PA D M O R E

VERY BRITISH DI, 31. MAI 2022, 19.30 UHR TONHALLE AM SEE Duncan Ward Leitung Mark Padmore Tenor Zürcher Kammerorchester Thomas Müller Horn Ryszard Groblewski Viola

Ralph Vaughan Williams Fantasia on a theme by Thomas Tallis for double string orchestra Benjamin Britten Serenade op. 31 für Tenor, Horn und Streichorchester op. 31 Benjamin Britten Lachrymae – Reflections on a song of Dowland, op. 48a Michael Tippett Concerto for double string orchestra

Grosses Abo CHF 110 / 100 / 85 / 60 / 35 Mit freundlicher Unterstützung der Lagrev Stiftung

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A B S C H L U S S KO N Z E RT J U N G E S Z KO

FÜNF WELTEN IM KARTON Beim Abschlusskonzert des Jungen ZKO präsentieren die 5. Klasse des Schulhauses Hardau, die 6. Klasse des Schulhauses Balgrist sowie die Gymnasiasten der Hull’s School gemeinsam mit dem ZKO ein Programm mit eigenen Kompositionen, Tänzen und szenischem Theater. Sie verbinden ihre Welt mit der Welt der klassischen Musik und nähern sich dabei den 80er-Jahren, der Zukunft, dem Wilden Westen, dem Meeresboden und ihren Marvel-Helden. Das klingt hinreissend, fantastisch und ungewöhnlich? Das ist es auch! TEXT PETRA MEYER

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A B S C H L U S S KO N Z E RT J U N G E S Z KO

Musikvermittlung hat sich in den letzten Jahren bei vielen engagierten Orchestern als unverzichtbarer Bestandteil der Kulturarbeit etabliert. Kinder und Jugendliche an klassische Musik heranzuführen, das ist nicht nur eine besonders erfüllende Aufgabe, sie sichert auch das Interesse an klassischer Musik für zukünftige Generationen. Das ZKO hat den Weg der Musikvermittlung vor elf Jahren eingeschlagen. Unterstützt wurde es dabei von Oliver Hauser, der das Junge ZKO konzipiert hat und seit dieser Zeit intensiv begleitet. Der Blick hinter die Kulissen eines Orchesterbetriebes und der enge Kontakt zwischen Kindern und Musikern sind die Säulen des Jungen ZKO. Solistenbesuche im Klassenzimmer gehören ebenso dazu wie Schülerbesuche im ZKO-Haus. Besonders beliebt ist der «Besuchsmorgen», an dem die Schülerinnen und Schüler die Möglichkeit haben, bei einem Postenlauf sowohl Orchester als auch die Administration kennenzulernen. Seit vorletztem Jahr begleiten die Schüler das Orchester nicht mehr ein Jahr lang, sondern gleich zwei. Das hat den Vorteil, dass sich die neuen Kenntnisse im zweiten Jahr erst richtig vertiefen lassen.

Die älteren Schüler werden zu Botschafterinnen und Botschaftern oder wie Oliver Hauser es ausdrückt: «Kinder lernen von Kindern».

Im zweiten Jahr befindet sich aktuell die 6. Klasse des Schulhauses Balgrist. Die Kinder haben sich bereits intensiv mit dem Orchester, den Instrumenten und berühmten Komponisten beschäftigt. Ausgestattet mit diesem Rüstzeug, geht es nun ans Komponieren. Unterstützt werden die Sechstklässler bei diesem Projekt von der vielseitigen Komponistin Carmen Nuñez. Beim Abschlusskonzert des Jungen ZKO treten sie alle miteinander auf: die 5. Klasse aus Hardau mit ihren jungen Streichern, die gemeinsam mit dem ZKO spielen werden, und ihren Tanzbegabten, die uns packende Moves zu klassischer Musik präsentieren. Die 6. Klasse des Schulhauses Balgrist mit ihren musikalischen Kompositionen zu fünf ausgewählten Welten, die nicht nur musikalisch interpretiert werden, sondern auch physisch in fünf Umzugskartons eine Heimat gefunden haben. Die Jugendlichen der Hull’s School verpassen dem ZKO ihren Groove mit einem Mix aus elektronischer Musik, Rock und Streichorchester. Musikalisches Vorbild für das Zusammenspiel sind die Rolling Stones mit ihrem Song Gimme shelter. Im Liedtext behandeln die Stones Themen wie Krieg, Mord, Vergewaltigung und Angst. Das «Rolling Stone» Magazin schrieb bei der Veröffentlichung im Jahr 1969, dass die Band «noch nie etwas Besseres gemacht hat». Das Publikum darf sich darauf freuen, das ZKO nun auch als Rock-Orchester zu erleben.

ABSCHLUSSKONZERT JUNGES ZKO FR. 10. JUNI, 19.30 UHR, ZKO-HAUS SA 11. JUNI, 19.30 UHR, ZKO-HAUS Junges ZKO • Schulhaus Hardau, 5. Klasse • Schulhaus Balgrist, 6. Klasse • Hull’s School Zürcher Kammerorchester

Programm nach Ansage

Kinder bis 12 Jahre CHF 10 Erwachsene CHF 20

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K A M M E R M U S I K @ Z KO

von links: Inès Morin, Jana Karsko, Frauke Tometten Molino

SOMMERMORGEN Werke für die ungewöhnliche Besetzung mit zwei Violinen und einer Bratsche sind fürwahr seltene Pflänzchen. Genau dies macht die Pflanzengattung so anziehend – für Komponisten und fürs Publikum erst recht. TEXT FELIX MICHEL

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K A M M E R M U S I K @ Z KO

Wäre die Musikgeschichte eine Landschaft, so bildeten Sinfonien vielleicht eine lange Allee darin. Menschenscharen werden in Reisecars vorbeichauffiert und staunen über die mächtigen Stämme links und rechts und über die dunkelgrünen Blätterdächer, die sich hoch über ihnen wölben. Die Gärtner, will sagen Komponisten, müssen die Allee ebenfalls hinunterfahren, bis sie einen freien Pflanzplatz finden. Natürlich sind sie bis dahin – allein 103 Exemplare von Haydn haben sie gesehen! – gehörig eingeschüchtert und setzen dann eine mindestens so dicke Eiche, die sie in jahrelanger Arbeit hegen und pflegen müssen. Streichquartette wüchsen in dieser Landschaft in einem aufwendig gepflegten Garten mit kunstvoll geschnittenen Buchsbaum- und Lorbeerbüschen. Hier schreiten die Besucher mit Kennermiene den Hecken entlang, oft einen Gartenplan, will sagen Kammermusikführer, in der Hand. Die Beethoven’schen Gewächse sind besonders gewaltig; der Blick ins Blattwerk verliert sich in unergründlicher Tiefe. Brahms hat seine Beiträge besonders kurz gestutzt, weshalb sie etwas stachelig geraten sind; bei Anton Webern ist der Quartett-Busch gänzlich blattlos, um noch strenger auszusehen als seine Vorgänger. Nun packt aber manche Komponisten auch einmal die Lust, ein ganz eigenes Beet zu bestellen. Antonín Dvorák ist ein solcher Fall. 1887 ist er längst international berühmt und normalerweise mit Grossbotanik beschäftigt (eben erst hat er seine 7. Sinfonie op. 70 gezogen, die Messe op. 86 keimt bereits). Doch zwischen dem 7. und 14. Januar findet er Zeit für eine Heimpflanze: Zurück aus London, wohnen Dvoráks bei der Schwiegermutter in Prag, wo auch ein junger Chemiestudent ein Zimmer gemietet hat. Dieser spielt hobbymässig Geige, und Dvorák schreibt flugs etwas Hausmusik,

die der Student, dessen Violinlehrer und Dvorák selbst – von Haus aus Bratscher – aufführen wollen. Das wunderbare Pflänzchen erweist sich bald als zu gross fürs Zimmer, will sagen: als zu anspruchsvoll für den jungen Untermieter. Dvorák schreibt sofort einen leichteren Ersatz. Das ursprüngliche Terzetto gibt er als op. 74 in Druck; es wächst nun sozusagen öffentlich. Allerdings in einem ganz eigenen Gärtchen, denn für die Besetzung – zwei Geigen, Bratsche – gibt es in der Musikgeschichte kein direktes Vorbild. Zu diesem Gärtchen fährt kein Reisecar. Wer aber den Weg kennt, hütet sein Wissen wie einen Schatz. Und Schätze birgt das Gärtlein: Zoltán Kodály hat 1920 seine ganz exquisite, wunderschöne Serenade op. 12 dort gepflanzt; ein echter Geheimtipp. 1932 folgte ihm Bohuslav Martinu mit einem federleichten eigenen Exemplar. Auch die langjährige ZKO-Geigerin Jana Karsko kennt den Weg zu diesem blühenden Winkel der Musikgeschichte. Sie hat dieses Konzertprogramm nämlich gestaltet – und lädt Sie, liebes Publikum zum Mitkommen ein!

KAMMERMUSIK@ZKO: SOMMERMORGEN SO, 12. JUNI 2022, 11.00 UHR ZKO-HAUS Jana Karsko Violine Inès Morin Violine Frauke Tometten Molino Viola Bohuslav Martinů Serenade Nr. 2 für zwei Violinen und Viola H. 216 Antonín Dvořák Terzett C-Dur für zwei Violinen und Viola op. 74 Zoltán Kodály Serenade für zwei Violinen und Viola op. 12 CHF 40

Mitmachen, gewinnen, erleben! Wir verlosen 10 x 2 Konzerttickets inkl. Übernachtung. Alle Informationen und Teilnahme auf davosfestival.ch Teilnahmeschluss: 15. Juni 2022 JETZT ODER NIE!

6 — 20 AUGUST 2022


Z KO - F E S T I VA L

Z KO

S E FT I L A V FANTASIEN 24.–28. JUNI 2022

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Z KO - F E S T I VA L

ZKO-FESTIVAL Zum ersten Mal veranstaltet das Zürcher Kammerorchester sein eigenes Festival in der Limmatstadt. In insgesamt acht Konzerten unter dem Thema «Fantasien» entfachen unsere Orchestermitglieder und Music Director Daniel Hope ihre Leidenschaft für Kammermusik, Musikliterarisches und Sinfonisches und laden dabei in unterschiedlichste Spielstätten der Stadt ein. TEXT LENA-CATHARINA SCHNEIDER

Den Beginn macht am Freitagabend Schauspieler Thomas Douglas im ZKO-Haus mit einer Lesung der Sonnenfinsternis von Adalbert Stifter, die mit dem einzigen Streichquintett Franz Schuberts kunstvoll verwoben wird. Auch Teo Gheorghiu ist fasziniert von der Quintettform und präsentiert am Samstagvormittag gemeinsam mit unseren Musikerinnen und Musikern das kraft- und klangvolle Klavierquintett von Dmitri Schostakowitsch. Am Nachmittag haben unsere Konzertbesucher die Gelegenheit, einmal

ausschliesslich die ZKO-Bläser in einem von ihnen selbst kuratierten Konzert im ZKO-Haus zu erleben. Barocke Orchesterklänge beschliessen den Samstagabend, wenn Daniel Hope und das Zürcher Kammerorchester ein mannigfaltiges Programm mit Kompositionen von Johann Sebastian Bach über Georg Philipp Telemann bis hin zu Henry Purcell in der Kirche Neumünster erklingen lassen. Am Sonntagvormittag und -nachmittag sind alle Kinder und Familien eingeladen, ins ZKO-Haus zu kommen und sich die musikalische Geschichte Vom König, vom Kater und der Fiedel anzuhören, die Daniel Hope selbst mit musikalischer Unterstützung unserer Musikerinnen und Musiker erzählen wird. Mit Mendelssohns Streichoktett krönen die Orchestermitglieder den Sonntagabend und beschenken die Konzertgäste mit einem Geniestreich des sechzehnjährigen Felix Mendelssohn. Zum Festivalabschluss in der Tonhalle Zürich darf man sich auf die musikalische Begegnung von Fazil Say und Daniel Hope freuen. Schumanns Klavierkonzert a-Moll op. 54, einst als Phantasie für Clavier und Orchester betitelt, bildet den Schlusspunkt unseres ersten ZKO-Festivals. Clara Schumann schrieb nach einer Probe des Stücks im Jahre 1841: «Ich spielte sie zwei mal, und fand sie herrlich! Fein einstudiert muß sie den schönsten Genuß dem Zuhörer bereiten. Das Clavier ist auf das feinste mit dem Orchester verwebt – man kann sich das Eine nicht denken ohne das Andere.»

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FEDER UND BOGEN III: ADALBERT STIFTER FR, 24. JUNI 2022, 19.30 UHR ZKO-HAUS

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WOLKENFLUG SO, 26. JUNI 2022, 19.30 UHR ZKO-HAUS

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RHAPSODIE SA , 25. JUNI 2022, 11.00 UHR ZKO-HAUS

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VOM KÖNIG, VOM KATER UND DER FIEDEL SO, 26. JUNI 2022, 11.00 UND 14.00 UHR ZKO-HAUS

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WIEN – PARIS SA 25. JUNI 2022, 14.30 UHR ZKO-HAUS

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FANTASIEN DI, 28. JUNI 2022, 19.30 UHR TONHALLE AM SEE

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B-A-C-H S A , 2 5 . J UN I 2 0 2 2 , 1 9 . 3 0 UH R KIRCHE N E UMÜN STE R Z ÜR I C H

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Z KO - F E S T I VA L

SELBST SCHWALBEN STEHEN STILL Adalbert Stifter und Franz Schubert feiern die Sonnenfinsternis TEXT CORINNE HOLTZ

FEDER UND BOGEN III: ADALBERT STIFTER FR, 24. JUNI 2022, 19.30 UHR ZKO-HAUS Thomas Douglas Konzept und Erzählung Daniel Hope Music Director Daria Zappa Matesic Violine Ryszard Groblewski Viola Nicola Mosca Violoncello Anna Tyka Nyffenegger Violoncello Franz Schubert Streichquintett C-Dur D 956 CHF 75

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FEDER UND BOGEN III


Z KO - F E S T I VA L

FEDER UND BOGEN III

links: Adalbert Stifter rechts: Franz Schubert

Früh aus den Federn, Fernrohr und Schutzgläser geschultert, steigt der Dichter auf den Kornhäuslturm in der Seitenstettengasse Nr. 2 in Wien. Fast wäre er Professor in Prag geworden und hätte seine Kenntnisse in Mathematik, Astronomie und Physik der jungen Generation weitergegeben. Gut, dass es anders gekommen ist. Adalbert Stifter schuf in der kongenialen Verschränkung von Naturwissenschaft und Poesie die vielleicht dichteste literarische Beschreibung einer Sonnenfinsternis. Stifters Ungeduld wächst. Die Warte ist inzwischen voll mit Menschen, die Zeit am frühen Morgen des 8. Juli 1842 scheint stillzustehen.

«Endlich, zur vorausgesagten Minute – gleichsam wie von einem unsichtbaren Engel empfing die Sonne den sanften Todeskuss – ein feiner Streifen ihres Lichtes wich vor dem Hauche dieses Kusses zurück, der andere Rand wallte in dem Glase des Sternenrohres zart und golden fort – ‹es kommt›, riefen nun auch die Zuseher.» Wer je eine Sonnenfinsternis miterleben konnte, weiss: Es wird empfindlich kalt. Vögel werden erst unruhig, dann still. Wind kommt auf. Bleischweres Licht trübt den Blick, die glühende Sichel am Himmel droht zu erlöschen. Bei Stifter regt sich «fürchterliches Rot» und «tiefes, kaltes Blau», dann schmilzt der letzte Funke weg.

Die Sonnenfinsternis dauert 1 Minute und 57 Sekunden. Stifter flüstert eine Zeile über den Menschen ohne Licht, der sein Haus anzündet, um die Dunkelheit zu bannen. Lord Byrons apokalyptisches Gedicht Die Finsternis ist in Stifters Kopf, als er vom Kornhäuslturm hinuntersteigt. «Wäre ich Beethoven, so würde ich es in Musik sagen», heisst es in Stifters Aufsatz weiter. Der musikaffine Dichter träumt nach der Erschütterung von Lichtmusik und deren synästhetischen Wahrnehmung, wie sie erstmals Alexander Skrjabin in seinem Prometheus erproben sollte. Wir stellen Stifters Sonnenfinsternis Franz Schuberts Streichquintett C-Dur D 956 gegenüber. Der Komponist von Liebe und Tod konfrontiert uns in seinem letzten Kammermusikwerk mit Rätseln. Was ist vom obsessiv eingesetzten Schlüsselakkord zu halten (einem verminderten Vierklang), der die Nahtstellen des ersten Satzes kennzeichnet? Gleiches geschah bereits im Kopfsatz des d-moll-Streichquartetts (Der Tod und das Mädchen) und findet sich auch in den Heine-Liedern Die Stadt und Am Meer. Wovon spricht die Explosion im Mittelteil des Adagio? Die Tonart C-Dur stehe für «Unschuld» und «Einfalt», heisst es in der Charakteristik der Töne im Jahr 1806, einem wirkungsmächtigen Lehrwerk. C-Dur reisst uns allerdings auch aus Chaos und Finsternis zu Beginn von Joseph Haydns Schöpfung. Gottes Wort «Es werde Licht» (f-Moll) verwandelt über einen Dominantseptakkord auf G «und es ward» die Nacht in gleissendes Sonnenlicht (C-Dur). Die Wucht dieser Wendung, dem Adagio-Ausbruch bei Schubert verwandt, kann sich guten Mutes mit der Maximumkorona mit plattem Rand messen, jener totalen Sonnenfinsternis, wie sie Stifter am 8. April 2024 zum nächsten Mal beobachten könnte. Die Destination heisst dann allerdings nicht Wien, sondern z.B. Toronto.

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RHAPSODIE

RHAPSODIE Carte blanche für Teo Gheorghiu – der international gefeierte und sympathische Pianist hat ein persönliches Konzertprogramm zusammengestellt, das er im Rahmen des ZKO-Festivals präsentiert. TEXT LION GALLUSSER

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RHAPSODIE

Wenn man sich Teo Gheorghius Lebenslauf anschaut, dann ist man schnell beeindruckt von den zahlreichen Auftritten mit wichtigen Orchestern und in grossen Städten und Sälen dieser Welt. Dabei blieb der erstklassige Konzertpianist stets bodenständig. Als Weltenbürger mit rumänischen Wurzeln und kulturell sehr offener Geist bedeuten Gheorghiu die Auftritte in der Schweiz, insbesondere mit dem ZKO, sehr viel: «Vor fast zwanzig Jahren hatte ich meinen ersten bedeutenden öffentlichen Auftritt als Pianist mit dem ZKO!» Damit meint Gheorghiu jenes wichtige Konzert in der Tonhalle im Jahr 2004, als er als 12-Jähriger Schumanns Klavierkonzert interpretierte – und damit sein Debut als Schauspieler gab. Die Aufnahmen des Konzerts wurden direkt für den Film Vitus verwendet, in dem er einen hochbegabten Knaben verkörpert und für den er mit dem Undine Award von der Filmkritik ausgezeichnet wurde.

«Ich bin mit dem ZKO als Mensch und Musiker gross geworden und fühle deshalb eine enge Verbundenheit.» Das ZKO spielt seither eine wichtige Rolle im Leben des Pianisten: «Ich bin mit dem ZKO als Mensch und Musiker gross geworden und fühle deshalb eine enge Verbundenheit. In der Zwischenzeit kann ich auf viele wunderschöne Momente mit dem Orchester zurückblicken: die intensive Zusammenarbeit mit Howard Griffiths, die Auftritte mit dem chinesischen Dirigenten Muhai Tang und die zahlreichen musikalischen Sternstunden mit dem ZKO.»

Für das ZKO-Festival wählte Teo Gheorghiu drei Werke, zu denen er einen starken persönlichen Bezug hat. In der Mitte des Konzerts erklingt Orpheus in Nunavut des kanadischen Komponisten und Dirigenten Samy Moussa (*1984). Dazu erläutert Gheorghiu: «Ich hatte die Freude, ihn vor einigen Jahren in Rom kennenzulernen, als ich als Solist unter seiner Leitung gespielt habe. Wir haben uns auf Anhieb verstanden, sowohl musikalisch als auch menschlich. So entstand der Wunsch nach weiteren Projekten.» Moussa hat mit Nonavut ein eindrückliches Werk geschaffen, das auch mit der Biografie Gheorghius verknüpft ist, da dieser in Kanada aufgewachsen ist, ehe die Familie in die Schweiz übersiedelte. Mit dem Rumänen George Enescu und seiner Rapsodia Româna entfaltet sich ein weiterer biografischer Bezugspunkt. «In der Rapsodia Româna verwandle ich das Klavier als Solist gewissermassen in ein Orchester. Das Publikum darf sich auf einen virtuosen Wirbelsturm von Volksmelodien einstellen, ich bräuchte eigentlich eine dritte Hand!» Schliesslich interpretiert der begeisterte Kammermusiker Gheorghiu, Schostakowitschs Klavierquintett in g-Moll: «Ähnlich wie im Werk Orpheus in Nunavut, wo Klang und Raum erkundet werden, herrschen auch hier lange Linien vor. Es ist ein Meisterwerk von einer leichten Tiefe.»

RHAPSODIE SA , 25. JUNI 2022, 11.00 UHR ZKO-HAUS Teo Gheorghiu Klavier Willi Zimmermann Violine und Leitung Silviya Savova-Hartkamp Violine Ryszard Groblewski Viola Anna Tyka Nyffenegger Violoncello

George Enescu Rapsodia Româna Nr. 1 op. 11 Samy Moussa Orpheus in Nunavut Dmitri Schostakowitsch Klavierquintett g-Moll op. 57

CHF 75

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WIEN PA R I S

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W I E N – PA R I S

Am 25. Juni erwartet die Konzertbesucher ein rundum harmoniereiches Konzert mit der Bläsergruppe des ZKO, die in dieser Konstellation zum ersten, und leider auch zum letzten Mal gemeinsam musizieren wird. Nach über vierzig Jahren verabschieden sich Roman Schmid, Thomas Müller und Martin Ackermann vom ZKO und begeben sich in den wohlverdienten Ruhestand. Letzte Gelegenheit also, sich von einer Truppe zu verabschieden, die über Jahrzehnte hinweg zu einem einzigartigen musikalischen Körper zusammengewachsen ist.

Tafel oder beim abendlichen Vergnügen, während einfache Leute auf der Strasse die aufspielenden Oktette als Informationsquelle über neue Opernschlager nutzten. Mozart komponierte seine Nachtmusique 1782 für das kaiserliche Ensemble und verbindet in diesem Werk den leichten Serenadenton mit kunstvoller Kontrapunktlehre – achten Sie auf das kanonisch geführte Trio des Menuettes.

TEXT VALENTINA DE MARCHI

Nun reisen wir aber weiter nach Frankreich: «Hier danken wir den beiden gebürtig französischen Solobläsern und Exponenten der französischen Bläserkultur Stéphane Réty (Flöte) und Marc Lachat (Oboe) für die Werkauswahl», freut sich Roman Schmid.

Ein Konzert ausschliesslich mit der Bläsergruppe, ganz ohne Streicher, das hat es im Programm des ZKO wohl noch nie gegeben. Martin Ackermann (Horn) dazu: «Ich freue mich darauf, mit meinen Bläserkollegen zu spielen, bevor ein Teil von uns pensioniert wird. Aber eigentlich spiele ich am liebsten mit Streichern zusammen. Es stört mich gar nicht, die Pausen zu zählen und ihnen zuzuhören!» Roman Schmid, seit 1977 beim ZKO, schliesst sich ihm an und sieht dieses Konzert als «quasi Schwanengesang» für sich, Ackermann und Müller. Um ihren Abschied zu zelebrieren, haben die Musiker ein besonders fantasiereiches Programm zusammengestellt, welches zwei Hochburgen der Musik in den Fokus nimmt: Wien und Paris. Die Harmoniemusik, Musik für reine Ensembles aus Holzund Blechbläsern, hatte ihre Hochblüte in der Zeit der Wiener Klassik. Die Adelsgesellschaft gönnte sich Melodien zur

Schon im Alter von 16 Jahren knüpfte Schubert an den Klang der Bläseroktette und die Tradition der Harmoniemusik an, welche die Donaumetropole seit Mozarts Tagen bespielten. Die zwei vollständig erhaltenen Sätze seines ersten Oktettes (nicht zu verwechseln mit seinem anderen Oktett in F-Dur) erinnern an den Tonfall seiner frühen Sinfonien.

Im Jahre 1878 wurde die Societé des intruments à vent gegründet und damit begann die Renaissance der französischen Blasmusik. Auf Wunsch des damaligen Flötisten der Opéra de Paris, schrieb Vincent d’Indy zweifellos eines der klangschönsten Werke des französischen Bläserrepertoires. In der Chanson zitiert d’Indy das Hauptmotiv von Wagners Siegfried-Idyll, während er mit den Danses den Esprit und die Eleganz der französischen Suitenmusik aufleben lässt. Knapp hundert Jahre später zeichnen die sieben Tänze des französischen Komponisten Jean Françaix musikalisch die Geschichte eines Mädchens und seiner Lieblingspuppe auf: Jede Episode beginnt fröhlich und endet in einem eher traurigen Tonfall, wie der Werktitel dem Hörer schon verrät.

WIEN – PARIS SA 25. JUNI 2022, 14.30 UHR, ZKO-HAUS Stéphane Réty Flöte Marc Lachat Oboe Roman Schmid Oboe Thomas Müller Horn Martin Ackermann Horn und weitere Musikerinnen und Musiker des Zürcher Kammerorchesters

Franz Schubert Oktett F-Dur D 72 Jean Françaix Sept Danses d’après le ballet «Les malheures de Sophie» Vincent d’Indy Divertissement pour instruments à vent op. 50 Wolfgang Amadeus Mozart Serenade c-Moll KV 388 «Nachtmusique»

CHF 75

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PL A N ET B AC H S AT ELLITE N U MKRE IS E N B AC H S ITALIE NIS C HE S V I OLINKO NZ E RT TEXT CORINNE HOLTZ

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B-A-C-H

Meine erste Schallplatte, abgespielt auf einem LencoPlattenspieler von Ex Libris, wehte die beiden Violinkonzerte von Bach in mein winziges Zimmer, das Hoheitsgebiet einer Achtjährigen. Ausgestattet mit Kajütenbett und Pult, in der Nische ein Büchergestell, dazwischen ein Notenständer und später mein erster Geigenkasten. Diese Platte war der Grund, warum ich Geige lernen wollte. Endlich erlöst vom Blockflötenunterricht in einer von der Religionslehrerin gebändigten Truppe. Bach drang in mein Ohr und stürzte in mein Leben. Wie ist Ihre Geschichte mit Johann Sebastian Bach? Er muss auch ein vorzüglicher Geiger gewesen sein, vermutlich früh angeleitet durch seinen Vater Johann Ambrosius, den Direktor der Eisenacher Ratsmusik. Sohn Carl Philipp Emanuel bezeugt, Bach habe «in seiner Jugend bis zum ziemlich herannahenden Alter die Violine rein und durchdringend» gespielt «und hielt dadurch das Orchester in einer grösseren Ordnung, als er es mit dem Flügel hätte ausrichten können.» Das könnte heissen: Bach trat auch ausserhalb der Familie als Zuchtmeister auf. Mit dem «Collegium Musicum» führte er im Zeitraum 1729/30 nebst Cembalokonzerten und Orchestersuiten auch das Violinkonzert a-Moll BWV 1041 in Leipzig auf, ein handschriftlich überlieferter Stimmensatz zeugt davon. Ob Bach den Solopart spielte und gleichzeitig das Orchester leitete oder diese Funktion vom Cembalo aus wahrnahm, ist nicht belegt. Das a-Moll-Konzert verdanken wir einem Schlüsselereignis. Antonio Vivaldi veröffentlichte 1711 in Amsterdam seine bahnbrechenden Konzerte op. 3 unter dem Titel L’estro armonico. Bach könnte in der Bibliothek des reisefreudigen

Prinzen Johann Ernst in Weimar Vivaldis Partituren studiert haben. Jedenfalls bearbeitete Bach Vivaldis op. 3 und transformierte die Neuerungen in eigene Instrumentalkonzerte. Im a-Moll-Konzert erprobt Bach im ersten Satz das eingängige Verfahren des Ritornells (Kehrreim) und vermählt die Spielfreude im dritten Satz mit fugisch aufgeladenen Passagen. Rund um dieses berühmte Violinkonzert, das Bach für so substanziell hielt, dass er es für die Auftritte seiner Söhne zu einem Cembalokonzert umarbeitete, nehmen besondere Komponisten und Tonarten Platz. Sohn Carl Philipp Emanuel, zu Lebzeiten als der «grosse», weil moderne Bach geltend, steuert zwei seiner Sturm-und-Drang-Sinfonien bei. Die B-Dur, als eine von sechs Streichersinfonien im Auftrag von Gottfried van Swieten komponiert, eröffnet den Abend. Dann tritt Carl Philipp Emanuels Pate, Georg Philipp Telemann, mit der Fantasia A-Dur für Cembalo ins Licht und meldet sich nach Henry Purcell und Vater Bach mit einer weiteren Fantasia in C-Dur zurück. Patensohn Carl Philipp Emanuel beschliesst mit einer weiteren Streichersinfonie (h-Moll) das Klassentreffen grosser Musiker. Der als Operist eingestufte Telemann war einst auf Platz 1, als Leipzig auf der Suche nach einem neuen Thomaskantor war. Vater Bach galt als Organist weniger. Heute ist die Sichtweise eine andere: Vater Bach gilt als unbezwingbarer Gipfel kontrapunktischer Kunst und Tiefe. Telemann, bis vor Kurzem als Vielschreiber verunglimpft, wird in seiner souveränen Vielfalt wiederentdeckt. Carl Philipp Emanuel kommt als Feuerkopf der Epoche der Empfindsamkeit zu seinem Recht.

B-A-C - H SA , 2 5 . J U N I 2 0 2 2 , 1 9 . 3 0 UH R KIRC HE N E U M Ü N S TE R Z ÜR I C H Daniel Hope Music Director Zürcher Kammerorchester CHF 75

Carl Philipp Emanuel Bach Sinfonie B-Dur H 658 Wq 182/2 Georg Philipp Telemann Fantasia Nr. 8 A-Dur für Cembalo Solo TWV 33:20 Henry Purcell Fantasia a 4 a-Moll Z 740 Johann Sebastian Bach Violinkonzert a-Moll BWV 1041 Henry Purcell Fantasia a 4, c-Moll Z 738 Georg Philipp Telemann Fantasia Nr. 2 C-Dur für Cembalo Solo TWV 33:14 Carl Philipp Emanuel Bach Sinfonie h-Moll H 611 Wq 182/5

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WO L K E N F L U G

MEIN PULS GEHT SCHNELLER ALS BEI ANDEREN Glück und Glanz der Geigerin und Komponistin Grażyna Bacewicz (1909–1969) TEXT CORINNE HOLTZ

Sie kommt zu früh, bereits im siebten Monat, zur Welt. Sie schreibt fünfzehn Briefe in einer halben Stunde und sie läuft, statt zu gehen. Wie es dazu kommt? «Ich habe einen kleinen, unsichtbaren Motor, dank dessen ich in zehn Minuten mache, wofür andere eine Stunde brauchen.» Dieses gleichermassen selbstbewusste wie selbstironische Bekenntnis findet sich in einer ihrer autobiografischen Anekdoten im Sammelband Znak szczególny («Das besondere Kennzeichen»).

Gymnasium, anschliessend trat sie ein Doppelstudium an Konservatorium und Universität an. Paris war für viele ihrer Landsleute das Zentrum der Kultur. Dort unterzog sich Bacewicz ab 1932, mit den Diplomen Violine und Komposition im Gepäck, dem künstlerischen Regime wirkungsmächtiger Persönlichkeiten: Nadia Boulanger, die Grössen wie Leonard Bernstein und Astor Piazzolla unterrichtete, sowie Carl Flesch, Geiger und Pädagoge mit internationaler Strahlkraft.

Grazyna Bacewicz, Geigerin virtuoser Literatur und Komponistin von über 200 Werken, war auch literarisch tätig. Sie schrieb ein humoristisch-satirisches Theaterstück für das polnische Fernsehen und hinterliess Manuskripte mehrerer unveröffentlichter Romane.

Bacewicz würde heute als Überfliegerin gelten. Ihr vielgestaltiges Werk – etwa Vokalmusik, Opern, Sinfonien, sieben Violinkonzerte, Kammermusik sowie Film- und Hörspielmusik – könnte in vier Phasen gegliedert werden. Tonale Musik (bis 1958), aussertonales Komponieren (bis zu ihrem Tod im Jahr 1969) sowie die Suche nach einem eigenen Ton im jugendlichen Experimentieren (bis 1944) und reife Expressivität (ab 1945).

Ihr Werdegang ist aussergewöhnlich und dennoch typisch für das Selbstverständnis ihrer Herkunftsfamilien. Grazyna Bacewicz war das dritte von vier Kindern und kam 1909 in Łódz (Lodz) zur Welt. Der Vater war ein exilierter litauischer Musiker und Musikpädagoge, die emanzipierte Mutter entstammte einer wohlhabenden polnischen Familie mit adeligem Hintergrund. Förderung und Bildung kam auch den beiden Mädchen zu. Der Vater unterrichtete alle vier Kinder auf Violine und Klavier und vermittelte ihnen Grundkenntnisse der Musiktheorie. Die Mutter (Maria Modlinska) zog 1923 wegen besserer Bildungschancen mit den Kindern nach Warschau, während der Vater (Kestutis Bacewicz) die Übersiedlung nach Litauen zu organisieren versuchte. Grazyna absolvierte das

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Das Quartett für vier Violinen widmet Bacewicz 1949 ganz allgemein «Studierenden des Konservatoriums». Neoklassizistischer Zauber und tänzerischer Elan beflügeln die vier eng geführten Stimmen. Es ist ein spielerischer Weckruf inmitten der Doktrin des erstickenden Sozialistischen Realismus. Felix Mendelssohns berühmtes Oktett für Streicher Es-Dur op. 20 beschliesst den Reigen kammermusikalischer Perlen. Der Geniestreich des 16-Jährigen, das Scherzo, inspiriert von Goethes Walpurgisnachtszene in Faust I, huldigt ebenfalls der Geigenkunst: der Leichtigkeit des jung verstorbenen Berliner Virtuosen Eduard Rietz.


Z KO - F E S T I VA L

WO L K E N F L U G

WOLKENFLUG SO, 26. JUNI 2022, 19.30 UHR ZKO-HAUS Daniel Hope Music Director Musikerinnen und Musiker des Zürcher Kammerorchesters

Grażyna Bacewicz Quartett für vier Violinen Franz Schubert Streichtriosatz B-Dur D 471 Zoltan Kodály Intermezzo für Violine, Viola und Violoncello Felix Mendelssohn Streichoktett Es-Dur op. 20

CHF 75

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V O M KÖ N I G , V O M K AT E R U N D D E R F I E D E L

VOM KÖNIG, VOM KATER UND DER FIEDEL Das Kinderkonzert Vom König, vom Kater und der Fiedel ist ein musikalisches Märchen, das auf das gleichnamige Bilderbuch von Christopher Hope und Yehudi Menuhin zurückgeht. Es erzählt von einem König, der gerne mit seinen Untertanen feierte und tanzte, bis zu jenem Tag, an dem die königliche Kasse leer war. Weil er alle Musikanten entlassen musste, wurde es ruhig und traurig in seinem Königreich. Wie es zu der Entstehung dieses Kinderkonzertes kam und welchen Einfluss Musik ganz besonders auf Kinder hat, das erzählt Daniel Hope im folgenden Interview. TEXT PETRA MEYER

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Z KO - F E S T I VA L

V O M KÖ N I G , V O M K AT E R U N D D E R F I E D E L

Dein Vater Christopher Hope und dein einstiger Mentor Yehudi Menuhin haben im Jahr 1986 das Buch «Vom König, vom Kater und der Fiedel» veröffentlicht. Wie ist diese Zusammenarbeit entstanden?

Die Familienkonzerte des ZKO sind bei unserem Publikum recht beliebt. Die meisten Konzerte sind bis auf den letzten Platz belegt. Stimmt dich dieser Zuspruch optimistisch, wenn du an die Zukunft der klassischen Musik denkst?

Als das Buch geschrieben wurde, war ich ungefähr acht oder neun Jahre alt. Ich weiss nicht mehr genau, von wem der Impuls ausging, aber die beiden waren eng befreundet. Yehudi Menuhin hat meinen Vater als Schriftsteller, aber auch als politischen Journalisten sehr geschätzt. So entstand die gemeinsame Idee, ein Buch für Kinder über das Geigenspiel zu schreiben. Sie wollten damit vor allem auf den Stellenwert der Musik aufmerksam machen. Für mich ist das Buch ein musikpädagogisches Juwel, auch wegen der kraftvollen Illustrationen von Angela Barrett. Es eignet sich aber auch sehr gut als spannende Gutenacht-Geschichte – ich habe sie meinem ältesten Sohn selbst oft vorgelesen.

Natürlich, denn Kinder sind unser aller Zukunft. Jedes sollte das Recht haben, Musik erleben zu dürfen. Für mich ist es wichtig, den Kindern die Möglichkeit zu geben, in die Musik einzutauchen und dabei ihre Seelen zu öffnen. Es ist unglaublich inspirierend, die Reaktionen der Kinder auf die Musik zu erleben. Und wenn man noch einen Schritt weitergeht und Konzerte für Kinder mit Behinderung spielt, dann ist die Wirkung noch intensiver. Da ist es sogar unsere Pflicht, diese kleinen Menschen mit Musik zu versorgen. Musik hat eine therapeutisch nachgewiesene Wirkung, die sogar das Leben verändern kann. Die Macht der Musik ist also keineswegs zu unterschätzen.

Wie kam es dazu, dass die Geschichte nun auch als Kinderkonzert zu hören ist? Vor ein paar Jahren hatte ich die Idee, die Geschichte Vom König, vom Kater und der Fiedel auf die Bühne zu bringen und gab das Stück dem amerikanischen Komponisten Bruce Adolphe in Auftrag. Bruce ist ein fantastischer Komponist und hatte bereits viel für Kinder geschrieben. Er komponierte die ursprüngliche Fassung für Kammermusik, welche ich vor ein paar Jahren am Schleswig-Holstein Musik Festival aufgeführt habe. Mit dem ZKO spielen wir nun aber zum ersten Mal eine Orchesterfassung, worauf ich mich sehr freue. Es gibt wahrscheinlich kein kritischeres und anspruchsvolleres Publikum als Kinder. Wie geht es dir, wenn du für sie spielen darfst? Kinder sind ein herrliches Publikum, das man absolut ernst nehmen muss. Es ist wunderschön, für sie zu spielen. Gleichzeitig habe ich auch Respekt davor, denn Kinder muss man nicht nur erreichen, man muss auch ihre Konzentration halten können. Ein Konzertsaal voller Kinder hat etwas Magisches. Man spürt sofort, ob sie das Konzert mögen oder nicht. Am spannendsten sind für mich die Kommentare der Kinder. Die sind besonders aufschlussreich und so genau auf den Punkt gebracht, dass es passieren kann, dass man danach die Musik oder auch sogar die Welt mit ganz anderen Augen sieht.

VOM KÖNIG, VOM KATER UND DER FIEDEL SO, 26. JUNI 2022, 11.00 UND 14.00 UHR ZKO-HAUS Daniel Hope Music Director Zürcher Kammerorchester Die Musik stammt aus der Feder von Bruce Adolphe 5–12 Jahre Kinder CHF 15 Erwachsene CHF 39

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Z KO - F E S T I VA L

FA N TA S I E N

FANTA SIEN Zum fulminanten Abschluss der Saison und gleichzeitig auch des ZKO-Festivals stehen die beiden langjährigen Freunde Daniel Hope und Fazil Say gemeinsam auf der Bühne. Dort präsentieren sie musikalische Fantasien aus der Feder von Robert Schumann und von Fazil Say. TEXT LION GALLUSSER

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Z KO - F E S T I VA L

FA N TA S I E N

Der Begriff «Fantasie» hat, dies wird schon bei einem Blick in den Duden klar, vielfältige Bedeutungen. Er reicht von der Fähigkeit, sich etwas vorzustellen, bis hin zu unkontrollierten Trugbildern. Beim Hören von Musik werden diese Prozesse besonders begünstigt. Dies war auch den Menschen des 19. Jahrhunderts und Robert Schumann klar, der treffend vom «Geisterreich der Kunst» sprach, in das wir mit der Musik mitgenommen werden. In der Musik hat die Fantasie noch eine weitere Bedeutung. Und zwar bezeichnet man damit, wiederum gemäss Duden, ein «instrumentales Musikstück mit freier, oft improvisationsähnlicher Gestaltung ohne formale Bindung». Solche Fantasien gab es zwar schon seit der Renaissance. In der Romantik und besonders bei Schumann wurde diese freie Kompositionsweise besonders populär, weil sie sich wunderbar für das Erleben persönlicher Fantasien und insbesondere das Schwelgen und das Abschweifen eignete. Deshalb hat Schumann sein Klavierkonzert, das zum krönenden Abschluss des ZKO-Festivals erklingt, auch als Fantasie konzipiert. Die damalige Presse lobte sofort, dass die Orchesterpartie mit grosser Liebe und Sorgfalt gearbeitet sei, «ohne den Eindruck der Pianoleistung zu beeinträchtigen». Das Meisterwerk der Romantik hat zudem eine persönliche Bedeutung, weil darin auf die Liebe von Robert und Clara Schumann (welche das Werk häufig selbst interpretierte) angespielt wird. Der Fantasie sind – besonders in der Aufführung mit dem türkischen Pianisten Fazil Say – keine Grenzen gesetzt! Neben weiteren Werken von Schumann und Mendelssohn laden auch zwei Kompositionen von Fazil Say zu gedanklichen Reisen ein. In Cleopatra für Solo-Violine wird die Vorstellungskraft mit den von Say beschriebenen «modernen Spieltechniken auf der Violine und unterschiedlichen rhythmischen Mustern» befördert. Alles weitere sei der eigenen Fantasie überlassen, die bei der virtuosen Wiedergabe durch Daniel Hope zweifelsohne beflügelt wird.

Rite of Hope ist der dritte Teil von Says Mount Ida Sonata, mit welcher Fazil Say auf die Waldrodung im IdaGebirge im Norden der Türkei hinweisen möchte: «Um auf die Abholzung aufmerksam zu machen, gab ich 2019 ein Konzert im Ida-Gebirge. Im Geiste dieses Auftritts und ausgehend von der Idee, der Musik der Bäume und aller Lebewesen im dortigen Wald zuzuhören, entstand anschliessend die Mount Ida-Sonate. Sie entstand in Solidarität mit den Menschen, die zu diesem Konzert kamen (ca. 40 000 bis 50 000 Personen) und uns ihrerseits Hoffnung und Geborgenheit in der Natur gaben. Das im Titel erwähnte Ritual der Hoffnung meint jene Solidarität unter den Menschen, welche ihre Freiheit und ihre Natur beschützen.»

links: Fazil Say rechts: Daniel Hope

FANTASIEN DI, 28. JUNI 2022, 19.30 UHR TONHALLE AM SEE Fazil Say Klavier Daniel Hope Music Director Zürcher Kammerorchester Grosses Abo, kleines Abo CHF 110 / 100 / 85 / 60 / 35

Fazil Say Cleopatra für Violine Solo, op. 34 Fazil Say III. Rite of Hope, aus: Violinsonate Nr. 2 Mount Ida op. 82 Robert Schumann II. Langsam, aus: Violinkonzert d-Moll op. posth., bearbeitet von Benjamin Britten Felix Mendelssohn Das Märchen von der schönen Melusine op. 32 MWV P 12 Felix Mendelssohn Streichersinfonie Nr. 13 c-Moll MWV N14 Robert Schumann Klavierkonzert a-Moll op. 54

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FA M I L I E N KO N Z E RT E

GROSSE TÖNE FÜR DIE KLEINEN

VO N DE R Q U E LL E BI S Z U M ME E R

D E R KL E I NE I G E L UND DA S VE R LO R E NE E NTCH E N

Andrew Bond folgt einem Regentropfen auf seinem Weg von der Wolke über Quelle, Bach, Teich, See und Fluss bis zum weiten Meer. Unterwegs trifft er auf Insekten, Tiere und Vögel – und vielleicht sogar Piraten! Mit Werken von Britten, Rossini, Smetana, Bond, Händel, Zimmer und Strauss.

Es ist ein wunderschöner Frühlingstag. Der kleine Igel und seine Freunde freuen sich über das herrliche Ausflugswetter. Wie viele Frühlingsblumen und neugeborene Tiere sie wohl unterwegs entdecken werden? Da kommt eine Entenmama mit ihren fünf Kindern, die alle durcheinanderwuseln und kaum zu bändigen sind. Natürlich kann der kleine Igel mit seinen Freunden ihr helfen. Doch dann reissen zwei Entchen aus. Eins ist bald gefunden, aber das andere …

KINDERKONZERT SO, 15. MAI 2022, 11.00 UHR SCHAUSPIELHAUS ZÜRICH, PFAUEN Andrew Bond Gesang und Erzählung Zürcher Kammerorchester Willi Zimmermann Violine und Leitung 5–12 Jahre Kinder CHF 15 Erwachsene CHF 29 / 39 ZKO im Pfauen: Die Konzertreihe des ZKO in Kooperation mit dem Schauspielhaus Zürich.

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KRABBELKONZERT SA , 21. MAI 2022, 11.00, 14.00 UND 16.00 UHR ZKO-HAUS Renata Blum Konzept und Erzählung Musikerinnen und Musiker des Zürcher Kammerorchesters 1–3 Jahre Kinder CHF 10 Erwachsene CHF 30


FA M I L I E N KO N Z E RT E

SO MME R MO RG E N Für die feien Ohren von Babys spielen Musikerinnen und Musiker des ZKO speziell ausgesuchte Kompositionen, die sicher auch den Eltern gefallen. An diesem Nachmittag stehen Serenaden von Bohuslav Martinů und Zoltán Kodály sowie ein kleines, beinahe unscheinbares Juwel, das Streichterzett von Antonín Dvořák, auf dem Programm. NUGGIKONZERT SO, 12. JUNI 2022, 14.00 UHR ZKO-HAUS Jana Karsko Violine Inès Morin Violine Frauke Tometten Molino Viola 0–1 Jahre Babys gratis (benötigen Freikarte) Erwachsene CHF 30

WI E FINDU S Z U P ET TE RS S O N KA M

VO M KÖ NI G , VO M KATE R UND D E R F I E D E L

Es war einmal ein alter Mann, der hiess Pettersson. Der war oft so allein, dass er sich am Morgen am liebsten die Decke über den Kopf gezogen hätte und verschwunden wäre. Bis seine Nachbarin ihm einen Pappkarton brachte, auf dem «Findus grüne Erbsen» stand. Drinnen war ein Kater, der noch so klein war, dass er Platz in Petterssons Hand hatte. Jeden Abend las er ihm Geschichten vor. Und eines Tages war es so weit: Der Kater sprach seine ersten Worte. «So eine Hose möchte ich auch haben», sagte Findus …

Es war einmal ein König, der hatte acht Fiedler. Immer wenn die Fiedler spielten, lud der König alle Untertanen in den Palast ein – dann tanzten und sangen sie und alle waren froh. Doch dann begann das Geld zu fehlen und die Buchhalter sahen nur einen Ausweg: «Kündigt den Geigenspielern!» So wurde es plötzlich ganz ruhig im Königreich – ruhig und traurig. Zum Glück hatte der Kater Joachim eine gute Idee …

PURZELKONZERT SO, 22. MAI 2022, 11.00, 14.00 UND 16.00 UHR ZKO-HAUS Renata Blum Konzept und Erzählung Musikerinnen und Musiker des Zürcher Kammerorchesters 3–5 Jahre Kinder CHF 10 Erwachsene CHF 30

Daniel Hope präsentiert dieses wunderschöne Musikmärchen, welches sein Vater Christopher Hope und der weltberühmte Violinist Yehudi Menuhin geschrieben haben. Die Musik stammt aus der Feder von Bruce Adolphe. KINDERKONZERT SO, 26. JUNI 2022, 11.00 UND 14.00 UHR ZKO-HAUS Daniel Hope Music Director Zürcher Kammerorchester 5–12 Jahre Kinder CHF 15 Erwachsene CHF 39

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DIE MUSIKERINNEN UND MUSIKER UND IHRE INSTRUMENTE

MUSIK IST SPITZENSPORT An dieser Stelle präsentieren wir unseren Leserinnen und Lesern spannende Geschichten rund um unsere Musiker und deren Instrumente. In dieser Ausgabe ist das etwas anders. Denn die Instrumente von Martin Ackermann (Horn), Thomas Müller (Horn) und Roman Schmid (Oboe) werden noch in diesem Jahr nach vielen Berufsjahren im ZKO sprichwörtlich an den Nagel gehängt. Wie sich das anfühlt, so kurz vor dem Renteneintritt, wollte ich von unseren künftigen Ruheständlern wissen. Sehen sie dem neuen Lebensabschnitt freudig entgegen oder ist da auch Wehmut mit im Spiel? INTERVIEW PETRA MEYER

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von links: Martin Ackermann (MA), Roman Schmid (RS), Thomas Müller (TM)


DIE MUSIKERINNEN UND MUSIKER UND IHRE INSTRUMENTE

Wie kam es zur Zusammenarbeit mit dem ZKO und wie alt wart ihr damals?

Konzerten dabei bin. Das liegt wahrscheinlich daran, weil ich viel gescheiter bin als begabt. (lacht)

Thomas Müller: Mein damaliger Lehrer an der Basler Orchesterschule war Józef Brejza. Er hat unter Edmond de Stoutz das erste Horn geblasen und mich als zweiten Hornisten mit ins ZKO gebracht. Das war 1971! Seither spiele ich im ZKO. Ich habe folglich alle «Chefs» aktiv miterlebt und bin durch alle Höhen und Tiefen des Orchesters und dessen Administrationen mitgegangen.

Habt ihr schon vor längerer Zeit damit angefangen, euch mit eurem neuen Lebensabschnitt zu beschäftigen?

Martin Ackermann: Meine erste Anfrage vom ZKO bekam ich 1979, als ich noch am Konsi Zürich studierte. Ich wohnte damals bei meiner Grossmutter und wir hatten kein Telefon. Mein Lehrer hatte für Notfälle die Nummer einer Nachbarin. Sie hat mir die Anfrage des ZKO ausgerichtet. Heute läuft das so: Wir bekommen die Anfragen über eine Musikerplattform im Internet und mit einem Klick sagt man dem Projekt zu.

RS: Auf keinen Fall möchte ich den richtigen Zeitpunkt verpassen. Albrecht Mayer, er ist Solo-Oboist bei den Berliner Philharmonikern, hat einmal gesagt: «Musiker – das ist Spitzensport – gerade bei den Bläsern.» Das Niveau ist in den letzten Jahrzehnten unglaublich gestiegen. Darum ist es jetzt Zeit, Platz zu machen für die Jungen, die, so wie ich damals, auf ihre Chance warten.

Roman Schmid: Ich bin 1977 über meinen Lehrer André Raoult ins ZKO reingerutscht – er hat mich empfohlen. Aber in so ein Orchester zu kommen, das ist die eine Sache. Viel schwieriger ist es, sich dort auch halten zu können. Das ist mir glücklicherweise gelungen. Von den 70er-Jahren bis zum heutigen Tag hat sich viel verändert im ZKO. Welche Umbrüche waren wesentlich und was ist bis heute konstant geblieben? TM: Konstant geblieben sind die stetige qualitative Steigerung des ZKO und die menschlich sehr gute, fast familiäre Qualität unter den Musikern. Besonders Letzteres wird mich mit Sicherheit weit über meine Pensionierung hinaus positiv weiterbegleiten. RS: Im Jahr 1977 war das ZKO noch ganz stark von seinem Gründer Edmond de Stoutz geprägt, einem äusserst charismatischen, patriarchalen Charakter. Mit Griffiths kam frischer Wind ins Orchester, es wurde moderner und die Musiker wurden vertraglich besser abgesichert. Heute haben wir eine Geschäftsleitung, welche die Zusammenarbeit mit den Musikern und dem Orchestervorstand sucht, das ist aussergewöhnlich. Verändert sich die Rolle im Orchester, wenn man über so viele Jahre dabei ist? RS: Ich denke schon. Vor drei Jahren war das Orchester auf der Suche nach einem starken Vorstand und hat mich gewählt, obwohl ich nur etwa zu 20 Prozent bei den

MA: Pensioniert zu werden macht mir keine Sorgen. Ich bin sehr dankbar, dass ich ohne grössere Probleme bis jetzt Horn spielen konnte, aber ich denke, es wird auch eine Erleichterung sein, nicht mehr öffentlich aufzutreten.

Ist für euch ein Leben ohne Musik denkbar? Wie werdet ihr diese Lücke in Zukunft füllen? TM: Ein Leben ohne Musik? Das wäre mit Sicherheit sehr, sehr schwierig. Da ich eigentlich aus der Unterhaltungsbranche komme (THE MINDSHADES), könnte ich mir auch vorstellen, dieses Projekt zum eigenen Vergnügen wieder aufzugreifen. Aber noch habe ich als Hornist berufliche Anfragen bis ins Jahr 2024. Neben der Musik gibt es noch die Landwirtschaft in meinem Leben. Rund um mein Haus herum habe ich Obstbäume, Schafe, Gefieder. Zudem will meine Oldtimersammlung gewartet und auch gefahren werden. MA: Neben dem Hornspielen beschäftige ich mich gerne mit handwerklichen und sportlichen Projekten. Ich kann gut den ganzen Tag lang in der Werkstatt und im Garten arbeiten oder in den Bergen wandern, oft mit irgendeiner Melodie im Kopf – und ich hoffe, dass es noch eine Weile so bleiben wird. RS: Ich möchte mit Eleganz in das fortgeschrittene Alter gehen. Im Juni bekomme ich ein Klavier. Damit werde ich Bach ganz für mich alleine spielen. Und ich möchte etwas für den Kopf tun: Geschichte und Philosophie studieren. Was war im Rückblick das Besondere am Musikerleben? Würdet ihr die Entscheidung, von der Musik zu leben, heute noch einmal treffen? TM: Ob ich mich heute noch einmal für den Musikerberuf entscheiden würde, kann ich nicht mit Sicherheit sagen:

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DIE MUSIKER*INNEN UND IHRE INSTRUMENTE

Von diesem Beruf zu leben ist heute viel schwieriger geworden. Es gibt immer mehr fantastische junge Musiker und gleichzeitig werden immer mehr Stellen abgebaut. Aber für die sogenannten Überflieger gibt es noch genug Platz. Man muss einfach zu denen gehören! MA: Ich erlebte viel Schönes in meinem Berufsleben als Hornist – Momente, wo alles stimmte. Daneben gab es aber auch Zeiten, wo ich mich fragte, ob es nicht besser und sinnvoller wäre, etwas anderes zu machen. Aber dann wurde mir klar, dass es wohl keine Tätigkeit gibt, bei der immer alles nach den eigenen Vorstellungen läuft. Wenn man seit Jahrzehnten als Musiker in einem Orchester spielt, gibt es bestimmt Erlebnisse, die man nie vergessen wird. Teilt ihr einige davon mit uns? MA: Ein wichtiger Teil meines Lebens ist der Sport. Deshalb habe ich auf unseren Tourneen jede Gelegenheit genutzt, mich zu bewegen. Die Insel Korfu habe ich an einem freien Tag mit einem gemieteten Fahrrad erkundet. Als ich gegen Abend vor unserem Hotel ankam, traf ich Edmond de Stoutz und seine Frau im Gartenrestaurant an. Ich setzte mich dazu und wir plauderten gemütlich miteinander über Sport und Bewegung. «Mein Sport», so de Stoutz, «ist das Dirigieren.»

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TM: Zu den unvergesslichen Highlights mit dem ZKO gehört für mich eindeutig die Zusammenarbeit mit dessen Gründer Edmond de Stoutz. Er war und ist für mich ein «musikalischer Übervater», von dem ich unendlich viel habe lernen können. Seine philosophischen, druckreifen Kommentare zur und um die Musik sind für mich unvergesslich! Da fällt mir gerade ein Zitat von ihm ein: «Haydn war mein Lehrer.» Und zur Vervollkommnung auch noch eins von Sir Roger: «Beethoven is like Haydn, but under drugs.» RS: Besonders eindrücklich in Erinnerung habe ich den Tag, als ich das erste Mal mit dem ZKO ein MozartKlavierkonzert in der Tonhalle gespielt habe. Für einen scheuen Walliser war das ein unvergessliches Erlebnis. Plötzlich ist man Teil eines Profiorchesters, steht in einem wunderschönen Saal und um einen herum diese unglaubliche Musik. Unvergesslich bleibt mir auch die Zusammenarbeit mit Roger Norrington. Die Stimmung mit ihm war sehr menschlich. Er hat das Orchester stark gemacht mit seinem Schwung, seiner Risikobereitschaft, seiner unglaublich positiven, humorvollen Art. Und erstaunlich ist, dass diese Stärke bis heute geblieben ist.


5:36 MINUTEN

JOHANN SEBASTIAN BACH. SO ERHABEN WIE

DER BLICK ÜBER DAS NEBELMEER. Das kann nur Klassik.


MOBY DICK; OR, THE WHALE

NÄCHSTE AUFFÜHRUNGEN

28. APRIL / 29. APRIL / 14. MAI 15. MAI / 23. MAI / 24. MAI SCHAUSPIELHAUS ZÜRICH, PFAUEN


Z KO I N S I D E

ZKO INSIDE

M I T « AM E R I C A » N AC H D E U TS CH L A ND

JUN G ES ZKO VERFO LGT ORCHES TERPRO BE

MIT «MO BY DIC K; O R, THE WALE» IN VEN E D I G

München, Hannover, Hamburg, Berlin: Vom 1. bis 12. Februar tourte das ZKO gemeinsam mit Music Director Daniel Hope und weiteren musikalischen Gästen wie Joscho Stephan (Gitarre), Johannes von Ballestrem (Piano) und Dimitri Monstein (Schlagzeug) quer durch Deutschland. Begrüsst wurden unsere Musikerinnen und Musiker von einem begeisterten Publikum in zumeist ausverkauften Häusern. Das ZKO bedankte sich mit traumhaften Interpretationen aus Klassik und Jazz. Am 3. Mai wird das «America»-Programm gemeinsam mit dem Pianisten Alexey Botvinov in der Tonhalle Zürich vorgestellt.

Vor den Erfolg haben die Götter den Schweiss gesetzt. Die Wahrheit, die sich in diesem Sprichwort verbirgt, durften die Schüler der 6. Klasse vom Schulhaus Balgrist am 13. Januar live im ZKO-Haus kennenlernen. Als Teilnehmer des Musikvermittlungsprojektes «Junges ZKO» erhielten die jungen Musikfreunde die Gelegenheit, die Musikerinnen und Musiker des ZKO bei den intensiven Vorbereitungen zu Willy Burkhards Toccata für Streichorchester zu begleiten. Fazit nach dem Probenbesuch: Bis so ein Meisterwerk auf der Konzertbühne zum Glänzen gebracht wird, bedarf es einer gründlichen Feinabstimmung und eines intensiven Austausches.

Seit seiner Premiere am 12. März 2022 feiert das Schauspielhaus Zürich grosse Erfolge mit dem Stummfilm Moby Dick; or, The Wale, inszeniert von Regisseurin Wu Tsang. Die Stimmung des Filmes wird unterstrichen von einem musikalischen Rahmen aus der Feder der Komponistin Caroline Shaw, live präsentiert von den Streicherinnen und Streichern des ZKO. Besonders geehrt fühlen sich alle Beteiligten von der Einladung der Biennale in Venedig, wo Moby Dick am 20. April vorgestellt wird. Weitere Spieltermine im Schauspielhaus Pfauen am 28. April, 29. April, 14. Mai, 15. Mai, 23. Mai und 24. Mai.

PROGRAMM MUSIK

Sommersemester

2022

KURSE

Mamma Mia! Die Musik von Abba Dr. Christian Schorno

Iannis Xenakis – ein pionier der neuen Musik Thomas Meyer

Die Opern Verdis Claudio Danuser

VOLKSHOCHSCHULE ZÜRICH

www.vhszh.ch

Musik in Zürich

Die sprache

mit Stadtrundgang

des Dirigierens

Dr. Bernhard Hangartner

Felipe Cattapan

LEHRGÄNGE

Europäische

Musikgeschichte Klassik und Frühromantik bis 1830 Thomas Meyer

MusikTheorie Die höhere Lehre Hans Meierhofer


UNTERSTÜTZEN SIE DAS ZÜRCHER KAMMERORCHESTER. ZKO FREUNDE WERDEN BELOHNT. Mit Ihrem Engagement unterstützen Sie das Zürcher Kammerorchester in seinem künstlerischen Schaffen und ermöglichen kulturelle Vielfalt. Ausserdem profitieren Sie mit einer ordentlichen Mitgliedschaft von diversen exklusiven Privilegien.

Ihre Vorteile

Anmeldung

Mit einer ordentlichen Mitgliedschaft profitieren Sie von:

Werden Sie jetzt Mitglied der Freunde des Zürcher Kammerorchesters und kontaktieren Sie unser Sekretariat per E-Mail an info@gfzko.ch oder telefonisch unter 044 552 59 12.

• • • • • •

Zutritt zu ausgewählten Arbeits- und Generalproben. Zwei Freikarten für ein Kammermusikkonzert im ZKO-Haus. Abonnement für das ZKO-Magazin OPUS. Bevorzugte Konzertaktionen. Einladung zu einer kommentierten Probe inkl. Apéro. Exklusives Dinner für Förderer, Donatoren und Firmen/Mäzene.

Veranstaltungen für die Mitglieder der ZKO Freunde GENERALPROBE DI, 3. MAI 2022, 10.00 UHR, ZKO-HAUS

GENERALPROBE DI, 28. JUNI 2022, 10.00 UHR, ZKO-HAUS

AMERIKA Daniel Hope Music Director Alexey Botvinov Klavier Zürcher Kammerorchester

FANTA SIEN Daniel Hope Music Director Fazil Say Klavier Zürcher Kammerorchester

Werke von Bloch, Weill, Bernstein und Gershwin

Werke von Say, Schumann und Mendelssohn

ARBEITSPROBE MO, 30. MAI 2022, 14.00 UHR BIS ZUR PAUSE, ZKO-HAUS VERY BRITISH Duncan Ward Leitung Mark Padmore Tenor Thomas Müller Horn Ryszard Groblewski Viola Zürcher Kammerorchester Werke von Vaughan Williams, Britten und Tippett

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A G E N DA

AG E N DA K L A SS I K FÜ R D I E K I N D E R K R E B SF OR SC H U N G DI, 10. MAI 2022, 19.30 UHR, TONHALLE AM SEE K IND ER KO N ZERT: VON D E R QU E L L E B I S Z U M MEER SO, 15. MAI 2022, 11.00 UHR, SCHAUSPIELHAUS ZÜRICH, PFAUEN K RAB B E L KO N ZERT: D E R K L E I N E I G E L U N D DA S V ER LO R ENE ENTCH EN SA , 21. MAI 2022, 11.00, 14.00 UND 16.00 UHR, ZKO-HAUS PURZEL KO N Z E RT: WI E F I N D U S Z U P E T T E R S S O N KA M SO, 22. MAI 2022, 11.00, 14.00 UND 16.00 UHR, ZKO-HAUS VERY BR I T I S H – D U N C AN WAR D DI, 31. MAI 2022, 19.30 UHR, TONHALLE AM SEE ABSC H L U S S KO N ZE RT J U N G E S Z KO FR, 10. UND SA , 11. JUNI 2022, 19.30 UHR ZKO-HAUS K AMM E R M U S I K @Z KO: S OM M E R M ORG E N SO, 12. JUNI 2022, 11.00 UHR, ZKO-HAUS N UGG I KO N ZERT: SOM M E R M ORG E N SO, 12. JUNI 2022, 14.00 UHR, ZKO-HAUS FEDER U N D BO G E N I I I : A DA L B E RT ST I F T E R FR, 24. JUNI 2022, 19.30 UHR, ZKO-HAUS RHAP S O D I E SA , 25. JUNI 2022, 11.00 UHR, ZKO-HAUS WIEN – PA R I S SA , 25. JUNI 2022, 14.30 UHR, WASSERKIRCHE B-A-C - H – DA N I E L H OP E SA , 25. JUNI 2022, 19.30 UHR, KIRCHE NEUMÜNSTER K IND ER KO N ZERT: VOM KÖN I G , VOM K AT E R UND DER FIEDEL SO, 26. JUNI 2022, 11.00 UND 14.00 UHR, ZKO-HAUS WOLK E N FL U G SO, 26. JUNI 2022, 19.30 UHR, ZKO-HAUS FA N TA SIEN – DAN I EL HOPE UND FAZIL SAY DI, 28. JUNI 2022, 19.30 UHR, TONHALLE AM SEE

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Änderungen vorbehalten.


Z KO O N TO U R

Z KO O N TO U R SCHWEIZ AUF TO U R N EE M I T M AU R I C E ST E G E R FR, 22. APRIL 2022, 19.30 UHR, KULTUR & KONGRESSHAUS VERRUCANO MELS | KLASSIK STERNE SARGANSERLAND SA , 23. APRIL 2022, 20.00 UHR, STADTKIRCHE ST. MARTIN, RHEINFELDEN | KLASSIK STERNE RHEINFELDEN SO, 24. APRIL 2022, 18.30 UHR, KULTUR & KONGRESSHAUS AARAU | KLASSIK STERNE AARAU DI, 21. JUNI 2022, 19.30 UHR, SCHLOSS LENZBURG | LENZBURGIADE K L A SS I K FO RU M C H U R – AV I AV I TA L SA , 28. MAI 2022, 19.30, THEATER CHUR G AL AKO N ZERT I N T E R N AT I ON AL E S OP E R N ST UDIO ZÜR ICH MO, 4. JULI 2022, 19.00 UHR, OPERNHAUS ZÜRICH G STA A D M EN U H I N F E ST I VA L – DAN I E L H OP E SA , 23. JULI 2022, 19.30 UHR, KIRCHE SAANEN

INTERNATIONAL AUF TO U R N EE M I T M AU R I C E ST E G E R SA , 16. JULI 2022, 20.00 UHR, FRAUENKIRCHE DRESDEN

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TICKETS UND IMPRESSUM

TICKETS

IMPRESSUM

Z KO BERATUNG UND V E RKAUF Seefeldstrasse 305, 8008 Zürich tickets@zko.ch, Tel. 044 552 59 00 Mo–Fr, 11.00 bis 17.00 Uhr

HER AUSG E B E R Zürcher Kammerorchester Seefeldstrasse 305, 8008 Zürich

B I L L ETTKA SSE TO NH ALLE AM SE E Claridenstrasse 7, 8002 Zürich Tel. 044 206 34 34 S C H AUSP IELHAUS PFAUE N (für Konzerte im Schauspielhaus) Rämistrasse 34, 8001 Zürich Tel. 044 258 77 77

REDAKTI O N Petra Meyer (Leitung), Lena-Catharina Schneider, Valentina De Marchi, Natasa Angov, Linda Schürmann AUTOR E N Dr. Corinne Holtz (www.corinneholtz.ch), Dr. Lion Gallusser, Felix Michel, Lena-Catharina Schneider, Valentina De Marchi, Petra Meyer, Linda Schürmann FOTOGR AF I E Coverfoto, S. 9; S. 39: © Felix Streuli/TBWA S. 3, 16, 36: Orchesterfotos © Harald Hoffmann S. 4: Franz Hohler © Luchterhand Verlag; Fazil Say © Marco Borggreve; Duncan Ward © Alan Kerr; Teo Ghiorghiu © Sony Musikkollegium S. 6: Franz Hohler © Luchterhand Verlag S. 7: Kammerorchester MKZ © Marco Blessano S. 11: Oliver Schnyder © Marco Borggreve S. 10: Andrew Bond © Christoph Kaminski S. 13: Duncan Ward © Alan Kerr S. 20: Adalbert Stifter © Keystone S. 21: Franz Schubert © Lithografie von C. Helfert nach Josef Kriehuber S. 22: Teo Gheorghiu © Sony Musikkollegium S. 26: Henry Purcell © Public Domain; Carl Philipp Emanuel Bach © Lithografie von Heinrich E. Winter; Georg Philipp Telemann © Kupferstich von Georg Lichtensteger S. 29: Grażyna Bacewic © National Digital Archives of Poland S. 30: Daniel Hope © Daniel Waldhecker S. 32: Fazil Say © Marko Borggreve S. 33: Daniel Hope © Daniel Waldhecker S. 38: Martin Ackermann, Roman Schmid, Thomas Müller @Orchersterfotos ZKO S. 40, S. 41: MOBY DICK; or, The Whale (2022) © Dir. Wu Tsang, Prod. Schauspielhaus Zürich S. 41: Daniel Hope © Erik Almås; Junges ZKO © Valentina De Marchi/ZKO ILLUST RATI O N S. 11: Michel Bumann/ZKO S. 14: Michel Bumann/ZKO S. 31: Michel Bumann/ZKO S. 34: © M Christina Butler/Tina Macnaughton, Brunnen Verlag S. 35: © Verlag Friedrich Oetinger, Hamburg GE STALT U NG U ND LAYO U T Michel Bumann

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